Schwarzhörer aufspüren in den 50ern? Wellendetektiv

Zivile und sonstige Bauten mit geschichtlichem Hintergrund und deutlichem Bezug zu den Fachthemen, die jedoch nicht eindeutig zuzuordnen sind
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kuhlmac
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Schwarzhörer aufspüren in den 50ern? Wellendetektiv

Beitrag von kuhlmac » 27.11.2007 18:48

Nach Lektüre des neusten Heftes der Postgeschichte "Das Archiv" habe ich das nachstehende Foto mal hier eingestellt. Der Beginn des Textes:

"Ertappt! Da steht sie nun, die arme Hausfrau, im Bademantel, mit noch längst nicht ondulierten Haaren und umringt von Herren, die just ihr verbotenes Tun aufgespürt haben. Mitten im Hausflur, vor den neugierigen Blicken der Nachbarn, ist sie überführt: Als Schwarzhörerin. Wie unangenehm!
Es ist eine peinliche und heute skurril anmutende Szenerie, die der Nordwestdeutsche Rundfunk Anfang 1951 für eine Werbekampagne fotografisch inszenierte, um all jenen einen Schrecken einzujagen, die Rundfunk konsumierten – aber dafür nicht zahlten. Mit dem „Wellendetektiv“ sollten sie erwischt werden, einem kleinen, mobilen Empfangsgerät, das Rundfunkwellen allerorts durch die Wände, „in Villenvierteln und Kleingartenkolonien“, wie es in der entsprechenden Pressemitteilung hieß, empfangen und damit übles Tun zum Schaden der ehrlichen „Hörergemeinschaft“ entlarven konnte. „Schwupp die wupp – da hat man sie“, so der Slogan für den Wellendetektiv. Dessen flächendeckender Einsatz muss zwar bezweifelt werden, die schlichte Existenz solcher Geräte ist jedoch im Museum der Bundesnetzagentur in Itzehoe dokumentiert.[....]"


Stellt sich mir die unbedarfte Frage eines Sozialwissenschaftlers: Wie funktionierte das? bzw. funktioniert das Dingen wirklich?

Nicht, dass ich jetzt Angst hätte... :lol:
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Hans_L
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Beitrag von Hans_L » 27.11.2007 19:39

Hallo,

klar funktioniert(e) das, jeder Empfänger strahlt auch seine Zwischenfrequenz (welche zur Umsetzung der Empfangsfrequenz im Empfänger erzeugt wird) wieder ab, da diese Zwiischenfrequenzen sehr einheitlich sind, können diese auch relativ leicht mit geeigneten Empfangsgeräten empfangen und angepeilt werden.
Im großen Wohnblock sicher schwieriger, als beim freistehenden Häuschen im Grünen.

Gruß
Hans

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Beitrag von MH » 27.11.2007 19:48

Wie funktioniert das? Gar nicht...

M.E. hat man hier nur ein Spiel mit der Angst der Leute getrieben. Man kann reine Empfänger nicht wirklich aufspüren (*), auch nicht mit den Riesen-Antennen auf den Autos des Funkentstörtrupps der Bundespost, an die ich mich noch gut aus meiner Kindheit erinnern kann. Die sollten aber auch eben nur Störquellen finden, keine Schwarzhörer... aber wenn letztere verunsichert sind, kann das ja nix schaden. Und geglaubt haben das damals viele, dass die Bundespost mit diesen Antennen Jagd auf Schwarzhörer machen würde...

Heute hat sich der Aberglaube verlagert, heute glauben viele, sie wären lokalisierbar, wenn sie ein Navigationssystem benutzen, dabei ist ein GPS-Empfänger eben auch nur ein reiner Empfänger...

Zu (*): Natürlich enthält auch ein normaler reiner Empfänger einen Oszillator, der HF erzeugt und die wird in geringem Maße auch abgestrahlt. Das geht aber im üblichen "HF-Nebel" derart unter, dass man diese HF allenfalls messen kann, wenn man direkt vor dem Empfänger steht, und dann braucht man es nicht mehr zu messen... :lol:

petzolde
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Beitrag von petzolde » 27.11.2007 20:42

"Schwupp-die-wupp,..." Klingt etwas nach Einschüchterung - wie im Struwwelpeter. Solche Geschichten über Schwarzhörer und deren "peinliche Entlarvung" gab es immer wieder in den Programmzeitschriften der 60er. Und in den Technikzeitschriften gab es die entsprechenden Gegendarstellungen, wonach es zumindest beim Radio kaum meßbar ist.
Aber zu Zeiten des Schwarz-Weiß-Fernsehens war es kein Kunststück, festzustellen, in welcher Wohnung ein Fernseher läuft. Außer wenn jemand total lichtdichte Fenstervorhänge hatte...
gruß EP

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knik
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.. und funkioniert doch ...

Beitrag von knik » 27.11.2007 21:10

MH hat geschrieben:Wie funktioniert das? Gar nicht...

M.E. hat man hier nur ein Spiel mit der Angst der Leute getrieben. Man kann reine Empfänger nicht wirklich aufspüren (*),

Zu (*): Natürlich enthält auch ein normaler reiner Empfänger einen Oszillator, der HF erzeugt und die wird in geringem Maße auch abgestrahlt. Das geht aber im üblichen "HF-Nebel" derart unter, dass man diese HF allenfalls messen kann, wenn man direkt vor dem Empfänger steht, und dann braucht man es nicht mehr zu messen... :lol:
Schon mal versucht, den Überlagerungsoszillator eines Röhrenempfänger zu hören? Habe ich Anfang der 70er mal mit einfachen Empfängern gemacht - es geht.
Der Funkmeßdienst hatte in den 50igern schon recht gute Ausrüstungen und der HF-Störnebel war mit Sicherheit um etliches niedriger als heute.
Natürlich hat man nicht auf hunderte von Metern gepeilt. Auf 20 - 30 m sollte das schon klappen, z.B. den Oszillator für die UKW-Überlagerung zu empfangen - es wurde mit höheren Signalpegeln als heute gearbeitet.

Ich meine sogar mal in den 60igern einen Film gesehen zu haben, in dem das Verfahren demonstriert wurde.

Gruß - Klaus

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Beitrag von Firefighter112 » 27.11.2007 21:24

Also das funktioniert definitiv, den jedes Gerät hat im Grunde eine charakteristische ZF. Mit der richtigen Ausrüstung (Peilanlage, Messempfänger, am besten vom nahmhaften Hersteller mit dem blauen Logo aus München :) ) dürfte das auch heute kein Problem sein einen laufenden Fernsehen zu peilen.

Wen die Arbeit des "Gilbs" etwas mehr interessiert, dem kann ich das Buch " Fünf Vier ruft Monitor - Hinter der Kulisse der deutschen Funküberwachung" empfehlen.
Hier zu erwerben.

Gruß Sebi

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FishBowl
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Beitrag von FishBowl » 27.11.2007 23:51

Na gut, dann sagt der Fernsehtechniker mit ausgiebiger Röhren-Erfahrung auch seinen Teil dazu.

Die ZF von Radios war grundsätzlich nicht über eine gewisse Entfernung zu orten, weil weit überwiegend gut geschirmt.
Ausnahme waren ganz frühe UKW-Pendelempfänger, die höllisch abgestrahlt haben.

Aber die Oszillator-Frequenz von Röhrengeräten war stets recht weit feststellbar.
Typischer Fall:
Nachbar hört NDR 2 auf 87.6 MHz.
87.6 + 10.7 = 97.4
Damit hat er mich, durch mehrere Wände hindurch, anfangs bei'm BFBS gestört, der hier oben ja nicht besonders stark herein kam.
Nun ja, mein nächster Empfänger hatte einige Kreise mehr und wurde sofort frisch abgeglichen. Dann störte mich das Uralt-Teil nebenan nicht mehr.

Nun waren die Geräte damals nicht besonders frequenzstabil und ohnehin selten genau abgeglichen.
So haben sich, messtechnisch gesehen, auch mehrere Geräte in einem Hause und auf demselben Sender, dennoch meist in der Oszillatorfrequenz etwas unterschiedlich.
Hätte man also mit Wobbler und sehr guter Richtantenne durchaus getrennt anpeilen können.
Solange sie liefen.

Trotzdem, meist fing und fängt der typische Scherge nicht mit Messtechnik, sondern mit einfacheren Mitteln, etwa in folgender Reihenfolge:
- Anzeigen neidischer oder belästigter Nachbarn
- geschultes Ohr und Auge vor Ort
- Befragen von Nachbarn, Kindern, Hausmeistern, früher auch Briefträgern
- heftiges Auftreten und freches Eindringen.

Eine Glotze konnte man früher meist weit pfeifen hören, auf 15625 Hz Zeilenfrequenz. Messen erst recht, sowohl Zeile als auch Bildkipp über ziemliche Entfernungen.
Ausserdem war abends das bläulich flackernde Licht sehr verräterisch.
Heute ist's bunt, aber auch oft viel hektischer...


Grüsse

Jürgen

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Djensi
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Beitrag von Djensi » 28.11.2007 10:01

Da lob ich mir doch Kabelfernsehen! 8)

...andererseits habe ich auch jeden Monat GEZahlt und tue es noch...

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katschützer
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Beitrag von katschützer » 28.11.2007 15:46

Moin,

sicher hat die Post damals arg Propaganda gemacht um das Thema. Ob der kleine Empfänger auf dem Bild denn im Stande war, die ZF eines Radios zu aufzufassen, weiß ich nicht.
Zumindest einige Arten von FM-Kabinen bei der Bundeswehr sind mit speziellen Dichtungen an z.B. den Türen ausgestattet um ein Aufklären von Signalen zu verhindern, die im Inneren der Kabine in dekryptierter Form bearbeitet werden. Auch Fenster gab es hier keine. Die Tür durfte erst nach Einstellung des Krypto-Betriebs geöffnet werden.

MfG
Bei strenger Pflicht
Getreu und schlicht

Hans_L
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Beitrag von Hans_L » 28.11.2007 15:54

Hallo,
(Peilanlage, Messempfänger, am besten vom nahmhaften Hersteller mit dem blauen Logo aus München ) dürfte das auch heute kein Problem sein einen laufenden Fernsehen zu peilen.


genau die meinte ich, die hab ich nämlich bei besagter Firma noch Ende der 60er dort auch repariert !

Gruß
Hans

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