Wirklich Brandbomben?

Militärische Objekte und Anlagen des 2. Weltkriegs (und 1933-1945)
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EricZ
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Wirklich Brandbomben?

Beitrag von EricZ » 01.12.2005 12:44

Moin,

habe ein Bild gefunden, auf welchem Brandbomben über Duisburg abgeworfen werden sollen.
Bei der rechten Aufnahme würde ich zustimmen.
Bei der linken Aufnahme möchte ich eigentlich widersprechen.

Könnte es sich nicht um die alten Stanniolstreifen (Windows, Düppel) handeln?

Fragend, Eric
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Incognitus

Beitrag von Incognitus » 01.12.2005 13:01

Hallo Eric,

im Vergleich zur Größe des Flugzeugs (hab mal nachgesehen - müßte eine Lancaster sein) möchte ich behaupten, daß es sich doch um Stabbrandbomben handelt von dem Typ, dessen Reste Du neulich im Asphalt einer Straße entdeckt hast. Die Bomben auf dem rechten Bild sind größer, allerdings kann es sich dabei auch durchaus um eine (andere) Art von Brandbomben handeln.

Die Menge der abgeworfenen Bomben kommt auch auf dem linken Bild hin - vergleiche einfach mal die Zahlen der auf bestimmte Städte abgeworfenene Stabbrandbomben, das waren tatsächlich viele Tausend. Und der Bericht über den Luftangriff auf Bremerhaven, den ich hier neulich verlinkt hatte ( http://www.zum.de/psm/ns/kloppenburg.php ), ist insofern auch aufschlußreich - die Dinger lagen z.T. dicht an dicht.

Viele Grüße,
Matthias

P.S. Ich habe gerade in "Angriffshöhe 4000" von Cajus Bekker (2. Aufl. 1964) auf der Bildseite zwischen S. 400 und 401 das linke Bild entdeckt, dort steht als Beschreibung "Brandbombenschauer fallen aus einer >Lancaster< (...)".

Allerdings muß ich zugeben, daß die "Windows"-Streifen wohl annähernd genauso groß waren wie Stabbrandbomben. In "Luftschlacht über Deutschland" von Alfred Price (8. Aufl. 1993 Motorbuch-Verlag) ist auf S. 62 eine Abbildung, auf der die kleine Tochter des Verfassers einen solchen "Windows"-Streifen in der Hand hält.

hollihh
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Beitrag von hollihh » 01.12.2005 13:32

Hallo Eric,

das erste scheinen wirklich Stanniolstreifen zu sein, die dort abgeworfen wurden - und da fängt das Grübeln bei mir schon an. Die Bilder wurden anscheinend fast am gleichen Ort aufgenommen, wenn man sich die Wolken mal ansieht. hat man tagsüber bei guter Sicht auch Düppel abgeworfen ?????

Die Stabbrandbomben wurden normalerweise in Containern (SBC 250 lb)abgeworfen, der sich im Flug öffnete und die Stabbrandbomben auf eine große Fläche verteilte...Auf dem Foto sieht es so aus, als wenn die Dinger direkt aus dem Flugzeug abgeworfen werden, das würde gegen Stabbrandbomben sprechen.

Der größere "Behälter" vorne kann kein Container sein, die waren normalerweise eckig - allerdings gab es die SBC in verscheidenen Größen (160 lb, 250 lb und für die Lancaster wohl noch größer - allerdings habe ich darüber noch keine Informationen).

"Mischbeladungen", also normale Bomben und SBC's waren üblich. Auf dem zweiten Bild geht anscheinend ein recht großer Koffer auf Reisen - vielleicht ein "Badeofen"(Luftmine 4000 lb) ?

Hier ist ein "schönes" Bild dazu :

http://history.acusd.edu/gen/WW2Timeline/air01.html

Hast Du eine Quelle für das Bild ???

Gruß aus HH

Holli

hollihh
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Beitrag von hollihh » 01.12.2005 13:56

..hier habe ich noch ein tolles Bild da sieht man die 4000 lb Bombe zusammen mit den SBC für die Stabbrandbomben :

http://users.tpg.com.au/adsls7ld/oper_ground.html

Und hier ist das auch das rechte Bild zu finden (ziemlich weit unten) - auch hier ist von Incediaries, also "Brandstiftern" die Rede

http://users.tpg.com.au/adsls7ld/oper_flying.html

Anscheinend öffnen die Container unmittelbar unter dem Flugzeug....

lars
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Beitrag von lars » 01.12.2005 13:58

Moin,
das rechte Bild findet sich auch im "Feuersturm über Hamburg", Bildunterschrift hier "1945 - Bomben fallen aus einem Viermot-Bomber der allierten Luftflotten - rechts im Bild eine 4.000 lbs - Minenbombe", leider keine Quellenangabe oder weitere Informationen.

Gruß Lars

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EricZ
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Oct 14/15 1944 incendiaries dropped over duisburg

Beitrag von EricZ » 01.12.2005 14:19

Moin,

Danke für die bisherigen Beiträge. :thumbup:

Mich hat diese Aufnahme vor etwa einem Jahr über verschiedene "Umwege" erreicht.
Allerdings hat sie jemand vor kurzem - ich war es nicht - bei Wikipedia eingestellt.

Zum Bild findet man dort folgende Information:

The ABC Lancaster I NG128 coded "B-SR" of 101 Sqn out of Ludford Magna, dropping its load over Duisburg on Oct 14/15, 1944.

Left picture: the Lancaster releases its load of 1,170, 4lb stick incendiaries.

Right picture: several seconds later, the aircraft releases the main part of its load, a 4000lb HC "cookie" and 108, 30lb "J" incendiaries.

(The pictures are stills taken originally from a cine film.)


http://de.wikipedia.org/wiki/Duisburg

Trotz dieser Infos möchte ich die Diskussion aber keinesfalls abwürgen. ;) Gibt es vielleicht Aufnahmen über Düppel abwerfende Bomber (ja die müßte es geben), die jemand mal zum Vergleich in die Diskussion hineinwerfen könnte?

Viele Grüße, Eric
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Beitrag von hollihh » 01.12.2005 15:38

Na, da lag ich mit meinem Badeofen ja gar nicht verkehrt . HC steht für High Capacity, Sprengstoffanteil 80 % - die Dinger dienten dazu, zunächst die Dächer abzudecken und den Brandbomben genügend "Nahrung" auf den Dachböden zu geben.

Ich muss mich übrigens korrigieren - die Container - also die SBC - die die Stabbrandbomben beinhalten - wurden anscheinend doch nicht mit abgeworfen, sondern verblieben im Flugzeug und dienten nur als Transport- und Abwurfbehälter. Somit könnten das auf dem linken Bild doch die Stabbrandbomben sein (Düppel am tage hatte ich ja für unwahrscheinlich gehalten). Auf dem rechten Bild sind das dann wohl die INC 30 lb Flüssigkeitsbrandbombe. Die war etwa 83 cm lang, hinten kegelförmig, enthielt ein Benzol-Kunstharzgemisch und hat bei der Operation Gomorrha für die fürchterlichen Brände gesorgt. Sie konnte ebenfalls in einen SBC geladen werden, die Lancaster rechts hatte wohl 1 HC 4000 lbs und 12 SBC an Bord. Ein Bild von einem Düppel/Windowsabwurf suche ich noch...

Pettersson
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HC4000

Beitrag von Pettersson » 01.12.2005 16:13

Hi,

diese HC4000lbs sind das auf deutsch Luftminen ?

Laut der Beschreibung sind es auf dem linken Bild kleinere Brandbomben. Die Düppel wären vermutlich stärker verweht. Andererseits sind sie unscharf als wenn sie sich stärker bewegen als die Brandbomben auf dem rechten Bild - könnte aber am geringeren Gewicht liegen.

Düppel am Tag sind wohl eher unwahrscheinlich wenn auch nicht unmöglich.

Gruß,
Torsten

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Keine Düppel-Einsätze am Tage?

Beitrag von EricZ » 01.12.2005 16:23

Hey,

Düppel am Tag unwahrscheinlich?
Warum?

Bei schlechteren Sichtbedingungen am Tage, sprich Wolken, Dunst, Nebel usw. , würde ich von einer recht großen Effektivität eines solchen Düppel-Einsatzes ausgehen.
Insbesondere unter dem Aspekt, daß Flakbatterien ja auch tagsüber nicht völlig ohne Funkmeßgeräte zum Einsatz kamen.
So zumindest die mir mitgeteilten Informationen ehemaliger Flaksoldaten.

Grüße, Eric
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Beitrag von hollihh » 01.12.2005 16:45

Hallo,

@ Petterson : Ja, Ziel waren möglichst große Druckwellen zu erzeugen - man könnste sie auch Blockbuster nennen. Die gab es bis 12000 lb

@ EricZ : bei schlechten Sichtbedingungen stimme ich Dir natürlich zu - bei guter Sicht machen die Düppel eigentlich nicht viel Sinn, weil man die Flugzeuge ja optisch problemlos (und genauer) anvisieren kann. Als Gegenmaßnahme zur Fernaufklärung mittels Radar ist der EInsatz doch auch nur sinnvoll, wenn man einen größeren Verband vortäuschen möchte (z.B. um Jägerverbände abzulenken) um dann mit der Hauptstreitmacht ein anderes Ziel anzufliegen. Wenn ei anfliegender Verband die Düppel zu früh abwirft, kann man sich ja gleich per Funk anmelden....

Düppel sollten und sollen die Radargeräte "blenden" oder Falschziele angeben, um die Trefferwahrscheinlichkeit zu vermindern. Wenn man genug von den Dingern abwirft, kann man auch eine Art "Vorhang" erzeugen, der von elektromagnetischen Wellen nicht durchdrungen werden kann.

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