Munitionsverbrauch der Flak im Jahr 1940 für einen Abschuss (Beispiel)

Luftverteidigung durch Flak und andere Fliegerabwehr, Scheinwerferstellungen, Scheinanlagen und ähnliche Objekte
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niemandsland
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Munitionsverbrauch der Flak im Jahr 1940 für einen Abschuss (Beispiel)

Beitrag von niemandsland » 11.06.2018 09:25

Am 26.06.1940 gegen 02:55 Uhr wurde im Raum Peine ein Flugzeug unbekannter Bauart abgeschossen.

Die Munition, die für den Abschuss benötigt wurde, wurde wie folgt beziffert:

8,8cm: 421 Schuss
3,7cm: 380 Schuss
2,0cm: 1561 Schuss
M.G. : 5725 Schuss

Vielleicht für den einen oder anderen von Interesse. Da wir vor einigen Wochen mal die benötigte Munition im Raum Hamburg für einen Abschuss thematisiert hatten.

Gruß aus Hannover
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erlenmeier
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Munition für Flak

Beitrag von erlenmeier » 11.06.2018 11:00

Moin Guido,

In Pfahlmann:Fremdarbeiter und Kriegsgefangene in der deutschen Kriegswirtschaft, 1968 auf S. 230 gibt es eine Tabelle über die Munitionsherstellung im DR.

U.a. die Anzahl der Munitionseinheiten für die Flak und Bordwaffen (in Mio.).

1940: 56,4, 41: 79,0, 42: 132,0, 43: 198,0, 44: 264,4.


Diese Zahlen in Korrelation mit den von Dir genannten Schuss pro Abschuss zeigen u.U. auf, dass der Munitionsbedarf bis 1944 pro Abschuss noch gestiegen ist, da die Taktik der Engländer sich ja auch weiterentwickelt hatte.
Nur wer die Vergangenheit kennt, kann auch Gegenwart und Zukunft bewältigen.

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niemandsland
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Re: Munition für Flak

Beitrag von niemandsland » 11.06.2018 12:14

erlenmeier hat geschrieben:Diese Zahlen in Korrelation mit den von Dir genannten Schuss pro Abschuss zeigen u.U. auf, dass der Munitionsbedarf bis 1944 pro Abschuss noch gestiegen ist, da die Taktik der Engländer sich ja auch weiterentwickelt hatte.
Moin,

interessante Zahlen hast Du da ausgegraben. Aber Deine Schlussfolgerung teile ich nicht so ganz. ;-) Die Anzahl der Geschütze ist ja bis 1944 auch stätig und in einer steilen Kurve angestiegen. Daher ist Deine Aussage wohl nur zum Teil richtig.

Was man aber sicher sagen kann: es wurde schon eine ganze Menge Munition unterschiedlicher Kaliber aufgewendet, um mal einen Bomber vom Himmel zu holen.

Ich zitiere (da es irgendwie passt) noch mal aus dem Buch "Feuersturm über Hamburg" (Brunswig) S. 395f.

"Das LGK XI hat errechnet, dass in der Zeit vom 25.07. bis 03.08.1943 zur Bekämpfung des Unternehmens Gomorrha verschossen worden seien:

2,0cm: 67342 Schuss,
3,7cm: 3949 Schuss,
8,8cm: 169276 Schuss,
10,5cm: 73322 Schuss,
12,8cm: 9192 Schuss.
"

Und weiter heißt es dort:

"Im Jahre 1944 entfielen auf jeden Flugzeugabschuss mit Flakwaffen durchschnittlich

8,8cm 36/37: 16000,
8,8cm 41: 8500,
10,5cm: 6000,
12,8cm: 3000.

Die Abschusskosten [...] können auf rund 2,7 Millionen RM je Flugzeug geschätzt werden [...].
"

Leider habe ich keine "offiziellen" Zahlen, die das irgendwie belegen (könnten).

Zwar hoffe ich das ich bald mal an die Statistiken aus dem RuK dran komme, aber im Moment bleibt mir nur der Zugriff auf die Bücher.

Gruß aus Hannover
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Re: Munition für Flak

Beitrag von internett » 11.06.2018 19:52

niemandsland hat geschrieben: Die Abschusskosten [...] können auf rund 2,7 Millionen RM je Flugzeug geschätzt werden [...].[/i][/b]"
Da es mich interessiert hat, ob sich das finanziell gelohnt hat...Naja würde sagen wird knapp. Habe die Zahlen aber nur schnell in Google eingetippt, nicht unbedingt geprüft.

Wikipedia gibt für eine B17 Flying Fortress in USD 238,329 in 1945 an.

Reichsmark würde man entweder mit Faktor 2,5:1 (was wohl 1940 sowas wie der offizielle Wechselkurs war) oder 10:1 (was der Rate der Allierten nach dem Krieg entsprochen hat) konvertieren.

Also um ein Flugzeug abzuschießen wurden 2,7 Mio Reichsmark benötigt, was zwischen 270.000 bis 1.080.000 USD entspricht. Ausbildung Besatzung und geladene Munition kommt natürlich obendrauf.

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Beitrag von Schneider-Huetter » 11.06.2018 20:18

In "Das große Buch der Flak" von Manfred Griehl finden sich Zahlen, die mich sprachlos zurückgelassen haben...

Hier das Zitat:
Ende 1941 trug Generalleutnant Otto Wilhelm von Renz, der damalige Kommandeur der 1. Flak-Division, dem Heereswaffenamt (HWA) vor, dass sowohl der Munitionsverbrauch pro zu erreichendem Abschuss unverhältnismäßig hoch wäre und man mit einer ständigen Leistungssteigerung bei den Flugzeugen rechnen müsste.

Pro Abschuss rechnete man immerhin:

- 16.000 Schuss durch die Flak 36 (8,8 cm)
- 8.000 Schuss durch die Flak 41 (8,8 cm)
- 6.000 Schuss durch die Flak 39 (10,5 cm)
- 3.000 Schuss durch die Flak 40 (12,8 cm)
:shocked: :shocked: :shocked:

Man muss aber vermutlich berücksichtigen, dass hier für die Entwicklung von Flugabwehrraketen "geworben" wurde :holy:

Oder handelt es sich um einen Fehler im Buch? Hat evtl. jemand Zugiff auf entsprechende Primärquellen?

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Beitrag von flugschüler » 11.06.2018 21:28

Hallo,
Aus
Oberkommando der Luftwaffe
der Chef der Technischen Luftrüstung
Berlin den 25.10.44
Vortrag über Leistungssteigerung der schweren Flak
auf Seite 6
Als Ausgangspunkt ist die für die 8,8 cm Flak 18 bekannte Erfahrungszahl von 2000 Schuß je Abschuss angenommen. Sie gilt für Tagesgroßangriffe in großen Höhen.Das Bild 7 zeigt die bei den anderen Kalibern unter den gleichen Kampfbedingungen zu erwartenden Schußzahlen je Abschuß.
Leider ist das Bild 7 in der Akte nicht enthalten.
Interessant ist für mich die Betonung auf Tagesgroßangriffen, welche ja womöglich die größte Trefferquote erzielte.
Die Zahlen (von Griehl) verstehe ich aber so, wenn man für den Abschüss eines Flugzeuges 16000 Schuß der 8,8/36 benötigte waren es bei der 8,8/41 noch 8000 Schuß, bei der 10.5/39 noch 6000 Schuß und bei der 12,8/40 3000 Schuß
Gruß Uwe

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Schneider-Huetter
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Beitrag von Schneider-Huetter » 11.06.2018 22:17

Vielen Dank für die Vergleichszahl!

2000 Schuss/Abschuss klingt für mich schon realistischer wenngleich immer noch erschreckend bzgl. der Quote (und das am Tage).

Du meinst also, die Zahlen von Griehl sind nur relativ zu sehen? Dann fände ich die Darstellung/Formulierung aber sehr unglücklich!

Sehr interessant finde ich, dass im Vietnamkrieg seitens der Vietnamesen wohl recht gute Abschussquoten mit konventionellen Flakgeschützen erzielt werden konnten (ich muss noch mal die Quellen raussuchen).

Ein Knackpunkt wird vermutlich die verbesserte Radartechnik und Feuerleitung gewesen sein.

Wie man folgendem Spiegel-Artikel entnehmen kann, scheint auch gerade die Kombination aus Raketen und Rohrwaffen gravierend zur Effektivitätssteigerung beigetragen zu haben:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46415551.html

P.S. Was würde ich mich freuen, einen derart fundierten Arikel in einem aktuellen Spiegel wiederzufinden...

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Beitrag von pigasus » 11.06.2018 22:22

Bei der betriebs- oder volkswirtschaftlichen Bewertung muss man aber auch die (verhinderten) Schäden am Boden einbeziehen, die der Angreifer bei diesem oder folgenden Angriffen angerichtet hätte.

Christoph
Es gibt 10 Arten Menschen: solche, die binär denken, und solche, die das nicht tun.

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Beitrag von dermike » 11.06.2018 23:41

pigasus hat geschrieben:Bei der betriebs- oder volkswirtschaftlichen Bewertung muss man aber auch die (verhinderten) Schäden am Boden einbeziehen, die der Angreifer bei diesem oder folgenden Angriffen angerichtet hätte.

Christoph

hallo zusammen,
da stellt sich mir die Frage, ob die meisten Flugzeuge vor- oder während- oder nach dem Angriff abgeschossen wurden.

gruß

dermike

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Beitrag von niemandsland » 11.06.2018 23:58

Moin,

eine interessante Diskussion die sich hier entwickelt.

Wenn ich mir überlege, das bei 500, 1000 anfliegenden Bombern meistens nur eine 1-stellige Abschussquote (mit sehr wenigen Ausnahmen) erzielt wurde, war der Einsatz der Flakartillerie zur damaligen Zeit - meiner Meinung nach - nicht sonderlich effektiv.

Hatte die Flakartillerie vielleicht mehr einen psychologischen Nutzen?

Von wegen Durchhaltewillen der Bevölkerung mit dem "Glauben an den Endsieg" stärken?

Ein Gedanke den ich seit längerer Zeit habe, gerade gestärkt durch die Gespräche mit den ehemaligen Luftwaffenhelfern. Die dann Stolz nach Hause kamen und berichteten, das Sie die Stadt X verteidigt haben und so.

Ich lasse das jetzt mal so stehen... auch wenn es vielleicht etwas provokativ daher kommt. ;-)

Dazu: mir hat ein alter Flaksoldat erzählt, es habe in den 1960ern von einer offiziellen Stelle mal eine Untersuchung zum Thema "Flak" gegeben. Ich suche schon eine Weile danach, hab aber bisher nichts gefunden. Kann jemand weiterhelfen ?!

Gruß aus Hannover
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