Bombardierung Ford Werke

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Josch
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Re: Bombardierung Ford Werke

Beitrag von Josch » 15.11.2020 19:11

Hallo Herr Aders,

Ich folge ihren Argumenten, keine Frage, aber dazu gehörte auch Ihre Aussage "Wenn man mit zweimotorigen Bombern angegriffen hätte, wäre das Ergebnis ein anderes gewesen." Ich halte mich mal an Winston Churchill, bei dem sein Bomber Harris gegen Ende des Krieges in Ungnade gefallen ist, nicht zuletzt wegen des Moral Bombing. Es geht doch letztlich um die Doktrin des Bomberkriegs, um die Frage: "Ob man die vorhandenen Mittel dazu braucht, um deutsche Innenstädte zu pulversieren, oder gezielt gegen die Rüstungsindustrie bzw. logistische Infrastruktur einzusetzen." Sicher ist doch, das der allierte Vormarsch oft durch die Bombenteppiche der eigenen Bomber behindert wurde. Bombenteppiche auf Flugfelder regnen zulassen, auf denen nicht mal mehr deutsche Flugzeuge starten weil sie zu nahe an der Front lagen, kann doch nur den Sinn haben Millionen von Dollars im Acker zu versenken. Natürlich Thomas, die 617. Squadron war Elite, aber Zielvignetten gehörten zu jedem Briefing dazu, aber wenn man bei schlechtem Wetter angreift, schafft auch die 617te nicht mehr als eine 08/15 Staffel. Deswegen würde ich mich über ein Rating von Ihnen freuen. 99% mag hochgegriffen sein, aber wenn man gewollt hätte, wäre die deutsche Rüstungsindustrie bzw. Ford nicht mehr in der Lage gewesen die deutschen Front zu munitionieren. Schon ohne die gezielten Angriffe auf die Rüstungsindustrie waren die Deutschen kaum in der Lage ihren Nachschub an die Fronten zu bringen. Wie oft deutsche Heerführer und Soldaten mit erbeuteten Allierten Waffen und Munition ihre Stellungen gehalten haben oder Gegenangriffe durchführten, ist dokumentiert. Auf jeden Fall möchte ich in dieser Sache nicht das letzte Wort für mich beanspruchen, aber wenn Sie in sich horchen, wo hoch ist ihr Zweifel in Prozent, dass man u.a. die Ford Werke verschont hat. Immerhin haben Sie auf ihren Amerika-Reisen selbst die Frage an amerikanische Militärs gestellt.

Beste Grüße

Josch
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Re: Bombardierung Ford Werke

Beitrag von Josch » 23.11.2020 17:10

Verehrter Herr Aders,

war mir klar, dass Sie sich als Historiker nicht mit Spekulationen anfreunden können.

Beste Grüße

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Zwackelmann
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Re: Bombardierung Ford Werke

Beitrag von Zwackelmann » 08.12.2020 11:53

Hallo zusammen,

Ergänzend zu meinem letzten Beitrag möchte ich noch diesen Link einstellen - ja, ich weiß, ist nur Spiegel online, aber flott lesen lohnt sich trotzdem:

https://www.spiegel.de/geschichte/pilot ... 47941.html

Gruß, Thomas!
Ich bin mal wieder gesperrt, Ihr habt das super im Griff...

Josch
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Re: Bombardierung Ford Werke

Beitrag von Josch » 10.12.2020 20:06

Hallo Thomas,

die Geschichte ist allemal lesenwert, alleine schon wegen Glen Miller. In der Tat, auch bei gutem Wetter ist Navigieren und Orientierung in einem Jagdflugzeug wie der Me109 oder ähnlichem sicherlich kein Pappenstiel. Was die Ford Werke angeht kann es daran aber nicht gelegen haben, wie es die RAF mit ihrem Angriff auf die Phillips Werke in Eindhoven oder anderen Zielen bewiesen hat. Es stellt sich doch die grundsätzliche Frage der Doktrin. Was wäre wenn die Engländer anstatt das Stadtzentrum von Köln zu bombardieren, von vorne herein den Zielpunkt für die Flieger auf die Industrie im Kölner Norden bzw. IG Farben in Leverkusen gelegt hätten. Sicherlich, auch dabei wären einige Bomben in Wohngebieten eingeschlagen. Aber einige hätten in den fünf Kriegsjahren auch die Ford Werke getroffen. Es scheint doch so, als wären diese Ziele gänzlich ausgeklammert worden. Zumal man den geeigneten einmotorigen und zweimotorigen Jagdbombern und Bombern es grundsätzlich verboten hat Industrieziele anzugreifen, wenn ich Herrn Aders richtig verstanden habe. Letztlich ist auf allen Luftbildaufnahmen im nahen Gebiet um die Ford Werke kein Bombentrichter erkennbar. Das man auf allierter Seite im nachhinein versucht hat (ab Okt.44) die Ford Werke anzugreifen, aber natürlich bei schlechtem Wetter wundert da nicht, es passt vielmehr in den Gesamtkontext. Wenn die Allierten wirklich versucht hätten die Ford Werke zu zerstören hätten sie Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um ihr Ziel zu erreichen und hätten bestimmt nicht bei schlechtem Wetterlage angegriffen. Mancher Angriff wie der im Artikel beschriebene, bei dem Glen Miller und die Crew des Flugzeugs ums Leben kam, wurden bei schlechtem Wetter einfach abgebrochen. Wie gesagt, bei den Doktrin von Bomber Harris, wäre eine vorzeitiges Ende des Krieges nicht zu erreichen gewesen. Was wäre aber wenn man das Potential der Bomber gegen die Industrie gerichtet hätte. Der ohnehin spärliche Nachschub für die Fronttruppen, wäre mit Sicherheit noch spärlicher gewesen. Ein Herr Speer wäre 1944 garnicht in der Lage gewesen, den Ausstoß an Rüstungsgütern in der Weise zu steigern, hätte es andere allierte Doktrin gegeben. Und Herr Goebbels hätte sich sein: "wollt ihr den totalen Krieg" sicherlich verkniffen, mangels Nachschub. Deswegen Summa summarum, die Nazis waren nur willfährige Genossen der Hochfinanz, derjenigen, die ihnen zur Macht verholfen haben. Genauso wie ihre allierten Kontrahenten, die ohne z.B. Henry Fords Industriellen abwinken, auch nicht von der Stelle gekommen wären. Letztlich sind die Auswirkungen der damaligen Entscheidungen noch heute zu spüren.

Beste Grüße

Bertill
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Re: Bombardierung Ford Werke

Beitrag von Bertill » 10.12.2020 20:52

Moin, moin.

Zum Erganzung dieses Thema mochte ich gerne das Buch
"Evidence in camera, The story of photographic Intelligence in the Second World", Babington Smith, Constance, 1961
empfehlen. Kostet etwa 5 Euro + Versand.

Mit freundliche grusse,
Bertill.

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Re: Bombardierung Ford Werke

Beitrag von Josch » 11.12.2020 19:40

Danke Bertill,

als Fotograf weiß ich, das Fotos "nur" einen wichtigen Teil der Wahrheit erzählen. Wichtiger wären Dokumente oder Aussagen, wie z.B. von G.Aders, der von Amerikanern auf Nachfragen zum Thema als Antwort erhalten hat "Alles bullshit, alles Gerüchte".
Aber als alter Kuhhändler weiß ich, das Geschäfte per Handschlag gemacht werden. Dokumente angesichts der zu erwartenden Konsequenzen bei nicht Einhalten des Vertrags wären überflüssig, manchmal sogar tödlich..............nicht wahr Herr Meier, äh Herr Göring, Herr Himmler, Herr Goebbels, Herr Hitler u.s.w.

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Re: Bombardierung Ford Werke

Beitrag von Josch » 09.03.2021 22:17

Hier ist ein link zu r I.G- Farben America, Leverkusen.

http://www.colorantshistory.org/IGFarbenAmerica.html

Beste Grüße

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Re: Bombardierung Ford Werke

Beitrag von Josch » 16.06.2023 21:16

When asked at a press conference why these particular vital war factories were skipped in bombings for over three years, Gen. Arnold, chief of the U.S. Army Air Forces, first asked, “What reason could there be for missing them?” Informed of the Anglo-American financial connections, he passed off the whole matter laughingly, saying “I could say something about that, but I won’t.”

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Re: Bombardierung Ford Werke

Beitrag von niemandsland » 14.07.2023 14:32

Moin,

welch herrliche Polemik in diesem Thread doch steckt. ;-)

Ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt was schreiben soll. Andererseits... hier im Bett ist es gerade sehr langweilig. Da kann man sich mal im Forum etwas austoben. :-)

Ich denke der Hinweis von Herrn Aders / Gebhard bezgl. der britischen und amerikanischen Akten geht schon in die richtige Richtung. Ist doch hier insgesamt eine große Portion "Spekulatius" mit im Spiel. Ich kann nur empfehlen die alliierten Akten zu studieren. Es gibt sowohl was die Planung, wie eben auch die Ausführung betrifft, schönes Material in London. Kostet halt nur Zeit und Geld.

Was die Strategien zur Bombardierung deutscher Städte und Ziele betrifft, so wird aus heutiger Sicht das "Festhalten" an Bomber Harris als Fehler angesehen. Richtig. Da man durch die Entwicklungen auf dem Gebiet des Radars sehr wohl in der Lage gewesen wäre, gezielte Angriffe durchzuführen, was jedoch nicht zu dem Konzept von Haris "Flächen Bombardierung" bzw. "Moral bombing" passte.

Interessant wäre mal alle Seiten näher zu betrachten. Mir ist zum Beispiel bisher nicht bekannt, ob die Deutsche Seite in der Lage war, ähnlich wie in den frühen Jahren des Krieges die cm-Wellen zu stören, wie das damals z.B. bei der Navigation ("GEE") durch Störsender erreicht wurde. Wenn die Störung des H2S Radars möglich war, dann könnte das erklären, warum der Abwurf der Bomben ins Nirvana ging. Und dafür gibt es gleich mehrere schöne Beispiele.

Das wollte ich nur mal als Denkanstoss mit auf den Weg geben.

Gruß aus Hannover,
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Re: Bombardierung Ford Werke

Beitrag von niemandsland » 14.07.2023 14:40

Moin Thomas,

da der Glaube bekanntlich Berge versetzen kann... ;-) Nun, ich weiß gar nicht wie oft ich inzwischen in den Operation Rekord Books gelesen habe, der Pilot "glaubte" da oder dort zu sein, als die Bomben "released" wurden. Gerade in den ersten Jahren waren die Bücher voll davon. Und erst mit der Aufstellung der Path-Finder-Force (PFF) wurden die Ergebnisse - was die Zerstörung deutscher Ständte betrifft - offenbar besser, und der "Glaube" ging in den ORBs mehr und mehr zurück. :-)

Wie war das doch? Nur ca. 8 % der Bomben lagen bis Mitte 1942 nur direkt am Ziel. Der Rest mehr in größerem Abstand um das Primärziel drapiert?!?? Ich habe mir diese Prozente leider nicht verinnerlicht, da es nicht mein Hauptinteressengebiet ist.

Soweit...

Gruß aus Hannover,
Guido Janthor
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