Zukunft des Schutzraumbaus in der BRD

Zivile bzw. nicht-militärische Schutzbauwerke und Anlagen des Kalten Krieges
MO

Zukunft des Schutzraumbaus in der BRD

Beitrag von MO » 14.06.2005 11:22

In der Zeitschrift "Bevölkerungsschutz", deren Herausgeber das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ist, wurde in der Ausgabe 2/05 eine Konzept vorgestellt bei dem es zu einer neuerlichen intensiveren Nutzung (primär natürlich Wartung und Pflege) der vorhandenen Schutzraumsubstanz und ggf. sogar zur einrichtung neuer oder reaktivierung bereits "eingemotteter" Anlagen kommen soll/kann.

Kern der Vorschläge ist die These des Autors (Name hab ich jetzt nicht im Kopf) dass es weiterhin einen Bedarf für den Schutz der Bevölkerung vor physikalischen, vor alllem mechanischen und thermischen Belastungen durch die Wirkung von künstlich herbei geführten Explosionen wie etwa Waffenmwirkung, besteht. Dabei wird das bestehende Schutzraumkonzept als untauglich betrachtet, da die neuen, plötzlich auftauchenden Gefahren (Terroranschläge usw.) auch schnell zu nutzende Schutzmöglichkeiten erfordern. Das können die bestehenden Anlagen aufgrund hoher Rüstzeiten und personalintensiver Inbetriebnahme aber nicht leisten.

So wird ein Konzept vorgestellt in dem unter (Um-)Nutzung der vorhandenen Anlagen sozuagen öffentliche "Fluchtpunkte" für die Bevölkerung geschaffen werden sollen die über ständig einsatzbereite Lüftungsmöglichkeiten, leicht zu betätigende Türen und Tore sowie ständig verfügbare Vorräte an Trinkwasser, Erste-Hilfe-Material usw. verfügen sollen. Man soll diese Bereiche durch auffällige Markierung und Beschilderung als solche leicht erkennen können. Zusätzliche Bereiche dieser Art sollen in und an öffentlichen Gebäuden, beispielsweise in noch nicht als MZA ausgeführen Tiefgaragen ermöglicht werden. Diese "Fluchtpunkte" sollen wohl so etwas wie ein auf die neuen Gefahren "angepasstes" Nievau des Grundschutzes bieten.

Mir traten beim Lesen des Artikels ad hoc einige Fragen in den Sinn die ich aus dem Text nicht recht ebantworten konnte. So ist m.E. nach nicht genau definiert wer diese Anlagen wann nutzen soll, wie ggf. bei vollen Schutzräumen Zutrittsbeschränkungen gewährleistet werden und fürwelche Aufenthaltsdauer das alles augelegt werden soll und warum.

Vieles beantwortet sich vielleicht beim nochmaligen Lesen des Artikels, was demnächst auch online unter http://www.bbk.bund.de/cln_007/nn_39806 ... 2__05.html möglich sein wird. Ich werde das huet abend nochmal tun, vielleicht fällt mir ja noch was auf.

Bis dahin werte ich das Ganze als einen Dnekansatz, der bezogen auf Lost-Places vielleicht, wenn er denn Umsetzung findet, ein paar neue Sachen zu Tage fördert. Interessantes Detail am Rande: Im Artikel werden 2.000 einsatzfähige öffentliche Schutzbauten in .de erwähnt.

Gruß, MO

Timo2
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Re: Zukunft des Schutzraumbaus in der BRD

Beitrag von Timo2 » 14.06.2005 11:45

MO hat geschrieben:So wird ein Konzept vorgestellt in dem unter (Um-)Nutzung der vorhandenen Anlagen sozuagen öffentliche "Fluchtpunkte" für die Bevölkerung geschaffen werden sollen
Grundsätzlich wohl die einzig sinnvolle Idee für eine Weiternutzung / Instandhaltung der noch vorhandenen öffentlichen Schutzräume. Bloß, finanzieren wird es niemand wollen, es sei denn es kommt wirklich zu einem größeren Terroranschlag in Deutschland.

MO

Beitrag von MO » 14.06.2005 11:59

Naja, zunächst geht es wohl eh nur darum bei der bevölkerung ein subjektives Schutz-Empfinden zu erzeugen. Angesichts der möglichen Bedrohungsszenarien wären IMHO andere Dinge wichtiger - dem Bürger wird aber ein gänzlicher Verzicht auf öffentliche Schutzräume nur schwer beizubringen sein, wenn man ihm gleichzeitig sagt er solle für seinen Schutz zuhause besser vorsorgen.

Klar ist es dann am Ende ein Frage wer bezahlt - Bund, Länder, keiner, wieviel... Aber demnächst sind ja eh erstmal Bundestagswahlen, so muss man die wohl abwarten und den Kurs der neuen Regierung (wenn's denn eine gibt) bewerten, bevor man sagen kann ob etwas verändert wird und ob jemand Geld in die Hand nimmt...

Gruß, MO

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Beitrag von Timo2 » 14.06.2005 12:20

MO hat geschrieben: dem Bürger wird aber ein gänzlicher Verzicht auf öffentliche Schutzräume nur schwer beizubringen sein, wenn man ihm gleichzeitig sagt er solle für seinen Schutz zuhause besser vorsorgen.
He? Ich vermute das jeder Bundesbürger weiß, das nur ein verschwindet geringer Teil der Bevölkerung einen Schutzraumplatz im Krisenfall ergattern kann. Von daher ist es vermutlich relativ egal, ob weiterhin öffentliche Schutzräume vorgehalten werden oder nicht. Des weiteren ist mir bisher nicht bekannt (im Freundes- und Familienkreis) das sich jemand ernsthaft auf eine Kriegs- oder Krisensituation vorbereitet hat. Lediglich die "Alten" decken sich scheinbar mit Konservendosen ein... ;) Das war es dann auch. Vielleicht hat jemand ähnliche Erfahrungen?

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Beitrag von MikeG » 14.06.2005 12:44

Moin!

Ich glaube nicht, daß in der "normalen" Bevölkerung ein wirkliches Bewusstsein besteht, ob und wie viele Schutzräume es gibt. Ich kann nur schlecht abschätzen, ob die Richtung mehr nach "wie - Schutzraum?" oder mehr nach "es ist bestimmt für alle gesorgt" geht, aber an eine realistische Einschätzung der Schutzplatzzahlen seitens des Normalbürgers glaube ich nicht. Das soll nicht heissen, daß ich "das Volk" für dumm halte, aber was dieses Thema betrifft, ist die Informationspolitik ja noch nie so toll gewesen. Zu viel könnte da natürlichg auch Panik verursachen.

Mike
Zuletzt geändert von MikeG am 14.06.2005 14:29, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Timo2 » 14.06.2005 13:20

MikeG hat geschrieben:Ich glaube nicht, daß in der "normalen" Bevölkerung ein wirkliches Bewusstsein nesteht, ob und wie viele Schutzräume es gibt. Ich kann nur schlecht abschätzen, ob die Richtung mehr nach "wie - Schutzraum?" oder mehr nach "es ist bestimmt für alle gesorgt" geht, aber an eine realistische Einschätzung der Schutzplatzzahlen seitens des Normalbürgers glaube ich nicht. Das soll nicht heissen, daß ich "das Volk" für dumm halte, aber was dieses Thema betrifft, ist die Informationspolitik ja noch nie so toll gewesen. Zu viel könnte da natürlichg auch Panik verursachen.
Tach,
vermutlich muss man zwischen Vor- und Nachwendezeit unterscheiden. Ich gehe aber zur KK-Zeit davon aus, daß die Schutzraumproblematik durchaus in den Hinterköpfen eingebrannt war! Zumindest ergab sich das aus einigen Gesprächen, die aber nicht als repräsentativ gelten sollten! Das es Schutzräume gab, war halt bekannt und auch in weclher Größenordnung.

Wie es heute aussieht weiß ich nicht, vermutlich wurden die Wörter "Bunker" und "Schutzraum" schon aus dem Duden gestrichen... :mrgreen:

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Beitrag von MikeG » 14.06.2005 14:32

Sehe ich genauso, ich bezog mich auf die Nachwendezeit. Während des Kalten Krieges gab es ja durchaus mal Infoveranstaltungen, Artikel in Zeitungen, die Friedensbewegung hat auch einiges "aufgedeckt". Da war das mit Sicherheit in den Köpfen.

Heute scheint das anders zu sein. Mancher hat das nach dem Anschlag auf das WTC wieder hervorgekramt, bei der Mehrzahl der Leute scheint das aber kein Thema zu sein.

Mike

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Beitrag von Timo2 » 14.06.2005 14:56

MikeG hat geschrieben:Sehe ich genauso
Na dann sind wir uns endlich mal wieder einig... :mrgreen:
Nur damit sich niemand falschverstanden fühlt: Mein Beitrag war eher auf die Vorwendezeit bedacht.

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Beitrag von Maeks » 14.06.2005 22:44

Das mit den Schutzräumen ist ja ne gute Idee. Was ist z.B wenn ein Kernkraftwerk hops geht, siehe Tschernobyl. Ich kann mir gut vorstellen das in der heutigen Zeit, in Zeiten der Ratinonalisierung auch übrall an Sicherheit gespart wird.warum sollte da mal nicht ihrgendwo ein Giftgaswolke oder sowas aufsteigen. Das mit dem Terrorismus glaube ist ein bißchen hysterisch.

Gruß Maeks

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Beitrag von petzolde » 14.06.2005 23:09

Eine Giftgaswolke kann immer mal sein, und man sollte nicht gleich hysterisch werden. Außerdem sagen die Offiziellen immer, es habe keine Gefahr für die Bevölkerung bestanden; man möge nur die Fenster geschlossen halten.
Aber im Ernstfall wird man kaum die Gelegenheit haben, zu Fuß 2 km bis zum nächsten Schutzraum zu laufen.

Also entweder:
- Man baut sich einen eigenen Schutzraum zu Hause, und hält sich vorsorglich dort immer in der Nähe auf, oder:
- Es ist sowieso alles egal - nichts geht mehr, und man geht dann halt mit den anderen ohne Schutzraumplatz noch nett auf ein paar Bier in die Eckkneipe...
Schönen Abend
petzolde

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