Oberleutnant a.D. Rolf Zick verstorben

Luftverteidigung durch Flak und andere Fliegerabwehr, Scheinwerferstellungen, Scheinanlagen und ähnliche Objekte
Antworten
Benutzeravatar
niemandsland
Forenuser
Beiträge: 1788
Registriert: 18.01.2004 11:19
Ort/Region: GU5 (52.37 9.66)
Kontaktdaten:

Oberleutnant a.D. Rolf Zick verstorben

Beitrag von niemandsland » 25.03.2024 13:49

Moin,

wie ich heute leider erst erfahren habe, ist mein letzter Zeitzeuge und langjähriger und - im wahrsten Sinne des Wortes - ältester Freund, der Oberleutnant a.D. der Flak-Artillerie, Journalist und Autor, Rolf Zick bereits am 08.03.2024 im Alter von 103 Jahren verstorben.

Leider habe ich Rolf erst im Jahr 2013 persönlich kennenlernen dürfen. Er besuchte mich damals per Deutsche Bahn in - wenn man so will - meinem Büro, und stand mir einige Stunden Rede und Antwort zum Thema Flak. Dazu muss man wissen, das Rolf Zick, am Aufbau diverserer Flak-Batterien im Raum Hannover aktiv mitgewirkt hat.

Ich möchte dazu ein paar Eckdaten geben:

Rolf war zuerst in einer Lw. Bau-Kompanie (77/XI Bremen-Vegesack) eingesetzt, zuerst am Bau in Oggenhagen-Wittmundshafen beteiligt, dann im Mai 1940 Abkommandierung nach Hannover, der Zivilflughafen Hannover-Vahrenwald sollte kriegsmäßig ausgebaut werden. Und in Hannover-Evershorst (heute: Hannover-Langenhagen) sollte ein neuer Feldflughafen entstehen.

Am 1. Juni 1940 kam er endlich zur Luftwaffe, er kam zuerst zur Rekruntenausbildung zur Flak-Ersatzabteilung 6 nach Hannover-Bothfeld (Flakkaserne). Dabei blieben Ihm besonders die unterschiedlichen Appelle von Schleifer REDANZ in besonderer Erinnerung.

Am 15.Juli 1940 nach dem Ende der Rekrutenzeit kam er zur 2. Batterie, schwere Flak-Abteilung 521, Untergruppe Süd. Diese Batterie lag zu diesem Zeitpunkt in Hannover-Ahlem (heutige Straßen: Am Kalkofen/Am Mönkeberg).

Es folgten dann einige Lehrgänge und er lernte diverse Stellungen im Raum Hannover kennen, bis er später Batteriechef der Personal-Batterie Nord (die an diversen Abschüssen im Raum Hannover beteiligt war) wurde und persönlich auf Aufbau zahlreicher Batterie-Stellungen im Raum Hannover beteiligt war.

Schließlich wurde seine Batterie im Dezember 1943 in den Raum von Wien per Bahntransport verlegt.

Die Batterie bezog als Flak-Batterie z.b.V. 6418 Stellung zwischen den Orten Vösendorf und Siebenhirten. Dort belegten sie die Baracken einer ehem. OT-Einheit. Dort - vor den Toren von Wien - sollte eine 10,5 cm Doppelbatterie entstehen. Und Rolfs und seine Kameraden (noch ohne Geschütze) sollte eine Batterie davon bilden. Er blieb auch dort Batteriechef. Ein paar Tage später kam große Freude auf, als eine weitere Batterie aus Hannover, die ehem. 1./s. Flak-Abt. 521 mit Batteriechef Oberleutnant Herbert Sander ebenfalls in Vösendorf eintraf. Nach einigen Wochen kamen dann die Geschütze an und Rolfs Batterie wurde fortan zur 8./s. Flak-Abt. 657 (o) und gehörte dort zur Flak-Untergruppe Laerberg (? Flak-Abteilungsstab s./Flak-Abt. 223 (o)) unter Kommandeur Major Hugo Stolpmann.

Rolf kam in russische Gefangenschaft und kam nach drei Jahren Lager im tiefsten Russland nach Deutschland zurück.

Über seine Tätigkeiten nach dem Krieg, als Journalist und Autor diverser Bücher kann man u.a. auf Wikipedia nachlesen, darauf möchte ich nicht weiter eingehen.

Zurück auf Anfang...

Ich lernte Rolf Zick 2013 durch meine Recherchen zum Flak-Einsatz im Raum Hannover kennen. Ich weiß nicht mehr, wie dieser Kontakt damals zustande gekommen ist. Jedenfalls kam Rolf zu mir in meine "heiligen" Räume und erzählte mir seine Erlebnisse im Krieg so beeindruckend, das ich der Meinung war, das mein damaliger Stammtisch vom ehem. Verein Mahnmale-aus-Stein (damals e.V.) diesen Herrn, der mich auf Anhieb schwer beeindruckt hat, und der einfach spannend und distanziert über seine eigenen Erlebnisse zu berichten wusste.

Dazu kam es dann einige Wochen später. Wieder kam Rolf mit dem Zug aus seinem Wohnort nach Hannover, und hatte nur den Wunsch, vom Bahnhof mit dem Auto abgeholt zu werden. Mit 93 Jahren !!! Auf dem gleichen Weg fuhr er (soweit ich mich erinnere) vom Bahnhof Hannover spät Abends wieder nach Hause.

Nach ein paar Telefonaten und eMails erfolgte von Rolf die Einladung zum Flak-Stammtisch Hannover.

Ich hatte dort die Gelegenheit, die noch Lebenden ehemaligen Flakhelfer (und teilweise ihre Begleitung) persönlich kennenzulernen.
Und ich berichtete damals über das "große Ganze". Wie die taktische und militärische Führung im Raum Hannover und soweit mir bekannt, im LGKdo XI organisiert war, zeigte diverse Luftbilder von den Feuerstellungen, die sie bisher nur vom Boden her kannten.

Es war ein wunderschöner Tag... es gab dort wo wir uns getroffen haben, die größte Auswahl an Currywürsten. Was ich nie vergessen werde, als echter Currywurst FAN. Tschuldigung.. etwas OFFTOPIC! ;)

In der Folge haben wir uns in der Regel per Email ausgetauscht. Anrufe waren selten und Treffen leider noch seltener.

Wenn es je einen Menschen gab, der mich seit 2003/2004, seit ich mich mit Geschichte bzw. Militär-Geschichte befasse, wirklich tief und nachwirkend beeindruckt hat, dann war das ROLF ZICK. Einfach seine Art zu erzählen, distanziert über teilweise schwierige Ereignisse zu berichten und keiner Frage auszuweichen. Ein wirklich beeindruckende Persönlichkeit. Der im hohen Alter noch immer nicht Müde wurde, und Bücher verfasst hat. Ich glaube das letzte Buch befasste sich mit allen Niedersächsischen Ministerpräsidenten (soweit ich nicht irre), die Rolf noch alle persönlich kannte.

Wenn es einen Zeitzeugen gab, der mir bei meinen Recherchen zum Thema Flak weitergeholfen hat, dann Rolf. Er hat mir oft kleine und größere Fragenkataloge schriftlich und ausführlich beantwortet. Bereits 2013 hat er mir einen Teil seiner Akten aus der Kriegs- und Nachkriegszeit überlassen, der Rest sollte zu einem späteren Zeitpunkt (Rolf berichtete noch viele Jahre als Zeitzeuge in Hannoverschen Schulen über seine Kriegserlebnisse) folgen, wie so oft, ist es dazu leider nicht mehr gekommen.

Wenn ich heute auf sein Foto blicke, dann fällt mir sofort ein, was ich von Rolf über die Jahre alles erhalten habe. Er hat mir diverse Tagebuchkopien zukommen lassen, einige Namenslisten von Nachkriegstreffen, einige Briefe und einen Stapel ausgedrucktes Papier, der den überwiegenden Teil seiner schriftlichen Antworten enthält.

Ich hatte vor Jahren hier im Forum das Angebot gemacht, Fragen weiterzugeben und die Antworten hier zu posten. Doch leider hat niemand von diesem Angebot gebrauch gemacht. Und wie so oft... ist diese Chance jetzt für immer vertan.

Lieber Rolf,
Danke für alles
und
Ruhe in Frieden!

ROLF ZICK
* 16.04.1921 in Dransfeld (bei GÖ) + 08.03.2024 in Hannover

Dein Freund aus Hannover,
Guido Janthor
Das Reh springt hoch, das Reh springt weit, warum auch nicht, es hat ja Zeit! :jump:

Benutzeravatar
Deistergeist
Forenuser
Beiträge: 127
Registriert: 26.06.2003 17:26
Ort/Region: Barsinghausen

Re: Oberleutnant a.D. Rolf Zick verstorben

Beitrag von Deistergeist » 24.04.2024 22:03

Schöne Worte hast du gefunden, Respekt!

Glückauf! Thomas
„Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“

Benutzeravatar
niemandsland
Forenuser
Beiträge: 1788
Registriert: 18.01.2004 11:19
Ort/Region: GU5 (52.37 9.66)
Kontaktdaten:

Re: Oberleutnant a.D. Rolf Zick verstorben

Beitrag von niemandsland » 25.04.2024 12:49

@ Deistergeist

Danke Thomas. Noch schöner wäre es gewesen, wenn mein Texteditor nicht Teile verschluckt hätte. :x
Dadurch wirkt der Text an zwei, drei Stellen leider etwas holprig. Egal. Die Fakten stimmen. Thats it!

Demnächst schreibe ich wieder mit Libreoffice meine Antworten vor. Dann sollte das wieder besser werden.

Zum Thema

Ich muss sagen, es fällt mir noch immer schwer, zu wissen, das etwas endgültig vorbei ist. Eine Ära endet, der Austausch mit den letzten Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges.

Rolf hatte mir 2023 einen sehr persönlichen Brief geschickt, der eigentlich an seine Familie gerichtet war, und darin zum Ausdruck gebracht, das es mit seiner Gesundheit bereits einmal nicht zum besten stand. Und im Alter von 103 Jahren darf man dann langsam gehen. Keine Frage. Ein langes, erfülltes Leben hatte er, und bei weitem nicht jeder Mensch ist im Kopf - in diesem hochbetagten Alter - noch so fit, wie er es war.

Spontan muss ich an all die anderen Menschen denken, die mir in den vergangenen 20 Jahren weitergeholfen haben, Ihre Geschichte erzählten und / oder mir Material zur Verfügung gestellt haben. Leider sind alle wohl schon verstorben. Ich habe es immer als etwas besonderes gesehen, wenn ein Mensch mir Einblicke in seine Vergangenheit ermöglicht hat. Es war immer etwas besonderes.

Ohne diese Menschen hätte ich nicht das Wissen zum Thema Flak, was ich inzwischen habe, den vieles steht nicht in den Büchern die man heute kaufen kann. Da steht nichts von dem Leid, den Verlusten, den diese damals sehr jungen Menschen, neben dem Kriegdienst, verarbeiten mussten. Da steht meistens nichts von den Abläufen, dem Drill oder Schikanen denen sie tagtäglich unterworfen waren.

Aber genug dazu.

Mehr vielleicht bei unserem nächsten Treffen im Mai.

Gruß aus Hannover,
Guido Janthor
Das Reh springt hoch, das Reh springt weit, warum auch nicht, es hat ja Zeit! :jump:

Antworten