Sprengung FernMeldeTurm Stoeberhai - physikalische Aspekte

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Gast

Sprengung FernMeldeTurm Stoeberhai - physikalische Aspekte

Beitrag von Gast » 01.09.2004 00:24

2004-09-01 00:22:00 MESZ
2004-09-01 21:50:00 MESZ

Ich halte die "Finale TurmEntsorgung" auf dem Stoeberhai mit einer grossen Sprengung fuer wuerdiger als eine "RueckBaustelle", die doch irgendwie wie LeichenFledderei aussieht. Dazu einige Ueberlegungen.

Mich interessiert die kostenguenstige und gefahrlose Beseitigung des Turmes. Geruechteweise war zu erfahren, dass von einer EinzelSprengung Abstand genommen werden soll, um die nahe TalSperre nicht zu gefaehrden. Ich glaube aber, dass eine professionell vorgenommene Sprengung eine nur sehr geringe BodenErschuetterung verursachen wird.

StossWelle im Boden
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Die an den statisch wichtigen Stellen plazierten und richtig verdaemmten SprengLadungen muessen einen EnergieAusWurf von einigen 100 kWh (1) nicht ueberschreiten. Die mechanische Energie der Explosionen koppelt zudem nur sehr schlecht in den Boden ein. Der groesste Teil der StossWelle im Boden resultiert deshalb aus dem Fall des Turmes selbst - das sind etwa 5500 Tonnen mit einer durchschnittlichen FallHoehe von etwa 30 - 40 Metern. Diese Energie wird zudem ueber einen ZeitRaum von 2 bis 3 Sekunden in den Boden eingebracht.

Der auf diese Weise in den Boden eingebrachte relativ bescheidene EnergieEintrag breitet sich in alle Richtungen aus - also nur ein geringer Teil davon in Richtung TalSperre. Die Inhomogenitaeten des Bodens und des Wassers der TalSperre bewirken weitere Dispersion und Absorption der StossWellenEnergie.

Eine genauere Abschaetzung braucht mehr RechenAufWand - ich denke aber, es wird rauskommen, dass der Fall des Turmes am Ort der TalSperre gerade mal in den FussSohlen spuerbar sein wird - wenn ueberhaupt.

StossWelle in der Luft
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Die von einer Sprengung und vom Fall des Turmes in die Luft eingekoppelte Energie ist noch viel geringer und wird am Ort des StauDammes einem Gewitter vergleichbar sein - wenn der StauDamm das nicht abkoennte, waere Bad Lauterberg laengst untergegangen.

Abrutschen des Stoeberhai-Massivs
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Da bin ich geologisch nicht fachkundig, ob diese Gefahr tatsaechlich besteht. So ein BergSturz, wie er etwa vor 3500 Jahren der ZugSpitze passiert ist, waere ein Ereignis mit hohem UnterhaltungsWert: Die OderTalSperre koennte ausschwappen und in Bad Lauterberg eine vierstellige Anzahl von Toten fordern.

Waere diese Gefahr aber tatsaechlich real gegeben, dann waere es jetzt schon nicht zu verantworten, die Existenz der OderTalSperre beizubehalten: Selbst ein extrem schwaches ErdBeben erzeugt im Stoeberhai groessere ScherKraefte als es die TurmSprengung je koennte. Und fuer jede andere TalSperre im Harz waeren analoge Bedenken angebracht.

Ein geologisches GutAchten in dieser Sache koennte nicht schaden. Mein educated guess: Der Harz ist ein uraltes Gebirge - der kann Sprengungen genauso wie ErdBeben ab.

Gefaehrdung der Umgebung durch eine Sprengung
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Dann waere da die Frage der Gefaehrdung der direkten Umgebung. SprengFachLeute werden da ihre FaustRegeln haben - ich halte aber jede Wette, dass etwa schon am Platze des alten Stoeberhai-Hotels in ca. 500 m Entfernung vom Turm keine Gefahr fuer Zuschauer besteht. Insofern ist eine WinterSprengung eigentlich weder noetig noch wuenschenswert - wer aus sicherer Entfernung zusehen moechte, der soll doch. Und die Gastronomie in Bad Lauterberg wuerde sich fuer eine gewisse OeffentlichkeitsWirkung bedanken (Das Restaurant auf dem Hausberg etwa waere am Tag der Sprengung brechend voll).

Einziges Argument fuer eine WinterSprengung: Bei SchneeLage kann man leichter feststellen, ob vielleicht doch jemand durch die Absperrung hindurch ist.

(AnekdotenModus: Wie schwer es ist, 100 ha abzusperren, haben wir im Juni 1971 im Rahmen einer Uebung des LuftWaffenAusBildungsRegiments in Goslar ausprobieren duerfen - am Stoeberhai!
Idee, unausgegorene: AbSperrung durch die Veteranen von damals? Solche Uebungen hat es mehrere gegeben, da kaemen sicher genuegend Leute zusammen!)

Verbleib des Materials - Der Huegel und das DenkMal
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Noch ein kostensenkender GesichtsPunkt. Die Absicht, das unbelastete Material des Turmes als Belag von ForstStrassen auszubringen ist zwar eine gute Idee, besonders wenn das Beduerfnis der ForstVerwaltung nach diesem Material sehr gross ist. Aber das braucht teure TransportKapazitaet und elendiglich viele LKW-Fahrten. Was waere denn so schlimm, wenn ein Huegelchen vom Turm uebrigbleibt - alldieweil ja eh ein DenkMal geplant ist?

Mehr als 10 Meter HuegelHoehe schafft man mit dem Material sowieso nicht. Ein bischen Humus drauf, oben das DenkMal - fertig. Was kann einfacher sein?

Als Konsequenz wuerde dann der Stoeberhai - nach einem walisischen VorBild (2) eines ebenfalls aufgestockten Berges - statt mit 714.3 Metern Hoehe dann mit mehr als 720 Metern in den Karten verzeichnet sein - und das fuer die naechsten paar tausend Jahre!

Das DenkMal
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Die waehrend der Veranstaltung am 16. Juli angedachte Hoehe des DenkMals ist nicht Vandalismus-fest - eine mannshohe Saeule kann Jugendliche mit ueberschuessigen Kraeften dazu verleiten, auszuprobieren, ob man das Ding nicht doch umwerfen kann. Ein MassStab von 1 : 25 oder 1 : 20 sollte schon sein. Vielleicht sogar zusaetzlich masstabsgerecht die horizotalen ErweiterungsBauten, die dann gerade die Dimension einer SitzBank haetten? - Auf die Modellierung der franzoesischen AntennenTuerme kann man, denke ich, verzichten - auch weil Draehte nur sehr schwer in Beton nachzuempfinden sind.

Epilog
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Soweit meine in Kladde gedachten Ideen bezueglich der Beseitigung des Turmes. Nicht, dass es mir besonders viel Spass macht, an dieser Hinrichtung eines alten Freundes mitzuarbeiten - aber der Konsensus, das das Ding weg muss, da ja keine FolgeNutzung findbar ist, ist ja irgendwie vernuenftig - und eine Erinnerung ist besser als eine traurige Wetter- und Vandalismus geschaedigte BauRuine.

Herwig Huener

© 2004 Herwig Huener

(1) Unter Bruedern: 1 kg TNT etwa 1.25 kWh

(2) Der Englaender, der auf einen Huegel stieg und von einem Berg herunterkam
(The Englishman who went up the hill and came down a mountain)
Komoedie - Regie: Christopher Monger
Zuletzt geändert von Gast am 01.09.2004 21:43, insgesamt 1-mal geändert.

Pettersson
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Hügel - Berg

Beitrag von Pettersson » 01.09.2004 10:27

offtopic ein

Der Film von dem Herwig spricht ist mit Hugh Grant und ein absolutes Highlight. Wurde vor kurzem mehrfach gezeigt (leider meist spätabends).

offtopic aus

Gruß,
Pettersson

wake_up

Beitrag von wake_up » 01.09.2004 10:31

Ich denke bei der Frage ob Sprengung oder Rückbau muss Berücksichtigt werden das der Turm eh erst einmal von allem "Verunreinigungen" befreit werden muss. Kabel, Plastik usw. muss erst ausgebaut werden bevor der Turm niedergekämpft werden wenn das erst mal passiert ist, ist es nur noch die Höhe des Turms die einen Abriss mit der Maschine verhindern könnte. Und der Beton ist dann wohl eher eine Kleinigkeit.

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