Der Eisenbahn Viadukt in Bielefeld-Schildesche

Verkehrsgeschichte - Bauwerke der Bahn, U-Bahn, S-Bahn etc.
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GerdW
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Beitrag von GerdW » 16.03.2013 12:55

Hallo,

entgegen der Literatur (Kühne, Frick), war den Alliierten die Lage der Gummibahn
durchaus bekannt. Sie wurde aber nicht extra angegriffen, da die Alliierten davon
ausgingen, dass die Gummibahn bei den Angriffen auf den Viadukt ohnehin getroffen würde.


Quelle: USSBS Volume VI

Gruß
Gerd
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redsea
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Beitrag von redsea » 16.03.2013 21:30

Hallo Gerd,

es dürfte wohl verständlich sein, warum in Literatur wie Kühne, Frick und anderer nicht angegeben wird, dass die Engländer Kenntnis von der Gummibahn hatten.

Wenn Seitens des USSBS behauptet wird, dass die Engländer davon ausgegangen seien, dass die Gummibahn mit der Zerstörung des Viaduktes ebenfalls zerstört werden würde (hier wäre ein Beleg dieser Behauptung übrigens ganz schön), so ist auch dies aus den bekannten Gründen verständlich.

Ebenso verständlich ist, dass daher nicht erwähnt wird, dass die sogenannte "Grand Slam Bombe" beim Test am 13.03.1945 in Ashley Walks einen ca. Ø 40 m Krater verursachte, die Gummibahn aber über einen halben Kilometer von der geplanten Einschlagstelle der Bombe am Viadukt entfernt ist.

Grüße

Kai

petzolde
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Beitrag von petzolde » 16.03.2013 21:53

Photo66 zeigt reichlich Bombenkrater, insbesondere auch an den beiden Abzweigstellen. Bei dieser Bombendichte war die Wahrscheinlichkeit, daß Viaduktstrecke und Gummibahn zeitgleich getroffen wurden, doch ziemlich hoch.
Anderer Aspekt: Ein zerstörter Viadukt ist nicht kurzfristig wieder aufzubauen. Aber die Gummibahn wäre nach Bombentreffern in wenigen Tagen wieder befahrbar gemacht worden, d.h. man hätte wöchentlich zum Bombardieren wiederkommen müssen.
Da wäre die Zerstörung von Weser- und Lippebrücken an dieser Strecke sicher nachhaltiger gewesen. Waren die überhaupt zerstört worden (durch die Alliierten)?
gruß EP

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redsea
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Beitrag von redsea » 16.03.2013 23:29

Hallo EP,

damit bringst Du es wohl auf den Punkt und genau das sollte man zwischen meinen Zeilen lesen. Die Gummibahn ist in der Tat mehrmals beschädigt worden und von einem eigens dafür bereitgestellten Trupp immer innerhalb kürzester Zeit instandgesetzt worden.

Und ja, zur Unterbrechung der Bahnstrecke wären die Zerstörung der Weser- und Lippebrücken geeignete Maßnahmen gewesen. In wie weit sie beschädigt wurden oder überhaupt Ziel waren, kann ich allerdings aus dem Stegreif nicht sagen. Vielleicht kann Gerd dazu ja etwas sagen.

Grüße

Kai

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GerdW
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Beitrag von GerdW » 16.03.2013 23:51

Hallo, Kai, hallo, EP,

die Weserbrücken bei Vennebeck wurden auch zerstört.
Ich müsste nachschauen,wann dass war.(Chronik 8. USAF, Bomber Command War Diary)

Kai, der "Trupp" bestand aus Zwangsarbeitern, die Reichsbahn
hatte hierfür ein Lager in Stedefreund.


Edit: Die Weserbrücke bei Nienburg, wurde am 22. März 1945 durch die 617. Squadron
zerstört, u.a. mit "Grand Slam" (Quelle: 617. Squadron Record Book)


Gruß
Gerd
Zuletzt geändert von GerdW am 17.03.2013 00:32, insgesamt 1-mal geändert.

petzolde
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Beitrag von petzolde » 17.03.2013 00:18

Die Zerstörung der Lippe-Brücke nördlich des Bahnhofs Hamm wäre sicherlich sehr effizient gewesen, weil damit auch die Strecke von Hamm nach Münster ausgeschaltet worden wäre. Selbst eine Zerstörung der Werse-Brücke bei Ahlen oder der Ems-Brücke bei Gütersloh hätten weitaus zeitaufwendigere Arbeiten zur behelfsmäßigen Wiederherstellung erfordert, als ein Treffer auf die Gummibahn.
Günstige und ausreichend leistungsfähige Umleitungsstrecken zwischen Hamm (Hbf, Gbf, Vbf) und Herford / Minden gab es eigentlich nicht.
Insofern ist es nachvollziehbar, daß eine gezielte Zerstörung der Gummibahn bei den Alliierten keinen Vorrang hatte.
gruß EP

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kuhlmac
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Beitrag von kuhlmac » 17.03.2013 09:55

petzolde hat geschrieben:Die Zerstörung der Lippe-Brücke nördlich des Bahnhofs Hamm wäre sicherlich sehr effizient gewesen, weil damit auch die Strecke von Hamm nach Münster ausgeschaltet worden wäre.
Ja, wäre es. Problem: Es gab und gibt "direkt daneben" die Strecke nach Lünen (Osterfelder Bahn) die eine weitere Verbindung nach MS wäre (wenn auch nur ab LÜN eingleisig)und dann Recklinghausen (ebenfalls möglich, nach MS und dann nach OS/Löhne zu kommen). Oder über Soest und Altenbeken. Die Brücke in Hamm ist übrigens immer noch die selbe, die bei der Hochlegung des Bahnhofs in Hamm 1920 gebaut wurde; sie war zwar bei Annäherung der US-Army zur Sprengung vorbereitet, dies wurde aber -in Gegensatz zur in Sichtweise befindlichen Straßenbrücke - nicht gemacht.
Allerdings ist während der letzten zwei Jahre des Krieges deftig derbe auf den direkt südlich befindlichen Pbf und Rbf (und die Stadt) abgeladen worden, und auch die Strecke und das Umfeld nördlich hat abbekommen. Insoweit gab es immer Streckenunterbrechungen.
Foto klick
Strategisch ist aber ein "Nadelöhr" wie es Viadukte sind (Arnsberg ist ja auch zerstört worden) von "aufwand/nutzen" her ein besseres Ziel. Sprich: Du musst nur ein klar definiertes Ziel zerstören, dass deutlich schwer aufzubauen ist und die Strecke (theoretisch) lange stört und Schwierigkeiten (Umleitungen, Rückstaus usw.) erzeugt. Und schon sieht es aus Angreifersicht besser ("effizienter") aus.
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Beitrag von GerdW » 17.03.2013 21:28

Hallo, Zusammen,

hier ein Auszug aus dem USSBS Report Volume VI "The Effects of strategic bombing on German Transportation"

Zitat:

"Isolation of the Ruhr

In the latter part of February (1945, G.W.)the push to the Rhine had begun and the air forces
embarked on a definite plan for the isolation of the Ruhr.
A coordinated plan for the paralyzation of all railroad movement between the Ruhr and
surrounded areas was devised and put into effect.

1)The Ruhr was to be completely isolated by the cutting of a vital brigde or viaduct
on every line in a wide are from Bremen in the north, down the Weser River, through Bielefeld, and curving to Koblenz in the south.
Some 18 brigdes or viaducts were involved, six major ones, including Bielefeld, to be
handled by the heavy bombers and the remainder by the medium and fighter bombers.

...

4)The objectives of the plan were both strategic and tactical.
On the strategic side the principal purpose was to prevent the movement of supplies
to the Ruhr war industries and the export of Ruhr material, particulary hard coal
to the industries of the rest of Germany.
On the tactical side, the objective was, to prevent the reinforcement and supply
of defensive troops in area asssigned as the main point for projected Rhine crossings.
Here, with the close adherence, were to be applied the lessions learned during the Ardennes
counter offensive - the principles of rail saturation."


Gruß
Gerd

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Beitrag von redsea » 17.03.2013 22:19

Hallo Gerd,

danke für die aufschlussreichen Auszüge aus den USSBS-Reporten.

Dass man seitens des USSBS vorgibt, die Zertsörung des Bielefelder Viaduktes wäre aus taktischen und strategischen Gründen erfolgt, ist durchaus verständlich. Man konnte den Engländern ja schließlich nicht in den Rücken fallen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass der USSBS in seinem Report verschweigt, dass der Eisenbahnverkehr zu dieser Zeit gar nicht mehr über den bereits beschädigten Viadukt lief, sondern über die Gummibahn die nicht mehr Ziel von Angriffen war. Dies war sowohl den Engländern als auch dem USSBS bekannt.

Grüße

Kai

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Hohlraum zwischen Viadukt-Pfeilern

Beitrag von arachnoPhil » 18.03.2013 08:33

redsea hat geschrieben:von einem Tunnel oder Hohlräumen in den Brückenpfeilern habe ich zwar keine Kenntnis, aber es gab im südlichen Bereich am Hangübergang tatsächlich einen Hohlraum zwischen dem Brückenkopf und dem "eigentlichen" ersten, in die Böschung eingelassenen Brückenpfeiler, da der Bogen an den Außenseiten vermauert war.
Guten Morgen alle miteinander.



ein Bekannter hat sich am Wochenende den Hohlraum zwischen den Pfeilern und den Bereich drumherum noch einmal angeschaut.

Bild 1:
Auf der Wand der Westseite erkennt man unterhalb des mondförmigen Gitters diverse verschlossene Öffnungen.
Links und rechts 2 mittelgrosse, mittig drei kleine quadratische Löcher. Die kleinen wirken wie Sprengkammern.
Auf der linken Seite ebenfalls eine grosse Öffnung durch den wohl auch der Schutt am Boden hineingelangt ist.

Bild 2:
An der östlichen Wand erkennt man oberhalb den offenen Zugang und mittig die alten Leiter-Sprossen.
Links erkennt man das Mauerwerk unterhalb des Putzes. Rechts ebenfalls eine verschlossene quadratische Öffnung.

Bild 3:
Passend zu den Schienenresten unter dem Viadukt fand er auf der Westseite einige weitere Schienen-Reste.


GerdW hat geschrieben:Von den ganzen Bombenkratern, lassen sich Heute einige noch erahnen.
Bild 4: Krater findet man noch in den umliegenden kleinen Wäldchen.




gruss... Phil...
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