katschützer hat geschrieben:
Dann heißt es jetzt: Auspacken
Einfach mal aus dem Nähkästchen plaudern. Den TMLD gibt es ja nun seit etlichen Jahren nicht mehr also ist alles an Info potentiell bedeutsam.
So, nun also ausgepackt zum TMLD. Es handelt sich um keine geheimen Informationen vieles davon steht auch woanders im Internet . Sorry, wenn es sich teilweise um alte Hütte handelt (die ggf. sogar hier im Forum schon erörtert wurden). Ich bitte auch um Verständnis für die nicht immer militärisch korrekte Wortwahl. (... und Erinnerungsirrtümer und falsche Zitate vorbehalten)
Allgemein zu TMLD
Bei der TMLD handelt es sich um den Nachfolger der 1959 aufgestellten „LRB". Die Luftraumbeobachter versahen ihren Dienst an der innerdeutschen Grenze in sogenannten Riegelstellungen. Aufgabe: (gem.LDv 600/4)
"Überwachung des Luftraumes vom Boden aus mit Hilfe der menschlichen Sinnesorgane zu dem Zweck, Luftfahrzeuge wahrzunehmen, zu erkennen, zu identifizieren und zu melden."
Im Zuge einer Neustrukturierung 1971 wurde der TMD (Tieffliegermeldedienst) eingerichtet. Primärauftrag des TMD war den niedrigen Luftraum (unter 3000 m) entlang der innerdeutschen Grenze zu überwachen und dadurch die durch die Erdkrümmung hervorgerufenen Erfassungslücken der großen, ortsfesten Luftraumüberwachungs-Radargeräte (z.B. CRC Brekendorf bei Rendsburg/Eckernförde) zu schließen.
Mit der Anschaffung des mobilen Radargerätes MPDR 30/1 (Fa. Siemens) wurde der Verband von der Aufgabe "Auge - Ohr" erlöst.
Das Radargerät (auf dem LKW 5t gl von MAN montiertes Puls-Doppler-Radar hatte eine Reichweite von 30 Kilometer, später gab es eine Version mit 45 Kilometer Reichweite. Das MPDR verfügte zudem über ein Freund-Feind-Erkennungssystem, mit dem Flugobjekte klassifiziert und identifiziert werden konnten. Nach Ausstattung des TMD mit automatischen Tieffliegermeldezentralen war der TMD auch in eingeschränktem Maße zur direkten Führung von Flugzeugen befähigt. Daher wurde der Name in Tieffliegermelde- und Leitdienst (TMLD) geändert.
Bei der Aufstellung rekrutierte das Personal sich aus den vormals für die LRB zuständigen Fernmelderegimentern 32 im Süden und 33 im Norden der Bundesrepublik. Der TMD bestand aus insgesamt 8 Kompanien, die bereits im Frieden 24 sogenannte Dauereinsatzstellungen (DEST) entlang der innerdeutschen Grenze und der Grenze zur Tschechoslowakei, unterhielten. In sechs Kompaniekasernen war jeweils eine Tieffliegermelde- und Leitzentrale (TMLZ) untergebracht. In dieser liefen die von den DEST gewonnenen Daten zusammen und wurden ausgewertet. Die TMLZ war im gewissen Sinne auch eine DEST, allerdings war hier nur ein Kofferfahrzeug in einer Garage untergebracht und fungierte als Zentrale. Die Daten wurden von den TMLZ an die zugehörigen Control and Reporting Center (CRC) geleitet. In diesen verbunkerten Luftwaffenkampfführungsanlagen wurden die Daten gebündelt und ausgewertet. CRC waren zum Beispiel in Brekendorf, Erndtebrück und Lauda.
In einem Konflikt wären die DEST aufgegeben und der TMLD aus vorerkundeten Einsatzstellungen in einem Riegel zum mobilen Einsatz gekommen. Dazu später mehr.
Speziell zu 18./Fernmelderegiment 33
Das Regiment gehörte zu IV. Abteilung Fernmelderegiment 33 (Faßberg) und war in der Marseille-Kaserne in Appen bei Uetersen stationiert. Namensgeber ist übrigens nicht die gleichnamige Stadt sondern Hans-Joachim Marseille, genannt Stern von Afrika, (1919- 1942) deutscher Jagdflieger, Hauptmann und „Fliegerass" im Zweiten Weltkrieg.
Das Regiment war eine zahlen- und platzmäßig relativ kleine Einheiten innerhalb der Kaserne. Es gab im Prinzip nur einen Wohnblock (inkl Waffen, Kleidung, Verwaltung etc.), die TMLZ-Barracke, ein Schulungsgebäude und eine Fahrzeughalle (bis auf die nicht mehr vorhandene Fahrzeughalle läßt sich bei GE alles noch recht gut wiederfinden). Nach 6 Wochen Grundausbildung wurden die GWDL entweder zu Richtfunkern oder (in der großen Überzahl) zu Radartiefflugmeldern ausgebildet. Es gab vier DEST: Krusendorf, Marxdorf, Parin, Niendorf. Die DEST (etwa so groß wie ein halber Fußballplatz) war ein mit Stacheldraht umzäunten Areal mit einem Gebäude als Unterkunft, Aufenhaltsraum und Küches , Einstellmöglichkeiten für das Antennenfahrzeug (Tieffliegermelderadar MPDR 30/1 auf einem MAN Lkw 630 L2AE, später der MPDR 45/1), das Auswerte- und Operatorenfahrzeug (Kofferfahrzeug auf einem MAN Lkw 630 L2A) sowie die Generatoren (auf einem 1,5-t-Anhänger).
Das Personal in den DEST und in der Zentrale leistete Schichtdienst von jeweils 3 bzw. (über das Wochenende) 4 Tagen Dauer. (Bei Wikipedia steht: „Jedoch wurden nicht immer alle 4 DEST einer Komapanie gleichzeitig betrieben.", was meiner Erinnerung nach falsch ist). Die jeweilige Besetzung bestand aus 2 Uffzen (bzw. StUffzen) und 5-6 GWDL. Es gab dabei die Wachzüge von Alpha bis Delta (?). Die Haupttätigkeit bestand aus
zweistündigem Dienst im „Koffer". Sonst gab es noch (für die Richtfunker ausschließlich) die Wachgänge, sowie ToPo- und SiPo-Aufgaben. Neben dieser „Daueraufgabe" wurde ständig die Bereitschaft aufrecht erhalten die Radaranlagen (mobil!) irgendwo anders zu errichten und in Betrieb zu nehmen. Die Aufgabe der Richtfunker bestand darin, Richtfunkverbindungen aufzubauen und die erfaßten Daten (auch über Knotenpunkte) weiterzugeben. Dies geschah über das „Richtfunkgerät 1-8/8000" und den „Gittersteckmast 24 m" (der Mast wurde entweder „gestockt" oder „gezogen" errichtet). In Übungen wurden dabei schon vorerkundete Einsatzstellungen bezogen, die sich alle in „zweiter Reihe" der Grenze befanden. Ich erinnere mich z.b. an eine Anhöhe in Berlin bei Ahrensbök.
Abspann: „Nach der Wiedervereinigung und der damit verbundenen Neuorganisation der Luftraumüberwachung, wurde der Tieffliegermelde-u. Leitdienst der Luftwaffe am 14.12.1990 von seinem Einsatzauftrag entbunden."
Das hört sich wohl allerdings pathetischer an als ist: Bereits Mitte der 80er liefen angeblich die Planungen dafür die TMLD einzustellen und die Luftüberwachung komplett über AWACS laufen zu lassen. Inwieweit das technisch und organisatorisch überhaupt möglich gewesen wäre kann ich nicht beurteilen. ...und zum Glück kam´s ja auch anders.
Falls noch Fragen sind gerne! Auf Namensnennungen habe ich bewußt verzichtet - dazu ggf. eine PN schreiben.
Gruß
november lima