Pioniersperrmunitionshäuser am Beispiel Hessen

Vorbereitete Sperren, Sperranlagen und zugehörige Infrastruktur
Rick (†)

Pioniersperrmunitionshäuser am Beispiel Hessen

Beitrag von Rick (†) » 22.09.2005 22:15

In den 60erJahren wurden viele Pioniersperrmunitionshäuser errichtet. Ich will hier an ein paar Beispielen aus Hessen das Prinzip zeigen.

Im August 1964 wurden mit den Zuweisungen 188-191/64 sowie 193-197/64 sieben Standorte im Kreis Hofgeismar dem Kommando Territorialverteidigung (KTV) zugeteilt, an denen ebenso viele PiSpMH 5,0 t für das I.(BE) Korps gebaut werden sollten.
HOG 01 – Helmarshausen, 188/64, Lage-Nr. 06 2 36/11, NC 337 191
HOG 02 – Gieselwerder, 190/64, Lage-Nr. 06 2 36/13, NC 338 162
HOG 05 – Gottsbühren, 197/64, Lage-Nr. 06 2 36/15, NC 332 148
HOG 06 – Gieselwerder, 191/64, Lage-Nr. 06 2 36/14, NC 338 162
HOG 07 – Sababurg, 196/64, Lage-Nr. 06 2 36/16, NC 397 119
HOG 010 – Sababurg, 195/64, Lage-Nr. 06 2 36/17, NC 397 119
HOG 015 – Gahrenberg (Nähe Zeche), 194/64, Lage-Nr. 06 2 36/18, NC 412 031
HOG 016 – Gahrenberg (Nähe Zeche), 193/64, Lage-Nr. 06 2 36/19, NC 412 031
HOG 031 – Helmarshausen, 189/64, Lage-Nr. 06 2 36/12

Wie wir sehen, verteilten sich diese Standorte tatsächlich nur auf fünf Liegenschaften.
HOG 01 und 031 – Helmarshausen, Staatsforst Karlshofen, Walddistrikt 50 (teilversenkt)
HOG 02 und 06 – Gottsbühren, Staatsforst Gieselwerder, Walddistrikt 77 (teilversenkt)
HOG 05 – Gottsbühren, Staatsforst Gieselwerder, Walddistrikt 111 (teilversenkt)
HOG 07 und 010 – Veckerhagen, Staatsforst Veckerhagen, Walddistrikt 124 (teilversenkt)
HOG 015 und 016 – Vaake, Staatsforst Veckerhagen, Walddistrikt 18 (Hangbauweise)

Den Zusammenhang von PiSpMH und vorbereiteten Sperren möchte ich am folgenden Beispiel erläutern. Hier ging es im März 1967 um den Bau von acht PiSpMH 5,0 t im Kreis Melsungen und zwei im Kreis Kassel.
MEG 016, NB 411 535, im Staatsforst Rotenburg-West ca. 0,8 km südlich Ortsrand Wichte
(Einlagerung von PiSpMun für Vorbereitete Sperren mit Kenn-Nr. MEG 16, 9, 10, 11, 12, 13, 26)
MEG 070, Lage wie MEG 016
(Einlagerung PSM für VSp Kenn-Nr. 70, 14, 15,25)
MEG 032, NB 519 578, im Staatsforst Stützlingen, ca. 1,8 km ostwärts Obergude
(Einlagerung für MEG 32, 27, 53)
MEG 033, Lage wie MEG 032
(Einlagerung für MEG 33 und ORF 1)
MEG 042, NB 400 719, im Staatsforst Eiterhagen, ca. 1,1 km nordwestlich Ortsrand Eiterhagen
(Einlagerung für KS 42 und 39)
MEG 054, NB 574 599, im Staatsforst Stölzingen, ca. 1 km südöstlich Gehau
(Einlagerung für MEG 54 und ROF 12)
MEG 036, NB 540 591, im Staatsforst Stölzingen, ca. 1,6 km südöstlich Herlefeld
(Einlagerung für MEG 36 und 43)
MEG 037, Lage wie MEG 036
(Einlagerung für MEG 37 und ROF 19)
KS 035, NB 374 739, im Staatsforst Wellerode, ca. 1,0 km nordöstlich Ortsrand Wollrode
(Einlagerung für KS 35, MEG 2 und 3)

Wir halten einmal fest: Die PiSpMH trugen eine „0“ vor der Kenn-Nr. der VSp. Sie lagen, sehr häufig jedenfalls, paarweise in Staatsforsten und bargen auch Spreng- und Zündmittel benachbarter VSp, dies oft auch über die Kreisgrenze hinweg. Alle, die in den Akten erwähnt sind, hatten eine Kapazität von 5 t.

Generell dienten die PiSpMH der objektnahen Einlagerung von PiSpreng- und Zündmitteln. Im März 1967 wurde jedoch vermerkt, dass
die PiSpMH hauptsächlich aus Haushaltsgründen in objektnahen Standort-Munitionsniederlagen und Depots zu lagern sind. Dabei darf „objektnah“ nicht eng ausgelegt werden. Bei verkehrsgünstig gelegenen MunNdlg kann die Entfernung zum Sprengobjekt durchaus 50 km und mehr betragen.
Einlagerung erfolgte übrigens auch in nicht der Bundeswehr gehörenden Objekten, so z.B. im „Objekt Eschwege“ (StOMunNdlg des BGS). Interessant für Ortskundige vielleicht auch die VSp KS 3 (Hafenbrücke bei Kassel) und KS 4 (Altmarktbrücke).

Probleme gab es natürlich auch. So forderte das III. Korps im Januar 1966 den Einbau von vier Sprengschächten im Verlauf der Landstraße zwischen Kupferhütte und Mönchhosbach (Landkrs. Rotenburg / Hessen) bei Straßen-Km 1,4 (Objekt ROF 118). Beim Einbau stellte sich dann heraus, dass ein Auslösen der Sperr- und Unterbrechungseinrichtungen eine Hauptwasserleitung beschädigen würde, die gleich mehrere Ortschaften in der Umgebung versorgte.

Oder es wurde ein Sperrobjekt (HÜN 11 bei Km 2,1 der Kreisstraße 52 zwischen Buchenau und Giesheim) irrtümlich in ein Straßenstück eingebaut, dass einem Adligen in Buchenau gehörte, und nicht, wie verlangt, nur auf öffentlichen Straßen (interessanter Aspekt für den Gegner übrigens).

So, zum Schluss möchte ich noch alle Forumsbesucher herzlich bitten, jetzt nicht gleich loszubrausen und die örtlichen Staatsforste unsicher zu machen. Mit großer Wahrscheinlichkeit existieren die genannten Anlagen nicht mehr.

(Quelle: BA-MA, BW 1 / 91835, Pioniersperrmunitionshäuser in Hessen, 1964-69)

Harry (†)

Beitrag von Harry (†) » 22.09.2005 23:13

>Alle, die in den Akten erwähnt sind, hatten eine Kapazität von 5 t

Rischtisch... und davon ab gab es noch wenige 1 ton Häuser. Was wiederum meine Aussage die Häuser seien standardisiert gewesen untermauert :mrgreen:

Wer existente Sperrmittelhäuser und Sperren im Fulda GAP braucht pmme mich an ;)

Galantse1981
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Beitrag von Galantse1981 » 23.09.2005 17:12

Hat jemand Tipps wo ich in Rheinland-Pfalz, wenn möglich Raum Birkenfeld und Umgebung vorbereitete Sperren finde?
Konnte da noch nix 100%iges ausmachen.

Gruß
Christian

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Maeks
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Beitrag von Maeks » 27.09.2005 20:49

Frage gibt es auch solch eine Liste für Bayern :shocked:

Gruß Maeks

Rick (†)

Akten zu Sperren

Beitrag von Rick (†) » 28.09.2005 12:01

Die Angaben zu Hessen entstammen einer Akte, die das Thema der Pioniersperrmunitionshäuser repräsentativ behandelt. Dort sind auch noch weitere Anlagen, aber nicht alle, aufgeführt.

Ansonsten gilt die folgende Antwort des BA-MA auf eine entsprechende Anfrage. Empfohlen wird:
Einsichtnahme in die Abgabeverzeichnisse zu den Beständen BH 14 Formationen der Pioniere, BH 28/1 bis BH 28/6 Wehrbereichskommandos I bis VI sowie BH 30 Verteidigungsbezirkskommandos und BH 32 Verteidigungskreiskommandos.
Aber:
Falls derartige Unterlagen überliefert sind, ist damit zu rechnen, dass diese, auch wenn sie älter als 30 Jahre sind, noch als Verschlusssache eingestuft sind.

Patrick

Re: Pioniersperrmunitionshäuser am Beispiel Hessen

Beitrag von Patrick » 28.09.2005 12:16

Rick hat geschrieben:So, zum Schluss möchte ich noch alle Forumsbesucher herzlich bitten, jetzt nicht gleich loszubrausen und die örtlichen Staatsforste unsicher zu machen. Mit großer Wahrscheinlichkeit existieren die genannten Anlagen nicht mehr.
Soll das heißen, das der Staat die Anlagen zurückgebaut hat? Ich mein, so einen Bunker kann man ja auch mal stehen lassen, schließlich stehen bei uns im Wald noch genug WK2 Bunker.

Rick (†)

Rückbau PiSpMH

Beitrag von Rick (†) » 28.09.2005 12:41

Hallo Patrick,
ob zurückgebaut oder zubetoniert oder gefüllt, ich weiß es nicht. Wenn du die Anzahl von über 5.000 Sperren noch 1990 (lt. Beitrag von Mike zum Thema) nimmst, kommst du auf über 2.000 PiSpMH, ein bisschen viel zum schnellen Abbau. Aber mein Aufruf war ja ein wenig auch im Sinn der örtlichen Förster gemeint :) . Vielleicht haben die FULDA GAPPER ja schon ein Objekt erworben. Frag' mal Harry.
Gruß
Rick

Harry (†)

Beitrag von Harry (†) » 28.09.2005 13:33

Man könnte eins haben... allein es fehlt der Sinn :D hier sind noch einige die auch stehenbleiben. Oft wurden die von Forstämtern oder privaten Waldbesitzern übernommen, die nun Sägen etc. darin aufbewahren.

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MikeG
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Beitrag von MikeG » 08.10.2005 18:57

Moin!

Bei der Beschäftigung mit dem Thema kommen verschiedene Fragen auf:

War (auf die gesamte BRD bezogen) eher das "in der Pampa stehende" PiSpMH oder das auf dem Gelände einer StoMuNi/eines Depots die Regel?

Für PiSpMH innerhalb von Depots: Wurden dort dann jeweils PiSpMH-Typbauten errichtet oder wurde ein anderer MH-Typ "zweckentfremdet"?

Für PiSpMH "im Gelände": Waren eher "Grüppchen" oder eher Einzelbauten die Regel?

Richtig interessant wäre natürlich ein Archivfund wie (imaginärer Titel) "Richtlinien für Standorterkundung und -auswahl, Lagefestlegung und Bau von PiSpMH" :mrgreen: Wird sich aber wohl kaum so schnell finden ...

Mike

Rick (†)

Beitrag von Rick (†) » 08.10.2005 20:33

Hallo Meister,
die "Richtlinien" gibt es sicher, sind aber für uns Normalsterbliche erst im Pensionsalter zugänglich. Am Anfang wurde nach meinem Eindruck fleißig in die Landschaft gebaut. Zweiergrüppchen waren eher der Standard, aber es gab auch Einzelgänger und sogar flotte Vierer. Nachdem das Geld immer knapper wurde, verlegte man sich dann auf sowohl Neubau wie auch Umnutzung innerhalb bestehender Munitionsniederlagen. An manchen Orten gab's auch ganz andere Lösungen (z.B. im Berg). Ich glaube, dass der Aspekt der äußeren Sicherheit allgemein auch eine gewisse Rolle spielte. In den Siebzigern hätte man ja nicht alle Anlagen im Wald und auf der Flur gegen RAF usw. bewachen können. Dass auch andere Nationen da mitmischten, zeigt auch die Bezeichnung "Prestock (wahrscheinlicher: Pre-Stock...) and Barrier Point" bei den Amerikanern, z.B. 3-J Köppern.
Schönen Abend
Rick

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