Eindeutschungsamt

Zwangsarbeit, Fremdarbeiter-, Konzentrations- und Kriegsgefangenenlager (STALAG, DULAG etc.) und deren Außenlager
Antworten
petzolde
Forenuser
Beiträge: 2103
Registriert: 05.09.2004 14:03
Ort/Region: Münster

Eindeutschungsamt

Beitrag von petzolde » 08.08.2005 13:17

Vor einigen Jahren las ich in einem (Eisenbahn-?)Buch über ein Amt, welches sich mit der Eindeutschung russischer Ortsnamen befaßte und wohl bis in die letzten Kriegstage aktiv war - obwohl es schon lange keine Ortsnamen mehr einzudeutschen gab.

Weiß jemand mehr?
Wo war dieses Amt angesiedelt? War es nur für die Reichsbahn tätig? Nur für Russland bzw. kyrillische Ortsnamen? Oder auch für Ortsnamen anderer besetzter Gebiete?
gruß EP

Baum
Forenuser
Beiträge: 928
Registriert: 15.12.2003 20:50
Ort/Region: 74223 Flein

Beitrag von Baum » 08.08.2005 19:08

also eingedeutscht wurde meines Wissens nicht nur in Rußland, sondern auch in anderen besetzten Ländern wie z.B. in Polen. Man denke hier z.B. nur an Lodz = Litzmannstadt bzw. verschiedene KZ wie z.B. Auschwitz, Kulmhof, die vorher auch polnische Namen hatten.
Inwieweit hier jedoch eventuell wieder ehemalige k.u.k. Namen hervorgekramt wurden entzieht sich meiner Kenntnis.
Es soll aber - ohne dass ich jetzt auf die Schnelle Beispiele parat hätte - z.T. auch ziemlich lächerliche Umbenennungen gegeben haben.
Die Eindeutschung von Namen bezog sich aber nicht nur auf Ortsnamen sondern auch auf Familiennamen, die irgendwie slawisch angehaucht waren. Diese Namensänderungen mußten m.W. auch genehmigt oder beantragt werden. Ob beim selben Amt weiß ich jedoch nicht.

Baum

Gast

Beitrag von Gast » 08.08.2005 19:31

nach meinem wissenstand ist das eher eine thematik zu den "chefs der zivilverwaltung" als direkte beauftragte, eben besetzte, ehemals eigenständige staatsgebiete den verwaltungsnormen usw des reichsgebietes anzugleichen.

und das war (ebenfalls mein wissenstand) in den einzeln ländern dann doch sehr individuell.

ein zentrales "eindeutschungsamt" wird es deshalb wohl auch nicht gegeben haben.

"eingedeutsch" wurden unterschiedliche gebiete mit ebenfalls unterschiedlicher tragweite.
österreich und das sudetenaland war hier sicherlich weiter als zB elsass und lothringen.

petzolde
Forenuser
Beiträge: 2103
Registriert: 05.09.2004 14:03
Ort/Region: Münster

Beitrag von petzolde » 09.08.2005 00:02

Wie das Amt wirklich genannt wurde, weiß ich nicht mehr - wenn denn überhaupt ein Name genannt wurde. "Eindeutschungsamt" ist meine Bezeichnung.
Mir stellt sich die Frage, ob es primär darum ging, kyrillische Ortsbezeichnungen wegen der schwierigen Lesbarkeit in eine deutsche Schreibweise zu übertragen, oder ob damit grundsätzlich eine (europaweite) Germanisierung von Ortsnamen angestrebt wurde. Elsaß und Lothringen sind hier ungünstige Beispiele, weil die Ortsnamen in diesen Regionen immer schon deutschen Einflüssen ausgesetzt waren.

Nebenbei: Durch die neuen (englischbasierten) Transskriptionsregeln wurde der rußlanddeutsche Herr Wolf im Zuge seiner Übersiedlung nach Deutschland zum Herrn Volf, und mußte sich zum Erhalt seines Namens Wolf einer kostenpflichtigen Umbenennung unterziehen.... Was sagt da das Eindeutschungsamt ????
gruß EP

sigma
Forenuser
Beiträge: 106
Registriert: 25.02.2004 08:45
Ort/Region: wolfen
Kontaktdaten:

Beitrag von sigma » 10.08.2005 21:23

Slightly offtopic: Auch in der sorbisch-sprachigen Lausitz wurden Orte "eingedeutscht".

petzolde
Forenuser
Beiträge: 2103
Registriert: 05.09.2004 14:03
Ort/Region: Münster

Beitrag von petzolde » 10.08.2005 23:12

Gar nicht so offtopic: Warum wurde z.B. aus Allenstein Olzstyn? Klingt nur ähnlich? Bedeutet auch was ähnliches? Oder identisches?
Aber zu deinem Beitrag: Welche sorbischen Ortsnamen meinst du?

Vielleicht wirklich offtopic: Cöln wurde eingedeutscht zu Köln, Neucölln zu Neukölln....
gruß EP

sigma
Forenuser
Beiträge: 106
Registriert: 25.02.2004 08:45
Ort/Region: wolfen
Kontaktdaten:

Beitrag von sigma » 11.08.2005 21:40

Umbenannt wurde alles, was irgendwie slawisch klang. Einige Beispiele weiss ich (oder meine mich daran zu erinnern):

Aus Sabrodt wurde "Wolfsfurt", aus Byhlen "Weissenberg" . Dann wurden noch Byhleguhre und Goyatz umbenannt. Kann aber nicht mehr sagen, wie die "deutschen" Bezeichnungen hiessen

Benutzeravatar
Olli
Forenuser
Beiträge: 256
Registriert: 29.12.2003 22:42
Ort/Region: Starnberg (Alt Bayern)

Beitrag von Olli » 12.08.2005 09:09

Kräftig offtopic : So etwas muß es doch auch für Südtirol nach dem ersten Weltkrieg gegeben haben (für an den Haaren herbeigezogene italienische Ortsnamen ;) ) ??
Grüße...

Der Olli

>>Es hat gerade erst angefangen...<<

http://der_olli.hat-gar-keine-homepage.de/

Kongo Otto

Beitrag von Kongo Otto » 12.08.2005 18:58

Meint ihr vielleicht das "SS-Rasse und Siedlungshauptamt "
abgekürzt:"SS-RuSHa"?

Unser Familienname(ich heiße Parastatidis) wurde im Jahre 1936
unter Gleichnamiger Feststellung des "Vollarischen" Statuses in den Namen: "Paar" eingedeutscht.Erst 1950 wurde der Name Parastatidis durch Entscheid eines Verwaltungsgerichtes wieder anerkannt.,
Laut Erlaß des SS-RuSHa der im Original noch in Familienbesitz ist,wurden in der Begründung zu obigen Erlaß nach eingehender Prüfung u.a.
die Wk-1 Teilnahme meines Großvaters als "Sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit zur arischen Rasse" gewertet,da laut SS-RuSHa nur Angehörige Arischen Blutes die Rassischen Voraussetzungen für die Verteidigung Deutschlands besäßen,da militäriische Manneszucht und Disziplin dem Juden/Nichtarier als Mangel seiner Rasse abzuerkennen seien..
PS:Die Familie Parastatidis ist seit 1862 in Bayern ansässig und besitzt/besaß seit 1869 die Kgl.Bayerische bzw.Deutsche Staatsangehörigkeit.
ich Habe das mit dem "Vollarier"auch erst erfahren als meine Oma verstorben war,und wir ihren Nachlaß geregelt haben.

petzolde
Forenuser
Beiträge: 2103
Registriert: 05.09.2004 14:03
Ort/Region: Münster

Beitrag von petzolde » 18.08.2005 11:13

Ich vermute, daß das "SS-Rasse und Siedlungshauptamt etwas anderes ist, weil es sich mit Familien/Sippen und Ariernachweis etc. befaßte.
Die von mir als "Eindeutschungsamt" bezeichnete Stelle/Behörde war möglicherweise auch nur eine Abteilung der Reichsbahn-Hauptverwaltung oder des zuständigen Ministeriums. Ein z.B. von einem Rüstungsbetrieb in Westdeutschland nach "Winniza" geplanter Bahntransport hätte sicherlich den annehmenden Bahnbeamten überfordert, wenn "Winniza" in kyrillisch in die Frachtpapiere einzutragen gewesen wäre...
gruß EP

Antworten