38cm Eisenbahngeschütz Siegfried eingesetzt bei Teuchern in Sachsen-Anhalt

Militärische Objekte und Anlagen des 2. Weltkriegs (und 1933-1945)
Sgt.York
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38cm Eisenbahngeschütz Siegfried eingesetzt bei Teuchern in Sachsen-Anhalt

Beitrag von Sgt.York » 04.01.2018 18:34

Hi,
als Neuling muss ich gleich mal ein Frage stellen auf die ich bis jetzt leider keine Antwort erhalten habe.
Zuerst aber erst einmal kurz etwas über mich. Mein richtiger Name ist Alex, bin fast 30 und interessiere mich (auch aus beruflichen Gründen) für Munitionstechnik.
so, und jetzt zu meiner Frage:

Im Frühsommer (März/April) 45 wurde nahe der Ortschaft Teuchern in Sachsen-Anhalt eines (von insgesamt drei produzierten) 38cm Eisenbahngeschützen "Siegfried" in Richtung Leuna gegen die anrückenden Russe eingesetzt.
Hat dazu vielleicht jemand nähere Informationen? Welches Geschütz (Nummer / Name) war das, Genaues Datum, wie viele Schüsse wurden abgegeben, welche Einheit betrieb das Geschütz, wo war die genaue Feuerstellung, wie wurde geschossen (Schießkurfe oder vom Gleis,......

Leider blieben meine Recherchen alle ohne Erfolg, Luftbildauswertung ergab nichts, viel Literatur zu Eisenbahngeschützen gibt es nicht (und wenn dann nur zu Dora und K5)und der Heimatverein wusste nicht einmal das das teil dort überhaupt geschossen hat, die wüsten nur das da mal eins "rumgefahren" ist.

Für eure Bemühungen bedanke ich mich bereits im voraus.

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niemandsland
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Beitrag von niemandsland » 04.01.2018 22:52

Hallo Alex,

ich werde Dir sehr wahrscheinlich nicht helfen können.
Aber mich würde mal interessieren woher die Info stammt, dass das Geschütz dort gestanden hat?

Gruß aus Hannover
Guido Janthor
Das Reh springt hoch, das Reh springt weit, warum auch nicht, es hat ja Zeit! :jump:

Sgt.York
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Beitrag von Sgt.York » 05.01.2018 07:04

Auf diese Frage habe ich ehrlichgesagt gewartet.
Da die WH sich im Abwehrkampf bzw. auf dem Rückzug befand, sind die Hülsen nicht mehr zurück geliefert worden sondern sind einfach "auf dem Acker" liegen geblieben. Da die Hülsen aus massivem (ca. 40kg) Messing sind, hat sich die Bevölkerung nachdem das Geschütz weitergefahren ist (würde mich auch interessieren von wo es kam und wohin es weiterging) über die liegengebliebenen Hülsen her gemacht. Die meisten (so vermute ich) wurden in der Nachkriegszeit beim Schrotthändler zu Geld gemacht.
Eine allerdings nicht, der "Finder" war Landwirt und in die Hülse passte etwas mehr als ein Zentner Getreide. Bei der Hülse lies er sich von der ortsansässigen Dreherei den Boden Abdrehen so das in den Hülsenschaft genau der Zentner Getreide rein passt. Den Boden behielt die Dreherei als Bezahlung welcher bis in die späten 90er als Aschenbecher genutzt wurde (dabei wurde leider der Zünder entfernt).
In den späten 90ern schenkte der Bauer den inzwischen stark vergammelten Hülsenschaft einem ehemaligen NVA Feuerwerker die sich inzwischen im Ruhestand befand. Dieser sammelte inerte Munition. Der Bauer erzählte dem Sammler auch vom verbleib des Hülsenbodens. Für zwei Kisten Bier und einen neuen Aschenbescher konnte er den Boden der noch immer als Aschenbecher genutzt wurde erwerben.
Anfang des Jahres verstarb der Sammler und sein Sohn veräußerte (na ja, verramschte) die Reste der Sammlung.
So fanden die Fragmente der Hülse sowie die dazugehörige Geschichte über Ebay-Kleinanzeigen den Weg zu mir. Jetzt interessiert mich natürlich auch die Geschichte des Einsatzes bei Teuchern sowie die Geschichte des Geschützes allgemein.

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Beitrag von zulufox » 05.01.2018 10:58

Hallo,

mit einer Aussage in der Anfrage habe ich ziemliche Probleme:

"Im Frühsommer (März/April) 45 wurde nahe der Ortschaft Teuchern in Sachsen-Anhalt eines (von insgesamt drei produzierten) 38cm Eisenbahngeschützen "Siegfried" in Richtung Leuna gegen die anrückenden Russe eingesetzt."

Das Gschütz wurde mit Sicherheit nicht in Richtung Leuna gegen die anrückenden Russen eingesetzt, denn dort rückte die US-Army vor. Der Fliegerhorst Merseburg nördlich Leuna wurde am 12. April 1945 besetzt. Die US-Army rückte ja noch bis zur Elbe vor.

Das Vordringen der US-Army durch Thüringen und Sachsen-Anhalt wurde und wird in einer Buchreihe des Rockstuhl-Verlags Bad Langensalza ausführlich dargestellt.

https://www.verlag-rockstuhl.de/epages/ ... 6777-648-6

MfG
Zf :holy:

P.S.: Die im Südosten von Teuchern gelegene Stadt Zeitz war während des Dritten Reichs Standort von Artillerie-Einheiten.
Demosthenes (384 - 322 v. Chr. Athen)
"Nichts ist leichter als Selbstbetrug, denn was ein Mensch wahrhaben möchte, hält er auch für wahr."

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38 cm Eisenbahngeschütz "Siegfried"

Beitrag von Bunkerbob » 09.01.2018 11:31

Wenn man sich ein wenig länger mit der Geschichte (und vor allem dem, was so an Geschichten über die Geschichte erzählt wird) beschäftigt, wird man Überlieferungen gegenüber sehr vorsichtig und versucht, mehrere unabhängige Aussagen hierzu in Übereinstimmung zu bringen.

Hm, für die Aussage
Sgt.York hat geschrieben: Im Frühsommer (März/April) 45 wurde nahe der Ortschaft Teuchern in Sachsen-Anhalt eines (von insgesamt drei produzierten) 38cm Eisenbahngeschützen "Siegfried" in Richtung Leuna gegen die anrückenden Russe eingesetzt.
gibt es als Beleg zunächst nur einen einzigen "stark vergammelten Hülsenschaft", der - mitsamt der erzählten Geschichte - aus dem Nachlass eines Sammlers vom Sohn "verramscht" wurde.
Der Sammler hätte das Teil vom Bauern erhalten, der es als Maß für einen Zentner Getreide genutzt hat. Allerdings wurde der Boden abgedreht und als Aschenbecher genutzt.

Hierzu zunächst ein paar Anmerkungen:
Das spezifische Gewicht von Getreide schwankt extrem, einmal bei gleicher Getreideart aufgrund der Feuchtigkeit, andererseits von Getreideart zu Getreideart:
Hafer: 450 - 540 kg/m³
Gerste: 570 - 670 kg/m³
Roggen: 580 - 770 kg/m³
Weizen: 620 - 870 kg/m³
also zwischen 450 (Hafer, trocken) und 870 (Weizen, feucht) kg pro m³.
Ein einziges Volumenmaß zum Abmessen eines bestimmten Gewichtes ist bei solchen Schwankungen also eher unwahrscheinlich.

Vielleicht wurde aber ja nicht das Gewicht, sondern ein bestimmtes Volumen gemessen:
Bei den Bauern üblich (die scheren sich mit Doppelzentner, Hektoliter und Dezitonnen ja wenig um die SI-Basiseinheiten) ist z.B. der Hektoliter, also 100 Liter.
Und da liegt die Hauptkartusche der 38 cm Hülsenkartusche 34 mit 436,8 mm Außendurchmesser und 820 mm Hülsenlänge ja im Bereich.
Die Leute in der Dreherei müssen Kettenraucher gewesen sein, der Boden der 38 cm Hauptkartusche C 34 hat einen Durchmesser von 470 mm!).
Interessant wäre einmal ein Foto der Teile, insbesondere des Hülsenbodens.


Zum Geschütz:
Es wurden 7 Stück bei Krups bestellt, nach den meisten Quellen wurden 4 Stück als Eisenbahngeschütz tatsächlich gebaut und ausgeliefert.
Zwei Stück waren an der Westküste bei der Eisenbahn-Batterie 698 stationiert zunächst am Pas de Calais und dann am „Südwall“ und wurden dort im August 1944 durch Luftangriffe zerstört.
Ein Geschütz wurde im Oktober 1944 bei Metz durch Spione an die Amerikaner verraten und durch Artilleriebeschuss zerstört, und eines wurde bei Ahlen (Münsterland, Kriegsende dort 31.03.1945) durch die Alliierten erobert. Das wären vier.

Dazu kommt, dass die Dinger nicht einfach mal so von der Schiene schiessen konnten, sondern eigentlich eine "Vögele-Drehscheibe" benötigten, oder zumindest eine Schießkurve. Insofern halte ich den Einsatz eines 38 cm Eisenbahngeschützes im Abwehrkampf in den Enttagen des Krieges für eher unwahrscheinlich, denn so eine Drehscheibe zimmert man nicht mal eben in den Boden, und eine bestehende Eisenbahnstrecke, die gerade am Standort eine passende Schießkurve bietet muss auch erst gefunden werden.

Und wenn dort ein 38 cm Eisenbahngeschütz ein paar Schuß abgegeben hat, dass war das so beeindruckend, dass das bestimmt bei dem einen oder anderen im Gedächtnis hängen geblieben ist. Aber Du schreibst
Sgt.York hat geschrieben: Leider blieben meine Recherchen alle ohne Erfolg, Luftbildauswertung ergab nichts,... und der Heimatverein wusste nicht einmal das das teil dort überhaupt geschossen hat, die wüsten nur das da mal eins "rumgefahren" ist.
Wäre interessant, wenn man weitere Belege finden könnte, aber erst einmal kann es auch (wenn ein Geschützzug dort "rumgefahren" ist, oder auch nur ein Munitionstransport) nur aus Munitionsentsorgung zu Kriegsende stammen.
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Re: 38 cm Eisenbahngeschütz "Siegfried"

Beitrag von Bunkerbob » 09.01.2018 11:43

Bunkerbob hat geschrieben: Und da liegt die Hauptkartusche der 38 cm Hülsenkartusche 34 mit 436,8 mm Außendurchmesser und 820 mm Hülsenlänge ja im Bereich.
Die 38 cm Hülsenkartusche 34 der Marine war aus Messing, die der Siegfried-Treibladung aus Stahl
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Sgt.York
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Beitrag von Sgt.York » 09.01.2018 20:35

Hi Bunkerbob,
als aller erstes einmal danke ich dir für deinen wirklich hilfreichen betrag!

Das mit dem Getreide ist eine nette Geschichte am ründe, wie das gemessen wurde interessiert mich aber ehrlich gesagt nur bedingt, ich glaube das jetzt einfach mal.
Die Geschichte des Geschützes zur hur Hülse um so mehr.

Eine Sache die mich von Anfang an etwas gewundert hat ist das es sich wirklich um eine marine-Hülse handelt das sie eine Marine Abnahmen hat!
Aus Mangel an Literatur und im vergleich zu dir auch Fachwissen, habe ich einfach angenommen das mit dem E-Geschütz auch Marine Hülsen verschossen werden konnten.

Das sich heute keiner mehr daran erinnern konnte das das teil nahe dem Ort geschossen hat, hat mich auch gewundert (nahe meinem Heimatort hat bis in die frühen 50er ein 32cm beute E-Geschütz gestanden, und das erzählt man sich heute noch). Nur der Heimatverein konnte mir mitteilen das wohl ein E-Geschütz auf dieser Nebenstrecke mehrfach gefahren ist.

Ich werde in absehbarer Zeit Bilder des Hülsenbodens Posten (der ist auf Grund meines Umzuges noch in einem Karton verpackt) den Schaft habe ich zum reinigen weg gegeben.

Bunkerbob
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Herkunft der Hülse

Beitrag von Bunkerbob » 10.01.2018 07:52

Moin Alex,
versteife Dich nicht so auf eine verschossene Hülse, die Beweise dazu fehlen ja:
die Zündschraube fehlt, und selbst eine eingeschlagene Zündschraube bedeutet nicht, dass die Hülse verschossen wurde - das hat man auch mal beim Delaborieren gemacht, um den Anzündsatz auszulösen und ungefährlich zu machen.
Und Schmauchspuren sind sicherlich im Laufe der Jahre verschwunden - bei der angeführten Nutzung als Getreidelot hoffentlich vor der ersten Nutzung ...

Ansonsten liegt so ein Zeug auch aus manchmal kuriosen Gründen einfach nur so herum:
Hülsen von der 80 cm Dora hat man auch an allen möglichen Orten gefunden, u.a. durch die Sowjets als Löschwasserbehälter eingegraben.

Gruß
Robert

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Beitrag von Sgt.York » 14.01.2018 20:12

Hi Robert,
da es dich vielleicht interessiert hier einmal zwei Bilder des Hülsenbodens.
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Beitrag von Sgt.York » 14.01.2018 20:17

und noch das zweite Bild
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