Hochspannungsleitung Redwitz-Remptendorf

Bauliche Infrastruktur der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze und des Eisernen Vorhangs
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Toliman
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Hochspannungsleitung Redwitz-Remptendorf

Beitrag von Toliman » 03.12.2022 18:46

Durch die deutsche Teilung wurde auch der Abschnitt Redwitz-Remptendorf der einstigen Reichssammelschiene unterbrochen. Wurden eigentlich danach alle Maste dieses Abschnitts nach der Unterbrechung abgebaut oder waren Teile noch zeitweise funktionslos oder für niedere Spannungen noch erhalten? Immerhin konnte der Wiederaufbau der Verbindung 1991 relativ zügig realisiert werden, weil für die Maste noch Dienstbarkeiten in den Grundbüchern verzeichnet waren.


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Re: Hochspannungsleitung Redwitz-Remptendorf

Beitrag von Toliman » 05.12.2022 21:17

Das mit der funktionslosen Bahnstromleitung von Steinbach zur ehemaligen Zonengrenze war mir bekannt. Aber befand sich die Verbindung von Redwitz nach Remptendorf auf westdeutscher Seite zumindest in der Anfangszeit auf westdeutscher Seite in einem ähnlichen Zustand oder wurden alle Maste kurz nach der Unterbrechung der Leitung abgebaut?

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Re: Hochspannungsleitung Redwitz-Remptendorf

Beitrag von ElexTro » 07.12.2022 18:38

Quelle:
Dr.-Ing. Georg Boll: Entstehung und Entwicklung des Verbundbetriebes in der deutschen Elektrizitätswirtschaft bis zum europäischen Verbund (Netzkarte 110 kV aufwärts von 1969)

Die Reichssammelschiene Remptendorf-Ludersheim war bis etwa 1954 in Betrieb, nach sowjetischen Demontagen (im UW Remptendorf wurde ein Transformator abgebaut) war aber nur ein Stromkreis effektiv nutzbar. Auf der DDR-Seite wurde die Leitung ziemlich bald nach der Unterbrechung an der Grenze entfernt (selbiges gilt auch für die Bahnstromleitung). Auf bayerischen Gebiet gab es die Leitung noch und wurde auf 110 kV degradiert, dabei im Norden an die 110-kV-Leitung von Neuhaus-Schierschnitz nach Kulmbach angeschlossen. Ob diese Leitung auch schon 1954 abgebaut wurde, keine Ahnung aber anzunehmen. Später entstanden in Würgau (1958) und Redwitz (1972) Umspannwerke für 220 kV, die RSS wurde dann wieder auf diese Spannung heraufgestuft. Der Teil nördlich von Redwitz bis zur genannten Leitung war noch bis zum Neubau der heutigen 380-kV-Leitung in Betrieb, der weitere Teil zur Zonengrenze war 1969 noch eingezeichnet.

Der Bau der Leitung Remptendorf-Redwitz (Inbetriebnahme 20. Dezember 1991) ging deshalb so schnell, weil er als Ersatzneubau in Trasse der Reichssammelschiene durchgeführt wurde, auf Thüringer Seite die Grundbucheinträge für die dort mittlerweile abgebaute Leitung vorhanden waren und das Projekt politisch ohnehin von symbolischer Wichtigkeit war.

Ich war letztes Wochenende zufällig in der Ecke und habe Fotos gemacht, diese sind auch auf Wikipedia zu finden:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File ... -04_01.jpg
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Fre ... -04_09.jpg (die kleine Leitung gehörte zu Neuhaus-Schierschnitz-Remptendorf)

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Re: Hochspannungsleitung Redwitz-Remptendorf

Beitrag von Toliman » 08.12.2022 13:54

Wenn der Neubau auf der alten Trasse erfolgt ist und wenn die alte Leitung mindestens bis 50.291187 N 11.302405 O noch in Betrieb war, dann gab es seinerzeit einen Mast auf DDR-Gebiet und zwar bei 50.272487 N 11.256880 O!

Ob 1969 noch die Maste bis zur Zonengrenze noch standen? Kann gut sein. Ich weiß, die Maste von der Bahnstromleitung standen bis in die 2. Hälfte der 1980er Jahre.

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Re: Hochspannungsleitung Redwitz-Remptendorf

Beitrag von ElexTro » 08.12.2022 19:01

Vermutlich war die Reichssammelschiene hier auch verlegt worden oder der Trassenverlauf der heutigen Leitung weicht geringfügig ab. Evtl. war die Sperranlage aber noch hinter dem Masten, sodass das keine Rolle spielte (die Leitung wurde ja vor dem Bau der Grenzanlagen errichtet).

Die Bahnstromleitung verlief früher auch über ein Stück DDR-Gebiet im Zipfel bei Sonneberg. Kann man auf älteren Luftaufnahmen schön sehen, wie die Leitung auf anderen Masten südlich und östlich herumgeführt wurde. Mittlerweile sind die alten Masten aber durch Neubauten ersetzt worden.

Im Bayernviewer (Karten von 1987) ist die Leitung bis zur Zonengrenze bei Tschirn/Brennersgrün noch eingezeichnet

Interessant ist übrigens auch dieses Foto. Reichssammelschiene zwischen Würgau und Redwitz beim Abbau, aber ohne die markante Erdseiltraverse.

Gibt es Fotos oder Augenzeugenberichte von der funktionslosen Weiterführung der Bahnstromleitung von Steinbach zur (ex-)Grenze?

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Re: Hochspannungsleitung Redwitz-Remptendorf

Beitrag von Frank K. » 09.12.2022 19:37

Auf dem Thüringen Geoportal gibt es zur Stelle nur LBer bis 1945 und ab 1994 :(
Auf D-Sat2 ist mE zu erkennen daß die Sperranlagen hinter diesem Mast lagen und daß er darauf nicht mehr zu erkennen ist. Ich denke man erkennt da den Neubau der Strecke - Aufnahmen sind von 1991±1.
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Re: Hochspannungsleitung Redwitz-Remptendorf

Beitrag von Toliman » 12.12.2022 22:42

Gibt es Fotos oder Augenzeugenberichte von der funktionslosen Weiterführung der Bahnstromleitung von Steinbach zur (ex-)Grenze?
Ein Bild gibt es im Buch "Grenze über deutschen Schienen" von Ralf Roman Rossberg

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Re: Hochspannungsleitung Redwitz-Remptendorf

Beitrag von ElexTro » 20.02.2023 19:18

Beim LDBV gibt es Luftbilder von Bayern aus vergangenen Jahren. Ich habe mir heute mal die Mühe gemacht und bin anhand von Orthophotos der Jahre 1980-85 den heute abgebauten Teil der Reichssammelschiene abgeflogen. Im Folgenden meine durchaus interessanten Beobachtungen:

- Nahezu der gesamte Abschnitt zwischen Elsenberg und Redwitz (die "Bergetappe" über die Fränkische Alb) hatte nicht die bekannten Masten mit Erdseiltraverse, sondern Masten mit stärkerem Profil, breiteren Traversen und einfacher Erdseilspitze. Sahen fast exakt so aus wie die Masten im österreichischen Abschnitt. Nördlich von Redwitz wieder die bekannten Masten.
- Würgau und Redwitz waren 220-kV-Umspannwerke, die Leitung von Würgau in Richtung Bamberg war 220 kV mit Donaumasten, von Redwitz in Richtung Mechlenreuth hatte schon das 380-kV-Gestänge, beide Stromkreise allerdings 220 kV
- Der von Redwitz weiter nach Norden führende Abschnitt der Reichssammelschiene mündete in Redwitz in die 110-kV-Anlage
- Dort, wo die heutige 380-kV-Leitung eine Ecke über Thüringer Gebiet führt, wurde die Reichssammelschiene nachträglich verlegt. Über zwei Abspannmasten (Donaumasten mit einfacher Spitze) wurde die Ecke über DDR-Gebiet durch ein längeres Spannfeld abgekürzt.
- Damals wie heute mündete die 110-kV-Leitung nach Kronach auf den alten Donaumasten in die Leitung. Daher auch der 110-kV-Betrieb der Reichssammelschiene.
- Die Leitung führte bis kurz vor die DDR-Grenzanlagen bei Tschirn. Am letzten Abspannmasten auf bayerischem Gebiet endeten die beiden Stromkreise blind, dann folgte ein einzelner Tragmast ohne Leiterseile und Isolatoren, danach die Grenzanlagen - auf Thüringer Gebiet weiter nach Remptendorf existierte die Leitung seit den 1950er Jahren nicht mehr.

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