Offene Fragen zur Funkmessstellung „Mistkäfer“ in Erlau

Funkmess-, Funkpeil-, Funkleit- und Funkstörtechnik des 2. Weltkriegs
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Spooky
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Offene Fragen zur Funkmessstellung „Mistkäfer“ in Erlau

Beitrag von Spooky » 07.08.2015 09:43

Liebe Forum-Mitglieder...!

Es dürfte inzwischen bekannt sein, dass ich seit einiger Zeit zur Funkmessstellung „Mistkäfer“ in Erlau bei Mittweida (Freistaat Sachsen, Landkreis Mittelsachsen) recherchiere. Es handelte sich dabei um eine Stellung 2. Ordnung. Details zur damaligen Anlage sind hier auf der Homepage in der Luftnachrichten-Datenbank https://www.geschichtsspuren.de/index.p ... d=2&id=116 zu finden. Es sind noch einige abschließende offene Fragen, die ich mit eurer Unterstützung ergründen würde. Es wäre sehr hilfreich, wenn ihr dabei helfen könntet. Dafür schon einmal vielen Dank im Voraus.


(1) Laut den Symbolen, die auf dem Kartenausschnitt der Flugmeldeeinsatz- und Organisationsplanung (Stand 20.6.1944, siehe Luftnachrichten-Datenbank) zu sehen sind, sollen sich damals in Erlau zwei FuSE 65 Würzburg Riesen sowie eine FuSE Freya AN (laut http://www.atlantikwall.info war es eine FuSE 80 Freya AN) befunden haben. In der Luftnachrichten-Datenbank ist auch die Rede von einer Freya AN mit Kuh. Leider kann ich bislang mit der Bezeichnung „Kuh“ nichts anfangen. Was bedeutet „Kuh“ und finde ich dazu irgendwo im Internet Fotos?

(2) Konnte allein mit diesen drei technischen Geräten eine Tag- und Nachtjagd durchgeführt werden, die es erlaubte, feindliche Flieger zu orten und deren Position an die Jäger der Luftwaffe weiterzuleiten? Oder ist zwangsläufig davon auszugehen, dass weitere Radarantennen dort installiert waren, die unter anderem Kontakt zu einer Jägerleitstellung herstellten. Eine Jägerleitstellung der 1. Jagddivision hatte sich beispielsweise etwa 40 Kilometer von Erlau entfernt von 1943 bis 1945 unter dem Decknamen „Mandarine“ in Dittmannsdorf (bei Freiberg) befunden.

(3) Gibt es detaillierte Angaben, wie Funkmessstellungen 2. Ordnung ausschauten (Gebäude), wie sie personell besetzt waren und wer dort welche Dienste inne hatte?


Für weiterführende Informationen danke ich euch recht herzlich.
Gruß, Ralf

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Beitrag von zulufox » 07.08.2015 10:12

Hallo Ralf,

wenn man neu an eine bislang unbekannte Materie herangeht, dann empfiehlt es sich zum besseren Verständnis auch einmal sogenannte Grundlagenliteratur zu lesen:

Die organisatorischen Fragen einschließlich der Unterscheidung zwischen Flugmelde- und Messstellungen sowie Jägerleitstellungen (zwei Paar Schuhe ;)) werden hier

Hoffmann, Karl Otto;
Ln – Die Geschichte der Luftnachrichtentruppe Band II: Der Weltkrieg Teil 1: Der Flugmelde- und Jägerleitdienst 1939 - 1945
Kurt Vowinckel Verlag Neckargemünd; 1968

gut dargestellt.

Antworten auf Fragen zur Technik der einzelnen Funkmess- und Funk-Führungsgeräte sind in den nachfolgenden beiden Werken zu finden:

Trenkle, Fritz
Die deutschen Funkmeßverfahren bis 1945
Motorbuchverlag, Stuttgart, 1. Auflage 1979; ISBN: 3- 87943 – 668 – 1

Trenkle, Fritz
Die deutschen Funk-Navigations- und Funk-Führungsverfahren bis 1945
Motorbuchverlag, Stuttgart, 1. Auflage 1979; ISBN: 3 – 87943 – 615 – 0

Diese Bände können entweder antiquarisch erworben oder auch über Fernleihe ausgeliehen werden.

MfG
Zf :holy:
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"Nichts ist leichter als Selbstbetrug, denn was ein Mensch wahrhaben möchte, hält er auch für wahr."

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Beitrag von SES (†) » 07.08.2015 20:16

Hi Ralf,
In addition it may be worth your while to visit:
http://www.gyges.dk/
mfg
SES

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ChrisMAg2
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Re: Offene Fragen zur Funkmessstellung „Mistkäfer“ in Erlau

Beitrag von ChrisMAg2 » 08.08.2015 04:16

Spooky hat geschrieben:...
(1) Laut den Symbolen, die auf dem Kartenausschnitt der Flugmeldeeinsatz- und Organisationsplanung (Stand 20.6.1944, siehe Luftnachrichten-Datenbank) zu sehen sind, sollen sich damals in Erlau zwei FuSE 65 Würzburg Riesen sowie eine FuSE Freya AN (laut http://www.atlantikwall.info war es eine FuSE 80 Freya AN) befunden haben. In der Luftnachrichten-Datenbank ist auch die Rede von einer Freya AN mit Kuh. Leider kann ich bislang mit der Bezeichnung „Kuh“ nichts anfangen. Was bedeutet „Kuh“ und finde ich dazu irgendwo im Internet Fotos?

(2) Konnte allein mit diesen drei technischen Geräten eine Tag- und Nachtjagd durchgeführt werden, die es erlaubte, feindliche Flieger zu orten und deren Position an die Jäger der Luftwaffe weiterzuleiten? Oder ist zwangsläufig davon auszugehen, dass weitere Radarantennen dort installiert waren, die unter anderem Kontakt zu einer Jägerleitstellung herstellten. Eine Jägerleitstellung der 1. Jagddivision hatte sich beispielsweise etwa 40 Kilometer von Erlau entfernt von 1943 bis 1945 unter dem Decknamen „Mandarine“ in Dittmannsdorf (bei Freiberg) befunden.
...
Ohne, das Ich meinen Vorrednern etwas absprechen möchte:

Zu 1.)
"Kuh - Gemse" (aka Q-Gerät, "EGON") ist ein Freund-Feind Erkennungssystem.
... Part of this system were the Kuh and Gemse systems. Both were IFF (Identification Friend or Foe) systems. Simply put the Kuh system was the sender, while the Gemse system was the receiver of the IFF signal.
Zitat aus: http://users.telenet.be/Atlantikwall-15 ... etekst.htm

Dazu kurz in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Egon_%28Radar%29
Zu Freya AN:
https://de.wikipedia.org/wiki/Freya_%28Radar%29


Zu 2.)
Theoretisch, ja!
...Typically, the Würzburg Riese would operate jointly with a Freya radar, balancing out each other's weaknesses. As mentioned above, the Freya was able to pick up targets from far out but needed the Würzburg Riese for exact measurements of location, course and height. Inversely, the Würzburg Riese required the Freya not only for distance, but also when faced with rapidly-moving targets....
Zitat aus: http://users.telenet.be/Atlantikwall-15 ... etekst.htm

Aber, es kommt auch auf das jeweilige Tag-/Nachtjagdverfahren und die jeweilige Stellung mit der ihr eigenen Gerätezusammenstellung an.
Zur Terminologie der verschiedenen Nachtjagdverfahren gibt es hier etwas:
http://www.luftwaffe-research-group.org ... ology.860/

Kontakt mit anderen Einrichtungen wurde mit dezidierten Funkgeräten und oder mit drahtverbundenen Kommunikationsgeräten (Telefon, Fernschreiber etc.) bewerkstelligt. Dafür waren selbstverständlich Geräte und Einrichtungen vorhanden. Aber dafür (Kommunikation) gab es keine RADAR- oder Funkmeßgeräte, dafür waren sie (die Radargeräte) nicht gemacht.
Gruß
Christian M. Aguilar

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Beitrag von Spooky » 15.08.2015 10:31

...herzlichen Dank / many thanks.

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Beitrag von Spooky » 17.02.2016 21:02

Guten Tag alle zusammen...!

Ich recherchiere nach wie vor zur Funkmess-Stellung „Mistkäfer“, die sich ab 1943 bis Kriegsende in Erlau bei Mittweida (Freistaat Sachsen) befunden hat. Ich kam bislang bei meinen Recherchen kaum weiter. Es existieren keine Unterlagen, keine Fotos und eine Anfrage in der Öffentlichkeit ergab auch keine Hinweise. Ich möchte deshalb die Gelegenheit nutzen, um noch einmal ein paar allgemeine Fragen zu stellen:


(1) Wie viele Funkmess-Stellungen hatte es nachweislich oder geschätzt zum Ende des Zweites Weltkrieges im Dritten Reich gegeben?

(2) Im Bundesarchiv gibt es Kartenmaterial (ich besitze es nicht, sondern habe es nur hier im Forum gesehen), auf dem die Funkmess-Stellungen zu sehen sind. Um jede Stellung ist ein Kreis eingezeichnet, der vermutlich den Radius der regionalen Luftraumüberwachung kenntlich macht. Wie groß (Kilometer) war in der Regel der Luftraumüberwachungsradius einer Stellung?

(3) Ich höre häufig, dass Stellungen gegen Ende des Zweiten Weltkrieges vom „eigenen Personal“ gesprengt worden. Trifft das auf einen Großteil der Einrichtungen zu? Welche Erfahrungen gibt es hier im Bereich der Nachforschungen?

(4) Ich bin nach wie vor auf der Suche nach Luftbildaufnahmen, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs (1942 bis 1945) angefertigt wurden. Obwohl möglicherweise schon mehrmals gefragt... aber gibt es Quellen, wo man kostenlos an dieses Material kommt. Verfügt zufällig jemand aus dem besagten Gebiet über Bildmaterial oder kennt jemanden, der mir damit dienen könnte? Sicherlich nicht, aber fragen „kostet“ ja nichts ,-)

Über sachdienliche Hinweise bedanke ich mich wie immer bereits im Voraus.

Freundliche Grüße

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Beitrag von Leif » 17.02.2016 21:19

Hallo.

Ich würde Dir den gut gemeinten Tipp geben, dass Du Dir per Fernleihe die drei Bände von K.O. Hoffmann ausleihst. Am wichtigsten ist Band 2/1. Da findest Du viele Fragen beantwortet.

Bei Luftbildern können auch Nachkriegsbilder helfen. Oftmals wurden die Baracken weiter genutzt und auch gesprengte Reste nicht sofort beseitigt. Wenn Du wirklich gute Luftbilder aus der Kriegszeit haben möchtest, so würde ich bei der Luftbilddatenbank Carls in Würzburg das Geld investieren.

Viele Grüße
Leif

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Beitrag von niemandsland » 17.02.2016 23:47

Spooky hat geschrieben: (4) Ich bin nach wie vor auf der Suche nach Luftbildaufnahmen, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs (1942 bis 1945) angefertigt wurden. Obwohl möglicherweise schon mehrmals gefragt... aber gibt es Quellen, wo man kostenlos an dieses Material kommt. Verfügt zufällig jemand aus dem besagten Gebiet über Bildmaterial oder kennt jemanden, der mir damit dienen könnte? Sicherlich nicht, aber fragen „kostet“ ja nichts ,-)

Über sachdienliche Hinweise bedanke ich mich wie immer bereits im Voraus.
Moin,

ich würde Dir zu einer Bestellung bei NCAP raten. Gib einen Recherche-Auftrag in Auftrag (steht alles auf der Seite beschrieben) und warte etwa 7, 14 Tage auf das Ergebnis. Die Kosten halten sich meistens im Rahmen. Alternativ (wie hier auch schon mehrfach empfohlen wurde) bestell bei der Luftbilddatenbank Dr. Carls..
Lange Zeit war mein Weg -> Rechercheauftrag bei NCAP -> Bildbestellung bei Dr. Carls. Warum? Weil ich bei NCAP eine Übersicht mit Bildern erhalten und entsprechende Bilder dann gezielt bestellen kann.
Das sind die Optionen, die gezielt und professionell zum Ergebnis führen.
Alternativ würde ich mal in den umliegenden Archiven nachfragen, ob die Bildmaterial haben. Kostenlos kannst Du in der Regel vergessen. Rechte zur Nutzung gibt es nun einmal in der Regel nicht wirklich gratis. Viel Erfolg bei der Suche und Recherche.

Gruß aus Hannover
Guido Janthor

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Beitrag von zulufox » 18.02.2016 11:23

Leif hat geschrieben:Hallo.

Bei Luftbildern können auch Nachkriegsbilder helfen. Oftmals wurden die Baracken weiter genutzt und auch gesprengte Reste nicht sofort beseitigt. Wenn Du wirklich gute Luftbilder aus der Kriegszeit haben möchtest, so würde ich bei der Luftbilddatenbank Carls in Würzburg das Geld investieren.

Viele Grüße
Leif
Hallo,

eine Ergänzung zum Tipp von Leif: Die Luftbilddatenbank hat auch die Aufnahmen aus der Befliegung der DDR im Jahr 1953 in einer hervorragenden Auflösung.

MfG
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Beitrag von Spooky » 18.02.2016 16:57

Zuerst einmal vielen Dank für die Antworten, die sich mehr oder minder auf die Luftaufnahmen beziehen.

Die Seite www.ncap.org.uk ist mir nicht ganz unbekannt. Ich hatte mich auch schon auf die Homepage „verirrt“. Allerdings... wenn ich dort auf „Browse NCAP“ klicke und auf die Seite http://ncap.org.uk/ gelange, kann ich bei MITTWEIDA keine Fotos sehen. Das sagt mir, dass keinerlei Bilder aus der dortigen Region verfügbar sind. Das ist schade. Da stellt sich die Frage, ob die Luftbilddatenbank etwas findet. Ich müsste bei einer Rechercheanfrage bereits im Voraus zahlen (100 Euro???), ohne zu wissen, ob etwas gefunden wird und ob die Stellung darauf gut zu erkennen ist.

Die Bände von K.O. Hoffmann hatte ich mir übrigens auch schon ausgeliehen und die mir dienenden Informationen darauf kopiert. Dennoch gab es die eine oder andere offene Frage (siehe oben), die ich entweder nicht fand oder überlesen hatte.

Freundliche Grüße

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