LS-Bunker in Wien Floridsdorf, Gerichtsgasse

Luftschutzbunker, zivile Bunkeranlagen und Schutzbauwerke des 2. Weltkriegs
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MikeG
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LS-Bunker in Wien Floridsdorf, Gerichtsgasse

Beitrag von MikeG » 15.05.2006 19:18

Moin!

In der Gerichtsgasse im Wiener Stadtteil Floridsdorf steht ein ungewöhnlich anmutender, achteckiger Schutzbau mit insgesamt sechs Zugängen (bis auf einen alle vermauert). Von der Höhe her würde ich schätzen, daß der Bunker drei Etagen hat, wobei die Zugänge alle auf der mittleren Etage liegen. In der oberen Etage scheint ein Notausgang gewesen zu sein. Offenbar wurde der Bunker gesprengt – zumindest lässt ein „aufgewühltes“ Stück Dach darauf schließen.

Dieser LS-Bau ist keine Neuheit und wurde hier oder dort auch schon mal kurz besprochen. Es gibt Stimmen, die behaupten, es hätte ein weiterer Flakturm werden sollen. Meiner Meinung nach passt das nicht – weder baulich noch sonst wie.

Irgendwie sieht mir das Ganze etwas nach einem nicht fertiggestellten LS-Turm aus ...

Gibt es zu diesem Bauwerk Primärquellen? Wozu war er wirklich gedacht? War dies der Endausbau oder handelt es sich um ein unfertiges Bauwerk? Wie ist/war der innere Aufbau?

Mike
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josef
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Bunker in Floridsdorf

Beitrag von josef » 16.05.2006 21:15

Servus Mike,

die Annahme, es handle sich um einen nicht fertiggestellten LS-Bunker (Turm), dürfte der Realität am ehesten entsprechen. Dies ist auch die Meinung seitens offizieller Stellen wie Magistrat usw., wobei man sich aber nicht hundert Prozent festlegt! Es fehlen, im Gegensatz zu den Flakbunker – Standorten, jegliche Unterlagen!


Gegen die Version Flakturm sprechen einige Gründe:

=> Bauform, Ausführung.

=> Das Stadtgebiet auf der linken Donauseite weist eine weit geringere Verbauungsdichte als die auf der rechten Seite liegende Innenstadt auf. Dort war genug Platz für Flakstellungen, was auch mit der erheblichen Anzahl von Batteriestandorten belegt wird.

=> In Floridsdorf, Kagran, Donaustadt, Lobau usw. ging dadurch die Herstellung gefechtsbereiter Batterien „auf der grünen Wiese“ viel rascher über die Bühne und war mit weit weniger Kosten, Material- und Personaleinsatz zu schaffen als die Errichtung der gewaltigen Betonmonster in der Innenstadt.

=> Die fertiggestellten Innenstadttürme bildeten 3 Gefechtseinheiten mit jeweils einem Gefechts- und Messturm (insgesamt 6 Türme). Zum Bauwerk Gerichtsgasse fehlt der 2. Turm! Bei der Flakturm-Variante müsste zumindest ansatzweise irgendwo in der Nähe ein zweites Bauwerk zu finden sein – gibt es aber nicht!



Ich denke, es sollte eine LS-Anlage für die Floridsdorfer Bevölkerung werden! Alleine die günstige Lage fast direkt im Zentrum des Bezirkes, zwischen 2 wichtigen Ausfallstraßen nach N und NO (Prager- und Brünnerstraße), spricht dafür. Im Umkreis von ein paar Kilometern des Standortes befanden sich wichtige Primärziele der Rüstung: Lokomotivfabrik AG (Lofag), Siemens AG, AEG, Austro-Fiat LKW-Werk, AFA-Werke, Hofherr&Schrantz, Pauker-Werke, Reichsbahn-Ausbesserungswerk, Raffinerie, Lohnerwerke und Heinkel AG... um nur einige zu nennen.

Lg
josef

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Beitrag von Christel » 16.05.2006 22:14

Hallo Josef,

könnte es sich bei dem Bunker in Floridsdorf eventuell auch um ein sog. Werksluftschutzbauwerk handeln? Denn nur 1 oder 2 Gehminuten entfernt befindet sich die Wiener Stadtwerke, bzw. Verkehrsbetriebe - Bahnhof Floridsdorf.

Ob den Wiener Stadtwerken vielleicht Aufzeichnungen dazu vorliegen?

Viele Grüße nach Krems

Christel

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TimoL
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Re: LS-Bunker in Wien Floridsdorf, Gerichtsgasse

Beitrag von TimoL » 18.03.2020 21:09

Hiho! :-)

Hier mal ein paar aktuelle Bilder/ Impressionen von dem Luftschutzbauwerk vom März 2020 ;)

Laut meiner Archäologie-Professorin und einem Anwohner, dessen Vater während des Krieges in dem nahe gelegenen Austro-Fiat LKW-Werk gearbeitet hat, hat sich die Theorie vom Flakturm mittlerweile widerlegt:
Das Bauwerk sollte tatsächlich als zentraler Werkluftschutzbunker für die umliegenden Betriebe dienen. In den beiden Obergeschossen sollte die zentrale Werkluftschutzleitung und -zentrale und die Unterkünfte für das Flak-Personal untergebracht werden.
Auf dem Dach sollten vier oder sechs 20-mm-Geschütze zur Tieffliegerabwehr aufgestellt/ installiert werden, deswegen auch ein Aufzugsschacht in der Mitte des Bauwerks.

Wie viele Stockwerke das Bauwerk am Ende haben sollte ist nicht bekannt. Die Angaben und Vermutungen reichen von vier bis zwölf.
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