Heimatschutzarchitektur

Nichtmilitärische Zweck- und Repräsentationsbauten und -Projekte des Nationalsozialismus 1933-1945
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EricZ
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Heimatschutzarchitektur

Beitrag von EricZ » 08.02.2020 15:04

Moin,

gerade bin ich während der Suche nach dem Baujahr der Jugendherberge im Erholungsort Nettetal-Hinsbeck auf den Höhen der Hinsbecker Schweiz über den Begriff der Heimatschutzarchitektur gestoßen.

Im Stil der Heimatschutzarchitektur errichtete Gebäude, zählen übrigens nicht zu einer eigenständigen, nationalsozialistischen Art der Architektur, auch wenn viele Gebäude in genau dieser geschichtlichen Phase im Heimatschutzstil errichtet worden sind. Bezeichnend finde ich, dass diese Art der Architektur - seit 1904 in Deutschland und der Schweiz vertreten - allerdings seine Blütezeit in den Jahren 1933 bis 1945 hatte, aber diverse Gebäude auch noch bis ca. Ende der 1950er Jahre in diesem Stil gebaut wurden - u.a. die 1952 in Hinsbeck (zu dieser Zeit übrigens noch eine kleine eigenständige Gemeinde im damaligen Kreis Kempen-Krefeld) errichtete Jugendherberge Vierlinden. Aufgrund der Gebäudegestaltung und -ausführung bin ich bis heute der Ansicht gewesen, dass das Hinsbecker Herbergsgebäude möglicherweise noch vor dem 2. Weltkrieg gebaut worden sein könnte.

https://de.wikipedia.org/wiki/Heimatschutzarchitektur
http://www.kie4191.de/Baugestaltung_1/B ... ung_2.html


Gruß, Eric
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bettika
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Re: Heimatschutzarchitektur

Beitrag von bettika » 08.02.2020 22:55

Hallo Eric,
Das sich die Nazis diesen Stil z.T zu eigen gemacht haben, ist bedauerlich, mindert aber nicht deren Bedeutung.
Ich bin bekennende Anhängerin dieses Baustils außerhalb der Nazizeit. Der Baustil hat in Schleswig-Holsein insbesondere Flensburg bedeutende Spuren hinterlassen.
http://www.geschichte-s-h.de/heimatschutzarchitektur/
Sie sollte Beispiele setzen gegen die Industriebaustoffe wie Wellblech und Dachpappe, kahle Brandmauern, beliebig aufgeklebten Fassadenschmuck (der übrigens als Fertigware per Katalog angeboten wurde) und die Türmchen- und Erkermanie der Gründerzeit.....
Ende der 1920er Jahre machten sich die Nationalsozialisten die Ziele der Heimatschutzbewegung zu eigen. Die Verflechtung stimmt nachdenklich, mindert jedoch nicht den Wert der Impulse, die von der Heimatschutzbewegung ausgegangen sind.  
Grüsse
Beate
„Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ George Santayana

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EricZ
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Re: Heimatschutzarchitektur

Beitrag von EricZ » 15.02.2020 16:56

Vielen Dank für Deine Ergänzung zu diesem Thema, Beate! :thumbup:
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kuhlmac
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Re: Heimatschutzarchitektur

Beitrag von kuhlmac » 22.02.2020 18:41

Hallo, Eric,

deine Einschätzung der Jugendherbergsbauzeit passt in das Bild der damaligen Zeit. Tatsächlich ist vieles an Architektur und derartigen Ausführungen in die BRD "herübergerettet" worden, so dass auch der Baustil durchaus Kontinuität aufweist. Damals bekanntestes Beispiel und schon "Medienereignis" (Skandal!) war der Düsseldorfer Architektenstreit.
Eine gute Zusammenfassung gibt tatsächlich auch die Tante Wiki:https://de.wikipedia.org/wiki/D%C3%BCss ... ktenstreit
Da tauchen dann auch Namen aus der Architekturgeschichte des 3. Reichs auf, die heute noch Relevanz haben. Z.B. Tamms für die Reichsautobahn-Brücken, Schulte-Frohlinde (Reichsheimstätten -da ist auch die gestalterische Nähe zu den JH-, Schulungsburgen usw.) oder Hentrich (RAB-Tankstelle Rhynern).
Grüße
Christian
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MichaG

Re: Heimatschutzarchitektur

Beitrag von MichaG » 24.02.2020 16:49

Moin im Thema,

vielen Dank für eure Hinweise, das Thema habe ich sicher mal irgendwo aufgeschnappt, aber bekannt war mir darüber
gar nichts.

In diesem Baustil wurde vermutlich in den 1930er Jahren ein HJ-Heim direkt am Ostufer des Zwischenahner Meeres
errichtet, einige alte Fotos aus damaliger Zeit finden sich Online und in regionalen Chroniken.
Soweit mir pers. bekannt, wurde das Heim vor 1945 auch für Einheiten der Marine-HJ genutzt, auf dem
Zwischenahner Meer wurde z.B. gesegelt und gerudert, das zeigen wenige alte Fotografien.

Nach 1945 wurde aus dem HJ-Heim eine Jugendherberge, die noch heute intensiv genutzt wird.
Spannendes Thema, ich bin sehr gespannt auf weitere Einträge...

Gruß aus Wiesbaden von Micha

Josch
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Re: Heimatschutzarchitektur

Beitrag von Josch » 13.04.2023 22:25

Hallo,

in der Tat ein interessantes Thema, Heimatschutzarchitektur. In Krefeld nahe den damaligen Deutsche Edelstahl Werke gibt es das Konnertzfeld. Alle Häuser der Siedlung sind in diesem Stil und für die damaligen Beschäftigten der DEW angelegt worden. Direkt am Platz steht ein Geschäftshaus (Konnertzfeld 2), mit einem großzügig angelegten Luftschutzbunker für die Anlieger, dazu gehört auch ein Treppenturm. In Kaldenkirchen gibt es die Grenzwaldstrasse, die Siedlung wurde auch nach dem Krieg von ehemaligen Mitarbeitern (Soldaten) und Flugzeugtechnikern und deren Familien bewohnt. Auch hier sind die Keller mit viel Eisen und Beton gestaltet. Auf dem Deller Weg in Leuth unweit des ehemaligen Flugplatz Venlo Herongen stehen Häuser aus der Zeit. Auch da sind die Keller mit viel Eisen und Beton gestaltet. Ich denke es dieser neue Baustil der die Gebäude prägt, man erkennt sie an den verwendeten Klingersteinen, oder? Der Uropa der Familie am Deller Weg arbeitete im Werk der Firma Zeiss Jena in Venlo. Wahrscheinlich gab es da auch eine Verbindung zum Flugplatz. Schätze die Bauzeit liegt bei allen genannten Gebäuden zwischen 33-41. Wie kommt man an solche Immobilien? Schließlich haben die damaligen Käufer, alle in der Rüstung bzw. Wehrmacht gearbeitet.

Beste Grüße

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erlenmeier
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Re: Heimatschutzarchitektur

Beitrag von erlenmeier » 07.05.2023 17:17

Hallo Josch,
sind es die Gebäude Deller Weg 13 - 21?

Schau mal nach und antworte bitte.
Nur wer die Vergangenheit kennt, kann auch Gegenwart und Zukunft bewältigen.

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