Die vergessene Rollbahn

Verkehrsgeschichte - Bauwerke der zivilen Luftfahrt
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MikeG
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Beitrag von MikeG » 15.04.2007 23:47

Moin!

Ich möchte hier keine Zeitzeugen diskreditieren, aber inzwischen sind mehr als 60 Jahre vergangen und die Erinnerungen verwischen. Ebenso möchte ich den Wert des Fundes nicht schmälern - er war Teil des Flugplatzes während des Krieges.

Aber so, wie ich Jürgen (zulufox) verstanden habe (und auch die Luftbilder interpretiere) handelte es sich tatsächlich um einen Abstellbereich (Dispersal Area) - dort wurde recht sicher nicht gestartet, da der Bewuchs links und rechts dieser "Bahn" erkennbar viel zu nahe lag.

Solche Abstellbereiche in der Peripherie waren besonders in den späten Kriegsjahren ganz normal, man wollte das Material möglichst weitgehend verteilen und vor Angriffen schützen. Dazu baute man Rollbahnen und schlug Stellplätze entlang dieser in den Wald. Meist wurden die "Lichtungen" dann wiederum getarnt. Manchmal wurden auch U-förmige, Richtung Weg offene Umwallungen gezogen, um die Maschinen vor Splitterwirkung zu schützen. Mit etwas Glück sind diese heute noch erkennbar.

Mike

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Helmholtz
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Beitrag von Helmholtz » 16.04.2007 00:00

Schließe mich voll und ganz an, wie gesagt die Umstände (hier Hindernisse wie Bäume) lassen vermuten, dass speziell hier keine Start/Landung möglich war.

Nur damits keine Mißverständnisse gibt gelle...
Obacht Nebenkeule!

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zulufox
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betonierte Startbahn auf Rhein-Main

Beitrag von zulufox » 16.04.2007 14:39

Hallo,

nach den mir bisher vorliegenden Unterlagen wurde Ende 1944/Anfang 1945 tatsächlich noch mit den Arbeiten für eine Start- und Landebahn (SLB) aus Beton begonnen. Mehr als Erdarbeiten (die sogenannte Auskofferung) sind mir bisher aber nicht bekannt. Von dieser Startbahn ist heute allerdings auf den ersten Blick nichts mehr zu sehen, denn sie befand sich da, wo sich heute die Startbahn 07 R - 25 L erstreckt.

Ich habe in der beigefügten .kmz und einem Ausschnitt einer Luftaufnahme vom 24. März 1945 einige markante Punkte gekennzeichnet, die diese Aussage belegen:

A: Brücke der Autobahnausfahrt Zeppelinheim
B: Gebäude
C: Schienenkreis der Luftschiffdrehhalle (heute überbaut)
D: Rollweg vom Statbahnende zum ringförmigen Rollweg um das Rollfeld.

Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit den Baumaßnahmen für Luftwaffenplätze der Jahre 1944/1945 bin ich auch nicht davon überzeugt, dass ein Rollweg eine Beton-Oberfläche erhielt. Diese Rollwege waren auf anderen Plätzen verdichtete und gekalkte bzw. mit gewalztem Splitt als Oberfäche versehene Rollbahnen.

Ich vermute, dass der Betonbelag eher erst nach dem 26. März 1945 aufgebracht worden ist. An diesem Tag wurde der Einsatzhafen von der US-Army besetzt. Bereits am 08. April 1945 wurde er dann von der 362nd Fighter Group der U.S.A.A.F. belegt.

MfG
Zf :holy:
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MikeG
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Beitrag von MikeG » 16.04.2007 15:09

Moin!

Zumindest in Hustedt-Waldkater und Reinsehlen gab es auch betonierte Rollwege zu einigen Abstellbereichen. Von daher würde es mich eigentlich nicht wundern, wenn es das auch andernorts gegeben hätte.

Mike

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zulufox
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Beitrag von zulufox » 16.04.2007 19:36

MikeG hat geschrieben:Moin!

Zumindest in Hustedt-Waldkater und Reinsehlen gab es auch betonierte Rollwege zu einigen Abstellbereichen. Von daher würde es mich eigentlich nicht wundern, wenn es das auch andernorts gegeben hätte.

Mike
Hallo Mike,

hat es, aber kaum noch Ende 1944/Anfang 1945 neu angelegt, da mussten an einigen Startbahnen die Betonarbeiten vorübergehende bzw. endgültig eingestellt werden, weil kein Zement rankam.

Betonrollwege gab es u.a. in Ahlhorn, Marx, Bad Zwischenahn, Husum, Flensburg, Wittmundhaven, Parchim, usw. usw.

MfG
Zf :holy:

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MikeG
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Beitrag von MikeG » 16.04.2007 20:24

Ok, korrekt - an die Bauzeit hatte ich gerade nicht gedacht :oops:

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Oliver
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Beitrag von Oliver » 22.04.2007 16:46

Hi zusammen,

in diesem Zusammenhang auch der Hinweis auf das TV Programm der kommenden Woche für Sonntag den 29. April:
21.15 UHR 3sat "Die Rollbahn"
m Sommer 1944 kommen 1.700 junge ungarische Jüdinnen aus Auschwitz in Viehwagen am Frankfurter Flughafen an. Ihre Aufgabe ist es, die Fundamente für die erste Betonrollbahn zu legen. Von dort sollen Düsenflugzeuge starten - mit dieser "Wunderwaffe" will Hitler noch den Krieg gewinnen. Bei Schnee und Kälte arbeiten die Frauen bis Ende November 1944, dann wird das Lager geschlossen. Sie werden in das Vernichtungslager Ravensbrück transportiert, nur 200 Frauen überleben. Nach dem Krieg gerät die Existenz des Lagers in Walldorf-Mörfelden in Vergessenheit.
Gruß
Oliver

toca
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Re: Die vergessene Rollbahn

Beitrag von toca » 08.04.2023 03:40

Entschuldigt, wenn ich als Neuling gleich dieses alte Posting wieder "hochhole" und Fragen habe :-)

Eigentlich war ich zu einem "Schützenbunker" genannten Bauwerk in der Nähe des Aussichtspunktes Startbahn West am Recherchieren.
Die Infos, die ich im Netz fand, waren irgendwie alle m.M.n. falsch (von 1912) oder unlogisch (gehörte zum Nahkampfmitteldepot Kelsterbach).

Jetzt kam mir der Gedanke, dass das Bauwerk etwas mit den "vergessenen Rollbahnen" weiter östlich zu tun haben könnte.
Daher zunächst mal die grundlegende Frage, ob das Bauwerk aus der Zeit '44/'45 stammen kann?

Verlinktes Bild https://ogy.de/8qaf

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