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von turul » 22.01.2020 11:26
1. Solche Betankungen von Flugzeugen durch U-Boote gab es bereits während der Besetzung Norwegens 1940. Sie dienten der Reichweitenerhöhung der eingesetzten Aufklärungsflugzeuge der Luftwaffe. Es war sicher nicht die Regel, aber über das Erprobungsstadium war man lange hinaus. Bei der Luftwaffe fehlte es permanent an Aufklärungsflugzeugen großer Reichweite.
2. Göring hatte irgendwann einmal verkündet: „Was fliegt gehört mir“ und hatte damit die Aufstellung eigenständiger Heeres- und Marineflieger verhindert, was dazu führte, das diese beiden Wehrmachtsteile nun ständig Bittsteller bei der Luftwaffe waren.
Gerade die Marine war aber auf möglichst raumdeckende und weiträumige Luftaufklärung angewiesen, da sonst die Chancen für U- und S-Boote feindliche Schiffe zu entdecken, aufgrund der geringen Sichtweiten von diesen Booten aus eher gering waren.
Genauso wäre die Luftraumüberwachung und ein ausreichender Jagdschutz auf den Zufahrtsrouten der Häfen für U-Boote, S-Boote und heimkehrende Blockadebrecher nötig gewesen, der aber nur höchst selten verfügbar war.
Die mögliche Unterstützung durch die Luftwaffe wurde im Laufe des Krieges immer geringer, so plante z.B. die Luftwaffe Ende 1943 den Bau von Seeflugzeugen, mit Ausnahme der Arado 196, weitgehend einzustellen. Auch weiträumige Aufklärung und Jagdschutz für die Hafeneinfahrten stand immer seltener zur Verfügung.
Dieses „Betteln“ der Marine bei der Luftwaffe lässt sich im KTB der SKL sehr gut nachvollziehen.
3. Kriegsmarine und Luftwaffe waren in Nordmeer und Kara-See schon recht aktiv. Die Einsätze hier richteten sich vor allem gegen die „Eismeergeleite“, die amerikanische Hilfslieferungen nach Murmansk und Archangelsk brachten.
Beispiele sind hier:
- das „Unternehmen Rösselsprung“ vom Juli 1942, bei dem deutscherseits schwere Überwasserkräfte, U-Boote und die Luftwaffe zum Einsatz kam. Der von Island kommende Konvoi PQ 17 löste sich angesichts der Bedrohung durch die deutschen Überwasserkräfte (u.a. TIRPITZ, drei Schwere Kreuzer und zahlreiche Zerstörer) auf und wurde dann durch U-Boote und die Luftwaffe weitgehend vernichtet, 24 von 35 Frachtern sanken. Zu einer direkten Konfrontation der deutschen Überwasserkräfte mit dem Konvoi kam es nicht.
- das „Unternehmen Wunderland“ im August 1942. Hier sollte der Schwere Kreuzer ADMIRAL SCHEER mit einigen Zerstören Geleitzüge angreifen , die aus den USA durch die Beringstraße über die nur im Sommer befahrbare Nordost-Passage nach Murmansk liefen. Besonders abgesehen hatte man es dabei auf die modernen russischen Eisbrecher, weil nur mit deren Hilfe eine sichere Passage durch das Eismeer möglich war. In diesem Zusammenhang ist auch die Betankung der BV 138 durch Flugzeuge zu sehen, die hier Thema ist. U-Boote wurden bei diesem Unternehmen auch zur Eisaufklärung eingesetzt, weil die Admiral Scheer nicht für Fahrten im Packeis gebaut war. Das Unternehmen Wunderland war allerdings ein Mißerfolg.
Literatur:
Neitzel, Sönke: Die Zusammenarbeit von Luftwaffe und Schnellboote im Westen 1940 – 1944, In: Militärgeschichte (NF) 4/95, S. 55 – 63.
Neitzel, Sönke: Der Einsatz der deutschen Luftwaffe über dem Atlantik und der Nordsee 1939 – 1945, Bonn 1995.
Rahn, Werner: Der Seekrieg im Atlantik und Nordmeer, In: MGFA (Hrsg.) Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd 6: Der globale Krieg. Die Ausweitung zum Weltkrieg und der Wechsel der Initiative. Stuttgart 1990, S. 275 - 425.
Grüße
Jörg