Niersstellung

Westwall, Atlantikwall, Neckar-Enz-Stellung, Ligne Maginot und andere Befestigungslinien und -anlagen
Lichtjaeger
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Beitrag von Lichtjaeger » 07.10.2009 19:21

Dass der Nordkanal ein Hindernis darstellen sollte halte ich für unwahrscheinlich, dafür dürfte die Tiefe im Verhältnis zur Breite nicht ausgereicht haben. Jedoch ist es gut möglich, dass dort Stellungen entlang des ehemaligen Kanalverlaufs bestanden. Aus Erzählungen habe ich sogar was von Flakstellungen im Kopf. In unmittelbarer Nähe des Kanalbettes wurden auch recht viele Bomben gefunden (wie ich auch aus eigener Erfahrung weiß). Diese könnten aber auch der parallel zum Kanal auf dem früheren westlichen Damm gelegenen Bahnstrecke gegolten haben. Hindernisse im Verlauf einer Nierslinie dürften eher die Entwasserungsgräben parallel zur Niers und die kanalisierte Niers selber gewesen sein. Eventuell auch das ehemalige Niersbett und die alten ungenutzten Brücken. Im Niersbruch gab es auch eine Reihe von Bombenkratern. Ebenso auf den Süchtelner Höhen, wo sich Erzählungen aus Kindheitstagen zufolge auch noch Bunker befinden sollen. Die Lage selbiger soll in der Nähe der ehemaligen Waldkampfbahn sein und ich meine mich auch erinnern zu können, dort als Kind im Boden Betonelemente gesehen zu haben.

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Bobbele
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Beitrag von Bobbele » 08.10.2009 11:20

Hallo zusammen,

eigentlich sind WK II Sachen nicht mein Interessengebiet, aber als Willicher und somit Nordkanal-Anlieger möchte ich doch mal so meine Anmerkungen einfließen lassen. Ich habe den Eindruck, daß in diesem Thread der Begriff "Kanal" im Zusammenhang mit dem Nordkanal deutlich überbewertet wird. Sicher war er als Wasserstraße für Treidelkähne und sollte den Rhein mit der Maas verbinden. Nur waren die Kähne damals anders dimensioniert und darf man mit heutigen Kanälen nicht vergleichen. Einen guten Eindruck über die Größe gibt dieses Bild, welches ich bei Wikipedia gefunden habe: http://de.wikipedia.org/w/index.php?tit ... 1121144112

Die Bildbeschreibung stimmt allesdings nicht. Dieses Bild wurde an der ehm. B7, heute Straße " Im Eschert" in der Höhe, kurz vor der Einfahrt zum Flugplatz Mönchengladbach aufgenommen. Auf dem Treideldamm links im Bild, lagen die Schienen der ehm. Kursbuchstrecke Neuss-Schiefbahn-Neersen-Viersen, hier genau der Streckenabschnitt Schiefbahn-Neersen.

Von der Dimension her halte ich den Nordkanal als wirkliches Hindernis auch ungeeignet und nicht sonderlich wirkungsvoll. Die nur wenige Kilometer von Schiefbahn entfernte und in den dreißiger Jahren umgeleitete und begradigte Niers, hatte da schon mehr zu bieten. Ich weiß, daß um Schiefbahn herum 1945 schwere Panzerkämpfe stattgefunden haben. Der Heimat- und Geschichtsverein Schiefbahn schreibt dazu:

Die schweren Kämpfe um Schiefbahn am 1. März 1945, in denen sich die Reste der deutschen Armee mit amerikanischen Einheiten außerordentlich blutige Kämpfe lieferten, sind vielen Älteren noch in Erinnerung.
Am 23. Februar 1945 eröffneten die Amerikaner mit ihrer „Operation Grenade“ den Angriff auf den Rhein; sie zingelten am letzten Februartag Mönchengladbach ein, aus dem Kessel führte nur noch die Straßenverbindung über Neersen nach Krefeld. In der Nacht zum 1. März führten eiligst herangezogene deutsche Panzerverbände einen Gegenstoß in das schon von den Amerikanern besetzte Schiefbahn aus, um den Fluchtweg möglichst lange offen zu halten. Gegen 21.00 Uhr war Schiefbahn wieder zur Hälfte in deutscher Hand.
Bis gegen 2.00 Uhr am Morgen tobte in der Gemeinde ein heftiger Panzer- und Straßenkampf, dem 28 deutsche Soldaten und mehr als 100 amerikanische Soldaten zum Opfer fielen.
22 schwere amerikanische Panzer wurden allein in Schiefbahn zerstört. Bei diesen Kämpfen kamen auch sieben deutsche Zivilisten zu Tode.
Diese Kämpfe sind in dem Buch „Der Krieg geht zu Ende“ ausführlich geschildert.


Ich muß zugeben, daß mich dieses Thema jetzt doch neugierig gemacht hat und so werde ich mich noch diese Woche mit dem Verein in Verbindung setzen und mir das erwähnte Buch mal zu Gemüte führen.
Viele Grüße

Boris

http://www.vergessenes.de.tl/

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Beitrag von fulbrich » 02.11.2009 15:31

Silbersurfer hat geschrieben:Zu der Stellung selbst kann ich leider nix sagen. Aber den Bunker hab ich letzten Herbst fotografiert :-)
Hallo EricZ,

wenn mein Hexenschuß wieder vorbei ist, werde ich mal versuchen denfotographierten Ringstand zu finden, zu fotographieren und die Koordinaten zu nehmen. Letzte Woche habe ich mir die Ringstände auf der D/NL Grenze angesehen, die als Denkmal eingestuft wurden. Diese Ringstände wurden im Abstand von jeweils ca. 500m gebaut. Ob die 500m Regel bindend ist, weiß ich aber auch nicht.
Tschuess
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Re: Niersstellung

Beitrag von fulbrich » 02.11.2009 16:23

vomschwalmtal hat geschrieben:@silbersurfer

Hat jetzt nicht direkt mit der Niersstellung zu tun.

Im Raum Nettetal, genauer östlich BW Depot Herongen gibt es mehrere Ringstände und mindestens zwei Doppelgruppen Unterstände.
Moin,
und etwas nörd licher im Wald http://www.panoramio.com/photo/15753871 51° 22' 43.00" N 6° 15' 30.35" E

Ich war noch nicht da. Gibt es zu den Doppelgruppen Unterstände eine genauere Positionsbeschreibung ?
Tschuess
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Niersstellung

Beitrag von fulbrich » 10.11.2009 17:05

Hallo,
ich habe mich heute aufgemacht und den Bunker gesucht. Hier sind die Koordinaten. In google - Earth ist er sogar zu sehen.

N 51°19.022' E006°18.426'
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Zuletzt geändert von fulbrich am 10.11.2009 17:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von fulbrich » 10.11.2009 17:15

Hinter dem Bunker links befindet sich im bewaldeten Grundstück 50-100m entfernt eine Senke im Wald parallel Zum Feldweg. Die die Mulde sieht irgendwie wallformig geschützt aus. Ich könnte mir vorstellen dort Gerät geschützt untetrzustellen.

Vom Bunker aus gesehen blickt man den Hang herunter nach Lobberich. Rechts liegt die Bundesstraße und mehrere 100m dahinter der meterhohe Eisenbahnwall der ehemaligen Linie Lobberich/Grefrath. Ich könnte mir vorstellen, daß ... wenn ... sich weitere Bunker auf der anderen Seite der Bahntrasse befunden haben könnten.

Aber von der Thematik habe ich keine Ahnung und Infos.
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Konfusion?

Beitrag von Coniurator » 10.03.2011 16:24

Hallo und guten Tag,

ich bin durch Zufall über diesen Beitrag hier gestolpert und bin mehr als verwundert. Zu diesem Thema sind hier jetzt zahlreiche Schlagworte, Spekulationen und manche Falschinformation in die Runde geworfen worden, sodass ich mich kurz zu Wort melden möchte. Interessanterweise geistern die gleichen Themen alle Jahre wieder durch andere, neue Foren. Ich selber beschäftige mich nun schon über 10 Jahre intensiv mit diesem Thema und will kurz die Aktenlage zusammenfassen:

Die Niersstellung (oder auch Niers-Rur-Stellung oder auch Schlieffen-Stellung) war eine ab Oktober 1944 feldmäßig ausgebaute Stellung, die von Niedermörmter, über Marienbaum, Balbeck, Geldern, Wankum, östlich Hinsbeck, die Süchtelner Höhen, Rheindahlen bis nach Erkelenz als 3. Linie hinter der Maas verlief. Die Stellung bestand aus einem durchlaufenden Panzergraben mit mindestens einem vor- bzw- rückgelagerten parallel verlaufenden Schützengraben sowie MG- und Pak-Stellungen und einem vorgelagerten Flächendrahthindernis (geplant). Einige Ortschaften, wie etwa Geldern, wurden zur Rundumverteidigung ausgebaut und waren in die Stellung integriert. Anscheinend wurden an wichtigen Straßen und Kreuzungen mit gutem Schussfeld auch betonierte Ringstände eingebaut, allerdings weit weniger als in vergleichbaren Verteidigungslinien. Insgesamt hatte der Ausbau der Niersstellung eine mindere Priorität, so galt die Stellung 1945 als nur bedingt verteidigungsfähig.
Eine grobe Übersicht findet sich übrigens hier:
http://www.feststellung-weststellung.de ... itung.html

Da die Stellung vorwiegend durch offene Felder verlief, wurden die Gräben bereits kurz nach dem Krieg eingeebnet. Zusammenhängende Reste finden sich heute nur noch im Balberger- und Hochwald sowie den Süchtelner Höhen. Der letzte erhaltene MG-Ringstand ist, soweit mir bekannt ist, tatsächlich die besagte Anlage auf dem Dränkerberg bei Lobberich.

Da die Niersstellung den Nordkanal nördlich Hinsbeck im rechten Winkel kreuzte, ist die Ansprache als Hindernis dieser Stellung schlichtweg falsch.(sorry!). Auch waren bei den Alliierten alle Stellungen bekannt, da bereits in 1944 jeder Winkel der Stellungen aus der Luft detailliert fotografiert und dann kartiert wurde.
Richtig ist aber, dass der Nordkanal als mögliches Hindernis westlich Herongen bis zum Poelvenn angesehen wurde aufgrund der Tatsache, dass der Ausbau von Panzergräben damals sehr zeitaufwändig war. Das hat aber NICHTS mit der Niersstellung zu tun, sondern mit dem feldmäßigen Ausbau der Westwallstellung (auch als sog. Geldernstellung bezeichnet). Dazu gehören dann auch wieder die Unterstände, die hier von jemandem erwähnt wurden.
Übrigens haben auch die Kämpfe bei Schiefbahn nichts mit der Niersstellung zu tun. Zu diesem Zeitpunkt war die Linie schon bei Rasseln bzw. Venn ohne Widerstand überschritten worden. Den einzigen nennenswerten Widerstand in der Niersstellung gab es im Februar 1945 bei den Kämpfen am Balberger- bzw. Hochwald bei Xanten.

Ich hoffe, ich konnte etwas zur Klärung beitragen.

Viele Grüße, Martin

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Beitrag von fulbrich » 10.03.2011 18:33

Hallo Coniurator,

vielen Dank für die prima Erklärungen. Ich weiß sehr wenig zum Thema, nur das was man "irgendwo" im Web liest.
Tschuess
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Beitrag von ruine13 » 04.02.2014 10:38

Silbersurfer hat geschrieben:Zumindest gibt es ca 700m weiter östlich noch einen weiteren Bunker. Leider liegt der auf Privatgelände (ich hab mal gehört er soll innerhalb einer Scheune sein, vielleicht weiss da noch jemand mehr?) und deshalb hab ich auch noch kein Bild davon. Ob es in der Gegend noch mehr gibt/gegeben hat entzieht sich leider meiner Kenntnis.
Den habe ich gestern auch nicht gefunden. Von der Lage dürfte das aber kein Ringstand sein, ich tippe da auf einen Deckungsgraben für die Bauernhäuser. Da auch dieser als KD gekennzeichet ist, müsste man da doch eigentlich über die Denkmalliste weiterkommen. Die Niersstellung zog sich von dem Ringstand südlich entlang der Römerstraße, dann weiter am Westrand der Süchtelner Höhen. Laufgräben findet man dort noch bis zum Bismarckturm, allerdings keine weiteren Ringstände. Interessant ist auch, dass anscheinend die mittelalterlichen Landwehren in das System einbezogen wurden.
Coniurator hat geschrieben:Richtig ist aber, dass der Nordkanal als mögliches Hindernis westlich Herongen bis zum Poelvenn angesehen wurde aufgrund der Tatsache, dass der Ausbau von Panzergräben damals sehr zeitaufwändig war.
Richtig! Daher wurde dort auch eine Lücke im Nordkanal mit einem Panzergraben geschlossen.

viewtopic.php?t=15305&postdays=0&postorder=asc&start=40

Gruß

Markus

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Beitrag von Buka62 » 04.02.2014 11:42

Zur Niers-Rur-Stellung folgender interessanter Artikel:

https://www.viersen.de/C125704A0030C552 ... enDocument

Gruß Buka

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