das alte Postamt auf dem “Siggi“, wie der Siegfriedplatz heute von jüngeren Generationen auch genannt wird, weckt bei mir Jungend- und Kindheitserinnerungen. Damals war ich öfter mal dort, zum Briefmarken kaufen oder auch mal ein Päckchen aufgeben. In die kleine Schalterhalle gelangte man durch die rechte Tür, die Du beschreibst.
Auf die damalige Funktion des Gebäudes, insbesondere als Polizeiwache und Postamt, wiesen auch die am Gebäude angebrachten und heute noch vorhandenen beiden Reliefe hin.
Das linke zeigt einen Gendarmen, der einen Verhafteten abführt und ist mit weiteren, justizspezifischen Symbolen wie einer Fußfessel mit Kette und Kugel und einer Waage verziert. Das rechte zeigt mittig einen Postillion zu Ross der in sein Horn bläst und unten einem Telegraphenapparat verziert. Beide Reliefe sind oben mit einer Krone verziert.
Hier noch ein kurzer geschichtlicher Abriss:
Quelle: Baudezernent von FormatPolizei und Post für die Bürger
Doch zurück zu Friedrich Schultz und sein für den Bielefelder Westen wohl wichtigstes Gebäude: die Bürgerwache. 1912 hat er das Gebäude geplant. Im April 1913, also vor 100 Jahren, legten die Bauarbeiter los. Als die Bürgerwache fertig war, prangten allegorische Reliefs an der Front: Ein Polizist, der einen »Verbrecher« verfolgt, sowie ein Postillion.
Im mittleren Teil des Gebäudes waren drei Büros für den 1. Polizeibezirk reserviert. Hinzu kamen eine Abortanlage und eine Wachstube im Erdgeschoss sowie zwei Wohnungen für den Kommissar und den Eichmeister im Obergeschoss. Ein Gehilfe des Eichamtes musste sich, der Hierarchie folgend, mit dem Dachgeschoss begnügen. Das Eichamt mit seinen drei Amtsstuben und einer Toilette waren im linken Gebäudeflügel. Den rechten nahm das Postamt IV mit Schalterraum für Brief- und Paketannahme, einem Büroraum und wiederum einer eigenen Abortanlage in Beschlag. Zum Gebäude gehörten noch zwei Schuppen. In einem waren die Wagen der Post untergebraucht, im anderen die Werkstatt des Eichamtes.
Mit der Eröffnung der Polizeiwache und des Postamtes am Siegfriedplatz trug die Stadt dem enormen Wachstum im Bielefelder Westen Rechnung. Dort waren seit den 1880er Jahren vor allem Wohnhäuser und Gewerbebetriebe entstanden. Die Bürger konnten sich jetzt in ihrem Viertel an die Polizei wenden - unter der Woche von 8 bis 13 Uhr und von 15 bis 18 Uhr. Nur an den Wochenenden war die Wache geschlossen.
Viele Grüße
Kai