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von Relicconnoisseur » 17.01.2024 10:48
Weiter mit Objekt 2:
Meine Recherchen begannen wo meine Erinnerungen aufhörten und setzte beim Bogensportclub an. Dieser existierte von 2005 bis 2006, und ich konnte mich noch an den Namen des Vereins und des damaligen Besitzers erinnern. Es heißt immer "das Internet vergisst nicht", aber ganz so einfach wurde es mir dann doch nicht gemacht. Nach intensivem googeln stolperte ich dann auf irgendeiner Seite über die URL der Homepage des Vereins. Glücklicherweise waren in der Waybackmachine einige Kopien hinterlegt. Die Seite war damals schon minimalistisch und da man früher noch alle Bilder in irgendwelchen Portalen hochgeladen und (mit nun toten) Verlinkungen gearbeitet hat, war die Homepage relativ nackt. Immerhin hat der Besitzer jedoch damals ein kleines bisschen zum Bunker geschrieben:
Bei unserem Haus handelt es sich um eine ehemalige Verstärkerstelle der "Deutschen Post", gelegen in der schönen Kreisstadt Heide. Die Verstärkerstelle wurde zur Aufrechterhaltung des Fernmeldenetzes errichtet. Im unterirdischen teil - 1000 Quadratmeter groß - befanden sich große Batterieeinheiten und die Verteilerstellen... Noch erhalten ist das Notstromaggregat und die Filteranlage von heftiger Größe!
Leider keine brauchbaren Bilder. Es gab ein paar Vorschaubilder diese waren jedoch kleiner als unsere Avatare und was vom Bunker selbst war auch nicht wirklich zusehen. Hier konnte ich also schon nichts mehr rauskriegen und etwas Neues ist in dem Bunker nie eröffnet worden.
Meine nächste Anlaufstelle war das Stadtarchiv. Sicherlich habe ich hier nicht alles gefunden was es zu entdecken gibt, aber dennoch gab es endlich ein paar brauchbarere Informationen die ich nun aus diversen Artikeln von 2003 bis 2005 für euch kurz zusammenfassen will:
2003 hat eine Frau das Grundstück von der Telekom gekauft. Hier wird zuerst erwähnt das der Bunkerkomplex "nur" 700 Quadratmeter groß ist, welche sich vor allem aus mehreren 120m² großen Räumen ergeben. Die Telekom hat die Räumlichkeiten tatsächlich nur zu Lagerzwecken und... "um dort nach Feierabend Kraftsport zu betreiben"...genutzt. 700qm² wollte trotz des 31.000 Liter Öltanks niemand heizen, daher bemühte sich die neue Besitzerin um eine vernünftige Nachnutzung. Zu Beginn wurden die Räumlichkeiten an verschiedene Bands als Probenräume vermietet und auch ein Theaterprojekt nistete sich ein, bis dann ab 2005 der Bogensportclub sich dort breit machte.
Die Artikel geben Gott sei Dank aber auch ein bisschen Historisches und Technisches Preis!
Fakt ist der Bunker wurde während des zweiten Weltkrieges gebaut! Die Errichtung lief wohl äußerst geheimnisvoll ab, da zuerst ein riesiger Erdwall als Sichtschutz aufgeschüttet wurde. Der Aushub für den Bunker musste natürlich wo hin, am besten an den Stadtrand. Und der war um 1938 in Heide Süd an den damaligen Enden, der Theodor-Storm-Straße, Vereinsstraße und Johann-Hinrich-Fehrs-Straße. Na klingelts? Wir sind bei Objekt 1! Damals hat man dort eine Schmalspurbahn über die Acker gelegt worüber eine kleine Diesellok mit Loren den Aushub vom Bunker dann nach Heide Süd abtransportiert hat. Der Aushub hat sich über die Jahre verteilt, die Auferstehungskirche im Heimweg steht aber immernoch auf einem "kleinen Hügel".
Direkt bombardiert wurde der Bunker zum Glück nie. Vielleicht wegen der guten Tarnung, denn aus der Luft sieht es eher nach einem Gehöft aus. Ich sage "zum Glück" denn auf Grund der Lichtschächte die um den Bunker herum verlaufen war der Bunker luftschutztechnisch gar nicht sicher gegen Fliegerbomben. Eine im Schacht explodierende Bombe hätte die Glasbausteine zum Verstärkerraum garantiert durchschlagen. Eine Fehlkonstruktion ist der Bunker jedoch nicht gewesen. In Friedenszeiten konnte Tageslicht in die Räume des Bunkers gelangen und im Kriegsfall sollten die offenen Lichtschächte mit Sand verfüllt werden. In den 70ern wurde eine zusätzliche dünne Betonschicht aufgetragen, was leider dazu führte das Feuchtigkeit aus dem Boden nicht mehr entweichen konnte. Auch gab es whl zu Beginn ein anderes Heizsystem mit Kohleheizkesseln die bei Luftalarm mit Brunnenwasser gelöscht werden konnten. Über ein Rohrsystem konnten die Kessel zudem schnell entleert werden um bei einem Bombentreffer das Fluten der Verstärker zu verhindern.
Das sind die Dinge die ich herausfinden konnte. Ergänzend kann ich nur noch sagen, das heute ein Teil des Bunkers in Kellerräume für die Anwohner des Hauses umgebaut wurde. Das Haus hat glaube ich 3-4 Mietparteien und eine kleine Gewerbefläche. Notstromaggregate und Co sind wohl irgendwann für zusätzliche Räume des Bogensportclubs gewichen. Das kann ich mir allerdings nicht ganz vorstellen. So oder So sind dort noch immer mindestens 500qm² die von mittlerweile neuen Grundstücksbesitzern irgendwie genutzt werden...
Im Anhang noch ein paar schlechte Bilder aus den Zeitungsartikeln. Unter anderem:
- Luftbildaufnahme 03.05.1943 im Vorbeiflug der Aliierten
- Die ehemalige Grundstücksbesitzerin im Aufgang
- Altes Notstromaggregat
- Besitzerin in einem der 120qm² Räume (Farbfoto)
Viel Text, dafür bitte ich um Entschuldigung!
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Kein BackUp, kein Mitleid!