Die vergessene Rollbahn
- sanifox
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Die vergessene Rollbahn
Hallo zusammen,
da ich nun schon seit Jahren hier fleissig mit lese und ab und an mal ne keine Antwort poste finde ich wird es endlich mal Zeit einen eigenen Bericht zu schreiben.
Die genauen Koordination und Punkte von denen ich die Bilder geschossen habe könnt ihr der anhängenden KMZ entnehmen.
Vor knapp zwei Jahren fingen meine Freundin und ich mit dem Geocachen an. Als einer der ersten fiel mir, ich wohnte noch im Rhein-Main Gebiet, ein Cache Namens "Die vergessene Rollbahn" auf. Die Geschichte klang interessant und so machten wir uns auf den Weg. Der Cache existierte übrigens wohl erst ein paar Wochen.
Als wir ankamen fielen uns schon direkt die "Messarbeiten" auf. Wir fingen also an mit dem Cachen und nach ein paar Minuten kam eine Frau auf uns zu und sprach uns an was wir denn suchen würden. Ich erklärte ihr in Kurzform das Geocachen und zeigte ihr auch den ausgedruckten Zettel. Nun..was dann kam...damit hatte so keiner gerechnet. Die Dame war die Entdeckerin dieser Rollbahn und hat dieses auch erst vor wenigen Wochen bekannt gemacht.Frau Rühlig ist Historikerin der Stadt Mörfelden-Walldorf und arbeitet die Geschichte der Stadt, insbesondere der KZ-Aussenstelle, auf.
Ich werde jetzt mal in kurzer Form das Gespräch wiedergeben, was sich interessanterweise, etwas dem Onlinebericht des HR widerspricht.
Frau Rühlig führt in regelmäßigen abständen gespräche mit den damaligen Zwangsarbeiterinnen über ihre Gefangenschaft in Mörfelden-Walldorf. Hier kam es dann immer wieder zu folgenden Aussagen über die arbeiten an einer Rollbahn im Wald. Man konnte davon ausgehen das diese die Rollbahn 1 meinten die damals gebaut wurde, diese grenzt an ein Waldstück. Jedoch
fiel ihr dann irgendwann auf das die Frauen von einer Bahn "im" Wald sprachen und sie fragte ob man nicht eher die Startbahn 1 meinte und hier kam dann raus das die Frauen zusätzlich eine Startbahn in den Wald bauen mussten. Länge ca. 800 Meter.
So fuhr Frau Rühlig an den beschriebenen Ort und entdeckte(unter dem geteerten Weg) dort die Reste der in dem Wald gebauten Startbahn. Diese Bahn konnte wohl von damaligen Luftaufnahmen nicht entdeckt werden. Die Bäume baten wohl genügend schutz. Nachdem sie die Genehmigung vom FraPort erhielt durfte sie dort weiter Untersuchungen vornehmen.
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic1.jpg
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic2.jpg
So konnten also einige Bahnreste wieder freigelegt werden. An diesem Tag war sie mit einem Archäologen vor Ort und hat weitere Ausgrabungen vorgenommen. Hier wurde dann auch sichtbar wie dick diese Betondecke war.
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic3.jpg
Auch die Abstellplätze für die Flugzeuge konnten freigelegt werden.
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic4.jpg
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic5.jpg
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic6.jpg
Wenn man dem Weg folgt kann man auch noch hier und da ein paar Stücke erkennen.
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic7.jpg
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic8.jpg
Es scheint wohl so das nach Kriegsende die Rollbahn geteert wurde, In den letzten Jahrzehnten tat dann die Natur den Rest und somit wurde dieses stück Geschichte, bis zur seiner Wiederentdeckung, komplett vergessen.
Nun wurde zu dieser 800m langen Rollbahn zusätzlich noch ein kürzeres Stück daneben gebaut, hier rüber gibt es aber noch keine genau Information zur Stelle. Ich hab bei meiner Begehung im letzten Jahr mal selbst gesucht und bin auf ein paar "verdächtige" Stellen gestossen. Aber das ist reine Spekulation!
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic9.jpg
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic3.jpg
Nach unserem Gespräch lud uns Frau Rühlig für den nächsten Tag noch ein um uns einer Wandergruppe anzuschliessen die das ehemalige KZ-Aussenlager besichtigen. Auch hier ist kaum noch was übererdig zu sehen. Hier wurde dann im letzten Jahr ein Keller freigelegt der nun begehbar ist.
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic11.jpg
Auch zu dem Aussenlager gibt es eine interessante Geschichte. Studenten aus Mörfelden-Walldorf entdeckten zufällig bei einem KZ Besichtung 1972 ein Aussenlager in ihrer Stadt auf der Karte. Typisch für die 70er stiessen diese beim Nachfragen erstmal auf einer Mauer des Schweigens. Sie gaben aber nicht auf und sind dann im Wald auf überreste der Anlage gestossen und nach und nach meldeteten sich auch mehr Zeitzeugen. Wer mehr darüber wissen will der erhält hier weitere Informationen. http://www.kz-walldorf.de/
So, ich hoffe der erste Bericht von mir hat gefallen und falls jemand aus der Gegend kommt, vielleicht kann er ja aktuellere Aufnahmen nachliefern.
Grüße
SaniFox
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Vor knapp zwei Jahren fingen meine Freundin und ich mit dem Geocachen an. Als einer der ersten fiel mir, ich wohnte noch im Rhein-Main Gebiet, ein Cache Namens "Die vergessene Rollbahn" auf. Die Geschichte klang interessant und so machten wir uns auf den Weg. Der Cache existierte übrigens wohl erst ein paar Wochen.
Als wir ankamen fielen uns schon direkt die "Messarbeiten" auf. Wir fingen also an mit dem Cachen und nach ein paar Minuten kam eine Frau auf uns zu und sprach uns an was wir denn suchen würden. Ich erklärte ihr in Kurzform das Geocachen und zeigte ihr auch den ausgedruckten Zettel. Nun..was dann kam...damit hatte so keiner gerechnet. Die Dame war die Entdeckerin dieser Rollbahn und hat dieses auch erst vor wenigen Wochen bekannt gemacht.Frau Rühlig ist Historikerin der Stadt Mörfelden-Walldorf und arbeitet die Geschichte der Stadt, insbesondere der KZ-Aussenstelle, auf.
Ich werde jetzt mal in kurzer Form das Gespräch wiedergeben, was sich interessanterweise, etwas dem Onlinebericht des HR widerspricht.
Frau Rühlig führt in regelmäßigen abständen gespräche mit den damaligen Zwangsarbeiterinnen über ihre Gefangenschaft in Mörfelden-Walldorf. Hier kam es dann immer wieder zu folgenden Aussagen über die arbeiten an einer Rollbahn im Wald. Man konnte davon ausgehen das diese die Rollbahn 1 meinten die damals gebaut wurde, diese grenzt an ein Waldstück. Jedoch
fiel ihr dann irgendwann auf das die Frauen von einer Bahn "im" Wald sprachen und sie fragte ob man nicht eher die Startbahn 1 meinte und hier kam dann raus das die Frauen zusätzlich eine Startbahn in den Wald bauen mussten. Länge ca. 800 Meter.
So fuhr Frau Rühlig an den beschriebenen Ort und entdeckte(unter dem geteerten Weg) dort die Reste der in dem Wald gebauten Startbahn. Diese Bahn konnte wohl von damaligen Luftaufnahmen nicht entdeckt werden. Die Bäume baten wohl genügend schutz. Nachdem sie die Genehmigung vom FraPort erhielt durfte sie dort weiter Untersuchungen vornehmen.
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http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic2.jpg
So konnten also einige Bahnreste wieder freigelegt werden. An diesem Tag war sie mit einem Archäologen vor Ort und hat weitere Ausgrabungen vorgenommen. Hier wurde dann auch sichtbar wie dick diese Betondecke war.
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Auch die Abstellplätze für die Flugzeuge konnten freigelegt werden.
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http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic5.jpg
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic6.jpg
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Es scheint wohl so das nach Kriegsende die Rollbahn geteert wurde, In den letzten Jahrzehnten tat dann die Natur den Rest und somit wurde dieses stück Geschichte, bis zur seiner Wiederentdeckung, komplett vergessen.
Nun wurde zu dieser 800m langen Rollbahn zusätzlich noch ein kürzeres Stück daneben gebaut, hier rüber gibt es aber noch keine genau Information zur Stelle. Ich hab bei meiner Begehung im letzten Jahr mal selbst gesucht und bin auf ein paar "verdächtige" Stellen gestossen. Aber das ist reine Spekulation!
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic9.jpg
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic3.jpg
Nach unserem Gespräch lud uns Frau Rühlig für den nächsten Tag noch ein um uns einer Wandergruppe anzuschliessen die das ehemalige KZ-Aussenlager besichtigen. Auch hier ist kaum noch was übererdig zu sehen. Hier wurde dann im letzten Jahr ein Keller freigelegt der nun begehbar ist.
http://sanifox.zeropage.net/rollbahn/Pic11.jpg
Auch zu dem Aussenlager gibt es eine interessante Geschichte. Studenten aus Mörfelden-Walldorf entdeckten zufällig bei einem KZ Besichtung 1972 ein Aussenlager in ihrer Stadt auf der Karte. Typisch für die 70er stiessen diese beim Nachfragen erstmal auf einer Mauer des Schweigens. Sie gaben aber nicht auf und sind dann im Wald auf überreste der Anlage gestossen und nach und nach meldeteten sich auch mehr Zeitzeugen. Wer mehr darüber wissen will der erhält hier weitere Informationen. http://www.kz-walldorf.de/
So, ich hoffe der erste Bericht von mir hat gefallen und falls jemand aus der Gegend kommt, vielleicht kann er ja aktuellere Aufnahmen nachliefern.
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SaniFox
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Zuletzt geändert von sanifox am 13.04.2007 16:39, insgesamt 1-mal geändert.
"Es ist mir scheissegal wer ihr Vater ist...solange ich hier angel geht hier keiner übers Wasser!!"
- sanifox
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Oh super, dann brauch hier keiner zu warten und ich muss das heut abend net machen (wundert mich aber..sonst macht das Firmennetz hier net so zicken)MikeG hat geschrieben:Moin!
Danke - ich hab' mir erlaubt, die Fotos noch zusätzlich anzuhängen.
Von wann ist denn die Karte? Die Bahn wurde ja erst im Dezember 1944 fertigMikeG hat geschrieben: Anbei mal die Luftbildauswertung der Briten.
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Keine Start-und Landebahn
Hallo Sanifox,
das, was ihr da im Wald gefunden habt, das war keine Start- und Landebahn, sondern ein ganz normaler Rollweg (neudeutsch: Taxiway), an dem links und rechts Lichtungen für Abstellboxen in den Wald geschlagen worden waren.
Ich habe mal aus meinem Fundus eine Karte so etwa aus dem Jahr 1970 (also vor dem Bau der Startbahn West) kopiert, da ist noch die alte Okrifteler Straße von Walldorf nach Okriftel drauf. Blau markiert habe ich den Rollweg, der auch auf den beiden Ausschnitten der Luftaufnahmen von 1945 und 1965 zu sehen ist.
MfG
Zf
das, was ihr da im Wald gefunden habt, das war keine Start- und Landebahn, sondern ein ganz normaler Rollweg (neudeutsch: Taxiway), an dem links und rechts Lichtungen für Abstellboxen in den Wald geschlagen worden waren.
Ich habe mal aus meinem Fundus eine Karte so etwa aus dem Jahr 1970 (also vor dem Bau der Startbahn West) kopiert, da ist noch die alte Okrifteler Straße von Walldorf nach Okriftel drauf. Blau markiert habe ich den Rollweg, der auch auf den beiden Ausschnitten der Luftaufnahmen von 1945 und 1965 zu sehen ist.
MfG
Zf
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- sanifox
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Moin,
danke für die Bilder. Ich bin leider auch nicht zu sehr in der Thematik drin und kann auch nur die Aussagen der Historikerin wiedergeben die diese Informationen von den Überlebenden und den dort Stationieren Soldaten hatte. Dort war halt die Rede von einer Startbahn um Flugzeuge versteckt starten zu lassen aber auf den Bildern sieht man natürlich gut eine Verbindung. Wie gesagt ich will mich mal mit der Hostorikerin in Kontakt setzen ob Sie da neue Informationen hat bzw. ob die aussagen eher einen Rollweg beschreiben. Obwohl man da vielleicht von ausgehen darf das dieser "Unterschied" zwischen Start/Landebahn und Rollweg nicht so bekannt ist und einfach von einer "Rollbahn" in dem Sinn gesprochen wird.
Grüße
SaniFox
danke für die Bilder. Ich bin leider auch nicht zu sehr in der Thematik drin und kann auch nur die Aussagen der Historikerin wiedergeben die diese Informationen von den Überlebenden und den dort Stationieren Soldaten hatte. Dort war halt die Rede von einer Startbahn um Flugzeuge versteckt starten zu lassen aber auf den Bildern sieht man natürlich gut eine Verbindung. Wie gesagt ich will mich mal mit der Hostorikerin in Kontakt setzen ob Sie da neue Informationen hat bzw. ob die aussagen eher einen Rollweg beschreiben. Obwohl man da vielleicht von ausgehen darf das dieser "Unterschied" zwischen Start/Landebahn und Rollweg nicht so bekannt ist und einfach von einer "Rollbahn" in dem Sinn gesprochen wird.
Grüße
SaniFox
"Es ist mir scheissegal wer ihr Vater ist...solange ich hier angel geht hier keiner übers Wasser!!"
Generell kann man sagen, dass eine "Rollbahn" ein Taxiway ist und eine "Start/Landebahn" eine Runway.
Allerdings ist es natürlich möglich auch auf einem Taxiway Flugzeuge staren oder landen zu lassen falls es die Umstände wie Hindernisse, Kurven, Länge, Breite usw. erlauben.
Würde Sinn machen falls die Hauptrunway kaputt ist.
Und im 2. Weltkrieg war der Sichtanflug der Standard, ergo braucht man keine auf eine spezifische Runway ausgelegten Funknavigationsanlagen, lediglich eine fehlende Beleuchtung hätte das Haupthindernis dargestellt.
Ob das hier so war ist allerdings sehr zweifelhaft.
Allerdings ist es natürlich möglich auch auf einem Taxiway Flugzeuge staren oder landen zu lassen falls es die Umstände wie Hindernisse, Kurven, Länge, Breite usw. erlauben.
Würde Sinn machen falls die Hauptrunway kaputt ist.
Und im 2. Weltkrieg war der Sichtanflug der Standard, ergo braucht man keine auf eine spezifische Runway ausgelegten Funknavigationsanlagen, lediglich eine fehlende Beleuchtung hätte das Haupthindernis dargestellt.
Ob das hier so war ist allerdings sehr zweifelhaft.
Obacht Nebenkeule!
- sanifox
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Also hier ging es ja nur darum aus dem Schutz starten zu können. Ne Landung denk ich wäre da net drin gewesen(Bzw. nicht geplant gewesen). Und nunja, also ich glaub auch das die Frauen damals andere sorgen haten als sich die genaue Bezeichnung zu merken von dem was sie erbauen mussten.
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