Borgward Amphibienfahrzeug

Verkehrsgeschichte - Straßen, Autobahnen und sonstige Straßenverkehrs-Bauwerke
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pkbremen

Borgward Amphibienfahrzeug

Beitrag von pkbremen » 08.09.2003 20:33

Hallo!

Ich habe einige Zeitzeugen aus der Abteilung "Sonderentwicklung" der Borgward Werke (Autohersteller 1923 bis 1961) interviewt, die mir einige Projekte beschrieben:

- Ungepanzerter "Panzer" aus Alu, der so schnell sein sollte, dass er nicht getroffen wird (tatsächlich von dem Chef der Abtlg. Übelacker konzipiert)

- 30 t-Panzer mit Kanone, die auf dem Ziel bleibt, egal wie der Panzer fährt (wurde angeblich später für den Leopard übernommen)



- Luftfederung für HS 30 (dazu düste Übelacker mit einem HS 30 durch das Werk, alle Werksangehörigen waren total durch den Krach genervt, zumal der Focke-Hubschrauber Fesselflüge absolvierte)

- Amphibienjeep

Vom letzten Projekt kann ich keine Fotos bekommen. Die Bundeswehr (wehrtechnische Studiensammlung in Koblenz mauert - angeblich noch geheim - und das noch nach 45 Jahren). Die Zeitzeugen können nur zeichnen und wiedersprechen sich laufend. Übelacker sammt HS 30 und Amphibienjeep wurden übrigens um 1958 in die Bundeswehrkaserne Schwanewede bei Bremen verbannt.

Kennt jemand ein Forum oder Internetquellen, die mir Aufschluss geben könnten? Oder gibt es sogar Fotos?
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Gast

Beitrag von Gast » 08.09.2003 22:33

hey peter,

interessante einblicke in die technik von damals die du dort auf deinen bildern zeigst...
30 t-Panzer mit Kanone, die auf dem Ziel bleibt, egal wie der Panzer fährt (wurde angeblich später für den Leopard übernommen)
gemeint ist hier wohl die Waffenstabilisierungsanlage, kurz WSA genannt...
die allerersten leopard 1 hatten diese wsa noch nicht, diese baulose wurden dann später in rahmen von kampfwertsteigerungen damit ausgerüstet.
eine wsa ist heute >state of the art< in jedem kampfpanzer, bei neueren generationen von schützenpanzern wird heute auch dort eine wsa eingebaut.
es wäre interessant zu erfahren in wie weit borgward dort welche entwicklungsarbeit geleistet hat.
ich hätte für die wsa ganz andere firmen als entwickler und produzenten gesehen.

zum hs30 muß ich wohl nix sagen...waren ja nachher noch ganz nette hartziele...

ungepanzerter panzer... es gab in den 60er und 70er jahre auf diesem sektor einige interessante überlegungen. ich kann mir aber nicht so recht vorstellen ob dieser ungepanzerte panzer wirklich aus reinen konzeptstudien hinaus gekommen ist.

kannst du noch nähere angaben zum dem panzerschnittbild mit der scheitellaffete machen?
und gleiches auch zum foto zum panzerturm (hier kann es sich eigentlich auch nur um ein funktionsmodel handeln... vermutlich in verbindung zur wsa?!)...ein "richtiger" panzertturm würde etwas anders aussehen.

zum amphibienjeep...kanntest du diesen link:

http://www.schwimmauto.de/

ich habe da leider nichts von borgward direkt gefunden.... es gab aber in dieser zeit einiges an entwicklungen (trippel zb, aber auch den sogenannten europa-jeep, vielleicht "versteckt" sich borgward ja hinter solch einer geschichte...)
gruß

holger

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Beitrag von Eisenbahnfreund » 08.09.2003 22:59

dwarslöper hat geschrieben:gemeint ist hier wohl die Waffenstabilisierungsanlage, kurz WSA genannt...holger
Wenn ich berichtigen darf, dann heißt es WNA Waffennachführanlage, die heute zur Stab-Elo (Leo2 A5, A6) umgebaut wird.
MfG
der Eisenbahnfreund

pkbremen

Beitrag von pkbremen » 08.09.2003 23:12

Hallo Holger!

Vielen Dank für die Tipps. Mit René Pohl (der Link) stehe ich im Austausch. René weiß dazu auch nichts.

Übelacker war Ing. bei Tatra und man würde ihn heute als "Spinner" bezeichnen. Nicht in dem herkömmlichen Sinn, als Phantasten, sondern als "Kreativer", als "Ideengeber". Carl F.W. Borgward hatte sich davon zwei Leute geleistet (Übelacker und einen Designer). Geleistet heißt, dass die Vermutung nahe liegt, dass er diese beiden Kreativen über die Mittel des Verteidigungsministeriums abrechnete.

Eine kleine Anekdote wirft ein bezeichnendes Licht auf Übelacker:
Ein Ing. sagte: Herr Übelacker, wenn Sie nicht an Gott glauben, dann kommen sie nicht in den Himmel." Antwort: "Ist mir völlig egal. Ich glaube an Wotan und spreng´ mich sowieso in die Luft!"

Zur WSA:
Die Zeitzeugen (alle) behaupten, dass diese WSA weiterentwickelt in den Leopard einfloss.

Zum Panzerbild:
Übelackers Idee war, dass der Panzer auf Gummirädern lange Strecken zurücklegt und dass im Einsatzgebiet die Ketten durch die Besatzung aufgezogen werden. Der Panzer war ein Vorschlag zur Ausschreibung für den 30 t Panzer, den m.W. Krauss-Maffay mit dem Leo 1 für sich entschied.
Beachtenswert die Motorenanordnung. Sie ist nämlich nicht gerade, sondern schief. Das gibt richtig Probleme bei der Einleitung der Kraft. Übelacker hatte nämlich nicht einen, sondern mehrere Motoren vorgesehen. Das beruhte auf dem Baukastenprinzip: Ein Motor für den Jeep, zwei Motoren für den LKW, drei und vier Motoren (natürlich alle gleich) für div. Panzer.

Über den HS 30 bei Borgward sind außer ein paar technische Skizzen für die Luftfederung nichts bekannt.

Der angedachte Alu-"Panzer" ist vermutlich über einige Ideenskizzen nicht hinausgekommen.

Borgward warb in den 50er Jahren damit, dass während des Krieges 3- und 8-to Halbketten gebaut worden sind. Dazu kamen die Kleinpanzer Goliath und BV4 etc. (Kann sein, dass ich die Abkürzungen ohne Blick ins Archiv falsch zitiere). So wollte man damals BW -Aufträge bekommen. Die Bundeswehr verzichtete auf weitere Rüstungslieferungen (LKW 0,75 t gl etc.) , weil Borgward in der Krise 1961 mit seiner schwachen Finanzdecke keine Ersatzteillieferungen gewähren konnte.

Andreas
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Borgward

Beitrag von Andreas » 08.09.2003 23:36

Hallo,
guckt mal in den Anweiler/Blank, Die Rad und Kettenfahrzeuge der Bw von 1956 bis heute...( sprich nach 1990)...

Zitat:" Goliath, Teil der Borgwardgruppe, hatte einen ersten Prototyp mit wassergekühltem 2 Zyl.-2-Takt_Einspritzmotor entwickelt, der aber ungenügende Leistung erbrachte. Erst 1957...........kam in weitere 80 Fz ein 4 Zyl-4-Takt-Boxermotor zum Einbau. Leider zu spät, denn zu diesem Zeitpunkt war die Entscheidung zugunsten Autounion/DKW schon gefallen"

Also war Borgward hier schon 1957 aus dem Rennen.

Zum Amphibienjeep:
MBB erhielt erst 1969 einen Auftrag vom BWB, ein solches Fahrzeig zu konstruieren. Es wurde 1971 bis 74 bei der ErpSt 41 getestet und nicht eingeführt. Koblenz kann eigentlich nur Daten über so ein Fz vorliegen haben.


Gruss,
Andreas

pkbremen

Beitrag von pkbremen » 08.09.2003 23:52

Hallo Andreas!

Vielen Dank für den Tipp. Die Quelle war mir bisher unbekannt. Irgendwie werde ich sie mir beschaffen.

Zum Goliath Jeep: Damals traten Porsche, DKW und Goliath (Borgward-Gruppe) an. Der später als Munga bezeichnete DKW hatte eine frappierende Ähnlichkeit mit dem Goliath (oder andersrum). Warum das so ist, wird von den Zeitzeugen durch die Nato-Vorgaben erklärt. Der Goliath-Konstrukteur erklärte mir genau, weshalb der Goliath die Ausschreibung nicht gewonnen hat.

1. DKW - Ingolstadt lag im "Machtbereich" von Verteidigungsminister F.J. Strauß. Die Borgward-Gruppe hatte mit dem LKW 0,75 t gl schon einen Anteil am Rüstungsgeschäft.

2. Hauptgrund: Durch die von Goliath und gleichzeitig Gutbrod erstmalig in Deutschland präsentierte "Injection" konnte der Kraftstoffverbrauch eines 2-Takters erheblich gesenkt werden (auf das Niveau eines Viertakters und darunter: genau 230 g/PSh). Doch bei den Testfahrten beim Lehrbattalion in Andernach gab es "Dampfblasenbildung". Bei der Vorführung blieben die Goliaths einfach liegen. Damit war Goliath aus dem Rennen. Porsche wurde wohl nicht mehr berücksichtigt, weil das Werk Kapazitätsprobleme hatte. Der später eingebaute 4-Takt-Motor von Goliat kam einfach zu spät. Die Würfel waren gefahren.

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Beitrag von MikeG » 08.09.2003 23:59

Moin PK!

Auch eine Anfrage beim History Office der Aberdeen Proving Grounds könnte hier hilfreich sein. Ubd hast Du schon mal die Bestände des PRO gecheckt?

Mike

Gast

Beitrag von Gast » 09.09.2003 13:58

ok...dann mal ein kleiner exkurs in die waffentechnologie...


Waffenstabilisierungsanlage => WSA
Waffennachführanlage => WNA

der unterschied WSA zu WNA in den grundsätzlichen merkmalen...

WSA = abhängige visierlinie der zieloptik, dh. optik ist (mehr oder weniger...) starr mit der mit der kanone gekoppelt.
also die kanone wird mittels servomotoren gesteuert, die optik folgt der bewegung der kanone.
feinheiten in der zieleinrichtung zur einbeziehung von ballistik usw lassen wir an dieser stelle zur vereinfachung mal unberücksichtigt.

WNA = primär stabilisierte unabhängige visierlinie, dh. die optik ist hier für sich allein stabilisiert und NICHT direkt mit der kanone gekoppelt.
der richtschütze oder komandant richten hier nur die optik, die lage der optik wird in dem feuerleitrechner übertragen, in dem feuerleitrechner werden weitere parameter (mun-sorte, zielentfernung, kreiselparameter usw usw) zu den erforderlichen aufsatz- und vorhaltewerte für die kanone berechnet.
die errechneten daten gehen dann an den WNA-rechner, der WNA-rechner führt die kanone mittels servo-motoren ständig den errechneten parametern nach.
da sich hier durch das nachführen einer bis zu ca. 3 to schweren kanone ziemlich komplexe, große dynamische kräfte abspielen, pendelt die kanone (simpel beschrieben...) ständig um ein vorgegebenes toleranzfenster in den drei raumachsen.
bei schußabgabe durch den richtschützen werden also die zielparameter mit der jeweiligen position der kanone abgeglichen, befindet sich die kanone im toleranzfeld, wird der schuß ausgelöst.
das kann dann in der praxis unter schweren bedingungen bis zu 0,5 sek dauern bis der schuß bricht....

somit ist das eine nicht unbedingt mit dem anderen zu vergleichen...
im prinzip hat aber diese technische entwicklung die feuerkraft und vor allem treffsicherheit eine kampfpanzers in der bewegung deutlich verbessert.
der aus den anfängen der panzerwaffe bekannte schießhalt entfällt völlig, moderne waffensysteme haben eine ersttrefferwahrscheinlichkeit in der bewegung von deutlich über 80% auf einer hauptkampfentfernung von über 1500 meter.

soweit dazu...und jetzt schnell zurück zu borgward usw.....


holger

pkbremen

Beitrag von pkbremen » 09.09.2003 16:58

Hallo Timo, hallo Mike!

Munster werden ich gelegentlich einmal anfahren.

History Office der Aberdeen Proving Grounds sagt mir gar nichts. Gibt es da eine Adresse.

Vielen Dank ihr beiden.

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MikeG
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Beitrag von MikeG » 09.09.2003 17:06

Hi!

Kontakt am besten über das US Army Ordnance Museum: http://www.ordmusfound.org/

Mike

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