MUNA oder WIFO bei Herbram Wald

Rüstungsindustrie, Waffen- und Munitionsproduktion, Munitionsanstalten, Tanklager, Depots, U-Verlagerungen etc.
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redsea
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Beitrag von redsea » 28.02.2017 19:03

Hallo Phil,

das Buch werde ich mir wohl auch bestellen. :-)

Mit Wälder um den Ort herum meine ich insbesondere den Bereich nord-westlich, in dem sich die Tankbehälter befanden, aber auch nördlich bis nord-östlich den Bereich der Gleisanlagen.

Die ehemalige Verwaltung, später dann Hotel und Restaurant wird heute als Wohnaus genutzt. Die Bewohner sind sehr nett, können aber nur wenig Auskunft über die Geschichte des Ortes, geschweige denn über die ehem. WiFo geben. Von den anderen Einwohnern wird man recht "mißtrauisch" beäugt, wenn man dort langsam durch die zwei, drei Straßen fährt oder dort zu Fuß entlang läuft. Die Rampe ist heute mit einer Lagerhalle überbaut, ob diese, wenn auch nur zum Teil, damals schon stand kann ich nicht beurteilen. Der ehemalige LS-Bunker ist ebenfalls überbaut. Ansonsten kannst Du in GE sehr gut nachvollziehen, welche Gebäude heute noch stehen. Allerdings habe ich den Eindruck, dass ein paar Gebäude jünger sind, nur an gleicher Stelle erbaut wurden.

Den Erlenweg kannst Du bis zum Eggering befahren, weiter heißt er dann Birkenweg und ist für Fahrzeuge gesperrt. Dort fängt dann auch der wirklich interessante Bereich an.

Die Karte der Altenbekener Eisenbahnfreunde habe ich mir damals als Overlay auf mein Handy gezogen (siehe Anhang), damit hat man eine sehr gute Orientierung im Gelände bzw. Wald.

Was an der Geschichte des vermeintlichen Eisenbahnbunkers, in dem angeblich ein ganzer Zug untergestellt werden konnte, dran ist kann ich leider nicht sagen. Darüber habe ich damals leider nicht mehr heraus bekommen können. Vielleicht lohnt hier ja noch mal ein Gespräch mit Herrn Krömeke oder Herrn Klösener.

Viele Grüße

Kai
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arachnoPhil
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Beitrag von arachnoPhil » 03.03.2017 09:53

Guten Morgen,


zu dem Eisenbahnbunker kann ich bis dato nur sagen, dass es diesen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gegeben hat.

Natürlich gibt es weder Pro- noch Kontra-Beweise dafür, aber so ein Gebäude wäre für ein Tanklager doch eher ungewöhnlich und nicht wirklich sinnvoll.

Gruss... Phil...

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Beitrag von redsea » 03.03.2017 18:04

Hallo Phil,

das sehe ich genauso und wir wissen ja wie schnell sich die utopischsten Gerüchte verbreiten.

Ich habe schon einige Eisenbahnbunker besichtigt und denke daher zu Recht behaupten zu können, dass ein oberirdisches Bauwerk derartiger Dimension bekannt wäre, wenn es es denn geben würde.

Einen Stollen zur Unterbringung von EKWs oder gar eines ganzen Zuges macht für mich in einem Tanklager ebenfalls keinen Sinn und auch hierzu würde der Nutzen den Aufwand nicht rechtfertigen.

Viele Grüße

Kai

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Beitrag von arachnoPhil » 06.03.2017 08:53

Moin.

Ein paar Informationen hätte ich bereits.

Nur noch weniges ist bis heute erhalten, so z. B. abgesehen von den Bunkerresten, das ehem. Verwaltungsgebäude (Privateigentum und im Verfall), die Ölflaschenabfüllstation (Privateigentum u. umgebaut), das ehem. Kesselhaus (Privateigentum u. total umgebaut).


Edit: das Buch ist gerade angekommen. Auf den ersten Blick kann ich sagen: "beeindruckendes Werk". Es gibt nicht mehr viele Exemplare, also solltet ihr euch beeilen, falls ihr noch eines ergattern wollt.



Gruss... Phil...

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Beitrag von arachnoPhil » 08.05.2017 11:04

Moin,

Wir machten uns an einem schönen Frühlingstag auf den Weg um die Anlage zu betrachten bevor sie besenrein wird. Um ein wenig vorweg zu greifen, wäre die Umgebung nicht so wundervoll zum wandern gewesen, wären wir nach einer guten Stunde bereits heimgefahren.

Wir starteten am Verwaltungsgebäude, welches der uninformierte Wanderer nur als ruinöses Gasthaus erkennt, und schlenderten die „Hauptstrasse“ entlang, an der sich Kammerlager, Werkstätten, Ölbehälter, Labor und Giftflaschenlager befunden haben. Zu sehen ist davon rein gar nichts mehr. Wenn man genau hinsieht, findet man in erster Linie Reste der Originalstrassen. Man sieht eine alte Betonrampe auf die ein Schuppen gebaut wurde. Das Problem bei diesen Resten ist, dass sie in Privatbesitz sind und dort Menschen wohnen. Der Anstand gebietet es, dass man nicht ungefragt durch die Vorgärten marschiert. Da eigentlich alle WiFo-Gebäude, bis auf die Bunker, vor 1990 entfernt wurden, geht man eigentlich nur durch eine kleine Siedlung. Im hinteren Bereich findet man die gesprengten Bunker für die Benzinpumpenstation, Magazin, Wasserpumpe am Feuerlöschteich, einige Kontrollschächte und die Kläranlage. Diese bemoosten Trümmer werden unsichtbarer je höher die Vegetation reicht. Man erkennt die Klärgrube und die Eingangsbereiche der Bunker. Von den einst 12 grossen Lagertanks sieht man nur noch die Splitterschutz-Erdwälle in denen die Tanks standen, und davon auch nur noch drei an der Zahl. Die einstige Verladung wurde komplett mit Erdreich zugeschoben und ein Spielplatz drauf gesetzt.

Wir waren, gelinde gesagt, verwirrt. Wie sollte man diese wirklich spärlichen Reste touristisch erschliessen? Wenn man sich Zeit lässt ist man in unter einer Stunde das komplette Dorf abgelaufen. Ich schätze Tourismus würde den Anwohnern eher den Frieden nehmen, denn gemütlich und ruhig ist es hier allemal. Und so rächt es sich, dass man den Resten des Zweiten Weltkrieges in unserem Land Jahrzehnte lang den Denkmalstatus versagt hat.

Gruss... Phil...

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Beitrag von arachnoPhil » 12.05.2017 14:20

Moin moin,




Ich möchte hier nun einige Informationen, die man zu dieser Anlage im Internet findet berichtigen. Leider wird ein Text immer und immer wieder kopiert und akzeptiert, der einer starken Verbesserung bedarf (auch hier im Thema verlinkt) . Auch ich liess mich von der ordentlichen Struktur der Informationen und der dazugehörigen Quellenangaben fehlleiten und werde nun diese Informationen mit dem Wissen aus der sehr umfangreichen Publikation und Gesprächen mit Herrn Kroemeke „geraderücken“.



Die WiFo-Anlage ist seinerzeit durch ein SS-Wachkommando innen „wie auch von außen“ bewacht worden. Auf der zuerst von mit genutzten Quelle wird fälschlicherweise behauptet, dass „der äussere Bereich durch Kriesgefangene bewacht worden sei“. Im gesamten damaligen Wehrbereich Deutschlands hat es keine Anlage gegeben, die von Kriegsgefangenen bewacht wurde. Es erscheint absurd, Kriegsgefangene wieder mit Waffen auszustatten und geheime Anlagen bewachen zu lassen.




Verladung: Ein 500 Meter langes Gleisbett, welches am Endpunkt einige Meter unter dem Bodenniveau der Anlage lag, war komplett mit Tarnnetzen überspannt, und beherbergte mehrere elektrische Pumpen eingebaut waren. Diese beförderten die flüssigen Rohstoffe zur Benzinpumpenstation.
Heute ist von der Verladung nichts mehr zu sehn, da sie mit allem was nach dem Krieg herumlag zugeschoben wurde. Heute ist hier ein Spielplatz.

Märchen: Das Gerücht, dass sich am Ende des Ladegleises ein verbunkerter Tunnel für LKWs befunden haben soll ist übertrieben. Hier befand sich lediglich der Förderschacht (siehe Kanisterabfüllstation). Dass es einen Tunnel gegeben haben soll, in dem ein ganzer Zug Platz fand, muss man ins Land der Märchen schieben. Vergleicht man die hiesige Bodensituation dieser Anlage mit bekannten Tunnelbunkern für Züge aus der Zeit, wird klar, dass es so etwas hier nicht gegeben hat.



Verwaltung: Das grosse representative Verwaltungsgebäude mit einem Sockel aus Eggesandstein beherbergte neben Büro- und Verwaltungsräumen auch eine Kantine im Keller, mehrere Zimmer für Offiziere oder der SS. Desweiteren befand sich angeschlossen an den Keller des Gebäudes ein Luftschutzbunker mit einer Grösse von ca. 10 mal 10 Metern.
Heute ist das Verwaltungsgebäude ruinös. Es wurde nach dem Krieg zuerst Schulraum und später ein Hotel. Seit einigen Jahren steht es leer.



Benzinpumpenstation: Die unterirdische Anlage mit einer Grösse von 30 x 15 Metern, zwei Eingängen und 50 cm dicken Betonwänden, pumpte die Rohstoffe in die Tankbehälter oder die Mischanlagen. Dieses Bauwerk war das Rückrad der Anlage und wurden noch intensiver bewacht und kontrolliert. Das Gebäude wurde durch die Bombardierung nicht beschädigt sondern später durch die Besatzer ausgeräumt und gesprengt worden.
Heute findet man nur noch die zwei Eingänge und die im Waldboden verteilten Betontrümmer.



Treibstoffbehälter: Angelegt wurden 12 oberirdische runde Treibstoffbehälter aus Stahl mit einem Fassungsvermögen von je 600.000 Litern. Diese zehn Meter im Durchmesser und acht Meter Stahlröhren hohen standen auf massiven Betonfundamenten und wurden mit einem Erdwall umgeben, mit Ziegeln ummauert und mit einem Tarnnetz überspannt.
Heute findet man nur noch drei Erdwälle inmitten der Vegetation.



Öllagertanks: Unterirdisch angelegt wurden vier kleine Lagerbehälter für Öle mit einem Fassungsvermögen von je 100 m3. Sie waren in den Waldboden eingelassen und mit einem Betonmantel, Ziegelsteinen und einer Erdschicht verstärkt.
Heute ist von den Öllagertanks nichts mehr zu sehen.



Mischbehälteranlage/Mischplatte: In diesem massiven hallenähnlichen Betonskelettgebäude wurden chemische Zusatzstoffe zugeleitet, durchgemischt und danach zuerst in die Tanks der Benzinpumpenstation und dann in die Treibstofftanks gepumpt.
Heute ist die Mischplatte ein Wohnhaus. Im Keller findet man angeblich jedoch noch Reste der eigentlichen Funktion. Die Mischbehälteranlage ist durch Bomben total zerstört worden und ist heute nicht mehr zu erahnen.



Fasslager: In diesem unterkellertem eistöckigem Gebäude wurden Ersatzfässer und wohl auch Kanister bevorratet.
Heute ist davon nichts mehr zu sehen, da die zerbombten Reste 2004 abgeräumt wurden.



Kanisterabfüllstation: In dieser Station wurden die fertigen Treibstoffe in 20-Liter-Wehrmachtskanister für das Heer und in 200-Liter-Fässer für die Luftwaffe abgefüllt und verplompt. Sie wurden mit einem Elektrofahrzeug (Verbrennungsmotoren waren durch die Brandgefahr zu unsicher) direkt an das Eisenbahngleis oder über einen Förderschacht nebst Transportband zum Verladegleis transportiert.
Heute ist weder von der Kanisterabfüllstation noch dem Förderschacht etwas zu sehen.



Ölflaschenabfüllstation: In diesem 152 m2 grossen Betonflachdachgebäude wurden die fertigen Schmierfette und Motoröle in 1-Liter-Presspappenbehälter abgefüllt. Danach sind die in leichten Metallkörben verpackten Ölflaschen und Schmierfettbehälter an der kleinen Laderampe abgeholt und zum gerade einmal 30 Meter entferntem Verladegleis transportiert worden.
Heute ist von dem Gebäude nur noch die Grundstruktur zu erkennen. Bis 1994 war es noch original und wurde dann innen wie aussen immer wieder umgebaut.



Labor: Dieser verputzte Ziegelbau wurde in seiner Bauausführung einem Wohnhaus nachempfunden. Hier erfolgte eine regelmässige Kontrolle der Mischungen sowie zur Forschung und zum Experimentieren.
Heute ist das Labor ein Wohnhaus.



Kanisterwaschanstalt: Dies war eines der grössten Gebäude, war halb unterkellert und hatte auf zwei Etagen an die 450 m2 und ein sanft geneigtes Satteldach. Hier sind die zurückkommenden Kanister und Fässer gereinigt und, wenn nötig, innen und aussen neu lackiert worden.
Heute ist von dem Gebäude nichts mehr zu sehen. Es wurde nach dem Krieg als Sargfabrik umfunktioniert und später abgebrochen.



Benzin- und Ölabschneidung: Das hochbelastete Abwasser der Anlage wurde hier in drei Absetzkammern oder Vorklärbecken „gereinigt“ bevor es in den Feuerlöschteich geleitet wurde.
Heute erkennt man das bemooste Mehrkammersystem im Wald noch gut. Das die Natur damals wie heute darunter leidet muss klar sein.



Löschwasserpumpenstation: Dieser Betonbunker mit einer Wandstärke von einem halben Meter diente dazu, Wasser aus dem Löschteich direkt zu den 12 Tankbehältern zu pumpen. Auch konnte mittels Druckminderer die Tanks bei grosser Hitze mit Löschwasser kühlen.
Heute sind noch die durch Bomben getroffenen und zusätzlich gesprengten Betontrümmer zu sehen.



Weitere Anlagenbestandteile waren:

Magazingebäude: Reste der Aussenmauern erhalten.
Ölflaschenlager: Durch Bomben zerstört und abgeräumt.
Kanisterlager: Nicht mehr vorhanden.
Fassreparaturwerkstatt: Nicht mehr vorhanden.
Werkstattgebäude: Nicht mehr vorhanden.
Garagen: In ihrer Grundstruktur äusserlich erhalten.
Transformatorbunker: Gesprengte Betontrümmer und Eingänge erhalten.
Kesselhaus: Fälschlicherweise als „Hochbunker“ bezeichnet. Heute ist es ein Wohnhaus.
Trinkwasseranlage: Einstiegsschächte noch vorhanden.
Schaumlöschmittellager: Nicht mehr vorhanden.
Löschwasserhochbehälter: Gesprengte Trümmer bis heute erhalten.
Feuerwehrhaus: Nicht mehr vorhanden.
Hölzerne Wohnbaracken: Nicht mehr vorhanden.

Quelle: E. Kroemeke – Das Heerestanklager der WiFo



Zum Schluß des Krieges 1945 wurden die getarnten Anlagen von Bombern in Brand geworfen. Der Angriff wurde am Vormittag des 28.3.1945 in vier Wellen von 124 B-26 Bombern der USAF geflogen, bei dem 1793 Sprengbomben (zu 100 500 lb), 24 Splitterbomben zu 260 lb) und 238 Brandbomben (zu 500 lb) abgeworfen wurden.

Quelle: eggegebirgsverein.de







Meine Frage zur Sinnhaftigkeit der touristischen Erschliessung konnte ich mit Hernn K. ebenfalls beantworten.

Ich dachte zuerst, sicher auch aufgrund meiner Misanthropie, Tourismus würde den Anwohnern eher den Frieden nehmen, denn gemütlich und ruhig ist es hier allemal.

Aber das sieht man im Dorf anders. „Erhalt und Förderung des Tourismus und der örtlichen Gastronomie“ ist eines der selbstgesteckten Ziele. Dazu kommt, dass selbst mit einigen Neubauten die Bewohnerzahl des Ortes rückläufig ist.

Einen braunen Besucherandrang scheint niemand zu befürchten.


Ich bin immer dafür deutsche Zeugnisse des 2. Weltkrieges zu erhalten und nicht zu entfernen und zu dämonisieren. Um die Erinnerung an die wohl dunkelste und bedrückendste Epoche deutscher Geschichte wachzuhalten, kann es nicht ausreichen, die Leidensorte der Opfer als Gedenk- und Ehrenstätte zu überliefern. Vielmehr ist es dringend geboten, auch die Orte der Täter zu zeigen, um das Ausmaß von Verstellung, Gewalt und Terror möglichst facettenreich zu dokumentieren.




Gruss... Phil...




Edit: der Lageplan, den Kai oben in GE eingepflegt hat auch einige Fehler. So sind zum Teil die Positionen und Grössen nicht korrekt. So ist zb. das Magazin real weiter östlich und der Feuerlöschteich weiter westlich. Ein "Petroleumlager" gab es nicht, dies war ein Natriumlager welches aber nicht als solches genuzt wurde. Das "Giftflaschenlager" war real das Ölflaschenlager. Der Hochbehälter war nicht rund sondern quadratisch.

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