Unsere schweizer Kollegen oder eine Nacht im Atombunker

Zivile bzw. nicht-militärische Schutzbauwerke und Anlagen des Kalten Krieges
DennisC

Unsere schweizer Kollegen oder eine Nacht im Atombunker

Beitrag von DennisC » 04.07.2004 22:14

Hallo,

vor kurzem konnte ich der wunderschönen Schweiz einen Besuch abstatten und war neben der auch im Sommer wunderschönen Landschaft doch recht erstaunt, dass unser "kleiner" neutraler Nachbar bis an die Zähne bewaffnet ist.

Freunde haben mir erzählt, dass es mit dem Zivildienst dort ungefähr so ist, wie hier vor 20 Jahren - so mit vor einem Ausschuss aussagen und so...

Außerdem bekommen die Jungs alle ihre Knarre mit nach Hause. Ich habe ein wenig blöde geguckt, als drei 18 jährige Wehrdienstleistende (?) in der Bahn ihren Militär-Rucksack unter den Sitz und das Gewehr in die Gepäckablage über mir schleuderten :crazy:

Aber der Hammer kommt noch. Die haben dort für jeden Bürger einen Platz im Atombunker! Und weil die ja nicht soooo häufig gebraucht werden, können Gruppen dort billig schlafen. So auch ich, der mit einer Studentenorganisation auf einem Kongress in Genf war. Ich konnte - dafür werdet ihr mich jetzt wohl hassen :? - keine Fotos machen :cry: Der Bunkereingang war MITTEN auf einem Schulhof und für alle gut sichtbar - nicht so versteckt wie hier.
Ich versuche noch von anderen Leuten an welche zu kommen...

Der größte Gag: Auf dem Kongress war ein formaler Dresscode. Soll heißen am Abend - jugendliche spielten auf dem Schulhof - sind 70 junge Studenten (englisch sprechend) im Anzug und mit Koffern an den Leuten vorbei in den Bunker getabbert. Ich möchte gerne wissen, was die da gerade gedacht haben? :mrgreen:

Die Nacht war aber auf jeden Fall ein Erlebnis und hat nur 10 CHF gekostet – Lage war ideal. Also wenn jemand von Euch mal in die Schweiz will…

MikeAmmerland

Beitrag von MikeAmmerland » 04.07.2004 22:30

Ich kenne auch einige Reservisten aus der schönen Schweiz, die ihr Sturmgewehr SIG + komplette sonstige Ausrüstung zu hause im Schrank stehen haben, Demokratie halt, so einfach.

In Deutschland ist es anders, wirst als Soldat an der Waffe ausgebildet, lernst den verantwortungsvollen Umgang damit, bist aber nach der Dienstzeit wieder nur der "dumme deutsche Michel", der nicht einmal ein stärkeres Luftgewehr besitzen darf...

Allerdings erzählte mir ein Schweizer, daß mit den SIGs, die die Reservisten im Schrank stehen haben, auch einiger Mist gebaut wird.

Die einen leben, die anderen kleben... :megawut:

Salu

Mike

Gast

Beitrag von Gast » 05.07.2004 11:12

:?:

Was heißt "einiger Mist gebaut"? Natürlich schießen viele Reservisten auch in ihrer Freizeit als Sportschützen mit dem Teil herum (natürlich nicht mit Mun aus der dienstlich gelieferten Blechdose, die neben der Waffe selbst auch jeder Wehrdienstgeleistethabende mit nach Hause bekommt. Derartige Überlegungen gab es bei der Bw übrigens auch mal, eine Zeitlang konnten aktive Reservisten einen G3-Halbautomaten, das sog. Reservistengewehr (die genaue HK-Bezeichnung habe ich gerade nicht im Kopf) erwerben und sich damit "fit" halten.

Was den gefährlichen Unfug mit diesen Waffen angeht, so ist die Zahl an folgenreichen Mißbräuchen mit legalen Waffen in der Schweiz trotz der erheblich höheren Verfügbarkeit (in praktisch jedem Haushalt) deutlich geringer als hierzulande.

Tom

Na ja...

Beitrag von Tom » 05.07.2004 21:33

MikeAmmerland hat geschrieben:Ich kenne auch einige Reservisten aus der schönen Schweiz, die ihr Sturmgewehr SIG + komplette sonstige Ausrüstung zu hause im Schrank stehen haben, Demokratie halt, so einfach.
Meines Erachtens ist die häusliche Aufbewahrung von dienstlichen Waffen nicht unbedingt von der Staatsform abhängig, insbesondere nicht Grundvoraussetzung für Demokratie.

MikeAmmerland hat geschrieben:In Deutschland ist es anders, wirst als Soldat an der Waffe ausgebildet, lernst den verantwortungsvollen Umgang damit, bist aber nach der Dienstzeit wieder nur der "dumme deutsche Michel", der nicht einmal ein stärkeres Luftgewehr besitzen darf....
Das fehlt hier auch noch, Wehrpflichtige, die bewaffnet entlassen werden. Da kann ich vorab schon den Horror ankündigen. Beispiel: 22 Jähriger Ex-Soldat mit 2,2 Promille bedroht mit Schnellfeuergewehr die Nachbarschaft. Vorausgegangen sind Beziehungsstreitigkeiten. Und so weiter und so fort. Ähnliche Fälle gibt es, leider.
MikeAmmerland hat geschrieben: erzählte mir ein Schweizer, daß mit den SIGs, die die Reservisten im Schrank stehen haben, auch einiger Mist gebaut wird.....
Der Mist wird sich hier sicherlich potenzieren.

MikeAmmerland

Beitrag von MikeAmmerland » 05.07.2004 23:09

Ich plädiere ganz sicher NICHT für freien Waffenbesitz, ganz sicher nicht!

Ob die Reservisten-Version des Gewehrs G3 immer noch erhältlich ist, das ist mir nicht bekannt, ich war Soldat bis Anfang 1980, von Reservistenverbänden wurde ich niemals angesprochen, hätte ich auch kein Interesse daran gehabt.

Soweit mir bekannt ist, wurden damals die von den Reservisten privat angeschafften G3 zentral (am Schießplatz...?) aufbewahrt, mir ist kein Reservist der BW bekannt, der diese Waffe "im Schrank" stehen hatte oder hat...?

Einen Thread zum Thema Waffenbesitz möchte ich nicht sehen, aber wenn ich Kindersoldaten in afrikanischen Ländern mit dem Gewehr G3 hantieren sehe, dann frage ich mich, woher stammen diese Waffen?

Zum Thema: Ein Staat, der seinen eigenen Staatsbürgern nicht mehr traut, ist ein Staat auf tönernen Füßen, sicher sollte nicht jeder Wehrpflichtige sein Gewehr mit nach hause bekommen, aber was hier in Deutschland seit Jahrzehnten "abgeht", das ist reine Hysterie.

Wie weit sollen sog. Waffengesetze noch führen, so gesehen müßten auch Knüppel im Wald und Feldsteine in das Gesetz einbezogen werden, beide eignen sich hervorragend, andere Menschen zu schädigen.

Ich pers. habe viele Jahre lang Waffen gesammelt, mit keiner dieser Waffen auch nur einen einzigen Schuß abgefeuert, "geschossen" habe ich nur mit alten Vorderladern in einem Verein.

Dieses "Hobby" war einmal, bis es bei mir pers. im Kopf klick machte, heute gehe ich jeder Schußwaffe aus dem Weg, alleine schon der Anblick halbangesoffener Jäger mit der Flinte in der Hand bereitet mir Unwohlsein.

Ein schwieriges Thema, passt schlecht in dieses Forum.

Gruß

Mike

DennisC

Beitrag von DennisC » 05.07.2004 23:19

Ich habe auf meiner Rückreise auch länger darüber nachgedacht und auch wenn es auf den ersten Blick in der Natur der Sache liegt, einem an der Schusswaffe ausgebildeten Soldaten diese auch für den Verteidigungsfall mit nach Hause zu geben, fühle ich mich doch sehr wohl dabei, dass mein Nachbar kein G36 in seinem Schrank hat.
Ein Freund hat mir dazu heute berichtet, dass er mal drei (!) Stunden lang eine scharfe Partrone suchen musste, als er beim Bund war Letztendlich war sie dann unglücklich heruntergefallen.

Gast

Die Braut des Soldaten

Beitrag von Gast » 05.07.2004 23:39

Einer meiner Kameraden ( er war nicht der hellste ) wohnte in unmittelbarer Nähe zur Kaserne. Während eines NATO-Alarms bekamen wir unsere Waffen ausgehändigt und sollten sie den ganze Tag am Mann tragen. Während dieser Zeit war es natürlich streng verboten die Kaserne zu verlassen. Er hat es trotzdem geschafft (mit G3) und war zu hause mittag essen. Die Waffe zuhause hat ihm so gut gefallen dass er sich damit ausgiebig zu hause fotografieren lies. Einige Wochen später stand er im Geschäftszimmer und wollte mir voller Stolz die frisch entwickelten Bilder zeigen als unser Kompaniechef eintrag und diese mit ansehen wollte. Da schaut sich also der Chef ein Bild nach dem nächsten an, bis er auf einmal stutzig wird...
Der Kamerad musste sieben Tage in der Arrestzelle verbringen(war aber nicht ganz so schlimm, seine Mutter kam vorbei und brachte ihm essen).

Gast

Beitrag von Gast » 06.07.2004 11:06

MikeAmmerland hat geschrieben:Ich plädiere ganz sicher NICHT für freien Waffenbesitz, ganz sicher nicht!
Die in diesem Lande geltenden Regelungen und Restriktionen finde ich sehr vernünftig und nicht noch weiter verschärfenswert. Was die Schweizer da treiben ist ihre Sache - historisch gewachsene Schrulligkeit mag man sagen; ich fühle mich da jedenfalls auch und gerade in den Schießboxen und -ständen immer wieder sehr wohl.
Ob die Reservisten-Version des Gewehrs G3 immer noch erhältlich ist, das ist mir nicht bekannt, ich war Soldat bis Anfang 1980, von Reservistenverbänden wurde ich niemals angesprochen, hätte ich auch kein Interesse daran gehabt.
Ist sie nicht mehr, heute sind diese Exemplare gesuchte Raritäten.
Soweit mir bekannt ist, wurden damals die von den Reservisten privat angeschafften G3 zentral (am Schießplatz...?) aufbewahrt, mir ist kein Reservist der BW bekannt, der diese Waffe "im Schrank" stehen hatte oder hat...?
Um das auseinanderzuhalten: Kein Reservist konnte sich privat ein G3 anschaffen, sondern eben jenes "Reservistengewehr", welches sich von einer normalen Sportwaffe eben dadurch unterschied, daß sie durch den Anscheinsparagraphen als Kriegswaffe galt und daher eben nur für Reservisten erhältlich war. Also ein ganz normaler Halbautomat, den man heute auch als Sportschütze besitzen dürfte (der Anscheinsparagraph ist nämlich Geschichte).

Diese Knirfte konnte man sich auf WBK eintragen lassen und sachgemäß natürlich daheim aufbewahren wie jede andere Knirfte auch. Die Berechtigung für die WBK konnte AFAIK in diesem Falle über die Reservistenkameradschaft nachgewiesen werden, ein Schießsportverein war nicht vonnöten. Ob man auch einen Munerwerbsschein bekam oder das über die Bw laufen mußte entzieht sich meiner Kenntnis.

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Beitrag von Lasse » 06.07.2004 18:23

Ja, das stimmt, das die Schweizer ihr Gewehr mit nach Hause bekommen. Ich stelle mir bloß immer wieder die Frage, was machen die Panzerfahrer oder die Artillerie? ;)
"Siehst Du einen Atompilz: Schau gut hin, Du bekommst so etwas nie wieder zu sehen."

dragon46
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Beitrag von dragon46 » 08.07.2004 21:56

Mal ne blöde Frage: ist das in Israel auch so, von wegen und Waffe mit nach Hause nehmen? Ich glaub, ich hab da mal sowas gehört...
Nichts ist so beständig wie die Veränderung...

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