Aktivierung von Zivilschutzanlagen

Zivile bzw. nicht-militärische Schutzbauwerke und Anlagen des Kalten Krieges
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Gravedigger
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Beitrag von Gravedigger » 16.01.2011 18:32

petzolde hat geschrieben: Beispiel 1: Ende Nov. 2005 schneite es etwas im Münsterland, woraufhin gleich Strommasten zerbrachen, und der Bahnverkehr durch Strommangel und Schneeüberfluss zum Stillstand kam. Weil im Münsterschen Hauptbahnhof viele Reisende strandeten, öffnete man kurzerhand den Bunker unter dem Bahnhof, damit die Reisenden auf den Notbetten übernachten konnten. Vorlaufzeit zur Bunkerinbetriebnahme: ca. 1-2 Stunden. Gute Leistung!
Sowas ist allerdings im allgemeinen "nur" für einen Aufenthalt von maximal 24-48 Stunden gedacht. Für sowas braucht man allerdings nicht unbedingt einen Bunker, die entsprechende Einsatzeinheit einer Hilfsorganisation (DRK, JUH, ASB...) stellt dir so einen Betreuungsplatz auch mitten im Nirgendwo hin wenn es sein muß. Mit dem Thema durfte ich mir gestern und heute auf einem Lehrgang die Zet vertreiben...
Beispiel 2: Ende 2010 fiel wiederum etwas Schnee im Mittleren Westen Deutschlands (z.B. Frankfurt/M). Der Flugverkehr brach zusammen, die Fluggäste hockten (z.T. über mehrere Tage) in Flughafengebäuden, ohne Notbett oder Decke. Vorlaufzeit zur Bunkerinbetriebnahme: Keine - mangels Bunker am Flughafen. Leistung: Keine.
Das liegt allerdings nicht am fehlenden Bunker. Da hat, meiner Meinung nach, das Kriesenmanagement des Flughafenbetreibers versagt (siehe oben)
Fazit: Bunker mit wochenlangen Aufrüstzeiten sind sicherlich wertlos.
Das würde ich jetzt nicht so sagen. Es kommt darauf an, wie lange und in welcher Situation du den Bunker/Schutzraum nutzen willst. Im Verteidigungsfall und einer Aufenthaltsdauer von 14 Tagen im hermetisch abgeriegelten Bunker brauchst du natürlich eine ganz andere Ausrüstung und Lagerhaltung als wen die Leute "nur mal eine Nacht" dort verbringen müssen und es draußen (bis aufs Wetter) friedlich ist. Und für diese längerfristigen Aufenthalte war das Schutzraumkonzept ausgelegt, dementsprechend lange waren dann auch die Aufrüstzeiten...
Aber sofort beziehbare Notunterkünfte bei Katastrofen, kritischen Wetterlagen oder Hochwasser sind schon hilfreich, besonders wenn diese Unterkünfte sowieso "schon da" sind.
Und nicht erst leer geräumt werden müssen, weil sie als Lager genutzt werden, oder erst hergerichtet werden müssen, weil sie vergammelt sind...
Zivilisation bedeutet, sich gegenseitig zu helfen von Mensch zu Mensch, von Nation zu Nation. (Henry Dunant)

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TimoL
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Beitrag von TimoL » 22.01.2011 00:56

Das befestigte Reserve-Lazaret in Neumünster hätte innerhalb von 90 Minuten aktiviert werden können.

Allerdings nur für einen Notbetrieb.
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- Konrad Adenauer (1876-1967), erster Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland 1949-1963 -

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MikeG
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Beitrag von MikeG » 22.01.2011 11:17

Zwar halte ich das auch für Wunschdenken, aber eigentlich spielt das in diesem Zusammenhang kaum eine Rolle - wir reden von Zivilschutz, nicht von militärischen Anlagen.

Mike

naujokmi
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Beitrag von naujokmi » 14.10.2012 23:15

Ich denke mal das es für die örtlichen Einheiten der HiOrg schwierig werden könnte für eine so erhebliche Anzahl von "gestrandeten Personen" einen Aufenthaltsraum zu fertigen.

Eine Unwetterlage zieht hin- und wieder auch Sturm- oder Orkanböen mit sich da lässt sich kein Zelt mehr vernünftig aufbauen oder befestigen. Es bietet auch keinen Schutz vor herabfallenden Gegenständen(!) Die alternative Menschen in Turnhallen oder Versammlungsstätten unterzubringen und dann entsprechend zu betreuen liegt da nah, aber was ist mir dem logistischen Aufwand? Wenn ich den Fall Münster betrachte bin ich mit der Rüstzeit von ca. 1-2 Std. noch gut dabei und wie ich finde war die Entscheidung den Schutzraum zu öffnen Gold wert. Auch die Errichtung einer Notunterkunft in einer MZA wäre sicherlich denkbar. Es passt eine Vielzahl von Menschen hinein, hier würden nur wieder die geparkten PKW Probleme bereiten.

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Beitrag von Gravedigger » 15.10.2012 05:31

naujokmi hat geschrieben:Ich denke mal das es für die örtlichen Einheiten der HiOrg schwierig werden könnte für eine so erhebliche Anzahl von "gestrandeten Personen" einen Aufenthaltsraum zu fertigen.
Sei dir da nicht so sicher, am Freitag haben wir hier in Bielefeld innerhalb von 2 Stunden eine Notunterkunft für 120 Flüchtlinge aus dem Nichts gestampft...
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Beitrag von naujokmi » 15.10.2012 22:06

Ja das mag bei 120 Menschen oder bei 200 möglich sein(!)
Es ist aber davon auszugehen, dass da schnell die Kapazitäten aufgebraucht wären.

- in einen Doppelstockwagen der DB AG passen 120-140P
- in einen S-Bahn-Triebzug: 190 Personen

Wenn z.B der Bahnbetrieb eingestellt wird kann man ja erahnen wie viele Menschen stranden würden. Turnhallen lassen sich auch recht einfach mit Bestuhlung usw. bestücken aber die Leute müssen erst einmal dorthin. Außerdem müssen die Kräfte auch irgendwo herkommen.
Die Feuerwehren werden durch Unwetterlagen anderweitig benötigt, das THW ebenso. Die Betreuungseinheiten gibt es aber nicht überall somit ist die Verfügung nicht immer sichergestellt.

Es wäre somit nahezu aussichtlos mit den üblichen Kapazitäten eine große Anzahl von Menschen sachgerecht zu betreuen. Ich denke auch das die überregionalen Einsatzzüge der HiOrg. nicht verlegt werden können wenn eine unvorhergesehene Lage (Wetter) besteht da diese regional benötigt werden. Wie hoch ist denn die Alamierungs- und Ausrückzeit einer dieser Fachdienste? Ich habe mal etwas gehört von mindestens 60minuten.

Es wäre sinnvoll, wenn sich die Länder um die Nutzbarmachung von Zivilschutzanlagen mal gedanken machen würden. Aber die Wende im Katastrophenschutz im Bezug auf Große Wetterlagen ist meines erachtens noch nicht geschehen.

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Godeke
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Beitrag von Godeke » 15.10.2012 23:00

Hallo naujokmi,

ach, Du streifst da ja genau mein Thema! Ich könnte stundenlang mit Dir diskutieren. Aber leider gehören solche Erörterungen nicht ins Forum "geschichtsspuren.de", sondern (z.B.) zu "www.kats-handbuch.de". Da finden sich dann auch viel mehr Menschen (Fachleute), die mitdiskutieren.

Godeke

(seit 1977 freiwilliger Helfer im Sanitäts-, Betreuungs- und Bergungsdienst und jetzt im THW).
...und jetzt noch mal schnell zu www.thw-lueneburg.de , der aktuellen Seite mit News aus der wunderbaren Welt des Helfens!

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Beitrag von Shadow » 15.10.2012 23:20

@Markus, nachdem das ja auch ausführlich durch die Presse ging, kannst mal bitte in etwa sagen, was da an Personal und Fahrzeugen im Einsatz war, um diese Kapazitäten aufzubauen?

Shadow.

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Beitrag von MikeG » 16.10.2012 13:07

@Godeke: So lange es mit dem Thema "Aktivierung von Zivilschutzanlagen" zu tun hat, gehört es sehr wohl hierher. Wenn es um Notunterkünfte geht, hast Du aber sicher nicht ganz Unrecht.

Mike

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Beitrag von naujokmi » 17.10.2012 00:32

Ich meine die Zweckentfremdung von Zivilschutzanlagen bei Unwetterbedingten Lagen oder ähnlichen Zwischenfällen. Und wie ich meine ist es hier doch auch gut aufgehoben :-)

@ Godeke: Es kommt ja immer mehr zu diesen Fragestellungen da ein Umdenken gerade erst begonnen hat. Es wurde erst jahrelang vor allem in den Jahren 1990-1998 aufgelöst und endwitmet und jetzt stehen die Anlagen nicht mehr zur Verfügung. Oder sind komplett leer.
Ich hätte zumindest die Möbelierung Betten/Liegen und Kombinationen verwahrt.

Ich erinnere mich an eine Katastrophenschutz Übung 1997 im Kreis Recklinghausen (NRW) dort wurden nach einem Busunfall die schwer Verletzten in das HKH nach Oer- Erkenschwick verbracht. Bzw. in die dortige Turnhalle (Willi-Winter Halle). Es fand somit auch eine Nutzung im friedensmäßigen Katastrophenschutz statt.

Mir liegt dieses Themengebiet ebenfalls wobei ich nicht mehr die aktiven Zeiten dieser Einrichtungen erleben konnte.Ich gehöre wohl auch zu einer der letzten Generationen die sich für sechs Jahre offiziell im Katastrophenschutz verpflichten haben.

VG
Micha
(aktiver Helfer und Gruppenführer im Brandschutz)

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