Marine - Peilzentrale I Husum

Elektronische Aufklärung ab 1945 (ELOKA / SIGINT / COMINT / ELINT / EW)
HW (†)
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Beitrag von HW (†) » 25.06.2011 16:00

Hallo,
mit Peilstelle und Peilzentrale gebe ich Dir recht. Die BFSt benennt es Peilstelle, die Bundeswehr dagegen benannte es Peilzentrale, obwohl es die selbe Anlage war.

Im Bezug auf Husum war die Anlage ab 1987 eine Peilstelle für die BFSt und eine Peilzentrale für die Bw.

Es gab ja auch noch andere Liegenschaften, wo der Eigentümer BFSt ein schönes Emailleschild anbrachte: "Peilstelle der Bundeswehr". Die Soldaten der Bw, die diese Anlage mitnutzten aber sagten: Moment, wir sind doch eine Peilzentrale. Ich glaube, das Schild gibt es heute noch :mrgreen:
Ist im Grunde auch nur ein Wortspiel.

Gruß
HW

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bettika
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Beitrag von bettika » 26.06.2011 14:47

Hallo,
die genannten Peilstellen wurden in der Artikel-Serie der Dithmarscher Landeszeitung
"50 Jahre Bundeswehr in Schleswig-Holstein"2005 von Holger Piening beschrieben, die Serie wurde veröffentlicht in " Zwischen Eider und Wiedau. Heimatkalender für Nordfriesland 2006 "

"Geheime Peilzentrale im Moor
Kleinstandorte der Bundeswehr in Dithmarschen –
50 JAHRE BUNDESWEHR IN SCHLESWIG-HOLSTEIN – Teil XI

Von Holger Piening

In einem Moorgebiet bei Lunden nahm die Bundeswehr 1963 geheimnisvolle Tätigkeiten auf. Einheimische sprachen davon, es werde – wie schon im Krieg – eine Funkstelle eingerichtet.

Hinter den Aktivitäten steckte der Marinefernmeldeabschnitt 7 in Flensburg, der die Marinefernmeldestelle 713 von Falshöft an der Ostsee nach hier verlagerte. Deren Geschäft war nicht das Senden von Funkwellen, sondern das Abhören des Gegners, der „Warschauer Pakt“ hieß. Keine Sendestation, sondern ein Peiler entstand im Moor!

Die Bundesmarine hatte die entlegene Gegend wegen niedriger Außenstörpegel und der guten elektrischen Leitfähigkeit des Bodens gewählt. Der Dienststellenleiter machte die Tarnung der Anlage perfekt, indem er sich Gänse im militärischen Sicherheitsbereich hielt.

Das Personal lebte bis zur Fertigstellung der Kaserne in Heide jahrelang ungezwungen ohne Stubenordnung und Latrineputzen in der Gaststätte „Jägerheim“ in Rehm.

Kurz vor dem Einmarsch des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei wurde die Peilstation zu einem mehrgeschossigen unterirdischen Bunkerkomplex erweitert. Der Ausbau geschah mit Rücksicht auf den sensiblen Betrieb möglichst erschütterungsfrei. So wurde der benötigte Beton mit Loren zur Baustelle gefahren.

Die Luftwaffe zog mit in die Anlage ein, die ab 1. Juli 1968 als „Deutsche Peilzentrale Nord“ firmierte. LUNDEN war damit einer von bundesweit zwei zentralen Standorten der Fernmelde-elektronischen Aufklärung der Marine. Der andere war Langenargen am Bodensee.

Mit ihrem Auftrag, hinter die Kulissen des Gegners zu blicken und Lageveränderungen zeitig zu melden, war die Peilzentrale Teil des militärischen Nachrichtenwesens. Die Lundener erfassten den östlichen Funkverkehr aus dem Äther und auf dem Wasser. Durch Einpeilen von Funksprüchen der Ostsee-Flotten konnten Standort und Zahl der Schiffe und U-Boote ermittelt werden. Der Westen – auch niederländische Marinesoldaten lauschten bei Lunden – blieb so auf dem Laufenden.

Die Peilzentrale Nord wurde am 31. Mai 1987 aufgelöst und stattdessen die Peilzentrale I Marine im Porrenkoog vor Husum aufgebaut. Das Personal verlegte von Heide in die Fliegerhorstkaserne in Husum. In Lunden fand noch einige Jahre ein eingeschränkter Dienstbetrieb statt. Nun aber sind die Antennen längst abgebaut. Die aktuelle Großpeil- und Erfassungszentrale steht im nordfriesischen Bramstedtlund....."


Grüsse
bettika
„Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ George Santayana

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Beitrag von nordfriese » 26.06.2011 16:46

Hallo, Beate!

Da ist Herr Piening ziemlich nah dran, aber sorry:
Die Holländer waren definitiv nicht von der Marine,
sondern von der "Koninklijke Landmacht".

Der Umzug nach Husum ging nicht unbedingt so flüssig
über die Bühne wie von ihm beschrieben.

Gruss aus NF!
Rolf

HW (†)
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Beitrag von HW (†) » 26.06.2011 17:47

Eine interessante Frage ist noch, warum wurde Lunden aufgegeben und die Peilstelle in Husum der BFSt mit genutzt. Die Peilzentrale IV in Eriskirch am Bodensee, die in dem Text als Langenargen am Bodensee bezeichnet wird *, wurde erst 1997 aufgelöst.
Vom Gebäude müssten beide Anlagen identisch gewesen sein (wurde vom User Nordfriese auch schon so geschrieben), da auch in etwa gleicher Zeitraum der Bauphase.

* Die neue Peilanlage in Eriskirch wurde in den 60er Jahren erbaut, der Unterkunftsbereich in Eriskirch wurde erst 1972 fertig gestellt. Aus verschiedenen Chroniken geht hervor, dass Marine und Luftwaffensoldaten der Bundeswehr schon kurz nach der Aufstellung der Bundeswehr in Langenargen (Nachbargemeinde von Eriskirch) stationiert wurden. Die Unterkunft war, so wie es sich heute darstellt, die von den Franzosen genutzte Kaserne in Langenargen. Auch für die neue Peilanlage in Eriskirch war die Unterkunft erst in Langenargen, da die Unterkunft in Eriskirch erst 1972 fertig wurde.

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Beitrag von nordfriese » 26.06.2011 21:55

Moin!

Also ich tippe mal auf Platzgründe...

Der kleine Rundbunker in Lunden war für Heer,
Luftwaffe und Marine definitiv zu klein.

Gruss aus NF!
Rolf

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Beitrag von nordfriese » 26.06.2011 22:07

Ups...

Da war ich ein wenig zu schnell auf der Sendetaste!

In Eriskirch/Langenargen sassen ja wie in Lunden nur
Lw und Marine.

Nachdem Lw und Marine in Husum "einzogen", zog da auch
das Heer in Eriskirch/Langenargen ein?

Ich weiss es nicht.
Dies zur Frage "Grösse der Anlage"...

Rolf

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Beitrag von HW (†) » 27.06.2011 12:08

Bei der Recherche zu Eriskirch und Langenargen habe ich vor einigen Jahren mit einem ehem. Dienststellenleiter gesprochen, er sprach nur von ca. 70 Luftwaffenangehörigen und ca. 10 vom Heer.
Ein User postete aber im Forum, dass 1986 auch Marineangehörige in Eriskirch waren.

Etwas anderes noch: In irgendeinem Forum (nicht hier) habe ich vor einiger Zeit gelesen, dass Lundem mehrere Etagen hatte. Vor einigen Jahren hatte jemand das auch von Eriskirch behauptet. Trifft aber nach meinem Recherchen nicht zu. Man darf sich auch keinen ABC-geschützten Bunker vorstellen mit Ausstattung für 30 Tage Überlebenskapazität.
Es war im Grunde ein eingeschossiger (eine Etage) runder "Betonklotz" mit viel Technik und einigen (wenigen) Arbeitsplätzen.

Gruß
HW

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Beitrag von bettika » 27.06.2011 12:57

Hallo,
im“ Blitz & Anker“ Teil II von Joachim Beckh
http://beckh.tech.officelive.com/Docume ... xtract.pdf
ist zu Langenargen-Eriskirch folgendes zu lesen:
„Der ehemalige Standort der Seekriegsleitung der Kriegsmarine in Langenargen wurde aufgrund der geografischen Lage von einem Peiltrupp der Luftwaffe besetzt, dessen 6 Mann am 23.Juni 1959 durch fünf Soldaten der Marine ergänzt wurden. Die Soldaten ….wurden bei den französischen Einheiten im Haus Colmar untergebracht. 1963 entstand der unterirdische Bunker, der die, zum 1.März 1967 offiziell aufgestellte Peilzentrale –Süd mit ihren zwei Peiltrupps der Luftwaffe und jeweils einem Trupp aus Heer, Marine und einem Trupp des AFmISBw aufnahm (34 Mann). 1984 wurde der Standort in Eriskirch-Langenargen in Peilzentrale 4 umbenannt die dem Fernmelderegiment 72 in Feuchtwangen unterstellt war, doch dieser Standort des Heeres wurde in den 90er Jahren geschlossen und Langenargen aufgegeben…“

Inwieweit das stimmt, kann ich nicht beurteilen.

Grüsse
bettika
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Beitrag von nordfriese » 27.06.2011 22:26

Moin!

Wofür gibts ein Telefon...

Die "Bunker" in Lunden und Eriskirch waren baugleich und
hatten nur eine Etage!

In Eriskirch war schon früh auch die Marine vorhanden, wenn
auch nur mit wenigen Planstellen. Auch das Heer war, zumindest
1984, in Eriskirch. 1984 waren auf jeden Fall weniger als 70
Luftwaffensoldaten am Standort.

Ich denke mal, da das Heer schon in Husum war und dort ausreichend
Platz war, sind sie nicht, wie in Eriskirch, mit in den Bunker in
Lunden gezogen. Wäre ja eine "Verschlechterung" gewesen.

Gruss aus NF!
Rolf

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Beitrag von HW (†) » 08.07.2011 15:15

Ergänzung bzw. Bestätigung zum Beitrag von bettika:
Der hier erwähnte Bunker 1963 Baubeginn und Fertigstellung mit Übergabe 1967 ist die Peilzentrale Süd bzw. später dann Luftwaffenpeilzentrale IV.
Bilder (Außenanlage, Luftbild und Kartenausschnitt) davon gibt es ja hier im Forum.
Die Peilzentrale liegt eindeutig auf dem Gemeindegebiet von Eriskirchen.
Die hier eingesetzten Soldaten waren bei den französischen Streitkräften in der Gemeinde Langenargen untergebracht.
1972 wurde der Unterkunftsbereich in Eriskirch fertiggestellt und übergeben.
Ab 1972 kann eigentlich nicht mehr von der Peilzentrale in Langenargen gesprochen werden, da beide, Peilzentrale und Unterkunft, zwar getrennt voneinander auf dem Gemeindegebiet von Eriskirch lagen.
Oft wird aber in Veröffentlichungen und Chroniken immer noch danach von der Peilzentrale Langenargen gesprochen, was eigentlich nicht korrekt ist.

Was aber war vor 1967? Kurz nach der Aufstellung der Bundeswehr war die Luftwaffe (Luftwaffenpeiltrupp) und Marine (MFmSt 714) schon in Langenargen vertreten. Und auch die Kriegsmarine war schon früher hier. Wo war die Örtlichkeit der Peilanlagen, es wird auch von einer Wullenweber-Anlage gesprochen? (siehe Beiträge Mike und Leif). War es das im Thread "Horchposten am Bodensee" beschriebene Übungsgelände?
Auch soll am Anfang die Bundeswehr-Marine Boote, wenn auch nur kleine und nicht für die ELOKA, am Bodensee zur Verfügung gehabt haben.

Da wir jetzt aber vom Threadtitel "Marine-Peilzentrale I Husum" abweichen, verweise ich auf den Thread "Horchposten am Bodensee"

viewtopic.php?t=2663

Gruß
HW

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