Nordhausen Projekt B 3a (Hydra)

Rüstungsindustrie, Waffen- und Munitionsproduktion, Munitionsanstalten, Tanklager, Depots, U-Verlagerungen etc.
FrankBaranowski

Nordhausen Projekt B 3a (Hydra)

Beitrag von FrankBaranowski » 20.03.2004 09:08

Bislang war ich davon ausgegangen, dass die fertiggestellten Stollen des Projektes B 3a, die zunächst ausschließlich für Junkers vorgesehen waren, ab Januar/Februar 1945 zur Fertigung der Flugabwehrrakete Hs 117 ("Schmetterling") dienten. Nach Michels sollen in der Anlage B 3a auch Teile der Flugabwehrrakete "Taifun" produziert worden sein, ohne dies durch Quellen zu belegen.

Nun sind Unterlagen aufgetaucht, die belegen, dass scheinbar auch Junkers im Februar 1944 Teile der Stollenanlage B 3a nutzte. In einem Schreiben des Flugzeugbauers an die Industriekontor GmbH vom 5. Februar 1945 heißt es:

"Als weiterer OT-Bau kommt die Stollenanlage Nordhausen, Objekt Nr. 500, Deckname Hydra infrage. Eigentümer der Stollenanlage ist die Mittelwerk GmbH, die die Anlage teils selbst benutzt, teils aufgrund eines noch abzuschließenden Pachtvertrages uns für Fertigungszwecke überlässt."

Sind jemanden Alliierte Militärberichte bekannt, die bestätigen, dass Junkers die Produktion dort tatsächlich noch aufgenommen hat? Wer kann mehr über die Anlage sagen?

Frank

Wilm

Beitrag von Wilm » 20.03.2004 13:33

Hallo Frank,

meine Unterlagen zum Projekt 500 (Hydra) erscheinen ebenso unschlüssig wie Deine.

Fangen wir mit den Plänen der Anlage an:

Die abgebildeten Ausbruchmassen, bzw. die abgebildete Planung aus dem CIOS-Report entspricht nicht der Planung durch die OT, sondern ist warscheinlich eine kleine Strichzeichnung ohne jeglichen wesentlichen Hintergrund. Der mir vorliegende Plan mit eingezeichneten ausgebrochenen Massen, sowie mit Teilbelegung der dem Berghang zugewandten Querstollen spricht eher für eine Unterteilung des Systems B3a in 5 teilautonome Systeme. Ich beziehe mich hier insbesondere auf die Baunterlagen, bzw. dem Baufortschrittsplan der Fa. Born und Richter aus dem Herbst? 1944.

Laut den Daten eines Berichts der ehemaligen OT aus dem Jahr 1947 ist zumindest die geplante Belegung der Anlage zu erkennen :

Hier sind die folgenden Firmen für die bombensichere Verlagerung genannt:

- Entwicklung und Serienherstellung von „Schmetterling“ druch Prof. Wagner, Wien
- Die Oder-AG
- Junkers Flugzeugmotorenbau Dessau

Eine Unterbringung in dem Südteil der Verlagerung hat laut diesen Unterlagen stattgefunden, die Fläche, welche von der Fertigung belegt worden sei, wurde mit 30.000qm angegeben. Ein interessanter Fakt ist, dass die Bergakademie Clausthal die kompletten Bauarbeiten überwacht haben soll. Allerdings finden sich in den Beständen der VS-Akten des OBA keinerlei detailierten Unterlagen zu den Ausbruchsmassen, bzw. zu dem tatsächlichen Baufortschritt.

Ebenso ist in den Plänen, sowohl der OT, als auch in dem CIOS-Report keinerlei Durchbruch, bzw. Gegenörtervortrieb an der Nordseite der Anlage zu erkennen. Hier spricht allerdings ein alliiertes Luftbild eine andere Sprache. Auf dem Luftbild ist ein Stollenmundloch an der Nordseite auszumachen, welche bei einer Geländebegehung auch eindeutig wieder gefunden wurde.

Interessant in diesem Zusammenhang wäre für mich, ob es andere Primärquellen zu dieser Verlagerung in diversen Archiven gibt.


Es grüßt

FrankBaranowski

Beitrag von FrankBaranowski » 20.03.2004 17:49

Ich gehe ebenfalls davon aus, dass die Anlage erheblich weiter ausgebaut war, als bislang angenommen.

Nach meinen Erkenntnissen soll in den 90iger Jahren ein Schacht im Bereich des ehemaligen Projeketes Hydra abgedeckelt worden sein. Vermutlich fand anläßlich dieser Maßnahme auch eine Befahrung der Anlage statt. Mich würde es interessieren, wer seinerzeit daran beteiligt war und ob es Fotoaufnahmen davon gibt.

Viele Grüße
Frank

Wilm

Beitrag von Wilm » 20.03.2004 18:36

Hallo Frank,
genauso sehe ich die Sache auch.
Wenn ich die Koordinaten der Schachtabdeckelung mit einer genannten Teufe von mehrals 40 Metern nehme und in den Plan von B&R einarbeite, dann dürfte der Schacht sicher über dem Längsstollen A befunden haben. Dies würde auch wunderbar mit dem nördlichen Stollenmundloch übereinstimmen. Wie gesagt, hierbei handelt es sich um eine Theorie, welche NUR durch Unterlagen der Bergsicherung, bzw.durch einen Befahrungsbericht zu beweisen wäre.

Indiz für den durchgebrochenen Längsstollen A ist sowohl der Bericht von Bruno, als auch das übliche Verfahren der OT bei Stollenausbrucharbeiten. Generell wurde, sofern möglich, im Gegenörterbetrieb gearbeitet. Gehen wir von den Daten aus dem Kress-Report aus, wurden im Anhydrit Vortriebsleistungen von 2-2.5m / Tag / Ort geschafft.

Nehmen wir 25 Örter x 2 = 50 Örter, dann wären 100 Stollenmeter pro Tag theoretisch möglich gewesen. 100 Stollenmeter x 12.5m typischer Breite, ergäbe eine Ausbruchfläche von 1250qm.

Realisiert sollen 45.000qm sein. Dies würde unter einer voll laufenden Ausbrucharbeit gerade mal 32 Tage bedeuten.

Allein diese Tatsache lässt auch für mich die genannten 45t qm, bzw. 30.000qm Nutzfläche etwas sehr gering erscheinen.


Es grüßt

Wilm

Beitrag von Wilm » 20.03.2004 22:55

HALLO ???

Hat sicher hier weiter niemand mit dem Mittelwerk und den anliegenden Verlagerungen beschäftigt ? Ist hier bisher niemanden etwas über den Weg gelaufen ??? Auch nicht vielleicht in glaubwürdiger Sekundärliteratur ???


Es grübelt

Devon

Beitrag von Devon » 20.03.2004 23:37

Hab doch geduld.... ;)
Allerdings ist die Quellenlage wohl wirklich eher dürftig - insofern bin ich auch gespannt, ob und was da noch kommt.

FrankBaranowski

Beitrag von FrankBaranowski » 21.03.2004 08:32

In diesem Zusammehang würde es mich interessieren, ob es Planungsentwürfe zu B 3b gibt. Auch wenn die Aufschlussarbeiten scheinbar im Herbst 1944 eingestellt wurden, so hatte die SS das Bauvorhaben nicht endgültig fallen gelassen. Noch im Februar 1945 ging sie davon aus, eine Stollenfläche von knapp über 80.000 qm zu realisieren.

Gruß
Frank

Tom

Am Rande..

Beitrag von Tom » 21.03.2004 21:26

[quote="Wilm"]HALLO ???

>Hat sicher hier weiter niemand mit dem Mittelwerk und den >anliegenden Verlagerungen beschäftigt ? Ist hier bisher >niemanden etwas über den Weg gelaufen ??? Auch nicht >vielleicht in glaubwürdiger Sekundärliteratur ???

Ja etwas, schwieriges Thema. Ich habe hier für die Anlage "Hydra" die Produktionsnummer 5037 vorliegen. Es gibt eine Zeitzueugenaussage in einem Bericht zur angeblichen U-Anlage "Phyllit", die davon ausgeht, dass Anlagen mit der Nummerierung höher als 5000 nicht in Betrieb gegangen sein können, noch überhaupt vorhanden waren.
Quellen kann ich momentan nicht nennen, muss den Bericht mal suchen.

Bis dann
Tom
Zuletzt geändert von Tom am 22.03.2004 22:16, insgesamt 1-mal geändert.

FrankBaranowski

Beitrag von FrankBaranowski » 22.03.2004 06:57

Such mal der bitte. Der Bericht würde mich interessieren, wobei mir die von dir genannte Produktionsnummer 5037 nicht bekannt ist. Das U-Bauvorhaben "Hydra" trug die Bauvorhaben-Nr. 500.

Gruß
Frank

Tom

Beitrag von Tom » 22.03.2004 22:15

[quote="FrankBaranowski"]Such mal der bitte. Der Bericht würde mich interessieren, wobei mir die von dir genannte Produktionsnummer 5037 nicht bekannt ist. Das U-Bauvorhaben "Hydra" trug die Bauvorhaben-Nr. 500.

> Laut Wichert trägt "Anhydrit Niedersachswerfen" die Nummer 500. Der Ausbau Mittelwerk die Nummer 5037, beides unter dem Decknamen "Hydra". Irgendwo bezieht sich b3a eher auf 5037, leider weiß ich nicht mehr wo. Ansonsten habe ich den von mir erwähnten Bericht gefunden. Der von mir aufgeführte Zeitzeuge war für die 6 mitteldeutschen Gaue (Kurhessen, Süd-Hannover-Braunschweig, Magdeburg-Anhalt, Sachsen und Thüringen) als stellvertretender OT-Einsatzgruppenleiter IV zuständig. Er ist der Meinung, dass Anlagen mit hohen Ziffern lediglich vorgesehen waren. Ansonsten noch eine Passage aus dem Buch "Zwangsarbeit im Raketentunnel", von Andrè`Sellier, zu Klampen 2000, Seite 270: ... Die Ausschachtung der B3 ist weiter fortgeschritten; die Nutzfläche beträgt 45.000 von 130.000 geplanten Quadratmetern. Aber auch hier ist die Flugzeugfabrik noch nicht eingerichtet... Wobei diese Passage auch von Bornemann entliehen sein könnte.

Tja, an sich habe ich Euch keinen Milimeter weiter gebracht. Allerdings suche ich noch. Irgendwo steht noch mehr, wie immer finde ich nichts.

Bei Bedarf kann ich die Aussage des OT-Menschen schicken.

Bis dann
Tom

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