Ersatzreserve

Depots, Tanklager, Munitionsniederlagen, Versorgungs- und Nachschub-Infrastruktur des Militärs
Walter Franke
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Beitrag von Walter Franke » 07.01.2014 12:53

Nussi hat geschrieben:Kann jemand sagen, inwieweit überhaupt Ausrüstung für die vielen Reserveeinheiten vorgehalten wurde? Ich meine zu meiner aktiven Zeit gehört zu haben, dass keine Fahrzeuge eingelagert waren. Diese sollten im V-Fall aus zivilen Beständen kommen. Wie sollte das gehen? Waren die Fahrzeuge schon zu Friedenszeiten festgelegt?

Grüße Jörg
Moin,

ja, es gab einen MOK II (Modellkatalog) in ihm waren alle zivilen Fahrzeuge aufgelistet, die für eine Mob-Verwendung in Frage kamen. In dem ErsEinh wurden nur die Rüstsätze für die zivilen Fahrzeuge eingelagert. Es stand also genau fest, welches Fahrzeug im V-Fall für welche Einheit vom Halter zu stellen ist. Den Firmen war das bekannt, bei den privaten Fahrzeughaltern hätte es wohl einige sehr überascht, wenn sie ihr geliebtes Blechle an die Bw hätten abgeben müssen.

Viele Grüße

Walter

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Shadow
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Beitrag von Shadow » 07.01.2014 14:03

Moin,
mir war bekannt, dass Nutzfahrzeuge im weitesten Sinne verplant waren und dass das entsprechenden gewerblichen Haltern auch bekannt war.

Das es sowas für zivile/private Fahrzeuge auch gegeben haben soll war mir nicht bekannt.

Gibt es irgendwo Auszüge aus solchen Modellkatalogen für zivile/private Fahrzeuge, die man frei einsehen kann ?

Thorsten.

Nussi
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Beitrag von Nussi » 07.01.2014 18:22

Im Bundesarchiv finden sich Hinweise, dass auch zivile Binnen- und Hochseeschiffe für den V-Fall herangezogen worden wären. Bei einem großen Schiff stell ich mir das aber schwierig vor, dies mit einer schiffsfremden Besatzung so ad hoc zu übernehmen.
Laut einem Artikel in der Zeit von 1971 wurde bei einer Übung die Bereitstellung von 400 zivilen LKW für eine MOB-Einheit von 3000 Mann geprobt. Das ist ja eine gewaltige Zahl an Fahrzeugen. V. a. wenn man das auf alle Mob-Einheiten hochrechnet. Laut meinen Informationen waren nämlich lediglich die Einheiten der Heimatschutzbrigaden mit Material voll ausgestattet. Für die meisten anderen Einheiten waren nur die Waffen, persönliche Ausrüstung und Rüstsätze eingelagert. Anders kann ich mir auch nicht vorstellen, wie in MOB-Stützpunkten, die teilweise nur aus 2 bis 3 kleineren Hallen bestanden z. B. ein komplettes PiBtl. oder Transport-Btl. eingelagert sein sollte.

Grüße Jörg

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turul
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Beitrag von turul » 07.01.2014 18:48

hollihh hat geschrieben:Doch - es gab eine Vielzahl von Geräte und MobEinheiten, die voll ausgerüstet waren
Voll ausgerüstet mit Fahrzeugen waren die wenigsten Reserveeinheiten. Diese annähernde Vollausstattung galt eigentlich nur für Verbände der Heimatschutzbrigaden der 6er-Reihe und Teile der Heimatschutzregimenter.
Bei den Sanitäts- und Logistikeinheiten des TerrH, welche einen sehr grossen Teil der mobilzumachenden Truppenteile darstellten, waren im Frieden dagegen kaum Fahrzeuge vorhanden. Das wäre alles aus der materiellen Mobilmachung gekommen - bis hin zum Krad oder zum Fotokopierer
Bereits im Frieden eingelagert waren die Fahrzeuge, für die es aus der materiellen Mob-Ergänzung keine geeigneten Fahrzeuge gab, also z.B. Fahrzeuge mit speziellen Funkeinbausätzen.
Bei Mobilmachungsübungen fiel das nie auf, weil für die mobilzumachende Einheit Fahrzeuge und Geräte bei anderen Truppenteilen ausgeliehen wurde.

Ich füge als Beispiel mal die erste Seite des StAN Teils VI A für eine Feldjägerkompanie (Geräteeinheit) des TerrH von 1987 an. In der Spalte 03 - Soll - Unterspalte Frieden, kann man nachvollziehen, dass von den Fahrzeugen nur vier PKW 0,4 to Feldjäger und vier PKW 8- Sitze Rüstsatzträger (= Funk Fu C 3) vorhanden waren. Diese acht Fahrzeuge hatten fest montierte Funkgeräteeinbausätze, die man nicht ohne weiteres in beliebige eingezogene Zivilfahrzeuge montieren konnte. Die anderen 34 Fahrzeuge und 9 Kräder der Kompanie wären aus der materiellen Mob-Ergänzung gekommen, also von Zivilpersonen mittels bereits im Frieden vorbereiteten Bereitstellungsbescheid eingezogen worden.
Muster für so einen Bescheid füge ich ebenfalls an.
Dafür waren technische Spezifikationen festgelegt. Der in der StAN genannte PKW Kombi sollte etwa 75 PS und vier Türen plus Heckklappe haben und etwa 500 kg Zuladung tragen können. Ob das dann ein VW-Passat oder Opel-Kadett oder ein Kombi von Fiat oder Renault war, war egal. Gleiches galt für die 2 to. Hier wurden nicht nur die Mercedes 508 eingeplant, sondern auch entsprechende LKW mit 2 to Nutzlast anderer Hersteller. Auf der Planstelle des 8-Sitzer (VW-Bully) lief z.B. oft der Fiat Ducato.
Aus diesem StAN-Auszug sieht man auch recht gut, dass sogar Büromaschinen im Rahmen der materiellen Mob.-Ergänzung eingeplant waren: hier das "Vervielfältigungsgerät Trommelumdrucker" (das war der Umdrucker mit Spiritusmatrizen) und der Fotokopierer. Die beiden Positionen sind grün markiert.
Was friedensmäßig natürlich eingelagert war, waren Waffen, Fernmeldegerät usw.

Seemann
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Beitrag von Seemann » 08.01.2014 00:00

Ein sehr spannendes Thema!

Für die Fahrzeuge gab es auch Ausstattungssätze, die zur Vervollständigung als Militärfahrzeug nötig waren, unter Anderem den "KFZ AUSSTG SATZ A" mit der Mat-Planungsnummer 2540 20006, der auch in der Liste 8-mal enthalten ist. Diese Sätze waren, im Gegensatz zu den Fahrzeugen, bereits vorhanden, sprich eingelagert.
Diese Sätze werden seit Jahren bei diversen Händlern angeboten, weil man wohl so viele nicht mehr brauchen wird.
Was die 29 Sätze "KFZ AUSSTG SATZ PKW HUE V" (MatPlNr. 2540 20226) in der Liste enthielten, weiß ich nicht, würde mich aber schon interessieren.
Spannender wird es mit dem Satz "Feldjägerausstattung V-gestellte PKW" (MatPlNr. 6350 11076). Erscheint der vielleicht auf einer der folgenden Seiten der STAN? Sind die Folgeseiten auch vorhanden? Wenn ja: Wie viele dieser Sätze waren vorhanden?

Ach Ja: Der letztgenannte Ausstattungs-Satz enthielt eine Verkehrswarnanlage (Blaulicht), die sehr schnell auf zivilen Fahrzeugen dauerhaft angebracht werden konnte. Auch diese Sätze wurden/werden ausgesondert. Der Satz umfaßte auch vier reflektierende Aufkleber mit dem Schriftzug "FELDJÄGER".

Gruß Til

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Beitrag von BjörnT » 08.01.2014 10:22

Shadow hat geschrieben:
Das es sowas für zivile/private Fahrzeuge auch gegeben haben soll war mir nicht bekannt.

Als noch junger Fahnenjunker habe ich 1995/1996 dem AuM-Feldwebel unserer Einheit beim Neuerstellen des Alarmkalenders geholfen. Dabei habe ich auch die Listen bearbeitet, in denen die abzustellenden Fahrzeuge aufgeführt waren. Neben Fahrzeugen von Firmen kann ich mich auch an vier bis fünf Privatfahrzeuge erinnern. Hierbei handelte es sich um Fahrzeuge , die für die Führung unserer zwei damals zugeordneten Lw-Sicherungsstaffeln gedacht waren.
Im Panzerschrank lagen auch schon die Briefe mit der Anforderung, nur Ort und Datum mußten noch eingetragen werden.
Wenn ich mir heute so vorstelle, was wir damals an buntem Papier bedruckt haben....jeder Alarmierungsvorgang mit entsprechenden Handlungsanweisungen war detailliert im Alarmkalender aufgezeichnet.

Gruß,

der Björn
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Beitrag von eclipse » 08.01.2014 10:31

Hallo,
Seemann hat geschrieben:Für die Fahrzeuge gab es auch Ausstattungssätze, die zur Vervollständigung als Militärfahrzeug nötig waren, unter Anderem den "KFZ AUSSTG SATZ A" mit der Mat-Planungsnummer 2540 20006, der auch in der Liste 8-mal enthalten ist. Diese Sätze waren, im Gegensatz zu den Fahrzeugen, bereits vorhanden, sprich eingelagert.
Der KFZ AUSSTG SATZ A ist die Standardausstattung für alle Bw-Fahrzeuge. Dazu gehören Erste-Hilfe-Kasten, Warndreieck, Warnwesten, Winkerkelle, Schutzbrille, Eiskratzer, Flaggensatz, etc.
Die 8 Sätze waren sicherlich für die 8 vorhandenen Fahrzeuge.
Seemann hat geschrieben:Was die 29 Sätze "KFZ AUSSTG SATZ PKW HUE V" (MatPlNr. 2540 20226) in der Liste enthielten, weiß ich nicht, würde mich aber schon interessieren.
Das dürften leicht erweiterte Sätze A für Fahrzeuge der materiellen Mob-Ergänzung sein. (HUE steht für "Hü" = handelsüblich und V für V).

Gruß,
Steffen

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kuhlmac
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Beitrag von kuhlmac » 08.01.2014 12:20

Shadow hat geschrieben:Moin,
mir war bekannt, dass Nutzfahrzeuge im weitesten Sinne verplant waren und dass das entsprechenden gewerblichen Haltern auch bekannt war.

Das es sowas für zivile/private Fahrzeuge auch gegeben haben soll war mir nicht bekannt.
Moin Thorsten,
doch, das ist so. Tatsächlich wurden auch - wie auch schon hier erwähnt - diverse reine Privatpersonen oder kleine Selbständige (GaLaBau) mit einem "passenden" Fahrzeug eingeplant und fielen auch schon mal aus allen Wolken, wenn ein "Überprüfungstag" mittels Leistungsbescheid angesetzt war. Wir haben das noch im Frühjahr 1990 gemacht und an einem Samstag die diversen Leutchen aus der Umgebung von Flensburg nach Weiche bestellen müssen, die dann eine Art Parcours durchfahren mussten. Also: Allgemeinzustand, Sichtkontrollen, Papiere, Personen, Standort usw. - und das wurde von uns auch mit einem Ami zusammen gemacht. Interessanterweise waren bei uns eben auch viele Pick-Ups amerikanischer Hersteller mit 8-Zyl-Motoren dabei, das war für mich aber damals klar.
Hab ich das nicht schon mal erwähnt? In Wietzendorf?

Ich meine mich erinnern zu können, dass davon gesprochen wurde, das diese Fahrzeuge aus den Dateien der kommunalen Ämter herausgefiltert wurden, bin aber nicht sicher.

Grüße
Christian
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Shadow
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Beitrag von Shadow » 08.01.2014 12:42

Hallo Christian,
an die Erzählung erinnere ich mich nicht.
Meine Frage zielte natürlich darauf ab, um was für Modelle es sich dabei dann wohl gehandelt hat.

Thorsten.

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Beitrag von Seemann » 08.01.2014 19:17

Vielen Dank für´s Einstellen der STAN. Ein wirklich interessantes Dokument!
Gewissermaßen die ideale informative Ergänzung zu dem Satz, den ich in meinem Bestand habe. ;)

Falls jemand mehr zu dem Satz wissen möchte, könnte ich dazu noch etwas sagen. Ich will aber nicht zu weit abschweifen.

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