Finnenhaussiedlungen

Nichtmilitärische Zweck- und Repräsentationsbauten und -Projekte des Nationalsozialismus 1933-1945
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g.aders
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Beitrag von g.aders » 02.09.2013 16:11

Hallo,

die Finnenhaussiedlung ("schwarze Siedlung", früher auch "Luftwaffensiedlung" genannt) für Angehöriger der Porzer Firma Aerostahl in Köln-Porz-Zündorf wurde bereits 1939 begonnen - als Garantie wurden damals 30 Jahre genannt!
Weitere Finnensiedlungen entstanden in Köln im Stadtteil Rath für Reichsbahner, eine große Siedlung in Höhenhaus und eine kleinere in Junkersdorf.
Hier in Münster i. W. habe ich eine Eisenbahnersiedlung am Hohen Heckenweg entdeckt.

Die meisten Finnenhäuser wurden als vorgefertigte Baugruppen 1941 als Kompensation für deutsche Rüstungsgüter geliefert.

Beste Grüße

Gebhard Aders

g.aders
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Und noch eine Siedlug

Beitrag von g.aders » 30.09.2013 17:15

Hallo,

lt. der Archvdatenbank im Stadtarchiv Münster gab/gibt es eine Finnensiedlung im Stadteil Hiltrup, die Akten beginnen 1943.
Beste grüße
g. Aders

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erlenmeier
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Arbeiter-Siedlungen nahe Rüstungs-Fabriken

Beitrag von erlenmeier » 10.08.2016 18:59

Im Zuge der Aufrüstung wurden in der Nähe der Rüstungsbetriebe Wohnsiedlungen angelegt.
Diese sind von Ihrer Architektur her sehr uniform, ganz im Sinne der braven Gefolgschaftsmitglieder. Es sollte auch durch die Anordnung der Häuser soziale Kontrolle gefördert werden. In Norddeutschland meist aus hartgebrannten Klinkersteinen gemauert. Meist 1- oder 2-Familienhäuser.

Bekannt sind unter anderem

- Karlshagen, Siedlung für Beschäftigte der Heeresversuchsanstalt Peenemünde. Noch teilweise vorhanden.

- Nordenham, Viktoriastr., Weserflug-Werke,

- Lemwerder, kl. Wohngebiet zwischen Detmer-, Schul- und St.Veithstr., Weserflugwerke,

- Bremen, Ortsteil Grolland, Focke-Wulf-Werke,

- Luftwaffen-Erprobungsstelle Rechlin, Mecklenburg,

aber auch
- Bad Zwischenahn, Miltärflugplatz Rostrup, Elmendorferstr. / Reithend.
Zuletzt geändert von erlenmeier am 10.08.2016 19:11, insgesamt 2-mal geändert.
Nur wer die Vergangenheit kennt, kann auch Gegenwart und Zukunft bewältigen.

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Finnenhäuser / Norwegerhäuser

Beitrag von erlenmeier » 10.08.2016 19:09

Nachdem im Deutschen Reich die Zerstörung von Wohngebäuden durch allierte Luftangriffe rapide zunahm, musste Ersatz-Wohnraum, insbesondere für ausgebombte Werksangehörige von Rüstungsbetrieben geschaffen werden.

Da die deutschen Betriebe mit der Rüstungsproduktion total ausgelastet waren, beauftragte man Zimmereibetriebe aus Finnland und Norwegen mit dem Bau von Holzhäusern.

Die Datenbank über denkmalgeschützte Bauwerke des Senats von Berlin, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, enthält Angaben über eine Siedlung in Lichterfelde an der Hildburghauser Straße, bestehend aus 67 Finnenhäusern. Diese sind in 10 Reihen angeordnet. Jeweils auf relativ großen Gartengrundstücken.

Ebenso Bordesholm, Ascheberg, Einfeld, Flintbek, Lübeck, Preetz, Wedel und Schönberg in Schleswig-Holstein, eingeschossig vom Typ "Helsinki" bzw. "Lathi".
In Wedel entstand der zweigeschossige Haustyp "Kotka".
In Rostock, Köln, Rathenow und Metzingen sind ebenfalls diese eingeschossigen Bauten zu verzeichnen.

Der 10 m2 größere Haustyp für die Luftwaffenindustrie wurde in Basdorf, Ludwigsfelde, Marienfelde, Oranienburg und Prenzlau in Brandenburg gebaut. Sachsen:Dessau-Alten. Mecklenburg-Vorpommern:Anklam, Peenemünde.
Nordrhein-Westfalen: Berghausen-Friedlingsdorf. Niedersachsen: Delmenhorst, Hannover-Langenhagen und Hannover-Wülfel. Bayern: Ainring, Augsburg-Haunstetten und Hof.

In Österreich: Enzesfeld, Spittel/Drau, Waidhofen/Ybbs, Wien-Neudorf, Wiener-Neustadt.

Peter Plischewski beleuchtet die Hintergründe der dortigen Finnensiedlung im Jahrbuch des Geschichtsvereins aus dem Jahre 2009. Im zweiten Anlauf kommt im Jahre 1942 ein Abkommen zwischen der finnischen und der deutschen Regierung auf Tauschbasis zustande. Bis 1944 werden auf dieser Grundlage Holzhäuser in Fertigbauweise im Tausch gegen Getreide und Waffenlieferungen in Deutschl. errichtet. Hintergrund ist in der Zeitspanne der gemeinsame Feind UdSSR.

Insgesamt wurden 36 Siedlungen mit ca. 3600 Wohneinheiten fertiggestellt


Finnenhäuser weist also auf die Erbauer hin.
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Weiteres Material zum Thema Finnenhäuser

Beitrag von erlenmeier » 10.08.2016 22:29

Für die von Euch, die mehr zum Thema lesen wollen:

1.) Herbert Ziemsen, 1968.[url] http://www.finnlandsiedlung.de/index.html

2.) Volker Plischewsk: Finnenhäuser – Fragen und Antworten von einem sogenannten Finnenhauskind [url] http://www.geschichtsverein-bordesholm. ... aeuser.pdf

Im oberen (vorhergehenden Post) muss als Lieferland für die Fertighäuser Norwegen gestrichen werden.
Es gibt derzeit keine Hinweise auf diese Handelsverbindung.
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Finnenhäuser versus Arbeitersiedlungen

Beitrag von erlenmeier » 11.08.2016 10:23

In den bisherigen Posts wurden leider immer mal wieder Arbeitersiedlungen, die Rüstungsbetrieben zuzuordnen sind mit den beschriebenen Finnensiedlungen verwechselt.

Alle Neubauten, in gleicher Architektur, meist gleicher Größe und Straßenausrichtung, in der Nähe von Rüstungsanlagen (Muna, Flugzeugbau etc.), überwiegend gebaut zwischen 1936 und 1939, haben nichts mit dem Handelsabkommen DR/Finnland zu tun. Es handelt sich um Siedlungen für Werksangehörige, in der Zeit noch gebaut von deutschen Handwerksbetrieben.

Alle Geschichtsfreunde, die bisher Orte/Siedlungen genannt haben, sollten nun noch einmal recherchieren: Handelt es sich bei den Häusern um den Holzhaustyp (oder ähnlich), der auf den folgenden Bildern zu sehen ist?????

Wenn es klare Übereinstimmungen gibt, wäre es hilfreich, weitere Bilder dazu hochzuladen.
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Finnen-Siedlung Berlin-Kladow

Beitrag von erlenmeier » 12.08.2016 09:48

Chris 70 schrieb am 06-02-2011 über eine Finnen-Siedlung in Berlin.

Siehe dazu:
https://www.berlin.de/sehenswuerdigkeit ... dlung.html

Tatsächlich hat es also auch nach dem 2.WK mindestens diese Bauaktivität gegeben.
Im Zuge des Aufbauhilfeprogramms der USA zur Beseitigung der Wohnungsnot in Berlin wurden finnische Betriebe damit beauftragt, in Berlin-Kladow eine Reihenhaussiedlung zu errichten. In diesem Fall eine Kombination aus Mauerwerk und Holzelementen. Das muss gegen Ende der 1950er-Jahre begonnen worden sein. Baufirma war Puutalo Oy aus Helsinki.

Grundlage dieses Auftrags waren die Staatsschulden, die Finnland auf Grund von Waffenlieferungen seitens der USA erhalten hatten. Auf diese Weise sollte ein Teil der Schulden kompensiert werden.

Zitat aus berlin.de (s.o.): Insgesamt 377 Holzhäuser bauten die Finnen in Berlin Kladow, alle zwischen 80 und 90 Quadratmetern groß. Die Straßen der Finnenhaussiedlung erhielten Namen finnischer Schriftsteller. Die Innengestaltung der Häuser war dank Fertigbauteilen aus Holz individuell. Auch die Außenwände konnte jeder Hausbesitzer farblich nach eigenem Gusto gestalten. So ist die Finnenhaussiedlung bis heute eine bunte Siedlung.

Nun wäre es hilfreich, wenn weitere geschichtspuren-sucher Informationen, besonders Bilder von Finnenhaus-Siedlungen aus Ihrer Region, beitragen würden.
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Finnenhaus-Siedlung in Lübeck

Beitrag von erlenmeier » 12.08.2016 10:08

In Lübeck, wegen Hafen und Schiffbau durch Bombenangriffe stark zerstört, begann man 1943/44 mit dem Bau einer Holzhaus-Siedlung, geliefert von finnischen Firmen. Die Fertigelemente wurden per Schiff und Bahn angeliefert und von deutschen Handwerkern, dänischen Maurern und Kriegsgefangenen zusammengebaut.

In Lübeck-Eichholz entstand so eine Groß-Siedlung in den neu angelegten Straßen Tannenkoppel, Herrnburger Str., Duvennester Weg, Stoffershorster Weg und Schattiner Weg.
Die Häuser im Schattiner Weg wurden erst nach Kriegsende unter der Leitung der brit. Besatzungsverwaltung fertiggestellt.

Herbert Ziemsen beschreibt in seinem Aufsatz im Jahre 1988 die sehr schlechte Ausstattung der Häuser, die uns heute an Zustände im 19.Jhdt erinnert.

Zitat: An die Kanalisation war die Siedlung nicht angeschlossen. Im Keller stand für jede Familie ein Trockenklosett. Wenn der Eimer voll war, wurde der Inhalt im Garten vergraben. Im Herrnburger Weg und im Duvennester Weg gab es einen Wasserhahn im Keller für die 20 Bewohner. Die Abwässer wurden ebenfalls in den Garten geschüttet.

Welcher Luxus gegenüber dem Schattiner Weg und Stoffershorster Weg. Diese mussten sich das Wasser von der Straße holen. Da war unter in der Straße bei dem Haus 6/8 ein Wasserhahn und weiter oben bei dem Haus 22/24 ebenfalls eine Zapfstelle. Im Winter waren die Wasserhähne meistens eingefroren und die Bewohner kamen dann mit ihren Gefäßen in den Duvennester Weg und Herrnburger Weg, um sich Wasser zu holen. In jeder Wohnung stand ein eiserner Ofen. In der Küche eine "Brennhexe". Das war ein Miniherd mit einer Kochstelle und einem Bratrohr. Die Fenster im Herrnburger Weg und Duvennester Weg waren verglast, während die Fenster im Schattiner Weg und Stoffershorster Weg mit einem Kunstglas versehen waren, das die Eigenschaft hatte, beim geringsten Luftzug zu bullern und wurde darum auch "Bullerglas" genannt.

Für Herd und Ofen gab es kein Brennmaterial. Viele Leute holten sich ihr Brennmaterial aus dem nahen Lauerholz. Wer damals Säge oder einen Handwagen hatte, war einreicher Mann. Hier muss ich nun leider berichten, dass die Leute damals in dieser Notzeit die Baracke aufbrachen und die dort lagernden Finnenhäuser zusägten und durch die Schornsteine jagten.

Ausführlich nachzulesen unter http://www.finnlandsiedlung.de/index.

Auch in diesem Fall wäre es hilfreich, wenn geschichtsspuren-jäger aus dem Großraum Lübeck weitere Informationen, auch aktuelle Bilder, beisteuern würden.
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Schwarze Siedlung

Beitrag von erlenmeier » 12.08.2016 16:07

Moin Gebhard!

Du schriebst am 02.09.2013

Zitat: die Finnenhaussiedlung ("schwarze Siedlung", früher auch "Luftwaffensiedlung" genannt) für Angehöriger der Porzer Firma Aerostahl in Köln-Porz-Zündorf wurde bereits 1939 begonnen

Schau doch bitte mal da rein:[url] http://www.k-poll.de/03_pollgebiete/21_ ... dlung.html

Sollte es diese Schwarze Siedlung sein, dann ist sie zwischen 1919 und 21 gebaut worden. Schwarz wegen vielen Anhängern der rechts-konservativen Zentrumspartei.

Gruß von erlenmeier
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Finnenhaus in Bennigsen

Beitrag von erlenmeier » 23.08.2016 22:27

Das abgebildete Gebäude, in Bennigsen/Pattensen bei Hannover soll eines von 5 großen Holzhäusern gewesen sein.
In der Nachkriegszeit sollen in insgesamt 5 großen Häusern 600 bis 800 Flüchtlinge gelebt haben.
Nachzulesen in Klaus Seiler: Barackenkind; Zeitgut-Verlag

Wer weiss mehr über die Geschichte dieser Gebäude???????
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