Flugmeldedienst - aktiver oder passiver Luftschutz?

Funkmess-, Funkpeil-, Funkleit- und Funkstörtechnik des 2. Weltkriegs
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EricZ
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Flugmeldedienst - aktiver oder passiver Luftschutz?

Beitrag von EricZ » 12.09.2004 21:44

Moin,

wer sich mit dem Thema des "Reichsflugmeldedienstes" beschäftigt, stößt auf eine zum Teil sehr lückenhafte Darstellung, auch wenn einiges im allgemeinen sehr wohl bekannt ist.

Eine Frage die mich seit längerer Zeit beschäftigt ist folgende:
Gehörte der Flugmeldedienst zum aktiven oder zum passiven Luftschutz?

Nach meiner Auffassung gibt es Aspekte, die sowohl für das eine als auch für das andere sprechen können. Allerdings wird dieser Bereich nie als Zwitter aufgeführt.

Die Diskussion ist eröffnet!!

Viele Grüße, Eric

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Beitrag von Lasse » 13.09.2004 11:31

Rein der Logik nach, würde ich sagen der gehört zum passiven Luftschutz. Die schauen ja nur, was da kommt. Das Abschiessen der Flugzeuge (aktiver Teil) übernimmt dann die Flak.
"Siehst Du einen Atompilz: Schau gut hin, Du bekommst so etwas nie wieder zu sehen."

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klaushh (†)
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aktiv oder passiv

Beitrag von klaushh (†) » 13.09.2004 14:43

Moin, moin!
Ich kann mich der Argumentation von Lasse nicht recht anschließen.
Der Flugmeldedienst ist sicher nicht aktiver Luftschutz, allerdings auch nicht rein passiver Luftschutz. Beide kommen nicht so recht ohne Meldedienst aus. Daher meine Definition: er ist eine Unterstützungseinrichtung für den Luftschutz.
Im Sinne der Schöpfer des Versailler Diktates, nach dem Deutschland der aktive Luftschutz verboten war, gehörte der Flugmeldedienst sicher nicht zum aktiven LS.
Gruß
klaushh

PS: muß überhaupt irgendwann irgendwo der Flugmeldedienst als aktiver oder passiver LS definiert worden sein?

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Beitrag von EricZ » 13.09.2004 19:36

Moin,

Bitte korrigiert mich oder ergänzt es, wenn ich es nicht richtig oder vollständig geschrieben haben sollte! :)

Aktiver Luftschutz: Flak, Jagd

Passiver Luftschutz: Luftschutzbauten (Bunker, Splitterschutzzellen usw.) Luftschutz-Warndienst, nicht zu verwechseln mit dem Flugmeldedienst.

Vielleicht noch ein anderer Aspekt: der klassische Flugmeldedienst (Auge-Ohr) wurde ja ergänzt durch den Geräte-Flugmeldedienst, also die hier auch schon diskutierten Funkmeßstellungen.
Nutznießer beider Meldedienste waren aber, wie vielleicht bekannt ist, die kämpfende Truppe ebenso wie die verschiedenen Warndienste.

Grüße, Eric

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Beitrag von Godeke » 13.09.2004 20:12

Hallo :) ,

Die Unterteilung in den "aktiven" und "passiven" Luftschutz stammt von Ende 1916.

Aktiv =
Damit wurde der militärische Luftschutz gekennzeichnet(Jagdflugzeuge, Jägerleitung vom Boden aus, Flugabwehrkanonen und Meß - und Richtgeräte).

Passiv =
Alle Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung (Warn- und Alarmeinrichtungen, Selbstschutz, Schutzbau).

Die Luftbeobachtungsstellen (Auge, Ohr) zum Schutz der Heimatfront lassen sich nicht eindeutig dem einen oder anderen Bereich zuordnen. Sie waren militärische Einrichtungen, ihre beoaxhtungsergebnisse kamen aber sowohl dem aktiven als auch dem passiven Luftschutz zugute.
...und jetzt noch mal schnell zu www.thw-lueneburg.de , der aktuellen Seite mit News aus der wunderbaren Welt des Helfens!

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Beitrag von EricZ » 14.09.2004 20:13

Moin,

interessant finde ich, daß es in der ersten Nachzone des WK I aufgrund des Versailler Vertrages Deutschland verboten war, Flugwachkommandos und Flugwachen zu betreiben, wohl insbesondere, weil zu dieser Zeit Teil der Flakartillerie waren.

Erst im Laufe der nachfolgenden Jahre muß die starre Einschränkung Schritt für Schritt gelockert worden sein, so daß die ersten Einrichtungen dieser Art ganz weit im Osten aufgebaut wurden, nämlich in Ostpreußen.

Nicht bekannt ist mir bislang, ob das erste Fluko tatsächlich in Königsberg lag :? , jedenfalls fand nach Hoffmann erst Anfang Oktober 1930 im Raum Königsberg eine erste Flugmeldeübung statt.

Grüße, Eric

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Beitrag von Baum » 14.09.2004 21:47

@klaushh
was bitte ist das versailler diktat? ich kenne offiziell eigentlich nur den versailler vertrag. als einigermaßen belesener mensch ist mir der begriff versailler diktat nur aus "alter" literatur bekannt. ist hier das selbe gemeint??? und ist dieser begriff eigentlich noch angebracht?
höflich anfragend
baum

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Beitrag von Godeke » 14.09.2004 22:49

Hallo :) ,

Hier mal ein kleiner, arg zusammengefaßter Exkurs über die wichtigsten Schritte des LS in der weimarer Zeit:

Einen ersten Plan, die sog. "Anleitung für den Reichsluftschutz", wurde durch das Reichswehrministerium schon 1923 entwickelt, das hatte allerdings aufgrund interner Streitereien vor allem zwischen Reichswehr und Reichsinnenministerium keine praktischen Auswirkungen.
In einem 2. Anlauf stellte wiederum das Reichswehrministerium im Herbst 1925 die "Richtlinien für die Organisation des Reichsluftschutzes" auf. Dabei handelte es sich unter Umgehung des Reichsinnenmisteriums um geheime Entwürfe. Diese wurden nicht relevant, weil 1926 zum ersten Mal die Bedingungen des Versailler Vertrags gelockert wurden (durch die sog. "Pariser Verträge") und somit ganz offiziell ab Februar 1927 innerhalb der Reichswehr eine "Luftschutzdienststelle" eingerichtet werden durfte.
Nun wurde als Aufklärungsorganisation für die Bevölkerung reichsweit der Verein "Deutscher Luftschutz" eingerichtet. Dieser blieb aber auf private Finanzierung angewiesen. Ende 1927 zwang der Reichskanzler aufgrund seiner 'Richtlinienkompetenz' den Reichsinnenminister, die Verantwortung für den LS zu übernehmen. Allerdings verschleppte das RMI trotzdem alle weiteren Arbeiten, so daß das Reichswehrministerium wieder vorpreschen mußte (neue konkrete Planungen im Februar 1928). Ende 1928 flossen zum ersten Mal 300.000,- RM für den LS in den RMI-Haushalt.
Im Herbst 1928 wurde zum ersten Mal eine Flugmelde-Übung in Württemberg abgehalten. Aber erst im Herbst 1930 legte das RMI dann endlich seinen eigenen "Organisationsplan für die Vorbereitung eines Luftschutzes der Zivilbevölkerung" vor. Im Mai 1931 setzte sich dann endlich das RMI auch öffentlichkeitswirksam in Szene, in dem es sich aktiv in einem Erlaß zum LS bekannte. Inzwischen allerdings hatte sich in dem vom Reich abgeteilten Ostpreußen eine eigene Initiative entwicklt, die "Luftschutz-Arbeitsgemeinschaft Ostpreußen". Dort veranstaltete dieser Verein auch die erste große LS-Übung im Oktober 1931. Nun folgten auch andere Länder nach, gründeten eigene Vereine. Diese Initiativen mündeten im Juli 1931 in der reichsweiten Gründung der "Deutschen Luftschutz-Liga". Das neu entstehende Arbeitsgebiet nannte man dann im RMI offiziell "Gas- und Luftschutz" (in Anlehnung an Douhet). Ab 1932 bezog das RMI dann die Polizei verstärkt in die Führungs- und Planungsaufgaben ein.
So konnten die Nazis im Februar 1933 auf eine schon recht weit entwickelte LS-Struktur zurückgreifen, die sie als erste Zentralisierungsmaßnahme sogeich im "Reichsluftschutzbund" bündelte.
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