Luftschutzkeller in Duisburg-Neudorf

Luftschutzbunker, zivile Bunkeranlagen und Schutzbauwerke des 2. Weltkriegs
SuzieQ

Luftschutzkeller in Duisburg-Neudorf

Beitrag von SuzieQ » 21.11.2010 11:33

Moin, moin,

dank Forums-geschärftem Blick sind mir nun endlich einige Luftschutzkeller in den Altbauten hier "ums Eck" ins Auge gefallen. Die Entdeckungen fand ich sehr spannend und habe heute Morgen auf der Hunderunde mal die Kamera mitgenommen.

Bild 1 zeigt den Keller eines Hause, in dem ich selber einige Zeit gewohnt habe. Dazu ist noch zu berichten, dass sich in diesem Keller ein "Judenversteck" befindet. Es gibt einen Raum, in dem eine Art Regal eingebaut ist. Eines der Regalbretter ist allerdings eine Türverriegelung, die durch Drehen den Zugang zu einer kleinen, vielleicht 2 - 3 m² großen Kammer freigibt, in der sich ein Mensch verstecken konnte. Mit Marmeladen- oder Weckgläsern aufgefüllt, war es sicher eine ganz gute Tarnung. Leider konnten mir die Nachbarn damals nicht berichten, wer dort und welchen Umständen tatsächlich Zuflucht gesucht hatte.

Das Gitter in Bild 2 wurde zwei Häuser weiter aufgenommen.

Die letzten drei Bilder zeigen den Luftschutzkeller der Traditionsgaststätte "Haus Klucken" (heute ein Bistro). Ich bin so oft daran vorbeigegangen, und habe das bisher immer für einen Kohlenkeller o. ä. gehalten! Selbst das Mannesmann-Luftschutzgitter war mir bis jetzt gar nicht groß aufgefallen :oops: Naja, und unser Hund Kimba wollte beim letzten Foto partout nicht aus dem Bild gehen. ;)
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ruine13
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Beitrag von ruine13 » 21.11.2010 19:46

Sehr schön, das Gitter bei Klucken ist mir noch nie aufgefallen (streng genommen ist das aber schon Duissern, oder?).

Mit offenen Augen gibt es hier jede Menge zu entdecken, schön, dass noch jemand mitsucht.

Hier eine kleine Auswahl:

1 - unser eigener LS-Keller auf der Waldstr., gebaut von einen französischen Kriegsgefangenen, nachdem Pfingsten 1940 das Nachbarhaus einen Volltreffer abbekommen hat.

2 - Notausgang auf der Koloniestr.

3 - Pfeil zur Sammelstelle auf dem Friedhof auf der Lortzingstraße. Die Häuser in der Ecke besaßen keine LS-Keller.

4-6 - Meine Lieblingsanlage in Neudorf: WLS der DEMAG auf der Karl-Lehr-Straße. Zugang über die Keller. Die Häuser einer Straßenseite sind anscheinend später noch durch einen Stollen verbunden worden, außerdem führt ein Kriechgang unter der Straße durch.

7 - der letzte erhaltene LSR-Schriftzug auf der Koloniestr.

8-10 - Die Schutzräume unter dem Gelben Bogen, ein paar Meter von der DEMAG- Anlage enfernt. Ich war damals mit der Bauleitung in den angeschnittenen Räumen.


Markus
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SuzieQ

Beitrag von SuzieQ » 22.11.2010 20:50

ruine13 hat geschrieben:Sehr schön, das Gitter bei Klucken ist mir noch nie aufgefallen (streng genommen ist das aber schon Duissern, oder?).
Das Gitter befindet sich auf der Mülheimer Str., gegenüber der Ampel vor dem Haus Klucken. Die Keller sind um die Ecke auf der Schweizer Str. Ich weiß nicht, wie oft ich da schon drüber gelaufen bin, ohne dass mir das Gitter aufgefallen ist. Und ja, natürlich ist es eigentlich schon Duissern ;)

Deine Auswahl aus Neudorf-Süd ist ja beachtlich! Besonders spannend finde ich die Aufnahmen von den Schutzräumen im Gelben Bogen. Habe ich auch noch nicht gewusst, dass sich dort Schutzräume befinden. Danke fürs Zeigen!

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Henning
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Beitrag von Henning » 22.11.2010 22:05

Hallo,
ruine13 hat geschrieben: 8-10 - Die Schutzräume unter dem Gelben Bogen, ein paar Meter von der DEMAG- Anlage enfernt. Ich war damals mit der Bauleitung in den angeschnittenen Räumen.
Ich habe am 11. September (reiner Zufall, dieses Datum) zwei Bilder gemacht, ohne wirklich zu ahnen, was ich da vor der Linse hatte.

Allerdings habe ich mich damals schon gefragt: warum bohrt man ein Loch durch die Wand, wenn direkt daneben eine Tür ist? Die Kontrolle des hinter der Wand liegenden Hohlraums kann es ja nicht sein. BTW: Die Tür sieht doch auch nicht so wirklich nach Luftschutz aus?!

Das Web warf gerade noch diese Zeitzeugenberichte aus.

Gruß,
Henning
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ruine13
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Beitrag von ruine13 » 23.11.2010 10:03

Diese Türen wurden erst ein paar Jahre nach dem Krieg eingebaut, da die ehemaligen Schutzräume von etwas zwielichtigen Gestalten bewohnt wurden, weshalb sich kaum mehr jemand durch die Tunnel traute. So erzählte es zumindest meine leider inzwischen verstorbene Vermieterin. Die Löcher gehörten zur Lüftungsanlage. Die Schutzräume wurden erst im Juli 1943 vom Luftschutzamt gebaut und waren so ziemlich der einzige Schutz, der in der Ecke geboten wurde. Die LS-Situation in Neudorf und um dem Bahnhof war ausweislich der Akten gelinde gesagt mangelhaft. Dies änderte sich erst, als der Bunker (Bau Nr. 31) an der Kammerstr. 1943 bis 1944 (betonfertig Juni 1944) für etwa 2600 Personen gebaut wurde.

Viele Grüße

Markus
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Beitrag von Henning » 23.11.2010 17:45

Hallo,
ruine13 hat geschrieben:Diese Türen wurden erst ein paar Jahre nach dem Krieg eingebaut, da die ehemaligen Schutzräume von etwas zwielichtigen Gestalten bewohnt wurden, weshalb sich kaum mehr jemand durch die Tunnel traute. So erzählte es zumindest meine leider inzwischen verstorbene Vermieterin. Die Löcher gehörten zur Lüftungsanlage. Die Schutzräume wurden erst im Juli 1943 vom Luftschutzamt gebaut und waren so ziemlich der einzige Schutz, der in der Ecke geboten wurde. Die LS-Situation in Neudorf und um dem Bahnhof war ausweislich der Akten gelinde gesagt mangelhaft. Dies änderte sich erst, als der Bunker (Bau Nr. 31) an der Kammerstr. 1943 bis 1944 (betonfertig Juni 1944) für etwa 2600 Personen gebaut wurde.
Verstehe ich deine Quelle richtig, dass die westliche Brücke früher breiter war und im Rahmen des Autobahnausbaus 2008 (?) zum Teil abgebrochen wurde?

Die Löcher können aber nicht "original" sein, man sieht doch deutlich die Wasserspuren der Kernbohrung.

Gruß,
Henning

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Beitrag von ruine13 » 23.11.2010 21:23

Henning hat geschrieben:Verstehe ich deine Quelle richtig, dass die westliche Brücke früher breiter war und im Rahmen des Autobahnausbaus 2008 (?) zum Teil abgebrochen wurde?
Korrekt. Dabei wurden die Schutzräume angeschnitten, etwa 1/3 der westlichen Räume wurde dabei abgerissen. Das war im Februar 2008. Kopfseitig gab es keine Zugänge, dort befanden sich die Aborte. Die Türen im Tunnel waren ehemals noch duch Splitterschutzvorbauten auf dem Gehweg geschützt. Insgesamt gibt es dort 6 Schutzräume, nicht 4, wie im Artikel erwähnt. Da hat der Schreiber leider nicht richtig zugehört. Die Pläne der westlichen und mittleren Räume liegen vor, die der östlichen fehlen leider. Dort würde ich auch den in den Entmilitarisierungsakten erwähnten Transformatorenraum vermuten, die Räume wurden elektrisch beheizt.

Bezüglich der Löcher muss ich noch einmal schauen. Auf den Plänen sind die Lüftungslöcher zwischen den Türen verzeichnet. Heute sitzen sie jedoch auch von innen direkt neben den Türen. Im Februar 2008 waren sie von aussen auch schon dort zu sehen, allerdings ohne die neuen Bohrspuren. Warum da anscheinend aktuell gebohrt wurde, kann ich auch nicht sagen.

Viele Grüße

Markus
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Re: Luftschutzkeller in Duisburg-Neudorf

Beitrag von kuhlmac » 23.11.2010 21:46

SuzieQ hat geschrieben: Die letzten drei Bilder zeigen den Luftschutzkeller der Traditionsgaststätte "Haus Klucken" (heute ein Bistro). Ich bin so oft daran vorbeigegangen, und habe das bisher immer für einen Kohlenkeller o. ä. gehalten! Selbst das Mannesmann-Luftschutzgitter war mir bis jetzt gar nicht groß aufgefallen :oops: Naja, und unser Hund Kimba wollte beim letzten Foto partout nicht aus dem Bild gehen. ;)
Aber lp_IMG_0471.jpg zeigt einen Zugang zum Falloch der Gaststätte. Ich hab selber früher Bier gefahren in den Ferien, und da gibt es diverse Zugänge zu den Schankkellern. Der Typ ist rel. häufig. Oben der Teil wird weggeklappt oder gedreht, der untere meist ausgehoben, deswegen auch der Griff. Darunter sind die Fallöcher meist 1,50 bis 2 m tief. Zweck: einwurf von Bierfass :-)
Oder sollte das ursprünglich eine LS-Klappe sein???

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Beitrag von ruine13 » 23.11.2010 22:11

Sehe ich genauso. Das Mannesmann-LS-Gitter war der Notausstieg aus dem LS-Raum, das andere ist die Bierzufuhr. Die befand sich ausserhalb des LS-Raumes. Ansonsten hätte die Klappe ja auch gasdicht sein müssen. Zumindest war das so im einem ehemaligen LS-Keller einer Kneipe, den ich besichtigt habe, und auch in den diversen Plänen von ÖLSR in Kneipen, die ich kenne, ist das Falloch ausserhalb des LS-Bereiches.


Das hat mir jetzt doch keine Ruhe gelassen. In einem anderen Ordner habe ich noch ein paar Bilder gefunden, auf denen man die Löcher gut erkennen kann. Das waren tatsächlich die Überdruckventile. Diese verlaufen allerdings nicht gradlinig durch die Wand, sondern Z-förmig. Muss ich mir mal vor Ort anschauen. Die Türen im hinteren Bereich wurden anscheinend auch kürzlich verschweißt.

Auf dem letzten Bild kann man noch sehr gut erkennen, wie lang die Anlage ursprünglich war.
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SuzieQ

Re: Luftschutzkeller in Duisburg-Neudorf

Beitrag von SuzieQ » 24.11.2010 18:01

kuhlmac hat geschrieben: Zweck: einwurf von Bierfass :-)
ruine13 hat geschrieben:Sehe ich genauso. Das Mannesmann-LS-Gitter war der Notausstieg aus dem LS-Raum, das andere ist die Bierzufuhr.
Uuuuuuupps! :oops: :lol: Danke euch für die Aufklärung und sorry, weil das Bild ja nun hier OT ist! Hab vor lauter Eifer überall nur noch alte Luftschutzkeller gesehen ... ich hatte mich schon ein wenig gewundert, weil ich in Ruhrort ebenfalls genauso eine Klappe entdeckt habe, auch an einer alten Gaststätte.

Die Hintergründe und Berichte zum Gelben Bogen sind wirklich beeindruckend und auch erschreckend. Ich bin da schon so oft durchgefahren - jetzt sehe ich das Bauwerk mit ganz anderen Augen und das eben nicht nur wegen der traurigen Ereignisse zur Loveparade.

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