WürzburgGeräte für die Flak - und deren Probleme

Funkmess-, Funkpeil-, Funkleit- und Funkstörtechnik des 2. Weltkriegs
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Beitrag von Xpro » 17.02.2017 22:15

Hallo, ich hole mal das Thema "Würzburg-Riese" zurück: Hier war nirgends die Rede davon, dass das Gerät seit dem 27.02.1942 aufgeklärt war - durch eine englische Fallschirmjäger-Aktion. Man hatte dabei die Würzburg-Besatzung überwältigt und dann die massgeblichen HF-Teile ausgebaut und nach England zurückgebracht.
Quelle: Piekalkiewicz:Spione, Agenten, Soldaten; Bechtermünz-Verlag 1998

Die Auswertung ergab: Das Gerät sendete im gut störbaren Bereich 50-60cm, der - besonders wichtig! - NICHT VERÄNDERT werden konnte! Dafür wurden "Düppel" hergestellt (Folien 1/2 Lambda), und erstmals mit furchtbarer Wirkung am 24./25.Juli 1943 im Angriff auf Hamburg eingesetzt. Seitdem war der WR nur eingeschränkt nutzbar, weil immer wieder Düppel abgeworfen wurden, wie ich selbst noch erlebt habe (als 6-jähriger).

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Beitrag von Xpro » 20.02.2017 20:53

Noch zur Ergänzung:
In den letzten Kriegsmonaten hatte man eine Vorrichtung entwickelt, womit die störenden "Düppel" ausgeblendet werden konnten - mit Hilfe des Dopplereffekts: Die in der Luft schwebenden Düppel lieferten natürlich ein anderes Echo als ein schnellfliegendes Flugzeug. Das Würzburg und andere Radargeräte konnten so nicht mehr gestört werden.

Allerdings, wie so vieles, kamen die Vorrichtungen zu spät, m.W. wurden nicht viele Radargeräte nachgerüstet, Produktion und Einbau kamen nicht nach.

Wie vorerwähnt, habe ich das Abwerfen von "Lametta" selbst erlebt, und das bis in den Winter 1944/45. Mithin war "unser" Radar wohl nicht nachgerüstet worden.

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Beitrag von Cremer » 21.02.2017 08:25

Thema ist hier falsch eingestellt. Hier werden noch existierende Funkmess eingestellt.

Ich denke aber mal, dass man zeitlich früher schon Gegenmittel gegen die Düppel hatte. Kann jetzt aber leider in meinen Büchern und Unterlagen nicht nachschauen, da wir noch 2 Monate im Urlaub auf den Philippinen sind.
MfG Euer Fernmelder
Erich Fellgiebel 1935:Nachrichtentruppen sind kostbare, schwer zu ersetzende Mittel der Führung.

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Beitrag von nordfriese » 21.02.2017 09:27

Moin!

Nix für ungut, aber wenn wir dann schon am Meckern sind... ;)
Xpro hat geschrieben:Hallo, ich hole mal das Thema "Würzburg-Riese" zurück
:?: :?: :?:
Xpro hat geschrieben:Quelle: Piekalkiewicz:Spione, Agenten, Soldaten; Bechtermünz-Verlag 1998
Ich kenne das Buch zwar nicht, aber Würzburg-Riese ist definitiv falsch!
Im Februar '42 stand in Bruneval/Cap d'Antifer noch kein Würzburg-Riese!

Bei der "Operation Biting" erbeuteten die Alliierten Teile eines "kleinen" Würzburg.

Gruss aus NF!
Rolf
"Whatever you do, don't mention the war." (Basil Fawlty)

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Beitrag von Xpro » 21.02.2017 16:57

Stimmt, nordfriese!
Habe mir den Bericht im Buch nochmal genau angesehen - es war ein kleines Würzburg-Gerät.
Gleichwohl profitierten die Engländer von der Aktion, denn die Gerätefrequenz blieb gleich.

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Beitrag von Cremer » 22.02.2017 08:43

Hallo Xpro,
da ich noch bis Ende April in Urlaub (Philippinen) bin, kann ich nicht auf meine Bücher zugreifen. Es gibt da eins in Englisch worin der Autor beschreibt wie der Überfall komplett detailiert erfogte, da dieser dabei war und den Funkfachmann begleitete.Richtig es war ein Würzburg.
MfG Euer Fernmelder
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Beitrag von Xpro » 22.02.2017 21:21

Nochmal zur "Operation Biting":
Ich habe den Eindruck, dass in historischen Berichten die Bedeutung dieser Aktion - obwohl immer erwähnt - nicht erkannt wird. Denn es ging nicht nur um ein einmaliges Ereignis: über 4000 Würzburg-Geräte verschiedener Versionen waren im 2.WK eingesetzt, und ALLE arbeiteten mit der gleichen Frequnz 560MHz (= 53,6 cm Welle). Das hatten die englischen Experten anhand der HF-Teile aus Bruneval erkannt UND darüberhinaus, dass diese Frequenz aus konstruktiven Gründen nicht veränderbar war. Da bot sich die Herstellung von "Windows"-Störfolien (="Düppel") an, mit 1/2 Lambda; erstmals mit furchtbarer Wirkung in Hamburg eingesetzt (24./25.Juli 1943) - die Luftabwehr war praktisch blind.

Natürlich entwickelte man Geräte zur Neutralisierung der Folien, zunächst das "Würzlaus", was aber mit der dreifachen Windows-Menge überwindbar war. Erst mit dem "K-Laus" - Gerät hatte man es in den letzten Kriegsmonaten geschafft, damit fertig zu werden - es wurde nun die 20fache Windows-Menge benötigt.

ABER: wieviele Würzburg-Geräte wurden wohl nachgerüstet? Angenommen, die Entwicklung der Würzlaus wurde nach Hamburg forciert und Prototypen bis Herbst/Ende 1943 fertig, dann die Serie im Laufe 1944 womöglich erst ab Frühjahr 1944 geliefert, und dann tausende (!) Würzburg nachgerüstet, mit welchen Fachpersonal? Und ab wann wohl könnten K-Laus-Geräte in grösseren Stückzahlen geliefert worden sein? Ende 1944?

Also, ich habe es noch selbst erlebt, wie ab Mai 1944 die Bomberflotten "Windows" in Mengen abwarfen, um die nahe Radar/Scheinwerferstation zu stören; einige Male fand ich diese "Lametta" sogar in unserem Garten. Das ging bis in den Winter 1944/45 so. Die Bomber würden wohl kaum noch Windows abgeworfen haben, wenn deren Führung mit Würzlaus/K-Laus-Geräten rechnen musste.

Ich will damit sagen, dass es - wie auf vielen Gebieten im 2.WK - sehr wohl gute Geräteentwicklungen gab, diese aber ab ca. 1943 (manche ab 1944) überhastet serienfertig gestellt und dann unter erschwerten Material-und Personalproblemen produziert wurden.

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Beitrag von Cremer » 23.02.2017 02:59

Hallo Xpro,

Man hatte die Möglichkeit der Frequenzänderungen eingebaut.

Aber schon gelesen:
- Deckname Würzburg von Arthur O. Bauer, Verlag historischer Technikliteratur
- Operation Freya von Leasor, Verlag Hoffmann u. Campe 1975 Übersetzung aus dem Englischen, ist zu empfehlen, da der Autor damals bei Brunval dabei war.

auch interessant hierzu
- Die Weiterenfwicklung von Zusatzgeräten für Funkmessanlagen zur Erhöhung der Peilgenauigkeit und gegen feindliche Störversuche R L, Januar 1944
- Flugmeldedienst Heft 6, Würzburg Fibel I, Reichsdruckerei, September 1943
- Flugmeldedienst Heft 7, Würzburg Fibel II, Reichsdruckerei, September 1943
- Flugmeldedienst Heft 8, Freya- Fibel, Reichsdruckerei, Oktober 194e
- Flugmeldedienst Heft 9, Einsatzfibel für Funkmessgeräte, Luftnachrichtenschule Halle, März 1944

So mur mal schnell aus dem Urlaub😎
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Beitrag von zulufox » 23.02.2017 09:50

Hallo Xpro,

und so ganz nebenbei bemerkt:

Ende Juni 1945 führten insbesondere die Briten in Norddeutschland und Dänemark die "Übung"

Post Mortem (Nach dem Tode oder auch Leichenöffnung)

durch. Ziel war es, Erkenntnisse über die Wirksamkeit der deutschen Luftverteidigungsorganisation im Einsatz gegen angreifende feindliche Bomber zu gewinnen.

Das Ergebnis der mehrtägigen Untersuchungen bei insgesmat 12 unterschiedlichen Szenarien war in Teilen für die Briten aus ihrer Sicht enttäuschend.

MfG
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Demosthenes (384 - 322 v. Chr. Athen)
"Nichts ist leichter als Selbstbetrug, denn was ein Mensch wahrhaben möchte, hält er auch für wahr."

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Beitrag von Xpro » 23.02.2017 20:51

@cremer:
Danke für den Tip:
Deckname Würzburg von Arthur O. Bauer
Werde mir das mal besorgen.
Man hatte die Möglichkeit der Frequenzänderungen eingebaut.
Ja schon, aber die wurde nicht realisiert, war wohl zu aufwendig. Und vor allem musste die Elektronik umgerüstet bzw. ausgetauscht werden.
ALLE >4000 Würzburggeräte blieben m.W. bei 53,6 cm Wellenlänge.


@zulufox

"Post mortem" war sicher interessant:
Das Ergebnis der mehrtägigen Untersuchungen bei insgesamt 12 unterschiedlichen Szenarien war in Teilen für die Briten aus ihrer Sicht enttäuschend.
Das ist überhaupt nicht überraschend, denn die dt. Luftabwehr hatte gute Geräte, Flak und Jäger, und war gut organisiert. Schwachpunkte waren nur das leicht zu störende Radar mit seiner festen Dezimeterfrequenz (s.o.), und mit zu späten Einsatz der Würzlaus-Geräte (s.o.). Und der sehr späte Einsatz von cm-Radar, z.B. "Berlin", nur 25 Stück noch produziert.

Aber man muss dabei beachten: ab Mai 1944 war die Luftüberlegenheit der Alliierten so groß, dass die beste Luftabwehr überfordert würde. Ich habe das noch gesehen (als 6-jähriger) von meinem Zimmer, am hellen Tag: Ein riesiger US-Bomberschwarm im Anflug auf die Hydrierwerke Espenhain und Böhlen (in 5 bzw 8 km Entfernung), angegriffen von Jägern des nahen Fluplatzes Polenz, die wenige Bomber abschossen (am Fallschirm erkennbar), die Jäger wurden dann selbst von Mustang-Jägern z.T. abgeschossen - und die Hunderte Bomber flogen weiter und vernichteten die Hydrierwerke. Das wiederholte sich so aller 3-4 Wochen, wenn die Hydrierwerke notdürftig repariert waren. Und so ging es allen Hydrierwerken, bis nur noch ab September ein Notbetrieb möglich war, und der Spritmangel immer schlimmer wurde.

Dieses Szenario sehe ich noch immer vor mir, und damals war sogar mir klar, dass das nicht mehr lange gutgehen konnte.
MfG

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