Rayonsteine
Rayonsteine
Hallo,
ich möchte Euch ein paar Zeugen der Vergangenheit vorstellen, die eigentlich überall "im Deutschen Reich" existieren müssten: Rayonsteine.
Was es damit auf sich hat, ist in dem Rayongesetz festgelegt. Ich stelle hier einen Auszug rein und für die Interessierten den Gesamttext als pdf.
Reichsgesetzblatt 1871
Gesetz, betreffend die Beschränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen. Vom 21. Dezember 1871.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:
§. 1.
Die benutzung des Grundeigenthums in der nächsten Umgebung der bereits vorhandenen, sowie der in zukunft anzulegenden permanten Befestigungen unterliegt nach Maßgabe dieses Gesetzes dauernden Beschränkungen.
§. 2.
Behufs Feststellung dieser Beschränkungen wird die nächste Umgebung der Festungen in Rayons getheilt, und je nach der Entfernung von der äußersten Vertheidigungslinie ab als erster, zweiter, dritter Rayon bezeichnet.
(...)
§. 4.
Der erste Rayon umfaßt bei allen Festungen und neu zu erbauenden detachierten Forts das im Umkreise derselben von 600 Metern belegene Terrain,
(...)
§. 8.
Bei Neu-Anlage von befestigungen werden die denselben zunächst gelegenen beiden Rayons, sowie etwaige Esplaneden und Zwischenrayons durch die Kommandanturen unter Mitwirkung der Polizeibehörden und unter Zuziehung der Ortsvorstände, sowie Besitzer selbstständiger Gutsbezirke abgesteckt und durch feste Marken (Rayonsteine) bezeichnet
(...)
Die steinernen Zeugen stehen so in der Gegend rum und warten auf den Kaiser... Anbei einige Bilder der Steine, die in Heikendorf in den Hecken stehen oder am Fördewanderweg bei dem U-Bootfahrer-Denkmal (Möltenort). Etliche Steine stehen jetzt auf dem Dorfplatz vor dem Rathaus.
Die große Menge an Rayonsteinen liegt an der Zahl der Befestigungen in Heikendorf: Fort Korügen, Redoute Heidberg, verschiedene Batterien und die Schanze in Möltenort (heute das U-Bootfahrer-Denkmal). Um 1919 wurden diese Befestigungen geschleift. Mal sehen, was das Gemeindearchiv noch an Unterlagen hat
Kennt jemand von Euch weitere Beispiele der Steine? Hat jemand von Euch Steine des zweite und dritten Rayons gefunden?
Viele Grüße,
Leif
ich möchte Euch ein paar Zeugen der Vergangenheit vorstellen, die eigentlich überall "im Deutschen Reich" existieren müssten: Rayonsteine.
Was es damit auf sich hat, ist in dem Rayongesetz festgelegt. Ich stelle hier einen Auszug rein und für die Interessierten den Gesamttext als pdf.
Reichsgesetzblatt 1871
Gesetz, betreffend die Beschränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen. Vom 21. Dezember 1871.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:
§. 1.
Die benutzung des Grundeigenthums in der nächsten Umgebung der bereits vorhandenen, sowie der in zukunft anzulegenden permanten Befestigungen unterliegt nach Maßgabe dieses Gesetzes dauernden Beschränkungen.
§. 2.
Behufs Feststellung dieser Beschränkungen wird die nächste Umgebung der Festungen in Rayons getheilt, und je nach der Entfernung von der äußersten Vertheidigungslinie ab als erster, zweiter, dritter Rayon bezeichnet.
(...)
§. 4.
Der erste Rayon umfaßt bei allen Festungen und neu zu erbauenden detachierten Forts das im Umkreise derselben von 600 Metern belegene Terrain,
(...)
§. 8.
Bei Neu-Anlage von befestigungen werden die denselben zunächst gelegenen beiden Rayons, sowie etwaige Esplaneden und Zwischenrayons durch die Kommandanturen unter Mitwirkung der Polizeibehörden und unter Zuziehung der Ortsvorstände, sowie Besitzer selbstständiger Gutsbezirke abgesteckt und durch feste Marken (Rayonsteine) bezeichnet
(...)
Die steinernen Zeugen stehen so in der Gegend rum und warten auf den Kaiser... Anbei einige Bilder der Steine, die in Heikendorf in den Hecken stehen oder am Fördewanderweg bei dem U-Bootfahrer-Denkmal (Möltenort). Etliche Steine stehen jetzt auf dem Dorfplatz vor dem Rathaus.
Die große Menge an Rayonsteinen liegt an der Zahl der Befestigungen in Heikendorf: Fort Korügen, Redoute Heidberg, verschiedene Batterien und die Schanze in Möltenort (heute das U-Bootfahrer-Denkmal). Um 1919 wurden diese Befestigungen geschleift. Mal sehen, was das Gemeindearchiv noch an Unterlagen hat
Kennt jemand von Euch weitere Beispiele der Steine? Hat jemand von Euch Steine des zweite und dritten Rayons gefunden?
Viele Grüße,
Leif
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Hallo,
der wohl netteste Stein steht auf dem Deich am Strandzugang von Heidkate. Der Stein ist mit der Inschrift "Reichskriegshafen Kiel" versehen und soll die äußere Grenze des Kriegshafengebietes markieren. Ob das mit einem Rayon übereinstimmt, ist mir leider nicht bekannt. Leider haben irgendwelche Idioten den Stein mit Grafitti sachbeschädigt.
Gruß
Oliver
der wohl netteste Stein steht auf dem Deich am Strandzugang von Heidkate. Der Stein ist mit der Inschrift "Reichskriegshafen Kiel" versehen und soll die äußere Grenze des Kriegshafengebietes markieren. Ob das mit einem Rayon übereinstimmt, ist mir leider nicht bekannt. Leider haben irgendwelche Idioten den Stein mit Grafitti sachbeschädigt.
Gruß
Oliver
Das scheint es nicht nur bei uns gegeben zu haben
Das scheint es nicht nur bei uns in D gegeben zu haben. Aufgrund eines Bildes eines ungewöhnlichen "Grenzsteins" hat mich jemand vor kurzem darauf aufmerksam gemacht, dass dieser in Frankreich fotografierte Stein die Grenze einer Befestigungsanlage markiert.
Gruss TP
Gruss TP
Re: Rayonsteine
@ Leif
Wenn du mir sagst, wo es den mal in Mittelholstein Befestigungen, Forts, Batterien, Schanze etc gab, halte ich gerne Augen und Kamera auf...
Gruß Nils
Wenn du mir sagst, wo es den mal in Mittelholstein Befestigungen, Forts, Batterien, Schanze etc gab, halte ich gerne Augen und Kamera auf...
Gruß Nils
hallo,
ich habe noch ein paar Gesetze und Bekanntmachungen herausgesucht, die im Zusammenhang mit dem Gesetz betreffend der Beschränkung des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen stehen.
Zuerst die Bekanntmachung vom 1. Februar 1873, welches eigentlich alle auszubauenden Festungen nennt.
Die Bekanntmachung vom 27. März 1873, welches für die Erweiterung Ingolstadts erlassen wurde.
Das Gesetz betreffend der Geldmittel zur Umgestaltung und Ausrüstung von deutschen Festungen vom 30. Mai 1873. Hier werden von den reservierten 1 1/2 Milliarden Franken der von Frankreich zu leistenden Kriegskosten-Entschädigungen 72 Millionen Thaler für Festungsbau veranschlagt. Die genaue Aufschlüsselung findet sich im Reichshaushalts-Etat (Wenn Interesse besteht, muß ich sie scannen).
Als Abschluß: Gesetz betreffend das eingehen deutscher Festungen vom 25. August 1924. Hier endet die Spur der Rayonsteine, da die Beschränkungen aufgehoben werden.
Viele Grüße,
Leif
ich habe noch ein paar Gesetze und Bekanntmachungen herausgesucht, die im Zusammenhang mit dem Gesetz betreffend der Beschränkung des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen stehen.
Zuerst die Bekanntmachung vom 1. Februar 1873, welches eigentlich alle auszubauenden Festungen nennt.
Die Bekanntmachung vom 27. März 1873, welches für die Erweiterung Ingolstadts erlassen wurde.
Das Gesetz betreffend der Geldmittel zur Umgestaltung und Ausrüstung von deutschen Festungen vom 30. Mai 1873. Hier werden von den reservierten 1 1/2 Milliarden Franken der von Frankreich zu leistenden Kriegskosten-Entschädigungen 72 Millionen Thaler für Festungsbau veranschlagt. Die genaue Aufschlüsselung findet sich im Reichshaushalts-Etat (Wenn Interesse besteht, muß ich sie scannen).
Als Abschluß: Gesetz betreffend das eingehen deutscher Festungen vom 25. August 1924. Hier endet die Spur der Rayonsteine, da die Beschränkungen aufgehoben werden.
Viele Grüße,
Leif
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Hallo,
Die Steine sind auch bei uns in Ulm im Umfeld der festungsanlagen wohlbekannt.
wir haben einige in unserem Magazin eingelagert, welche wir retten konnten.
2 steine sind mit bekannt die noch an Ihrem Platz sitzen.
Bei Interesse mache ich gerne einmal ein Foto
Die aufschrift der steine ist BF, was für mich den schluss naheliegt das sie noch aus der Bundesfestungszeit stammen, also grob 1850 gesetzt wurden.
Hergestellt sind sie aus Sandstein
Viele grüße Aus ulm
Die Steine sind auch bei uns in Ulm im Umfeld der festungsanlagen wohlbekannt.
wir haben einige in unserem Magazin eingelagert, welche wir retten konnten.
2 steine sind mit bekannt die noch an Ihrem Platz sitzen.
Bei Interesse mache ich gerne einmal ein Foto
Die aufschrift der steine ist BF, was für mich den schluss naheliegt das sie noch aus der Bundesfestungszeit stammen, also grob 1850 gesetzt wurden.
Hergestellt sind sie aus Sandstein
Viele grüße Aus ulm
Hallo,
vielen Dank für die Informationen zu Ulm! Ja, es muß eine ältere Verordnung / Gesetz gegeben haben. Aber ich habe es noch nicht gefunden und mir ist auch nicht klar, wo dieses veröffentlicht sein kann.
Wenn es für Dich kein Aufwand ist, würde ich mich (und bestimmt interessierte andere Leser) über Bilder aus Ulm freuen!
Beim Nachschlagen im Findbuch des Landesarchives Schleswig Abt. 320, Kreis Plön, stieß ich auf folgendes Akten, welche ich diese Woche einsehen möchte:
956 Festungspläne, allgemein
957 Befestigung des Kieler Hafens: Absteckung der Rayongrenzen der Befestigungen bei Friedrichsort, Möltenort und Laboe und die damit zusammenhängenden Beschränkungen des Grundeigentums 1869 - 1870
958 befestigung des Kieler Hafens:
Absteckung des Rayons der Redoute Ober-Jägersberg 1872-1873
959 Beschränkungen des Grundeigentums im Bereich der Festungen (u.a. Panzerturm Laboe); Streitigkeiten 1900-1910
Bezüglich der Beendigung der Rayonbeschränkungen gab es wohl noch eine Verordnung vom 7.Mai 1925, welche ich noch kopieren werde.
Viele Grüße,
Leif
vielen Dank für die Informationen zu Ulm! Ja, es muß eine ältere Verordnung / Gesetz gegeben haben. Aber ich habe es noch nicht gefunden und mir ist auch nicht klar, wo dieses veröffentlicht sein kann.
Wenn es für Dich kein Aufwand ist, würde ich mich (und bestimmt interessierte andere Leser) über Bilder aus Ulm freuen!
Beim Nachschlagen im Findbuch des Landesarchives Schleswig Abt. 320, Kreis Plön, stieß ich auf folgendes Akten, welche ich diese Woche einsehen möchte:
956 Festungspläne, allgemein
957 Befestigung des Kieler Hafens: Absteckung der Rayongrenzen der Befestigungen bei Friedrichsort, Möltenort und Laboe und die damit zusammenhängenden Beschränkungen des Grundeigentums 1869 - 1870
958 befestigung des Kieler Hafens:
Absteckung des Rayons der Redoute Ober-Jägersberg 1872-1873
959 Beschränkungen des Grundeigentums im Bereich der Festungen (u.a. Panzerturm Laboe); Streitigkeiten 1900-1910
Bezüglich der Beendigung der Rayonbeschränkungen gab es wohl noch eine Verordnung vom 7.Mai 1925, welche ich noch kopieren werde.
Viele Grüße,
Leif
- Fieldmouse
- Forenuser
- Beiträge: 1035
- Registriert: 06.08.2004 08:19
- Ort/Region: Teutoburger Wald
Jetzt weiß ich endlich, was ich vor dem ehem. Schloß Hagen / Gut Hagen in Probsteierhagen fotografiert habe : Rayonsteine !
Hier werden sie auch erwähnt, allerdings andere Seite der Förde:
http://www.holtenau-info.de/history/fort.htm
Meine stammen dann wahrscheinlich vom Fort Röbsdorf.
Und ich hatte irgendwie auf Rantzau getippt, aber das ergab keinen Zusammenhang mit Probsteierhagen.
Fm.
Hier werden sie auch erwähnt, allerdings andere Seite der Förde:
http://www.holtenau-info.de/history/fort.htm
Meine stammen dann wahrscheinlich vom Fort Röbsdorf.
Und ich hatte irgendwie auf Rantzau getippt, aber das ergab keinen Zusammenhang mit Probsteierhagen.
Fm.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.