Bunker Klagesmarkt in Hannover

Luftschutzbunker, zivile Bunkeranlagen und Schutzbauwerke des 2. Weltkriegs
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niemandsland
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Re: Klagesmarktbunker - Als Hotel genutzt

Beitrag von niemandsland » 01.07.2013 11:51

Hanno10 hat geschrieben:Hallo, Klagesmarkt-Bunkerkenner, nun habe ich viele interessante Zeilen zu dem Objekt gelesen, aber noch nie etwas darüber, dass der Bunker nach dem Krieg als Hotel genutzt wurde. Es soll "Stadt Petersburg" geheißen haben. [...] Weiß hier jemand Näheres über die Hotel-Nutzung? Dafür schon jetzt vielen Dank!
Der "Welfenplatz-Bunker" wurde als Hotel genutzt (hp vom 20.06.1947 "Welfenplatz-Bunker wird zum Hotel umgebaut"). Schau einfach mal in die Adressbücher (Stadtarchiv/Landesbibliothek wobei letzteres wegen dem Umbau gerade etwas schlecht ist). Hotels waren damals in Hannover sehr gefragt. Schließlich lag zur Exportmesse praktisch noch alles in Trümmern. Die Räumung müsste aber bereits zwischen 1958 und 1962 vollzogen worden sein, als die ersten Bunker bereits für Zivilschutzzwecke hergerichtet ("ausgeräumt") wurden. Der erste Plan der mir vom Klagesmarkt vorliegt, ist datiert auf das Jahr 1963 und vom Staatshochbauamt III erstellt.
Vom Klagesmarkt hab ich nur gelesen, das der Bunker wohl bis Anfang der 1960er dem Wohnungsamt als "NotUnterkunft für Wohnungslose" zur Verfügung stand. Tasch berichtet von Razzien im Klagesmarkt Bunker Mitte/Ende der 1940er Jahre. Ich bin aber selbst noch dabei, mich hier zu vertriefen. :-)

Foedrowitz nennt z.B. nur Bothfelder, Herrenhausener, E-A-P und Pfarrlandplatz.
Ehrlich gesagt habe ich es leider versäumt, die Quelle zu notieren.
Ich hielt den Klagesmarkt Bunker lange Zeit eigentlich für "sicher", und habe mich eher um andere Bunker gekümmert. Wie sehr man sich irren kann, zeigt einmal mehr dieses Beispiel.

Denke, die Akten vom Wohnungsamt (Stadtarchiv, Stichwort: "Notunterkünfte") könnten auch nützliche Auskunft geben.

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Hinweis auf gastronomischen Betrieb im Klagesmarkt-Bunker

Beitrag von Hanno10 » 01.07.2013 23:28

Der Hinweis auf einen eventuellen Eintrag in einem Adressbuch war weiterführend! Der Bunker ist im Adressbuch der Stadt Hannover von 1953 mit der Adresse "Am Klagesmarkt 34" eingetragen. "Bunker" steht dort zu lesen, als Eigentümer "Bundesrepublik Deutschland - Oberfinanzdirektion". Drei Personen sind als ständige Bewohner verzeichnet - und eine Gaststätte. Womöglich war das das "Hotel"?! - Übrigens: Ein Bericht aus 1956 besagt, dass in dem Hotel die Komplizin des Mörders Ede Popp, Inge Marchlowitz, gehaust hat, und zwar in "der Kabine 50".
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Beitrag von niemandsland » 02.07.2013 10:34

Die Ausgaben 1930, 41, 43 und 53 stehen zufällig bei mir im Regal... :-)

1953
Adressbuch der Stadt Hannover

Der Eintrag auf Seite 16 im III. Teil 1953: Am Klagesmarkt 34 lautet:

Eigentümer: Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die O(ber)F(inanz)D(irektion) Hannover.

Bewohner:
K., G. (Arbeiter)
L., P. (Feinmechaniker)
N., H. (Arbeiter)
N., H. (Kraftwagenführer)
Schl., H. (Gastwirt)

^^ die Familiennamen sind normal ausgeschrieben.

Hierbei dürfte es sich um einige der ständigen "Bewohner" des Bunkers gehandelt haben, der Bunker war (so steht es in der lokalen Presse aus den Jahre 1948/49) als Notunterkunft genutzt. Die Bewohner haben wahrscheinlich - so war es jedenfalls z.B. in der Notunterkunft in Ahlem - als eine Art Hausmeister oder sonstige Ansprechpartner fungiert.
Nichts deutet dort erstmal auf eine Nutzung als Hotel hin.

Auf Seite 260 im II. Teil 1953 unter Hotels wird kein Hotel aufgeführt, das zum ehem. Luftschutzbunker Am Klagesmarkt 34 passen könnte. Auch kein Eintrag unter "Stadt Petersburg".

Was aber am Ende nicht heißen muss, das Deine Information völlig falsch ist. Diese Quelle gibt zu diesem Thema jedenfalls nichts her.

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Beitrag von niemandsland » 02.07.2013 11:24

Ahhh...
Gaststätte ich komme der Sache auf die Spur...

Leider muss ich Dich enttäuschen, denn der Eintrag lautet:

Seite 542 im Teil II ("Haushaltsvorstände") unter "Schlott":

Schlott, H., Gaststätte, Am Klagesmarkt 34 (>> Langenforther Str. 32 <<)

Normal steht in "Klammern" die Privatanschrift, nur in diesem Fall ist das irgendwie anders, denn unter "Gaststätten" im Teil IV ("Handel u. Gewerbe") steht auf Seite 50:

Gaststätte Hans Schlott, Langenforther Str. 32

Auf Seite 217 im Teil III ("Straßen und Häuser") unter "Langenforther Str." lautet der Eintrag:

Langenforther Str. 32
Eigentümer: Siedlungsgemeinschaft zur Hebung deutscher Volkskraft eGmbH, Baldurstr. 13.
Nutzer:
(links) K., H., Kaufmann
(rechts) Schlott, H., Gaststätte

Richtig! Es gab eine Gaststätte, nur befand sich diese wohl in der Langenforther Straße; Der "Gastwirt" selbst, wohnte wohl im Bunker unter dem Klagesmarkt. Oder betrieb "zwei" Gaststätten.

...jedenfalls laut dem Adressbuch von 1953.

Mach jetzt bitte nicht den Fehler, und schau auf Google@Maps nach, sondern nutz Hannover-GIS, für die Bestimmung der Adresse. Im Rahmen der Stadtentwicklung hat sich der Stadtteil - in den letzen 60 Jahren - etwas verändert. :-)

Mehr kann ich dazu auch nicht sagen, denn zu der Zeit habe ich noch nicht gelebt. :-)

Ich versuche aber trotzdem noch mal mehr rauszubekommen.

Du hast einen Bericht aus dem Jahre 1956 erwähnt. Was steht denn dort genau drin?
Ist dort von "Unterkunft" oder "Hotel" die Rede? Und was ist die Quelle?

Ach, das Hotel im "Welfen-Bunker" hiess wohl "Hotel am Welfenplatz".
Jedenfalls findet sich unter Hotels im Adressbuch von 1953 ein so lautender Eintrag.
Zuletzt geändert von niemandsland am 02.07.2013 11:38, insgesamt 1-mal geändert.

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Marchlowitz im Bunkerhotel

Beitrag von Hanno10 » 02.07.2013 11:37

Die HAZ erinnert am 7. März 2009 in einer Serie "Spektakuläre Kriminalfälle" an das Mordduo Popp/Marchlowitz und schreibt unter anderem folgendes:

"(...) Die Frauen mieteten sich im üblen Bunkerhotel „Stadt Petersburg“ unter dem Klagesmarkt in Kabine 50 ein, um dort Pflanzenschutzmittel zu schlucken. Marchlowitz gestand in ihrem vermeintlich letzten Gespräch die Morde, Polizisten im Nebenzimmer hörten mit – und als sie gerade das Fläschchen an die Lippen setzte, stürmten sie das Zimmer.(...)"

Der komplette Bericht (darin auch zu finden der Verweis auf 1956)ist zu finden unter dem Link http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stad ... ehenwinkel
Hanno 10

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Re: Marchlowitz im Bunkerhotel

Beitrag von niemandsland » 03.07.2013 07:35

Hanno10 hat geschrieben:"1959 (...) üblen Bunkerhotel „Stadt Petersburg“ unter dem Klagesmarkt (...)"
Sauber, Danke!

Der Plan vom zuständigen Staatshochbauamt III ist datiert auf das Jahr 1963.
1958 fand wohl eine erste Erfassung der ehemaligen Luftschutzanlagen im Raum Hannover statt.
1962 wurde mit dem Umbau einzelner Anlagen begonnen.

1945 bis etwa Mitte 1947 finden sich immer wieder Berichte, wonach der Bunker unter dem Klagesmarkt als "Elendsquartier" und als "Notunterkunft für Wohnungslose" genutzt wurde. Vereinzelt auch noch bis zur Export-Messe 1947/48.

Denke, das effektivste wäre, die "Belegungsakten" vom Wohnungsamt, bzw. auch vom Gesundheitsamt einzusehen.

Anschließend geht es Mitte / Ende der 1960er Jahre bis 1972 mit dem "Kunst-Center" weiter.

Ich hab auch noch mal im Firmen-Handbuch Niedersachsen und Land Bremen aus dem Jahr 1948 nachgesehen, auch darin wird das Hotel und die Gaststätte nicht genannt.

Aber ein anderes Buch liefert etwas...

Nämlich "Vom Steintor bis nach Herrenhausen, Streifzüge durch Hannovers Geschichte" von Helmut Zimmermann aus dem Jahr 1986 liefert zumindest die Information, das es die Gaststätte "Stadt Petersburg" am Klagesmarkt gab.

Auf Seite 12 heißt es dazu...
Das Schützenhaus und die Schießstände wurden etwa 1826 abgebrochen, nachdem Laves' neues Schützenhaus in der Ohe fertiggestellt war, und durch die Gastwirtschaft "Stadt Petersburg" ersetzt. (...) Seit 1953 nimmt die Stelle dieses Schützenhauses das von Friedrich Lindau errichtete Gewerkschaftshaus an der Otto-Brenner-Straße ein (...).
Offenbar bis 1953 existierte die Gastwirtschaft an der Otto-Brenner-Straße. Die alte Anschrift lautet wohl "Nicolaistraße 7", wenn sich die Gastwirtschaft exakt an der Stelle des alten Gewerkschaftshauses befand.

Ich gehe daher davon aus, das - irgendwann zwischen 1953 und 1959 (1962) - die Gastwirtschaft in den Bunker am Klagesmarkt gezogen ist. Vielleicht auch, weil der Wirt dort bereits lebte?

Einträge für die Josephstr (später: Otto-Brenner-Str.) und Nicolaistraße für die entsprechende Kneipe fand ich nicht.

Wie dem auch sei... das Adressbuch der folgenden Jahre könnte vielleicht Auskunft geben.
Oder spätestens im Herbst, wenn ich Zeit für das Stadtarchiv habe, und ich vielleicht dort die entsprechenden Akten einsehen kann.
Zuletzt geändert von niemandsland am 03.07.2013 07:45, insgesamt 1-mal geändert.

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Noch ein Hinweis auf Hotel unter dem Klagesmarkt

Beitrag von Hanno10 » 03.07.2013 07:37

Im Dezember 2011 hat der NDR einen Beitrag zum Klagesmarkt-Bunker gebracht, und auch dort ist ein Hotel erwähnt worden. Zitiert wird dazu "Manfred Kariger vom Zivil- und Katastrophenschutz der Feuerwehr". Hier ein Ausschnitt aus dem NDR-Beitrag:

"(...) Die Stadt Hannover war durch die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg weiträumig zerstört worden. Wohnraum ging verloren, Unterkünfte für die Menschen waren knapp. Unter anderem in dem Tiefbunker unter dem Klagesmarkt sah man offenbar eine vorrübergehende Lösung. Die etwa 70 Räume boten Platz, der ehemalige Luftschutzraum wurde als Hotel genutzt, wie Manfred Kariger erklärt: "Aber nur über einen sehr kurzen Zeitraum." (...)"

Der gesamte Beitrag ist unter folgendem Link zu sehen: http://www.ndr.de/regional/niedersachse ... er195.html
Hanno 10

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Beitrag von niemandsland » 03.07.2013 10:56

Leider ist der Artikel vom NDR sehr ungenau. Schon die Überschrift "Luftschutzkeller (...)" verrät, hier war jemand mit Wissen am Werk. Und auch weitere Stellen im Text sind sehr ungenau recherchiert, wie z.B. die "70 Räume". Da haben wir wohl knapp 1/4 unterschlagen. *hüstl* Tschuldigung, aber das konnte ich mir gerade nicht verkneifen. Jetzt frage ich mich schon, was an der Hotel-Geschichte dran ist.

Zumal Manfred K. dort erklärt: "Aber nur über einen sehr kurzen Zeitraum."

Ein Blick in die Akten bei der Feuerwehr hätte sicherlich in der Vergangenheit darüber Auskunft gegeben, wie sich ein "sehr kurzer Zeitraum" definiert.

PS: Danke für den Link - war mir bisher nicht bekannt.

Korrektur: in einem Beitrag hier schreibe ich das der Plan aus dem Jahr 1963 vom Staatshochbauamt III erstellt wurde; richtig ist Staatshochbauamt IV. Ich habe gerade noch mal einen Blick auf meine Kopie geworfen. :-) Sorry.

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Petersburg

Beitrag von heiner.dallemann » 03.07.2013 18:23

Also ich kenne -Petersburg- nur als ein Hotel in Langenhagen an der alten Flughafenstrasse. (Volksmund: Apfelallee wegen der Obstbäume)
Nach dem Umbau (neue Zufahrt) und Erweiterung des Flughafens (1970?) war das Hotel ein Stundenhotel und dann ein Heim. Seit einigen Jahren ist es abgerissen.
Ob ein personeller Zusammenhang bestand ist mir nicht bekannt.

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Re: Petersburg

Beitrag von niemandsland » 04.07.2013 12:49

heiner.dallemann hat geschrieben: Ob ein personeller Zusammenhang bestand ist mir nicht bekannt.
Kannst Du dich vielleicht an Namen erinnern?
Auf jeden Fall Danke für die Info.

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