Der Geheimbunker von Lohbrügge

Militärische Objekte und Anlagen des 2. Weltkriegs (und 1933-1945)
Sir Vivor

Der Geheimbunker von Lohbrügge

Beitrag von Sir Vivor » 20.03.2003 12:38

Hi alle,

habe per Zufall in einem Gespräch mit meinen Eltern vor zwei Tagen einen
echten 'Klopper' entdeckt!!! Es handelt sich dabei um einen riesigen
Geheimbunker in Hamburg-Lohbrügge. Mein Vater sammelt so ziemlich
alles an wichtigen Zeitungsausschnitten, und da war es für ihn ein leichtes,
mir zwei davon zum Thema rauszusuchen. :)

Da verbringt man dort schon seine gesamte Kindheit, und ahnt
nicht mal was davon...! :oops:

Hier nun Teil 1 mit den dazugehörigen Fotos:
=====================================================

Weltgeschichte vor der Haustür: Der Geheimbunker von Lohbrügge
-------------------------------------------------------------------------------------

Als die Nazis in Lohbrügge den Weltkrieg vorbereiteten
--------------------------------------------------------------------

ws. Drei ganz normale Reihenhäuser aus den 30er-Jahren, ein riesiger
Parkplatz mit einem Betonklotz, der an eine Garage erinnert und ein
Geländer, das den Blick auf Treppenstufen und eine steile Rampe frei-
gibt - am XXXXXXXX XX in Lohbrügge erinnert eigentlich nichts daran,
daß sich hier in unmittelbarer Nachbarschaft unzähliger Wohnhäuser
bis vor kurzem ein bestens gehütetes militär-strategisches Geheimnis
verborgen hatte.
Irgendwann im Jahre 1935 muß es gewesen sein, als sich eine fast end-
lose Kolonne von riesigen LKW's mit schwerem Baugerät über den sandi-
gen XXXXXXXX durch den dichten Föhrenwald beim alten Wasserturm im
Norden Lohbrügges quälte. "Das Projekt", das hatte man den Männern
hinter den Windschutzscheiben immer wieder eingebläut, müsse sehr
schnell und unter höchster Geheimhaltungsstufe fertiggestellt werden.
Bald darauf sind ganze Bautrupps damit beschäftigt, Bäume zu fällen,
Baumstümpfe zu roden und eine riesige Baugrube auszuheben, um dann
gigantisch anmutende, mit mächtigen Stahlgittern armierte Bunker-
wände aus Beton hochzuziehen.
Angst vor neugierigen Fragern mußten die Bauarbeiter und die Inge-
nieure der Reichspost, die im Innern des Bunkers armdicke Fernmelde-
kabel verlegten, kaum haben. Das gesamte Areal wurde scharf bewacht
und nur wenige Spaziergänger verirrten sich damals in die noch fast
menschenleere Gegend rund um den nördlichen Teil der XXXXXXXXXX XXXX-
XXXXXX.
1938 war es so weit: Auf dem über 6000 Quadratmeter großem Areal
war ein 1440 Quadratmeter großer Tiefbunker fertiggestellt worden -
mit einer großen Rampe, um auch zentnerschweres Gerät und Waffen
mühelos nach unten zu transportieren, mit einem 270 Meter tiefen
Trinkwasserbrunnen und begehbaren Maschinengewehr-Ständen. Und mit
zweieinhalb Meter breiten Lichtschächten mit Panzerstahlplatten, die
im Falle eines Angriffs vor die handgranantensicheren "Fenster" aus
Glasbausteinen gezogen werden konnten.
Darüber hatte man drei große Gebäude errichtet, die den Eindruck ganz
normaler Bauernhäuser vermitteln sollten. Tatsächlich waren die Häuser
zum Teil Attrappe; nur im Erdgeschoß gab es Dienstwohnungen für die
Techniker und den zwölfköpfigen bewaffneten Sicherungstrupp des
"Postschutzes" - während sich im Keller darunter Haupteingang zum
Bunker befinden.
Ein riesiger 250 kVA-Schiffsgenerator, versorgt von drei unterir-
dischen Tanks mit je 20000 Litern Dieselkraftstoff, lieferte den Strom
für die Anlage, die im Kriegsfall dank eines ausgeklügelten Be-
lüftungssystem mit speziellen Gasschutzfiltern völlig autark war.
"Notfalls hätten wir 30 Tage lang die Schotten dichtgemacht,"
erinnert sich der heute 80jährige Rudolf Fiege aus Bergedorf,
der als Fernmeldetechniker 1939 zum paramilitärische "Postschutz"
befohlen wurde und noch heute jeden Winkel im unterirdischen La-
byrinth mit seinen über 80 Räumen bestens kennt.
Doch wozu der ganze Aufwand? Und weshalb interessierte sich nach
dem Krieg die NATO so sehr für den Bunker? Immerhin wurde er von
den Militärs bis vor kurzem als "top secret" gehandelt - unbemerkt
von den Nachbarn, die sich höchstens mal über eifrig fotografierende,
uniformierte Angehörige der sowjetischen Roten Armee wunderten.
Schon lange vor Beginn des zweiten Weltkrieges hatten die Nazis an-
gefangen, sich logistisch auf die Eroberung Europas vorzubereiten und
quer durchs gesamte Deutsche Reich gewaltige, unterirdische Kabel-
stränge gezogen. Der Zweck: Verhinderung des Abhörens von als geheim
eingestuften Informationen der Wehrmacht, des Reichssicherheitshaupt-
amtes, der Gestapo und anderer Nazi-Dienststellen sowie das Absichern
der überlebenswichtigen Fernmeldeleitungen im Kriegsfall. Gleichzeitig
wurden hier die (auf längeren Strecken schwächer werdenden) Fern-
meldesignale wieder verstärkt - eine wichtige Voraussetzung, um später
einmal auch Telefonate von der besetzten Krim oder aus Moskau em-
pfangen zu können.
Und man hatte hier eine für die damalige Zeit sensationelle und für
die Militärs höchst interessante Erfindung gemacht und erstmals in
die Tat umgesetzt: die gleichzeitige Übertragung von bis zu 200 Tele-
fon (oder Fernschreib-)Verbindungen auf nur einem Kabel, indem jeder
Verbindung automatisch eine unterschiedliche und überlagerungsfreie
Sendefrequenz zugeordnet wurde.
Doch der Endsieg der Naziwehrmacht blieb zum Glüch aus - ebenso wie
die befürchtete Entdeckung und Zerstörung der Bunkeranlage durch die
Alliierten. Nur einmal, so erinnert sich Rudolf Fiege, entledigte sich
hier ein alliierter Bomberpilot bei einem Notabwurf seiner Bomben.
"Anschließend flogen in der Nähe ein paar Häuser in die Luft."

In der nächsten Ausgabe: Das geheimnisvolle NATO-Objekt "XXXXXXXX XX"

=====================================================

Viele Grüße...

...Sir Vivor

P.S.: Genaue Adresse aus den bekannten Gründen nur per PM...!
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

Sir Vivor

Beitrag von Sir Vivor » 20.03.2003 12:47

Hier Teil 2 mit den dazugehörigen Fotos:
=====================================================

Weltgeschichte vor der Haustür: Der Geheimbunker von Lohbrügge
--------------------------------------------------------------------------------------

Das unterirdische NATO-Objekt "XXXXXXXX XX"
------------------------------------------------------------

ws. 60 Jahre lang blieb ein gigantischer, unterirdischer Bunkerkomplex
Am Lohbrügger XXXXXXXX unbekannt - obwohl hier seit den Zeiten des Nazi-
regimes fleissig gearbeitet wurde. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges,
als es die meisten Häuser in der Umgebung noch gar nicht gab, war hier
eine streng geheime Fernmelde-Spezialeinheit untergebracht (Bille Nr.
25).
Der Krieg war längst zu Ende, als holländische Soldaten, die auf Sei-
ten der britischen Streitkräfte gekämpft hatten, die Gebäude am XXXXX-
XXX XX entdeckten - und völlig ratlos waren. Ein festungsartig gesicher-
ter Bunker unter der Erde mit Zivilisten, die sich als Fernmeldetechniker
entpuppten? Man beschränkte sich auf's Beschlagnahmen von allen, was
nicht niet- und nagelfest war. "Die haben uns alles geklaut," sagt Ru-
dolf Fiege (80), der hier viele Jahre gearbeitet hatte, "sogar unsere
ganz privaten Besitztümer haben die ausgeräubert".
Irgendwann kamen englische Offiziere in den Bunker, übernahmen die
Kommandogewalt und ein freundlicher holländischer Offizier sorgte schließ-
lich dafür, daß das gestohlene Gut an die "Krauts" wieder zurück gegeben
wurde. Doch was tun mit der Anlage? Da man sich über die tatsächliche
Bedeutung der dortigen Kabelstränge noch immer nicht im klaren war,
wurde eine Sprengung des Komplexes ins Auge gefaßt - wie im Falle der
U-Boot-Bunker im Hamburger Hafen.
Doch diesen Plänen machten nicht nur die Unmengen an Stahlbeton einen
Strich durch die Rechnung. Denn inzwischen hatten sich die ehemaligen
Alliierten zerstritten. Der Kalte Krieg begann in eine gefährliche
heiße Phase zu treten; sichere Nachrichtenverbindungen bekamen plötzlich
wieder eine enorme Bedeutung. So kam es, daß der frühere Reichspostbunker
am XXXXXXXX XX nach dem Beitritt der Bundesrepublik zur NATO 1955 wieder
als "top secret" eingestuft wurde. Selbst die unmittelbaren Nachbarn in
den nach Kriegsende rund um die Anlage errichteten Häusern ahnten nichts
von dem riesigen Bunker und dem geschäftigen Treiben der Postmitarbeiter,
die natürlich zu strengstem Stillschweigen verdonnert waren. Nur die
sowjetischen Militärbeobachter, die ab und zu auffällig fotografierten,
sorgten für Verwunderung.
Nach dem Bau des "Eisernen Vorhangs" 1961 kappten die Sowjets kurzer-
hand die Kabelstränge an der innerdeutschen Grenze. Die Leitungen nach
Berlin und Mitteldeutschland waren über Nacht tot. Trotzdem wurde im
Bunker eifrig gearbeitet. Das Telekommunikationsnetz innerhalb der
Bundesrepublik und zu den europäischen Nachbarstaaten wurde ausgeweitet.
Die Übertragungsleistung pro Koaxial-Fernmeldekabel konnte auf bis zu
10800 gleichzeitige Verbindungen gesteigert werden und schließlich
wurden alle alten Kabelstränge nach und nach durch hauchdünne Glasfaser-
leitungen ersetzt.
Und weshalb die ganze Geheimhaltung? "Die heutigen Satellitenfunkver-
bindungen gab es früher noch nicht," erzählt der heute 71-jährige Helmut
Schicke, der nach dem Krieg lange Jahre Leiter dieser "Fernmeldestelle
der besonderen Art" war. "Im Krisen- oder Kriegsfall waren die Kabel,
die hier zusammen liefen, deswegen von strategischer Bedeutung".
Zum Beispiel für jene detailliert geplanten Militäraktionen gegen den
kommunistischen Osten, die als "Vorwärtsverteidigung" und "Präventiv-
schlag" noch bis zum Fall der Mauer in den Köpfen der westlichen
Militärs herum spukten.
Und natürlich auch für den Fall eines Atomkrieges, der mit der Statio-
nierung von atombestückten Pershing-II-Raketen Anfang der 80er Jahre
wieder in greifbare Nähe gerückt war. Das atomare Inferno, so hatten
Physiker festgestellt, würde durch elektromagnetische Schockwellen
sämtliche Funkverbindungen kurzerhand außer Gefecht setzen.
Übrig blieben dann nur jene Kommunikationswege, die man sicher in der
Erde verbuddelt hatte. So wie jene armdicken Kabelstränge, die vom
Fernmeldebunker im Norden Lohbrügges in alle Himmelrichtungen führten...

=====================================================

Viele Grüße...

...Sir Vivor
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.

Benutzeravatar
Deichgraf (†)
Forenuser
Beiträge: 1071
Registriert: 27.05.2002 06:55
Ort/Region: Hamburg

Beitrag von Deichgraf (†) » 20.03.2003 13:23

Hallo Sir Vivor,
die Geschichte ging vor etwas längerer Zeit mal durch die Zeitungen und ich hab mir das Haus mal angesehen (weil ich gleich um die Ecke wohne). Eigentlich ziemlich unspektakulär - es sein denn, man käme rein :mrgreen:
Bis dann
Deichgraf

Sir Vivor

Beitrag von Sir Vivor » 20.03.2003 13:37

Hi Deichgraf,

wem untersteht das eigentlich heute?!? Tele-Komik, ZS???
Das könnte einen ja evtl. weiterbringen...

Sir Vivor

Benutzeravatar
MikeG
Administrator
Beiträge: 8759
Registriert: 07.05.2002 14:38
Ort/Region: Bispingen
Kontaktdaten:

Beitrag von MikeG » 20.03.2003 13:50

Wenn Telekom, könnte ich evtl. weiterkommen. Schreib' mir mal die Adresse per PN, bitte.

Mike

Benutzeravatar
Deichgraf (†)
Forenuser
Beiträge: 1071
Registriert: 27.05.2002 06:55
Ort/Region: Hamburg

Beitrag von Deichgraf (†) » 21.03.2003 07:16

Hallo Mike,
wenn Du morgen früh pünktlich kommst, können wir da gleich noch mit vorbeifahren (nur ein kleiner Umweg) und fotoknipsen.
Bis dann
Deichgraf

Sir Vivor

Beitrag von Sir Vivor » 22.03.2003 17:29

Hi,

habe gestern mal mit dem ZS-Beamten des Raums Bergedorf telefoniert,
um einen Termin für eine Besichtigung des WK-II-Bunkers am Bergedorfer
ZOB zu 'ergattern'...
Dabei habe ich ihn mal zum Thema befragt: Er wurde sofort extrem wortkarg
und 'wußte von rein gar nichts'... Nicht mal der Hinweis, daß das schon vor
Jahren durch die Presse ging, und damit nicht mehr 'top secret' ist, half mehr... :?: :?: :?:
Hmmm! Ist da evtl. wegen dem Golfkrieg die Geheimhaltungsstufe rauf
gesetz worden?!?
Ich soll ihn übrigens im Mai wegen des o.a. Besichtigungstermins wieder
anrufen, da er demnächst Urlaub hat. Weitere Info's dazu folgen...

Viele Grüße,

Sir Vivor

Benutzeravatar
Bunkerwart
Forenuser
Beiträge: 305
Registriert: 12.05.2002 23:26
Ort/Region: Lübeck
Kontaktdaten:

Beitrag von Bunkerwart » 22.03.2003 19:57

Sir Vivor hat geschrieben:Ich soll ihn übrigens im Mai wegen des o.a. Besichtigungstermins wieder
anrufen, da er demnächst Urlaub hat. Weitere Info's dazu folgen...
Das klingt doch schon ganz gut,jetzt nur nicht aufgeben und am Ball bleiben.Wenn es klappt,und in meinen Zeitplan passt,bin ich auf jeden fall dabei.

Sir Vivor

Beitrag von Sir Vivor » 25.03.2003 13:10

Hi alle,

so, habe heute (mal wieder) telefoniert bis der Arzt kam, und zum Bunker
in Lohbrügge folgendes herausgefunden:
@Mike:
Er ist definitiv kein NATO-Objekt mehr (seit dem Mauerfall) und
untersteht heute (nur noch) der Telekom.

Habe dazu mit dem Redakteur der Zeitung telefoniert, aus der der Bericht
stammt. Er erzählte mir, daß 1998, als er die Artikel schrieb, extra
aus Brüssel drei NATO-Sicherheitsbeamte kamen, um zu klären, ob das
veröffentlicht werden darf... Wau!!! :)
Habe durch ihn auch herausbekommen, wen ich zwecks evtl. Besichtigung
noch anrufen sollte bzw. muß. Mike, frag Du doch zeitgleich bitte auch
noch bei der Telekom direkt an; scheinst ja da Kontakte zu haben.

Ich werde mich gleich nachher wieder an's Telefon schwingen, und mal
sehen, was ich erreiche.

Der o.a. Redakteur hatte zu anderen sehr interessanten Themen
(u.a. Düneberg) noch so viel zu erzählen, daß er mich einlud, die ganzen
Artikel dieser Reihe mal persönlich durchzusehen. Werde also mal Ende
dieser Woche oder Anfang nächster Woche mal in der Redaktion vorbei
schauen; was da wohl alles auf mich/uns wartet. Würde sagen:
Volltreffer!!!! 8)

So, in diesem Sinne, bis später,

Sir Vivor

Sir Vivor

Beitrag von Sir Vivor » 25.03.2003 13:13

Man, hatte ich ganz vergessen...:
@Bunkerwart:
Bezüglich Bunker Bergedorfer ZOB bleibe ich logischerweise am Ball :) ;
dazu folgt Ende der Woche noch ein Extra-Thread mit aktuellen Außen-
Fotos...

So, nu aber...

Sir Vivor

Antworten