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von erlenmeier » 03.10.2018 19:21
Die DDR-Devisen
5.)Die Devisen-Einnahmen
Nachdem im vorhergehenden Kapitel die Ausgaben in Fremdwährung beschrieben wurden, die die DDR-Regierung als geeignete oder notwendige Maßnahme sah, um den Wohlstand der Bevölkerung zu steigern, geht es jetzt um die Vielzahl der Devisen-Einnahmen. Liest man die folgende Auflistung, könnte man annehmen, dass im Wirtschaftsministerium eine kreative Arbeitsgruppe mit umfangreichen marktwirtschaftlichen Kenntnissen gearbeitet hat, sich ständig neue Möglichkeiten der Devisenbeschaffung überlegt hat.
Da die DDR-Währung nicht kompatibel, also international umtauschfähig war, vereinbarten die beiden Regierungen erstmals 1951 einen vertraglich geregelten Warentauschhandel, den sog. Swing. Hierzu wurde ein Verrechnungskonto in der Bundesrep. geschaffen, auf dem die Ein- und Ausfuhren beider Staaten verrechnet wurden. Swing bedeutet hier, dass die DDR die Möglichkeit hatte, bis zu einem Limit mehr einzuführen als an Gegenwert exportiert worden war. Diesen Überziehungskredit nutzte die DDR in den 1980er-Jahren mit Krediten bis zu jährlich 850 Mio DM aus, was dem Bundeshaushalt. Im Jahre 1973 wurde ein Überziehen um 620 Mio DM z.B. aus dem Bundeshaushalt mit 77 Mio Dm subventioniert.
Die folgende Auflistung ist ungeordnet und folgt keiner Prioritäten-Vorgabe. Die Formatierung wurde in Tabellenform vorgenommen und liest sich nun deshalb umständlicher als im Urtext,
1
Raststätten an den Transitstrecken
Hier zahlten Reisende aus dem Westen in DM, Dollar etc.
2
Intershops an Autobahnen bei Raststätten, in Berlin, Bahnhof Friedrichstraße, auf Flugplätzen
Ein reichhaltiges Warenangebot (Parfüm, Zigaretten, Spirituosen, Spielzeug, Kleidung, Kaffee, Uhren, elekt. Geräte, überwiegend aus Westproduktion, aber auch begehrte Waren aus der DDR werden hier gegen Devisen aller Art verkauft.
3
Vergabe von Mülldeponien, z.B. in Schönberg (Problemmüll) und Schönefeld (Hausmüll aus West-Berlin
Hohe Deponiegebühren auf Grund eines innerdeutschen Vertrages. Hier wird Problemmüll abgeladen, der in der BRD teuer gesondert behandelt werden musste.
4
Erneuerung der heutigen A2 von Helmstedt zum Berliner Ring
Die BRD liefert über den Swing Baumaschinen. DDR Arbeitskräfte führen die Bauarbeiten aus.
5
Straßenbenutzungsgebühr für das Befahren aller Transitstraßen nach West-Berlin
6
Fahrt auf den Transit-Eisenbahnstrecken nach West-Berlin mit der Deutschen Reichsbahn
Hier wird verrechnet zwischen Deutscher Bundesbahn und Deutscher Reichsbahn (DR). In Folge kann die DR Weststrecken befahren, ohne mit DM zu bezahlen.
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Die staatl. Luftfahrtgesellschaft Interflug bietet ab den 1970er-Jahren zunehmend Reisen für westl. Fluggäste an.
Tickets gegen Zahlung in Devisen.
8
Die Fährlinien nach Dänemark und Schweden können auch von West-Reisenden benutzt werden
Auch hier wurden Deviseneinnahmen generiert.
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Besuchsreisende in die DDR müssen einen sog. Mindestumtausch tätigen
Ab 1964 brachte dieser im Westen auch „Zwangsumtausch“ oder „Eintrittsgeld“ genannte Tausch z.B. DM gegen Mark im Verhältnis 1:1 der DDR zwischen 130 und 250 Mio DM jährlich ein.
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Visagebühren für den Aufenthalt ausländischer Gäste
Daraus wurden allein in den 80er-Jahren ca. 70 Mio DM eingenommen
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Beiträge von DDR-Wissenschaftlern in West-Fachzeitschriften
10% der Honorar-Beträge wurden von der Zentrale für Urheberrechte in Forumscheine im DM-Wert eingetauscht, mit denen der Begünstigte in Intershops einkaufen konnte. Der Rest wurde in DDR-Markt im Verh. 1:1 ausgezahlt.
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Exkursionsreisen von westl. Studiengruppen
Zu ausgewählten Themen wurden mehrtägige Reisen im Lande für Hochschul- und andere Gruppen mit Bustouren, Vorträgen, Besichtigung und Unterbringung mit Vollpension angeboten.
12
Veröffentlichung von Romanen und Fachbüchern in westl. Ländern
Hier wurde wie oben Verfahren.
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Übernachtungen in Inter-Hotels
Messebesucher in Leipzig und andere berufl. Reisenden konnten gegen Zahlung von Devisen dort übernachten und auch bes. Service buchen.
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Export von Fachbüchern
Viele Hochschulen benutzten in den 1960 bis 1980er-Jahren DDR-Fachbücher, z.B. für die Fächer Mathematik, Chemie, Physik, Elektrotechnik, Maschinenbau.
Auch für die seemännische Ausbildung wurden DDR-Bücher verwendet. Grund: In der BRD „lohnte sich der Druck bei geringer Auflage damals nicht“.
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Export von Schallplatten
Nicht nur Aufnahmen der Phudys und Karat, nein auch westliche Sänger und Gruppen wurden von Amiga und Eterna in die Bundesrepublik und andere Weststaaten verkauft
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Der Geschenkhandel GENEX
Mit der Firma Palatinius hatte die DDR im Westen eine Firma gegründet, bei der Westler per Katalog-Auswahl Waren für Freunde und Verwandte in der DDR kaufen konnten, die dort anders nicht erhältlich waren. Dazu zählten PKW, Kleidung, Fertighäuser, elektr. Geräte und Anderes. Hierüber wwurden jährlich ca. 150 Mio DM eingenommen.
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Verkauf begehrter DDR-Waren an westdeutsche Großhändler und Versandhäuser
Die Fa. Bruns in Hamburg vertrieb Radios und Fernsehgeräte aus DDR-Produktion in Westdeutschland. Die Geräte waren neutral hergestellt. Der tatsächliche Herstellungsbetrieb war nicht aufgedruckt. Lediglich der Markenname BRUNS.
Für Versandhäuser wie Quelle wurden Polstergarnituren, Wohnzimmerschränke, Küchenschränke, Betten, Unterwäsche, Schuhe, Kittelschürzen und viele andere Waren geliefert. Diese Produkte fehlten im Erzeugerland. Der Export ging vor. Häufig gab es für die Einheimischen nur die aussortierte 2.Wahl.
Die Betriebe im Erzgebirge lieferten ein Großteil Ihrer Weihnachtsschmuck-Produktion als Exportware ab. Auch dadurch kam es im landesinternen Handel immer wieder zu Engpässen.
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Der Freikauf von ca. 35.000 inhaftierten Menschen
Ab 1962 zahlte die BRD anfangs 40.000 DM, später ca. 100.000 DM pro ausgereisten DDR-Häftling. Hierbei handelte es sich um Personen, die wegen Fluchtversuchen, Systemkritik oder wiederholten Ausreiseanträgen festgesetzt worden waren.
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Einige Gefängnisse mussten mit Produktionsbetrieben kooperieren, die für den Export tätig waren.
Hier wurden mit extrem niedrigen Lohnkosten z.B. Möbel und Kleidung für den Westen gefertigt.
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Der Export in die BRD wurde ohne Umsatzsteuer verrechnet
Damit war der DDR-Aussenhandel dem westl. Handel im Vorteil
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Für die Kredite durch die Swing-Überziehung musste die DDR keine Zinsen zahlen
Siehe oben
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Für den Verkauf der Lebensmittel in den Westen erhielt die DDR die EU-gestützten Agrarpreise
Auf dem übrigen Weltmarkt wären die Erlöse teils um ca. 50% niedriger gewesen.
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Einnahmen durch Medikamenten Erprobungs-Reihen
Zig. Millionen DM kassierte das DDR-Gesundheitsministerium für ca. 165 „Studien“ von 50 westdeutschen Pharmafirmen im Zeitraum von 1983 bis 89. Hierbei handelte es sich um den gesetzlich vorgeschriebenen Test von neu entwickelten Medikamenten an Patienten. Die Kooperation mit dem Nachbarstaat bot sich an, weil die gesetzlichen Bestimmungen in der BRD zuvor verschärft worden waren.
Eine umfassende Aufklärung und die Zustimmung der Probanden war die Basis der Untersuchungsreihen dort.
Ob die Patienten in der DDR diese Rechte wahrnehmen konnten, wird bezweifelt. Nachweise sind bbbbisher nicht öffentlich.
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Ausfuhr von Kränen und Werkzeugmaschinen
Hafen- und Fabrikkräne aus der DDR waren im Westen wegen ihrer robusten Konstruktion beliebt. Insbesondere Blechpressen, Drehmaschinen und Fräsmaschinen gehörten zu den Exportschlagern im Bereich Werkzeugmaschinen.
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Bau von Feriensiedlungen und anderen Hochbauten in Westdeutschland
In Lautenthal im Harz steht noch heute eine Nurdachhaus-Siedlung. Diese wurde von DDR-Bautrupps in den 1970ern dort errichtet.
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Bau von Planetarien in Westd. Und anderen Ländern
In D wurden diese Gebäude in Bremen und Wolfsburg gebaut. Auch in Helsinki, Tripolis und Kuweit entstanden die vom Architekten Mühter entworfenen Bauten.
Die oben stehenden Ausführungen, bestehend aus 7 Einzelbeiträgen, sollen lediglich einen Überblick über das Thema ermöglichen. Detailfragen sind im Einzelfall bei Bedarf nachzulesen.
Der große Bereich um die Koordinierte Kooperation (KoKo) unter Oberst Dr. Schalck-Golodkowski, der die Devisenbeschaffung der DDR in den letzten Jahren des Bestehens erheblich prägte, soll hier nicht dargestellt werden.
Es handelt sich m.E. auch wg. krimineller Vorgänge um ein weitreichendes eigenständiges Thema.
Auch der „berühmte“ Milliarden-Kredit, den F.-J. Strauß im Jahre 1983 vermittelte, weil die DDR zu der Zeit schon nicht mehr kreditwürdig war, soll hier aussen vor bleiben.
Ich hoffe, dass es zu der gesamten Darstellung des Themas viel Kritik, Anregungen und Verbesserungsvorschläge geben wird.
Karl-Hans Erlenmeier, im Okt. 2018
Nur wer die Vergangenheit kennt, kann auch Gegenwart und Zukunft bewältigen.