Anfrage : Objekte im Münchner Norden ?

Militärische Objekte und Anlagen ab 1945
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Luftdragoner
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Beitrag von Luftdragoner » 30.11.2009 12:10

Gute Erklärung. Ich dachte bloß, für Strafvollzug wäre auch im militärischen Bereich ausschließlich die zivile Justiz zuständig.

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zulufox
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Beitrag von zulufox » 30.11.2009 12:48

Luftdragoner hat geschrieben:Gute Erklärung. Ich dachte bloß, für Strafvollzug wäre auch im militärischen Bereich ausschließlich die zivile Justiz zuständig.
Hallo,

nein! Es kann auch umgekehrt ein Schuh daraus werden.

Es ist ganz klar zu unterscheiden zwischen Disziplinar-Arrest und einem Strafarrest nach Wehrstrafgesetz (§ 9, 10 12).

Disziplinar-Arrest ist Teil der Wehrdisziplinarordnung (WDO). Dort ist genau festgelegt, wer gegen wen diesen Disziplinararrest verhängen darf. Ist er verschriftsgemäß verhängt, dann regelt die WDO auch, wo er abzusitzen ist.

Ansonsten ist ein Blick hier hinein vielleicht hilfreich:
http://www.justizvollzug-bayern.de/JV/A ... lstrpl.pdf

Da München einmal eine so große Garnison hatte, erschien es wohl den Oberen sinnvoll, eine zentrale Arrestanstalt zu schaffen. Nur ist mir im Moment nicht ganz klar, ob die Arrestanstalt zu Bw-Zeiten dort war/ist.

MfG
Zf :holy:
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turul
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Beitrag von turul » 30.11.2009 19:51

Björn hat geschrieben:
Luftdragoner hat geschrieben:Übrigens ist mir in München eine Kuriosität aufgefallen: Es gab dort die einzige Standortarrestanstalt der Bundeswehr. Hat jemand eine Idee, wo die war und warum es nur diese eine gab?
Weil in München u. a. die Bundeswehrdisziplinaranwaltschaft ihren Sitz hatte.
Die Bundeswehr-Disziplinaranwaltschaft hat mit dem Vollzug von Arrest an Soldaten nichts zu tun. Zuständige Vollzugsbehörde war / ist im Regelfall ein Standortältester, dieser bestellte dann Kasernenkommandanten oder Leiter von Dienststellen als Vollzugsleiter. Weiter konnten Vollzugshelfer bestellt werden, z.B. die Kasernenfeldwebel. Örtlich galt grundsätzlich, daß Arrest usw. am Standort des Soldaten zu vollstrecken war. Ausnahmen gab es für Unteroffiziere und Offiziere.
Siehe dazu auch die Bundeswehrvollzugsordnung

http://www.gesetze-im-internet.de/bwvol ... 50972.html

Die Standortarrestanstalt München war -ähnlich wie die Standortkommandantur München - ein Überbleibsel aus den Anfängen der Bundeswehr. Standortarrestanstalten gab es etwa bis 1972 in allen größeren Standorten. In München hat man diese Einrichtung etwas länger beibehalten, faktisch war das aber in Personalunion der Kommandeur VKK 651 und Stan- dortkommandeur München, der einen Hauptfeldwebel als Vollzugshelfer hatte. Eine eigene bauliche Einrichtung Standortarrestanstalt gab es nicht, für den Vollzug wurden die bei den Wachen der grösseren Kasernen vorhandenen Arrestzellen benutzt (z.B. Bayernkaserne, Funkkaserne, Fürst-Wrede-Kaserne, Kronprinz-Rupprecht-Kaserne usw.). Bereits in den Jahren ab 1976 wurde aber diese Dienststelle kaum mehr in Anspruch genommen. Ich entsinne mich aus meiner Dienstzeit als Feldjäger in München an einen einzigen Fall aus dem Jahr 1979, das wir einmal einen Soldaten zum Vollzug in der "Standortarrestanstalt München", in diesem Fall in die Fürst-Wrede-Kaserne, transportieren mussten.
Ich denke, diese Dienststelle wurde mit dem Übergang in die Heeresstruktur 4 als aktive Dienststelle aufgelöst. Auch in der Standortdatenbank beim MGFA ist sie für 1985 nicht mehr gelistet.

Für den V-Fall war allerdings die Aufstellung der Standortarrestanstalten wieder vorgesehen. dort hätte dann, wie es in diversen Entwürfen zur "Wehrstrafprozeßordnung" und anderen wehrstrafrechtlichen Gesetzen, etwas schwammig hieß, " der Strafvollzug an Soldaten durchgeführt werden". Da aber all diese wehrstrafrechtlichen Gesetze für den V-Fall - wie die ganze Wehrstrafgerichtsbarkeit im V-Fall - nie abschließend bearbeitet wurden, blieb es bei diesen Entwürfen.
Siehe dazu z.B. die Bestände im BA-MA

http://startext.net-build.de:8080/barch ... archPos=18

oder einen Artikel aus der ZEIT von 1984

http://www.zeit.de/1984/24/Kriegsrichter-auf-Probe


Allerdings scheinen einige diese Standortarrestanstalten als Geräteeinheit existiert zu haben, ähnlich wie es ja auch die Geräteeinheiten Wehrgericht und Oberwehrgericht trotz der nicht vorhandenen gesetzlichen Grundlagen gab. Ich bin mir daher ziemlich sicher, daß zumindest nach 1980 keine aktive Dienststelle Standortarrestanstalt München mehr vorhanden war.

Die "alten" Feldjägervorschriften der Heeresstrukturen 2 und 3 (ZDv 75/1 - Die Feldjägertruppe - und ZDv 75/3 - Die Feldjägertruppe im militärischen Ordnungsdienst -) enthielten einige wenige dürre Sätze über den Einsatz der Feldjäger zur Unterstützung dieser Standortarrestanstalten, in der in der Heeresstruktur 4 geltenden ZDv 75/100 war nur noch ganz allgemein die Unterstützung der Vollzugsbehörden erwähnt.

Luftdragoner
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Beitrag von Luftdragoner » 30.11.2009 20:06

Vielen Dank für diese außerordentlich profunde Auskunft! :thumbup:

Zumindest für das Jahr 1987 kann ich allerdings versichern, dass es eine Standortarrestanstalt München als offizielle Bundeswehr-Dienststelle gab - und zwar als einzige in der Bundeswehr. Ob diese als GerEinh geführt wurde, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.

Die Standortdatenbank des MGFA würde ich nicht als verlässliche Quelle heranziehen. Die Herrschaften, die die Daten eingepflegt haben, scheinen beachtliche Lücken gelassen zu haben. Von zahlreichen, inzwischen wenigstens zum Teil korrigierten Fehlern abgesehen.

Im übrigen, fürchte ich, wäre im V-Fall davon auszugehen gewesen, dass auch ohne fundierte rechtliche Grundlage sehr rasch die Militärjustiz etabliert worden wäre.

Damit haben wir uns jetzt allerdings weit vom Thema "Münchner Norden" entfernt. Naja, vielleicht gar nicht so weit, sondern bloß eher in den "Münchner Süden" ;)

HW (†)
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Beitrag von HW (†) » 03.12.2009 20:13

Damit ist wohl der "Münchner Süden" gemeint:

http://www.justizvollzug-bayern.de/JV/A ... _Muenchen/

Björn
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Beitrag von Björn » 04.12.2009 07:32

turul hat geschrieben:
Björn hat geschrieben:
Luftdragoner hat geschrieben:Übrigens ist mir in München eine Kuriosität aufgefallen: Es gab dort die einzige Standortarrestanstalt der Bundeswehr. Hat jemand eine Idee, wo die war und warum es nur diese eine gab?
Weil in München u. a. die Bundeswehrdisziplinaranwaltschaft ihren Sitz hatte.
Die Bundeswehr-Disziplinaranwaltschaft hat mit dem Vollzug von Arrest an Soldaten nichts zu tun. Zuständige Vollzugsbehörde war / ist im Regelfall ein Standortältester, dieser bestellte dann Kasernenkommandanten oder Leiter von Dienststellen als Vollzugsleiter. Weiter konnten Vollzugshelfer bestellt werden, z.B. die Kasernenfeldwebel. Örtlich galt grundsätzlich, daß Arrest usw. am Standort des Soldaten zu vollstrecken war. Ausnahmen gab es für Unteroffiziere und Offiziere.

Hallo Turul,

daß die Bundeswehrdisziplinaranwaltschaft mit dem eigentlichen Strafvollzug an Soldaten nichts zu tun hat, ist mir schon klar.

Aber, und jetzt korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege, irgendwo mussten die Soldaten doch "untergebracht" werden, die sich in München vor der BWDA zu verantworten hatten. Ich meine, daß dies auch der Hauptgrund dafür war, daß es in München die einzige bzw. letzte Standortarrestanstalt der Bundeswehr gab. Ob die dortigen Aufgaben, wie Du oben beschrieben hast, in Personalunion oder in Zweitfunktion ausgeführt wurden, spielt vorerst keine Rolle.

Fakt ist: München hatte zu Friedenszeiten die letzte Standortarrestanstalt und alleine mit der Größe des Standortes lässt sich das eigentlich nicht erklären, denn dann hätten andere Großstandorte wie Koblenz, Köln, Hamburg, Wilhelmshaven, Kiel usw. ebenfalls noch eine haben müssen. Es muß also einen anderen Grund dafür gegeben haben. Und der liegt meines Wissens nach in der Nähe zur ebenfalls in München stationierten BWDA.

Wie gesagt, bitte berichtige mich, wenn ich jetzt völlig daneben liegen sollte.

Schönen Gruß
Björn

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turul
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Beitrag von turul » 04.12.2009 18:16

Hallo Björn,

vor der Bundeswehrdisziplinaranwaltschaft haben sich keine Soldaten zu verantworten, diese Behörde vertritt den BMVg bzw. andere Einleitungsbehörden vor den Wehrdienstsenaten des Bundesverwaltungsgerichts. Er ist entfernt vergleichbar mit der Bundesanwaltschaft als Ermittlungs-/Anklagebehörde.

Dem BWDA unterstehen die Wehrdiszplinaranwälte, welche als Einleitungsbehörden in gerichtlichen Disziplinarverfahren fungieren.

Die Verurteilung von Soldaten im gerichtlichen Disziplinarverfahren findet vor den Truppendienstgerichten statt.

Zwar sind die Wehrdisziplinaranwälte für die Vollstreckung gerichtlicher Disziplinarmaßnahmen zuständig (( 81 Abs. WDO), aber bei diesen gerichtlichen Disz. maßnahmen gibt es keinen Arrest oder sonstige Freiheitsentziehungen, sondern nur:

1. Kürzung der Dienstbezüge,
2. Beförderungsverbot,
3. Herabsetzung in der Besoldungsgruppe,
4. Dienstgradherabsetzung und
5. Entfernung aus dem Dienstverhältnis.

(§ 58 WDO). Es gab also gar keinen Grund, eine Standortarrestanstalt für Strafen zu schaffen, die von den Wehrdisziplinaranwälten zu vollstrecken waren, da es auf dieser Ebene einfach keine Freiheitsentziehungen gab.

Ich denke daher weiter, daß die Standortarrestanstalt München eine nichtaktive Einheit war.

Siehe auch
http://de.wikipedia.org/wiki/Bundeswehr ... inaranwalt
http://de.wikipedia.org/wiki/Wehrdiszip ... 3.9Fnahmen

und den Text der WDO
http://www.gesetze-im-internet.de/wdo_2 ... E006002310

marki99

Beitrag von marki99 » 30.06.2010 00:46

Hallo Freunde,
ich greife das Thema wieder auf, kennt jemand das Gelände am Mallertshofener Holz? Oder weiß jemand was da gemacht wird/wurde? Ich kenne das nur von den Badeausflügen beim Mallertshofener See, Gelände ist umzäunt und war bei meinem letzten Besuch im Jahre 2001/2002 noch bewacht. Oder wurde das bereits behandelt und ich habs nicht mitbekommen :oops: ?
viele Grüße
Mark

HW (†)
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Beitrag von HW (†) » 30.06.2010 10:04

Ja, gleich auf der 1. Seite der 2. Beitrag von Olli (14.01.2004 um 23:18 Uhr).
Ich denke, dass Du diese Liegenschaft meinst:

viewtopic.php?t=2671&postdays=0&postorder=asc&&start=0

Ehem. Standortmunitionsniederlage für München

marki99

Beitrag von marki99 » 30.06.2010 14:57

Danke HW, genau das wars, habs wohl irgendwie überlesen
viele Grüße
Mark

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