Breitspurbahnen

Gerüchte, Geschichten, Utopien
berndbiege

Beitrag von berndbiege » 11.06.2003 09:16

Ein wenig Senf aus Irland ...
Eisenbahnfreund hat geschrieben: Da die meisten Eisenbahnen zu Beginn des Eisenbahnzeitalters ihr Material bei englischen Fabriken eingekauft haben, hat sich dieses Maß als "Standard" durchgesetzt.
Nur als Ergaenzung zum Thema Standardspur="Englisch": Die vielfach dominierende Great Western Railway hatte zunaechst ein Breitspursystem, dass dann 1892 in einer technischen Wahnsinnsaktion binnen zwei Tagen (!) auf Normalspur umgebaut wurde. Heute kann man noch teilweise erkennen, dass neben der Normalspur reichlich Platz ist, besonders an alten Tunnel- und Brueckenanlagen ... (siehe auch http://www.argonet.co.uk/users/lionels/ ... GHist.html ) Richtig ist aber, dass die Standardspur mehr oder minder auf Stephenson's Lok "Bluecher" und dann die "Rocket" zureuckgeht.

Interessanterweise nutzen sowohl die CIE (Irische Eisenbahn) als auch die NIR (Nordirische Eisenbahn) heute noch Breitspur (nicht in "reichsdeutschen" Dimensionen!).

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cih
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Re: Überseedampfer

Beitrag von cih » 11.06.2003 16:13

arne.kunstmann hat geschrieben:Und noch was...
Mir sagte neulich im Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven jemand, daß die Reste der "Bremen", die 1943 dort abgebrannt ist, gegenüber vom Museum an der anderen Seite der Weser bei Niedigwasser noch rausgucken würden, hat das mal jemand gesehen?
Korrekt. Wenn du mit der Weserfähre Nordenham-Bremerhaven bei Niedrigwasser fährst, kannst du sie erkennen. Bin früher bis zu 10mal diese Strecke gefahrn, hab aber nie ein Foto gemacht :(

Sebastian Nast

Beitrag von Sebastian Nast » 20.07.2003 04:26

Hi,

hier noch ein interessanter Link zum Thema Breitsourbahnen:

http://www.epilog.de/Lexikon/B/Breitspureisenbahn.htm

8)

Mit besten Grüßen
Sebastian

Uwe Nußbaum

Breitspurbahnen

Beitrag von Uwe Nußbaum » 17.09.2003 12:16

Hallo,

ich meine, dass Joachimsthaler das Thema hinsichtlich des NS-Projektes nahezu erschöpfend beackert hat.

Wahrscheinlich hat das Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde die Akten des Reichsverkehrsministeriums und der Reichsbahn-Zentralämter unter "R 5" verzeichnet. Wer sich weiter in dieses Thema vertiefen möchte, kann ja dort noch einige Grabungen vornehmen. Ich denke aber, dass kaum etwas sensationelles dabei herauskommt.
Weitere Anmerkungen zu diesem Thema (Antworten auf mehrere Beiträge in dieser Rubrik):
An der Breitspurbahn ist nicht gebaut worden, aber vorbereitende Maßnahmen im Bereich Berlin-Neukölln an der Südostecke des Flughafenfeldes Tempelhof (Bau einer S-Bahn-Triebwagenhalle) als Ersatz für Papestraße, wo ein (großer) Südbahnhof parallel zum Ring geplant war ( [umgenutzte] Triebwagenhalle bis auf den Bürotrakt um 1990 abgebrannt;
Kauf der Häuser längs der Siegfriedstraße durch die Reichsbahn (zum Abriss bestimmt, Häuser stehen heute noch)
Das alles hat nämlich auch mit dem Umbau Berlins zur Welthauptstadt Germania zu tun und ist in die Speerschen Planungen mit eingangen. Deswegen finden sich bei Speer auch einige Hinweise zu dieser Bahn
Die Breitspurbahn ist ein wirklich verrücktes Phantasieprodukt Hitlers, der auch noch in seinen letzten Bunkernächten (!) sich um Detailfragen der Bahn gekümmert hat. Die Reichsbahner haben bei den Planungsarbeiten zT gern mitgemacht, bewahrte sie doch die Arbeit an diesem angeblich kriegswichtigen Projekt vor dem Fronteinsatz. (Solcherlei Beschäftigung mit Spielthemen gab es nicht selten.)
Faszinierend ist das alles nicht, nur weil es alles viel größer ist. Sicherlich lassen sich so Schlafwagen viel besser einrichten, aber die größere Breite führt auch zu weniger Fensterplätzen usw. Es gibt schon gravierende technische Gründe, warum nach dem Bau der Great Western Railway um 1843 durch Brunel (Spurweite ca. 2,13 m) niemand je eine vergleichbare Spurweite benutzt hat. Die GWR wurde bis ca. 1895 in Normalspur umgebaut.
Spurweite von 1600 mm gab es nicht nur in Baden, sondern gibt es heute noch in Irland (das gesamte Netz einschl. Nordirland) und Südamerika (zB Brasilien); der Grund für diesen runden Wert hat mit einem frei gewählten (metrischen) Maß nichts zu tun, sondern das sind 5 Fuß 3 Zoll engl.
Gruß vom Streckenläufer

Sugga

Beitrag von Sugga » 10.10.2003 12:33

... Moin,

bezüglich der BS-Bahnen wurden zwischen 1943 und 1944 vorwiegend in Süddeutschland bereits umfangreiche Erdarbeiten ausgeführt. Bin da bei zufällig durch eine Karte des Landesamtes draufgestoßen.
Leider sind die Infos über Beteiligte, Dauer etc. in den Arcihven der umliegenden Gemeinden nicht wirklich erschöpfend.

Ist jemand anwesend der Zugang und Nähe zu den archiven von Kitzingen, Ochsenfurt und würzburg hat?

Kann auch sein, dass ich mich täusche ... aber evtl. weiss ja jmd mehr.

Sugga

Uwe Nußbaum

Eventuelle Baumaßnahmen in Süddeutschland

Beitrag von Uwe Nußbaum » 10.10.2003 13:36

Hallo,

dass doch schon gebaut worden ist, will ich nicht ausschließen. Ob Gemeindearchive aber eine sichere Quelle dafür sein werden, mag man bezweifeln. Grund: Hier hat das Reich gebaut. Mit Sicherheit gab es nicht einmal ein reguläres Planfeststellungsverfahren, bei dem auch die Gemeinden gefragt werden mussten. Daher dürfte es an Schriftwechsel zwischen Gemeinden und Bahnbauern wenig gegeben haben. Zudem war ja alles geheim. Außerdem dürften wohl die meisten Gemeindearchive im Krieg nicht unbedingt besonders gesichert verwahrt worden sein.
Allerdings hat es sicher Enteignungsverfahren gegeben. Also: Vermessungs- und Katasterämter, vielleicht sogar Straßenbauämter der Regionen abgrasen (sofern gemeindeeigener Grund betroffen war, könnten dann allerdings auch Schriftstücke sich in Gemeindearchiven befinden). Diese möglichen Quellen sagen dann aber noch nichts über den Stand der Bauarbeiten aus. Deswegen wären eventuell die bayrischen Hauptstaatsarchive sowie insbesondere das Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde aufzusuchen (wie schon in einer früheren Antwort geschildert, insbes. Bestand R 5, nach gründlicher Beratung finden sich sicher noch weitere vielversprechende Bestände).
Einträge in Karten wie "Eisenbahn im Bau" o.ä. haben keine echte Aussagekraft, da dieses oft noch nicht mit dem tatsächlichen Stand einhergeht, zB, weil es zwar eine Planfeststellung, einen Baubeschluss, eine Auftragsvergabe gegeben haben kann und die Strecke daher [für den Kartographen und rechtlich] als im Bau befindlich gegolten haben mag, sie aber noch nicht, erst später oder niemals begonnen worden ist. Es war ja Krieg, auch wenn solche Projekte aus ganz irrationalen Gründen (Flucht vor der Wirklichkeit) gerade gegen Kriegsende noch eine hohe Priorität erhalten haben mögen. Wenn die in Karten markierten Stellen nirgendwo eine Störung des gewachsenen Bodens und eine Änderung in der Vegeation erkennen lassen, dann kann daraus geschlossen werden, dass die Erdarbeiten entweder gar nicht oder nur sehr zaghaft begonnen worden sind. Dämme, Einschnitte, Brücken oder gar Tunnels müssten ja fast doppelt so breit wie damals bei Normalspurbahnen (und bei Tunnels: auch doppelt so hoch) ausgelegt worden sein, also etwa 14 bis 17 Meter breit und etwa 9 bis 11 Meter hoch. Davon müsste es dann noch klare Spuren geben, die dann auch auf eine Breitspurbahn schließen lassen. Also mal hinfahren und absuchen: Papier ist geduldig, was sagt uns die Landschaft?
Da könnte es vielleicht doch noch eine Überraschung geben?
Auch ein Befragen der älteren Bevölkerung der betr. Orte kann hilfreich sein, doch wird bisweilen Gott weiß was erzählt, von irgendweilchen U-Bahnen und Geheimstollen, alles kaum nachprüfbar bzw. klar widerlegbar.

Sugga

Beitrag von Sugga » 10.10.2003 13:44

Moin,

klingt alles logisch. In dem angedachten Bereich wurde in der Zeit eine halbe Bergkuppe abgetragen - Zugahrtswege erstellt, aber sonst ist da nachweislich nichts weiter passiert. Ich bin nächste Woche da und werde mal fotogrfieren, wenn ich dazu komme.

Allerdings sollte sich in gemeindearchiven einiges finden. Denn es hat zwar das Reich gebaut, aber die ausführenden Kräfte bei Zulieferung etc. waren doch meist örtliche Betriebe.

Und Gerüchte gibt es da genügend ... boden los ....

SuggA

Harald

Beitrag von Harald » 16.10.2003 17:34

Eigentlich: sollte diese Breitspurbahn elektrisch, mit Diesel oder mit Dampf fahren?
Und war im Fall eines elektrischen Betriebes auch an die Verwendung von Einphasenwecjhselstrom mit einer Frequenz von 16,667 Hertz gedacht, wie bei den Bahnen im deutschsprachigen Raum allgemein üblich oder an die Verwendung von 50 Hertz Wechselstrom, wie bei der Höllentalbahn zwischen 1936 und 1960 erprobt und heute in vielen Ländern Standard ist?
Welche Spannung war für eine Oberleitung der Breitspurbahn vorgesehen?
15kV (wie bei den Deutschen Bahnen meist verwendet), 25kV (Nennspannung für 50 Hz -Systeme) oder gar 50kV (mit dieser Spannung fahren einige Grubenbahnen in den USA und Südafrika)

Uwe Nußbaum

Beitrag von Uwe Nußbaum » 22.10.2003 12:10

Fragen des Antriebs und der Energieversorgung finden sich bei Joachimsthaler. (Liegt mir zZ nicht vor.)
Ich weiß nicht, ob die Frage der Frequenz bei der elektrischen Traktion eine Rolle gespielt hat. Sicherlich hätte man tendenziell eher 50 Hz genommen, da die Energie aus dem Landesnetz einfach zu beziehen ist (dafür bekommt man dann andere technische Probleme, insbesondere bei herkömmlichen Wechselstrombahnmotoren).
Soweit ich weiß, waren in erster Linie Diesel- und Dampflokomotiven vorgesehen, beide mit elektrischer Energieübertragung, im mitteleuropäischen Bereich und bei Gebirgsbahnen auch Elektrolokomotiven. Bei Joachimsthaler steht es sicherlich genauer.
Uwe Nußbaum

Gast

Zur Spurweitenentstehung

Beitrag von Gast » 07.02.2004 01:32

Für Züge in den USA gilt die standardisierte Spurweite (Abstand der Schienen) von 4 Fuss und 8,5 Inch (...). Das ist - auch für amerikanische Verhältnisse - eine übertrieben krumme Zahl.

Warum wurde diese Spurweite gewählt? Nun, so hat man sie in England gebaut und die Engländer errichteten auch die ersten Schienen in den USA.

Warum die Engländer so bauten? Weil die ersten Zuggleise in England von denselben Leuten gebaut wurden, die auch den Vorgänger des Zuges: die Trambahn bauten. Und diese Spurweite hatte die schon.

Warum wurde dann damals schon diese Spurweite verwendet? Weil die Menschen, die Trambahnen zusammenschraubten, dafür die Spannvorrichtungen und die Werkzeuge einsetzten, die sie schon zum Wagenbau hatten - und der Radabstand der Wagen hatte nun mal dieses Mass.

Ok. Warum hatten die Wägen diesen besonders merkwürdigen Radabstand? Nun, einige der alten, langen Fernstrassen in England hatten tief eingefahrene Furchen in eben diesem Abstand. Und wer baute diese alten, zerfurchten Strassen? Das Römische Imperium baute die ersten Fernstrassen in Europa (und England) für seine Legionen.

Die Strassen wurden seitdem immer weiter benutzt. Und die tiefen Spur-Rillen in den Strassen? Römische Kriegs-(Triumph)Wagen formten die ersten Furchen, und weil sie für das imperiale Rom hergestellt wurden, hatten alle den gleichen Radabstand. Man tat gut daran, sich an diesen Radabstand zu halten, wenn man nicht riskieren wollte, seine Wagenräder zu zerschleissen.

Die Standard-Spurweite von 4 Fuss und 8,5 Inch in den Vereinigten Staaten ist also direkt auf die Breite der römischen Kriegswagen zurückzuführen.

Also, das nächste mal, wenn Ihnen eine Spezifikation in die Hand gegeben wird, und Sie Sich wundern, welcher Pferdearsch sich das ausgedacht hat, könnten Sie genau richtig liegen(!), denn: Imperiale Römische Kriegs-(Triumph)wagen waren gerade breit genug, um die Hinterteile zweier Kriegspferde unterbringen zu können.

Doch die Geschichte geht weiter:

Wenn ein Space Shuttle auf der Startrampe steht, sieht man zwei grosse Booster-Raketen, die an den Seiten des Haupttanks befestigt sind. Das sind 'Solid Rocket Boosters' oder SRBs.

SRBs werden von Thiokol in einer Fabrik in Utah produziert. Die Ingenieure, die die SRBs entworfen haben, hätten sie lieber etwas dicker gemacht - doch die SRBs mussten mit dem Zug aus der Fabrik zur Startrampe transportiert werden. Die Zugstrecke zur Rampe führt aber durch einen Tunnel. Und der ist kaum breiter als die Zuggleise. Und diese wiederum sind - wie Sie wissen - kaum breiter als die Hintern zweier Pferde.

Also: ein wichtiges Design-Element des Space Shuttles, das wohl eines der fortgeschrittensten Transport-mittel der Welt ist, wurde vor über 2000 Jahren durch die Breite eines Pferdearsches festgelegt.

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