Triage - "Die dringliche Kriegschirugie"

Militärische Objekte und Anlagen ab 1945
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TimoL
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Beitrag von TimoL » 09.11.2003 15:03

Ahoi! :)
Da wir hier gerade bei Thema schmale Bunker-Ausgänge sind, stelle ich mal folgende Frage in den Raum:
Der folgende Notausstieg gehört zu einem Krankenhaus-Tiefbunker, der in den 60er Jahren gebaut wurde. Wie bekommt man jetzt durch so eine wirklich schmale Luke/ Schacht zum Teil Schwerkranke Menschen durch? :?
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Lasse
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Beitrag von Lasse » 09.11.2003 17:10

Wenn ich die Triage richtig verstanden habe, werden Schwerkranke/Schwerverletzte im Kriegsfall keine Versorgung mehr erhalten. Sondern zuerst werden die Leichtverletzten versorgt, die man noch zu Kampfeinsätzen oder Versorgung der Truppe und der Heimatfront benötigt. Jemandem dem beide Unterschenkel und ein Unterarm abgerissen worden sind noch zu versorgen, wäre nur Zeitverschwendung. Da er ja kein Gewehr mehr halten kann.

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Oliver
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Beitrag von Oliver » 09.11.2003 17:47

Hi zusammen,

@Timo

in folgenden Buch ist das Prinzip der Triage gut erklärt:

"Tausend Grad Celsius/Das Ulm Szenario für einen Atomkrieg" Hrsg.: Ulmer Ärzte Initiative - zu beziehen über justbooks

In der Tat sieht die Triage vor, dass nicht jeder Verletzte Hilfe bekomen wird unterschieden werden soll in:
-Hoffnungslose/Tote
-Leichtverletzte
-"Rest"

Die beiden letzten Gruppen bekommen jedoch auch wiederum nicht alle mediz. Hilfe sondern sollen in erster Linie über Massenquartiere versorgt werden

Hier ein Orginal Auszugaus dem Buch

Triage Entscheidung wir beeinflusst durch:

- Art der Verletzungen
- Allgemeine Zustände des Patienten als auch der Umgebung
- Ärztl. Prognose
- Anzahl der Opfer
...

(Seite 70, des genannten Buches)

Gruß
Oliver

Darkone

Re: ein ZV-Bunker...

Beitrag von Darkone » 10.11.2003 14:34

PeterS hat geschrieben: Mich würde interessieren, ob der Bunker noch genutzt wird. Wie es aussieht, liegt er nahe dem Strelasund, oder?
Denke schon, dass der noch genutzt wird. Ohne Grund wird der sicher nicht neu verputzt etc. Und ja der Strelasund is so 20-25m weit weg.

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Leif
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Beitrag von Leif » 10.11.2003 15:29

Die dringliche Kriegschirurgie : Übers. des NATO-Handbook. - USA-Ausg. 1958. - (Bonn) : (Bundesmin. der Verteidigung), 1961
Schriftenreihe: ZDv ; 49/50
Das Buch liegt in Lübeck und ich habe es gerade per Fernleihe bestellt.


Eine aktuelle Version ist hier zu finden:
http://www.vnh.org/EWSurg/EWSTOC.html


Man sollte sich klar sein, dass sich die obenbeschriebene Triage nicht von der Triage bei Großunfällen z.B. auf der Autobahn unterscheidet. Auch hier sucht man die raus, die gewisse Chancen haben, den Rest versorgt man mit Schmerzmitteln.
Leif
Zuletzt geändert von Leif am 10.11.2003 15:53, insgesamt 1-mal geändert.

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klaushh (†)
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Triage

Beitrag von klaushh (†) » 10.11.2003 15:47

Moin, moin!

Ich finde die von Lasse am 9.11.03 gebrachte Bemerkung zur Triage empörend!

Ich möchte solche tendenziellen Äußerungen hier im Forum nicht lesen.

Einem verwundeten Soldaten wird nicht deswegen medizinisch geholfen, damit er "wieder ein Gewehr halten kann".

Es wird allen verwundeten / verletzten / kranken Menschen geholfen. Selbstverständlich sind hier Kapazitätsgrenzen gegeben. Diese können erreicht werden, wenn die Zahl der Patienten die Hilfsmöglichkeiten überschreitet. Und das kann auch -wie ja bereits Leif schrieb- z.B. bei Großunfällen geschehen.

Ich gebe zu, dass der Gedanke der Triage ein beklemmendes Gefühl vermittelt. Man kann über sie sicher diskutieren - aber dann bitte sachlich.

Gruß
klaushh

Devon

Re: Triage

Beitrag von Devon » 10.11.2003 16:50

klaushh hat geschrieben:Ich finde die von Lasse am 9.11.03 gebrachte Bemerkung zur Triage empörend!
Diesen Kommentar fand ich auch nicht so klasse...
Es wird allen verwundeten / verletzten / kranken Menschen geholfen. Selbstverständlich sind hier Kapazitätsgrenzen gegeben. Diese können erreicht werden, wenn die Zahl der Patienten die Hilfsmöglichkeiten überschreitet. Und das kann auch -wie ja bereits Leif schrieb- z.B. bei Großunfällen geschehen.
Bei Großunfällen spricht man von einem MANV (Massenanfall von Verletzten). Beim Umgang mit einem solchen MANV gilt, das i.d.R die Patienten mit vitalgefährdung (also die in einem vorherigem Posting als "Hoffnungslose" bzw. "Rest") behandelt bzw. in ein Krankenhaus gebracht werden.
In Deutschland haben sich die sogenannten 10 Gebote für Rettungskräfte herauskristalisiert:

1. Gebot: Noch nicht behandeln!
- Versorgung eines Verletzten verzögert Hilfe für alle

2. Gebot: Kurze Erstrückmeldung!
- Massenanfall durch Ereignis (nicht) abgeschlossen
- LNA/ORGL erforderlich
- Näheres später

3. Gebot: Überblick verschaffen!
- Keine Teamtrennung!
- Eintreffen bekannt geben!
- Wie viele (schwer) Betroffene?
- Gefahren am Einsatzort?
- Technische Hilfe erforderlich?

4. Gebot: Konkrete Zweitrückmeldung!
- Patientenanzahl 0?3/4?5, 6?10/über 10, wie viel Prozent Vitalgefährdete
- erforderlich NA/RTW/RTH?
- Feuerwehr
- Bedarf an Klinik-Kapazitäten

5. Gebot: Initial-Leitung übernehmen
- kommissarischer LNA ? ORGL
- Ablagestelle bestimmen
- Ablagestelle strukturieren
- Registrierung/Behandlungsplätze
- Abtransportstelle

6. Gebot: Spontan-Abtransporte verhindern!
- Transport- und Klinikprioritäten für Schwerstbetroffene freihalten

7. Gebot: Versorgung nach Prioritäten (Sichtung)!
- Untersuchung auf Behandlungsdringlichkeit
- Behandlung nach vitaler Bedürftigkeit
- Kontrolle auf Therapie-/Transport-Priorität

8. Gebot: Nachrückendes Rettungsdienst-Personal anweisen!
- konkrete Aufgabe formulieren
- klaren Auftrag erteilen

9. Gebot: Abtransport planen!
- Patient/Klinik/Transportmittel
- bei Transportpriorität Abfahrt anordnen (mit der Leitstelle)

10. Gebot: Übergabe an LNA oder ORGL!
- Stand organisatorischer Maßnahmen
- Versorgungszustand
- bisherige Abtransporte
- neue Aufgaben geben lassen

Eine Triage wie in den bisherigen Posting beschrieben ist menschenverachtend. :x

berndbiege

Re: Triage

Beitrag von berndbiege » 10.11.2003 18:46

Hi
Devon hat geschrieben:Bei Großunfällen spricht man von einem MANV (Massenanfall von Verletzten). Beim Umgang mit einem solchen MANV gilt, das i.d.R die Patienten mit vitalgefährdung (also die in einem vorherigem Posting als "Hoffnungslose" bzw. "Rest") behandelt bzw. in ein Krankenhaus gebracht werden.
Beim MANV soll dies idealerweise geschehen ...
Devon hat geschrieben:Eine Triage wie in den bisherigen Posting beschrieben ist menschenverachtend.
Wird aber praktiziert, wenn auch nicht allzu sehr publiziert. Bei der Flugkatastrophe Ramstein 1988 durfte ich miterleben, wie Ärzte die Versorgung mancher Patienten untersagten und die Hilfskräfte anderen Verletzten zuführten. Durch die speziellen Gegebenheiten, die ja bekannt sein dürften, waren dies vor allem US-Militärärzte, die die Triage nach Vorschrift durchführten.

Dieses war m.E. nach nicht menschenverachtend, sondern dringendst notwendig, da sich zu viele Helfer auf die "greifbaren Schwerstverletzten" stürzten und andere "links liegen liessen", die jedoch weitaus bessere Überlebenschancen hatten (z.B. "Behandlung" von 100 % Verbrannten statt Rettung und anschliessende Behandlung von weniger verbrannten, die jedoch im NATO-Draht eingewickelt waren).

Devon

Re: Triage

Beitrag von Devon » 10.11.2003 21:12

berndbiege hat geschrieben:
Devon hat geschrieben:Eine Triage wie in den bisherigen Posting beschrieben ist menschenverachtend.
Wird aber praktiziert, wenn auch nicht allzu sehr publiziert.
Ich meinte eigentlich, das als aller erstes "kampffähige" Leichtverletzte behandelt werden und dann erst der Rest...

Soweit ich weiß, gibt es 4 Einteilungen bei MANVs von leicht/unverletzt über vitalgefährdet bis (so gut wie)Tod.
Dabei haben die Schwerstverletzten Priorität.

berndbiege

Priorität der Behandlung - Triage - Marinetragen

Beitrag von berndbiege » 10.11.2003 21:31

Ah ...!

Nene, leichtverletzte Kampffähige werden gar nicht behandelt, die sind auf Kameradenhilfe angewiesen ... ernsthaft, meint denn jemand, ein Sani würde sich um Streifschüsse kümmern (bluten höllisch und der Verletzte jammert auch laut), wenn schwerere Verletzungen vorliegen? Die Priorität ist immer nach Schwere der Verletzungen zu setzen, von der schwersten angefangen sich zu den verrenkten Knöcheln herunterarbeitend (dabei werden auch schwerverletzte Feinde vor leichtverletzten "Kameraden" behandelt, so hab ich das zumindest als SanSold noch gelernt).

Bei der Triage geht es allerdings btatsächlich darum, die aussichtslosen Fälle auszusieben, wenn ein Massenanfall die Behandlung aller Schwerverletzten unmöglich macht (Ramstein war da ein gutes Beispiel und fand auch sozusagen unter "Verteidigungsfallbedingungen", wenn auch ohne Beschuss, statt). In diesem Fall werden z.B. Amputierte mit weiteren kritischen inneren oder Schädelverletzungen schnell "unwichtig" und nur noch mit schmerzstillenden Medikamenten (wenn vorhanden) "behandelt". Wer "nur" Amputationsverletzungen hat, dürfte dieselben Medikamente, eine (evtl. sogar chirurgische) Erstversorgung (Blutungsstillung) und stabilisierende Medikamente bekommen - eine wiederherstellende Chirurgie wäre allerdings erst im rückwärtigen Lazarett möglich. Replantation? Vergesst es ... und ist bei den meisten Verletzungen im Kriegsfall (vor allem Sprengkörper und Minen) ohnehin hinfällig Dank massiver Gewebe- und Skelettzerstörung (Erfahrungen u.a. auch aus Kroatien, ich durfte für einen dortigen Chirurgen 'mal den Übersetzer zum Thema "Kriegsverletzungen" mimen).

Für enge Ausgänge (um noch einmal zurück auf die Frage oben zu kommen) gibt es übrigens die sogenannten "Marinetragen", die in solchen Einrichtungen eigentlich auch zur Verfügung stehen sollten ...

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