Rotterdam - eine hölzerne Rolltreppe

Zivile und sonstige Bauten mit geschichtlichem Hintergrund und deutlichem Bezug zu den Fachthemen, die jedoch nicht eindeutig zuzuordnen sind
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Deichgraf (†)
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Rotterdam - eine hölzerne Rolltreppe

Beitrag von Deichgraf (†) » 10.05.2017 08:00

Moin,
von 1937 bis 1942 entstand in Rotterdam der Maastunnel, selbst die deutsche Besatzung hat den Bau nicht aufgehalten. Neben dem Straßentunnel gibt es einen kombinierten, zweigeschossigen Fahrrad- und Fußgängertunnel. Straßen- und Fußgänger-/Fahrradtunnel haben jeweils eigene Zugangsbauwerke.
Um nun von NN auf die Tunnelebene zu kommen, wurden Rolltreppen eingebaut. Rolltreppen aus Holz. Und die werden jetzt, nach 75 Arbeitsjahren, wohl verschwinden - am 03.07. schließt der Tunnel wegen einer umfangreichen Sanierung.
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Bis dann
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lars
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Beitrag von lars » 10.05.2017 09:21

Moin,
in Antwerpen gibts ein ähnliches Bauwerk, den https://de.wikipedia.org/wiki/Sint-Annatunnel, auch mit Holzrolltreppen,

Grüße Lars

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EricZ
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Beitrag von EricZ » 10.05.2017 13:20

Vergangenes Jahr um diese Zeit in Antwerpen gewesen und den Sint Annatunnel unter der Schelde durchquert.

Für mich war es ein "ungewöhnliches" Gefühl, zunächst die ungewöhnlich steile Holzrolltreppe hinunter in die Tiefe zu fahren und dann den fast 600m langen, schnurgeraden Tunnel unter der Schelde zu durchqueren, mit dem Hall qietschender Fahradbremsen der um die die Fußgänger im Ohr...
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And I'm hovering like a fly, waiting for the windshield on the freeway...

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Henning
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Beitrag von Henning » 19.05.2017 00:58

Bei aller Freude am historisch-schönen Anblick dieser Holzrolltreppen sollte sich die Begeisterung für solche spätestens seit dem 18 November 1987 deutlich abgekühlt haben...

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FishBowl
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Beitrag von FishBowl » 19.05.2017 23:58

Moin,

eigentlich gilt Holz als schwer entflammbar.
Wenn ich mich recht entsinne, waren bei der Katastrophe in der Londoner U-Bahn (auf die Du wohl anspielst) mehrere weitere ungünstige Umstände im Spiel, wie z.B. größere Mengen an Staub und Zigarettenkippen im Innern der Rolltreppe, die vorher offenbar jahrzehntelang nicht beseitigt wurden, und uralte Kabel. Weiterhin fehlten dort wohl andere Fluchtwege.

Als Folge wurden einige Konsequenzen für solche Anlagen gezogen, auch in Deutschland.
Hier in Hamburg wurden seitdem zahlreiche unterirdische Stationen um Notausgänge erweitert, Deckenabhängungen entfernt oder umgestaltet, Barrieren gegen Verrauchung von Fluchtwegen errichtet usw.

Auch an metallischen Rolltreppen gibt es durchaus erhebliche mögliche Brandlasten, z.B. in Form von Gummi, Kabeln, Ölen, Staubansammlungen usw. Und im Extremfall brennt auch Aluminium, wäre dann kaum zu löschen.

Mindestens ist daher eine regelmäßige Wartung und Innenreinigung notwendig (und längst vorgeschrieben), unabhängig von der Bauart.

Grüße

Jürgen

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dolphiner
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Beitrag von dolphiner » 20.05.2017 00:54

Henning hat geschrieben:Bei aller Freude am historisch-schönen Anblick dieser Holzrolltreppen sollte sich die Begeisterung für solche spätestens seit dem 18 November 1987 deutlich abgekühlt haben...
Genau dieses Unglück hatte ich auch im Kopf als ich den Titel las.
So schön diese hölzerne Rolltreppe auch ist, sie ist brandgefährlich.
Wundert mich, dass sie jetzt erst verschwindet.

https://de.wikipedia.org/wiki/Brand_im_ ... t._Pancras

Marek
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Beitrag von Marek » 22.05.2017 00:01

FishBowl hat geschrieben:Wenn ich mich recht entsinne, waren bei der Katastrophe in der Londoner U-Bahn (auf die Du wohl anspielst) mehrere weitere ungünstige Umstände im Spiel, wie z.B. größere Mengen an Staub und Zigarettenkippen im Innern der Rolltreppe, die vorher offenbar jahrzehntelang nicht beseitigt wurden, und uralte Kabel. Weiterhin fehlten dort wohl andere Fluchtwege.
Das ist alles bedingt richtig, aber die Wikipedia ist in diesem Fall nur mäßig genau.
Die eigentliche Brandursache ist den Befunden nach ein weggeworfenes Streichholz. Diese hat die mit Staub verunreinigte, alte Schmiere in Brand setzte. Im Rahmen der Untersuchungen wurde noch etliche weitere, ältere Brandstellen gefunden, wo weggeworfene Streichhölzer die Holzkonstruktion in Brand gesetzt hatten. Diese Brände waren aber alle von selbst erloschen.

Die Anzahl der Toten ist primär durch zwei Faktoren so hoch. Zum einen, das die Evakuierung von Personal angeleitet wurde, welches mit dem Grundriss der Station nicht vertraut war und eben nicht den kürzesten Weg dafür genommen hat.

Der zweite Faktor ist gerade und besonders die Holzkonstruktion der Rolltreppe. Denn durch die Holzstufen der Treppe kommt es zu dem so genannten "Grabeneffekt", bei dem sich ein sehr ungewöhnlicher, flammenwerfer-artiger Flashover bildet. Dieser hat daraufhin praktisch schlagartig die Schalterhalle am oberen Ende der Rolltreppe in Brand gesetzt.
Leider war lag der Raum genau auf dem Weg, der für die Evakuierung der Station gewählt wurde...

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Henning
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Beitrag von Henning » 05.06.2017 22:31

Wer ein oder zwei Stunden Zeit hat (und der englischen Sprache mächtig ist), dem kann der offizielle Untersuchungsbericht (7 MB .pdf) nur empfohlen werden.

Tatsache ist wohl:
Eigentlich hätte auch diese hölzerne Rolltreppe sicher sein können, und eigentlich hätte man auch nach der Entdeckung des Feuers die Katastrophe noch mit den vorhandenen Mitteln verhindern können.

Also eine auf wirklich schlimme Weise überflüssige Entwicklung, die zu den Todesopfern geführt hat.

Es fehlte aber wohl an den notwendigen finanziellen Mitteln im Vorfeld und der notwendigen Disziplin bzw. Objektkunde bei Schadeneintritt.

In beiden Punkten dürften moderne Rolltreppen deutlich fehlertoleranter sein.

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Beitrag von EPmuc » 06.06.2017 00:19

dolphiner hat geschrieben:So schön diese hölzerne Rolltreppe auch ist, sie ist brandgefährlich...
Ein Problem, das auch moderne Fahrtreppen betrifft. Auch, wenn sie nicht aus Holz sind.
Die Kombination aus Fett, Öl und Staub in der Grube kann da schon mal etwas “hitzig“ reagieren.
Gruß, Eugen
Heute ist das Morgen vor dem Du dich gestern gefürchtet hast.

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Beitrag von McIndy » 07.06.2017 10:07

Henning hat geschrieben:Wer ein oder zwei Stunden Zeit hat (und der englischen Sprache mächtig ist), dem kann der offizielle Untersuchungsbericht (7 MB .pdf) nur empfohlen werden.

Tatsache ist wohl:
Eigentlich hätte auch diese hölzerne Rolltreppe sicher sein können, und eigentlich hätte man auch nach der Entdeckung des Feuers die Katastrophe noch mit den vorhandenen Mitteln verhindern können.
EPmuc hat geschrieben:Ein Problem, das auch moderne Fahrtreppen betrifft. Auch, wenn sie nicht aus Holz sind.
Die Kombination aus Fett, Öl und Staub in der Grube kann da schon mal etwas “hitzig“ reagieren.
Ja, der Bericht ist gut.
Wenn die Treppe sauber gehalten worden wäre, wäre es garnicht erst zu Brandausbruch gekommen. Auch die Konstruktion des Maschinenraumes war wohl nicht vorteilhaft, kein Zugang zu Brandherd.

Aber es geht aus dem Bericht auch hervor, das das Ausmaß der Katastrophe vor allem durch die Holz-Konstruktion der Treppe bedingt war.
Denn das Brennen der Stufen hat erst den besonderen Effect ausgelöst. Etwas was bei Rolltreppen aus Metall nicht passieren kann.

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