Gemeinden ohne Kirche
Gemeinden ohne Kirche
Eigentlich hat in Deutschland jede politische Gemeinde auch mindestens eine Kirche, die häufig sehr auffällig ist. Allerdings gibt es anscheinend einige Orte, die kein Gotteshaus auf ihren Gebiet haben. Beispiele sind Cursdorf und Rohrbach (bei Saalfeld) in Thüringen. Welche weiteren Gemeinden haben keine Kirche? Gab es dort nie eine oder wurde sie zerstört oder umgewidmet?
Re: Gemeinden ohne Kirche
Moin,
Deine oder die Definition einer politischen Gemeinde ist mir nicht ganz klar.
Sicher ist nach dem Krieg sehr viel in Sachen Neugestaltung von Kirchengemeinden erfolgt, was zu einer Verdichtung
geführt hat. Orientiert wurde sich zumindest in Norddeutschland immer an Kirchspielen, denen Gemeinden/Dörfer zugeordnet waren und die dann nach dem 2. WK erweitert wurden.
Deine oder die Definition einer politischen Gemeinde ist mir nicht ganz klar.
Sicher ist nach dem Krieg sehr viel in Sachen Neugestaltung von Kirchengemeinden erfolgt, was zu einer Verdichtung
geführt hat. Orientiert wurde sich zumindest in Norddeutschland immer an Kirchspielen, denen Gemeinden/Dörfer zugeordnet waren und die dann nach dem 2. WK erweitert wurden.
Re: Gemeinden ohne Kirche
Ich mene politische Gemeinden, auf deren Territorium sich nicht mindestens eine Kirche befindet. Da viele Kirchen schon lange vor dem 2. Weltkrieg erbaut wurden, spielt hier die Neurordnung von Kirchengemeinden keine Rolle.
In früheren Jahrhunderten war angestrebt, dass in jeder Gemeinde, ob Dorf oder Stadt, mindestens eine Kirche exisieren sollte. Doch gab es auch Dörfer, die nie eine hatten und welche Kirchen wurden im Zuge der Neuordnung der Kirchengemeinden umgewidmet, abgerissen, verfielen oder wurden so umgebaut, dass man ihre einstige Funktion nicht mehr erkennt?
In früheren Jahrhunderten war angestrebt, dass in jeder Gemeinde, ob Dorf oder Stadt, mindestens eine Kirche exisieren sollte. Doch gab es auch Dörfer, die nie eine hatten und welche Kirchen wurden im Zuge der Neuordnung der Kirchengemeinden umgewidmet, abgerissen, verfielen oder wurden so umgebaut, dass man ihre einstige Funktion nicht mehr erkennt?
- zulufox
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Re: Gemeinden ohne Kirche
Hallo,Toliman hat geschrieben: 15.04.2025 01:00 Ich mene politische Gemeinden, auf deren Territorium sich nicht mindestens eine Kirche befindet. Da viele Kirchen schon lange vor dem 2. Weltkrieg erbaut wurden, spielt hier die Neurordnung von Kirchengemeinden keine Rolle.
In früheren Jahrhunderten war angestrebt, dass in jeder Gemeinde, ob Dorf oder Stadt, mindestens eine Kirche exisieren sollte. Doch gab es auch Dörfer, die nie eine hatten und welche Kirchen wurden im Zuge der Neuordnung der Kirchengemeinden umgewidmet, abgerissen, verfielen oder wurden so umgebaut, dass man ihre einstige Funktion nicht mehr erkennt?
zu deinem Hinweis auf Cursdorf kann ich dir aus meiner Familienchronik sagen, dass das Dörflein Cursdorf im 18-ten Jahrhundert zu klein und zu arm war, um eine eigene Kirche bauen zu können. Zuständig für die Seelsorge war dort zu der Zeit der Pfarrer von Oberweißbach. Und klein ist der Ort auch heute noch

MfG
Zf

Demosthenes (384 - 322 v. Chr. Athen)
"Nichts ist leichter als Selbstbetrug, denn was ein Mensch wahrhaben möchte, hält er auch für wahr."
"Nichts ist leichter als Selbstbetrug, denn was ein Mensch wahrhaben möchte, hält er auch für wahr."
Re: Gemeinden ohne Kirche
Moin,
die Entscheidung, ob eine Dorf für eine Kirche oder Kapelle geeignet ist, war in der Vergangenheit recht unterschiedlich. So konnten entweder die jeweiligen Kirchenkreise, -sprengel oder Bistümer dazu etwas in Bewegung setzen oder die Finanzierung eines Kirchen- oder Kapellenbaus wurde durch "örtliche" Vögte, Fürsten, Großgrundbesitzer etc. veranlasst.
Da früher die Pfarrstellen durch bäuerliche Naturalabgaben zu "finanzieren" war, wurde jede zusätzliche Kirche nicht unbedingt mit Wohlwollen betrachtet.
Vielleicht ist es einfacher den Kirchenbestand (vor WK2 ?) anzuschauen und daraus Schlüsse zu ziehen. Letztendlich sind die politischen Gemeinden auch nicht mehr das, was sie früher mal waren
wenn ich mir die Vielzahl an Neuordnungen seit den 50er Jahren anschaue.
die Entscheidung, ob eine Dorf für eine Kirche oder Kapelle geeignet ist, war in der Vergangenheit recht unterschiedlich. So konnten entweder die jeweiligen Kirchenkreise, -sprengel oder Bistümer dazu etwas in Bewegung setzen oder die Finanzierung eines Kirchen- oder Kapellenbaus wurde durch "örtliche" Vögte, Fürsten, Großgrundbesitzer etc. veranlasst.
Da früher die Pfarrstellen durch bäuerliche Naturalabgaben zu "finanzieren" war, wurde jede zusätzliche Kirche nicht unbedingt mit Wohlwollen betrachtet.
Vielleicht ist es einfacher den Kirchenbestand (vor WK2 ?) anzuschauen und daraus Schlüsse zu ziehen. Letztendlich sind die politischen Gemeinden auch nicht mehr das, was sie früher mal waren

Re: Gemeinden ohne Kirche
Wie definierst Du in diesem Zusammenhang "politische Gemeinde"?. Nach dem heutigen Stand? Oder nach dem Stand von 1914? Oder von 1950?Ich mene politische Gemeinden, auf deren Territorium sich nicht mindestens eine Kirche befindet.
In Bayern gab es z.B. zwischen 1969 und 1978 eine Gemeindegebietsreform. 1969 gab es 7073 Gemeinden, 1979 waren es noch 2052.
Bis 1969 gab es zahlreiche politische Gemeinden, die keine Kirchen hatten. Am Beispiel meines Wohnortes Schwarzenbach am Wald:
Da gab es 1969 die selbständigen Gemeinden
- Schwarzenbach am Wald: Kirche
- Döbra: Kirche
- Bernstein: Kirche
- Schwarzenstein: Kirche, aber erst seit 1963!, bedingt durch den Zuzug katholischer Bürger nach dem 2. Weltkrieg (Vertriebene usw.) in diese ansonsten protestanische Gegend.
- Straßdorf: keine Kirche
- Löhmar: keine Kirche
- Meierhof: keine Kirche
- Räumlas: keine Kirche
Also acht Gemeinden 1969, davon VIER ohne Kirche.
Der Bau von Kirchen hing vor 1800 auch davon ab, wie die politischen Verhältnisse in der jeweiligen Gegend aussahen. Gerade in Franken, Schwaben, aber auch Teilen Württembergs gab es damals noch die Reichsritterschaft, die keinem Landesherren, sondern direkt dem Kaiser nachgeordnet waren. Daneben gab es kleine und kleinste Ländereien, die aber direkt im Reichstag vertreten waren. Hier war der Bau von Kirchen oft genug ein Akt der Repräsentation, um den Besitzanpruch auch gegenüber den Kirchen zu vertreten, weil meistens der örtliche Adel dann auch Patronatsherr der Kirche mit entsprechenden Einflußmöglichkeiten war. In großflächigen Staaten, wie z.B. Preußen oder auch (Alt-) Bayern, gab es dagegen teilweise eine Steuerung des Kirchenbaues von Seiten der Staatsführung.
Eine eigene Entwicklung nahm dieses Geschehen in den bis 1803 (Reichsdeputationshauptschluß) bestehenden geistlichen Herrschaften, z.B. in den Bistümern oder reichsunmittelbaren Klöstern. Hier war - vereinfacht ausgedrückt - die Kirche, z.B. der Bischof, gleichzeitig Landesherr und galt als Reichsstand mit Sitz im Reichstag, konnte also in Fragen des Kirchenbaus wesentlich freier entscheiden als ein weltlicher Herrscher. Dieser konnte zwar ein Kirche bauen, brauchte aber immer noch einen Vertreter der Kirche zur Weihe der Kirche und zum Kirchenbetrieb.
Also - man kann sicher nicht behaupten, Politische Gemeinde ist gleich Kirchenbau.
Re: Gemeinden ohne Kirche
@turul: Ich definiere in diesem Zusammenhang politische Gemeinde von 1914, also vor größeren Gemeindezusammenlegungen. In wie weit wurden schon in früheren Jahrhunderten Kirchen als Filialkirchen betrieben?
Re: Gemeinden ohne Kirche
In Kuhstorf (Mecklenburg) (Nicht zu verwechseln mit Kuhsdorf (Prignitz)) gibt es keine Kirche und es gab auch nie eine.
Re: Gemeinden ohne Kirche
Filialkirchen waren im Mittelalter eigentlich der Regelfall. Es gab einige sog. "Urkirchen" von den aus oft viele Jahrhunderte lang die Filialkirche versorgt wurden. In sehr vielen sträubten sich die Priester der Urkirchen mit Händen und Füssen dagegen, eigene Pfarreien in den Filialkirchenorten zuzulassen, weil sie damit ihre Pfründe (Einkünfte) aus diesen Filialkirchen verloren hätten. Die Gründung eigener Pfarreien hing auch oft von den Ambitionen des dort jeweils die Grundherrschaftschaft innehabenden Adligen ab.In wie weit wurden schon in früheren Jahrhunderten Kirchen als Filialkirchen betrieben?
Als Beispiel das heute evangelische Dekanat Hof in Nordost-Bayern. Hier gab es folgende Filialkirchen.
- Trogen, Filialkirche von St. Lorenz, Hof seit mindestens 1366, 1865 eigener ortsansässiger Vikar, erst 1928 Pfarrei
- Töpen, Filialkirche der Pfarrei Gfell seit mindestens 1390
- Isaar, seit mindestens 1659 Filialkirche von Töpen
- Münchenreuth, seit mindestens 1390 Filialkirche von Mißlareuth, 1846 eigenes Vikariat, 1891 Pfarrei
- Köditz, Filialkirche von St. Lorenz, Hof, seit mindestens 1359, 1476 eigener ortsansässiger Kaplan,
- Leupoldsgrün, Filialkirche von St. Lorenz, Hof, seit mindestens 1335, später Filialkirche von Selbitz, 1521 eigene Pfarrei.
- Döhlau, Filialkirche von St. Lorenz, Hof, seit mindestens 1390, 1529 eigene Pfarrei
- Rehau, Filialkirche von St. Lorenz, Hof, seit mindestens 1325, später Filialkirche von Schwarzenbach/Saale, 1470 eigene Pfarrei.
- Pilgramsreuth, Filialkirche von Schwarzenbach/Saale seit mindestens 1308, 1529 eigene Pfarrei
- Regnitzlosau, Filialkirche von St. Lorenz, Hof, seit mindestens 1224, 1322 eigene Pfarrei. Regnitzlosau hatte wiederum Filialkirchen in Posseck und Roßbach (Tschechien) bis zum Ende des 15. jahrhunderts.
- Gattendorf, Filialkirche von St. Lorenz, Hof, seit mindestens 1250, um 1495 eigene Pfarrei.
Grüße
Jörg
Re: Gemeinden ohne Kirche
Das ist nicht so einfach, wenn man sich allein Schleswig-Holstein betrachtet. Nach der Trennung von Dänemark sind sicher die Herzogtümer als politische Gemeinden zu betrachten, die dann später zum Teil in Kreise und Amtsbezirke aufgeteilt wurden.
Die Verteilung, der Umfang und die Bedeutung der Amts- und Stadtbezirke in Preußen sind in diesem Werk beschrieben,
Auszüge dazu:
https://www.degruyterbrill.com/document ... restricted
https://www.degruyterbrill.com/document ... 0-067/html
Ich möchte behaupten, die Amtsbezirke in Schleswig-Holstein haben und hatten alle mindestens eine Kirche.
Beste Grüße
Die Verteilung, der Umfang und die Bedeutung der Amts- und Stadtbezirke in Preußen sind in diesem Werk beschrieben,
Auszüge dazu:
https://www.degruyterbrill.com/document ... restricted
https://www.degruyterbrill.com/document ... 0-067/html
Ich möchte behaupten, die Amtsbezirke in Schleswig-Holstein haben und hatten alle mindestens eine Kirche.
Beste Grüße