ZS-Anlagen unter Denkmalschutz

Zivile bzw. nicht-militärische Schutzbauwerke und Anlagen des Kalten Krieges
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klaushh (†)
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ZS-Anlagen unter Denkmalschutz

Beitrag von klaushh (†) » 09.10.2013 17:53

Moin, moin!

In Hamburg ist im Mai d.J. ein neues Denkmalschutzgesetz in Kraft getreten.
Dieses Gesetz hat u.a. dazu geführt, dass Objekte, die vorher nur als "denkmalwürdig" angesehen wurden, nunmehr unter Denkmalschutz stehen.
Als Denkmal stehen sie jetzt in einer Reihe mit altbekannten Denkmälern, wie z.B. Bismarck-Denkmal.

Als Anlage eine Liste der unter Denkmalschutz stehenden ZS-Anlagen in Hamburg (Stand: September 2013).

Die vorgenannte Liste enthält nur ZS-Anlagen in Hamburg, die während des Kalten Krieges instandgesetzt oder neugebaut worden sind.
Anlagen aus der Zeit WK II sind hier aufgelistet:

post163819.html#163819

Gruß
klaushh
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Bei Interesse für Bunker und unterirdische Bauwerke in Hamburg mal http://www.hamburgerunterwelten.de besuchen!

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MikeG
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Beitrag von MikeG » 09.10.2013 18:34

Danke, Klaus!

Mit besonderer Freude habe ich da den Namen "Steintorwall" gelesen - Glückwunsch!

Mike

tcmc

Beitrag von tcmc » 16.10.2013 21:00

Hallo!

Interessant finde ich, dass diese Hamburger Zivilschutzanlagen offenbar aus unterschiedlichen Gründen in der Denkmalliste stehen. Die Zeit des Kalten Krieges wird nämlich nicht immer erwähnt.

So wird z.B. der Tiefbunker am Berlinertordamm in der Liste bezeichnet als "Luftschutzbau, Tiefbunker, 1941". Auch die beiden Hochbunker in Barmbek werden lediglich als Luftschutzbauten aus den 1940er Jahren erwähnt. Anders ist das z. B. beim Tiefbunker am Steintorwall; dort steht: "Luftschutzbau, Tiefbunker 1940; 1965-69 (Umbau)".

Was heißt das? Offenbar war zu dem Zeitpunkt, als die Bauwerke als denkmalwürdig erkannt wurden, teilweise nur deren Funktion/Entstehungszeitpunkt zur Zeit des Zweiten Weltkrieges ausschlaggebend für die Unterschutzstellung. Allerdings erkennt die Denkmalbehörde offenbar auch ZS-Anlagen, die ausschließlich aus der Zeit des Kalten Krieges stammen, als denkmalwürdig: Der Tiefbunker in der Louise-Schröder-Str. wird nämlich als "Luftschutzbau, Tiefbunker, Rundbunker, Erprobungsbau 1963" in der Liste geführt.

Fazit: Zwar stehen einige Zivilschutzanlagen, die (auch) in der Zeit des Kalten Krieges vorgehalten wurden, unter Denkmalschutz. Dass bedeutet aber offenbar nicht automatisch, dass die Denkmalbehörde die Zeit des Kalten Krieges (auch) als ausschlaggebend sah. Da hilft im Einzelfall nur Akteneinsicht und/oder ein Gespräch mit den jeweiligen KonservatorInnen.

Ich arbeite seit ein paar Monaten an einer Karte von Relikten des Kalten Krieges, die unter Denkmalschutz stehen (alte Bundesländer). Für Tipps bin ich immer dankbar, da die Recherche bei den Landesdenkmalämtern nicht immer einfach ist...
http://www.militarisiertelandschaft.uni ... age_id=703

Viele Grüße,
Gunnar

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redsea
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Beitrag von redsea » 16.10.2013 21:39

tcmc hat geschrieben:(..) Allerdings erkennt die Denkmalbehörde offenbar auch ZS-Anlagen, die ausschließlich aus der Zeit des Kalten Krieges stammen, als denkmalwürdig: (...)

Hallo Gunnar,

das ist völlig korrekt, denn die Denkmalwürdigkeit eines Bauwerkes endet nicht mit der Errichtung bis Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Denkmalwürdigkeit eines Bauwerkes wird nicht auf einen Zeitraum der Errichtung festgelegt. Es gibt weitaus jüngere Bauwerke die aufgrund ihrer Denkmalwürdigkeit unter Denkmalschutz gestellt wurden. Es muß sich daher nicht zwingend auch um "museumswürdige" Objekte handeln.

Viele Grüße

Kai

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Käptn Blaubär
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Beitrag von Käptn Blaubär » 16.10.2013 22:33

tcmc hat geschrieben:Was heißt das? Offenbar war zu dem Zeitpunkt, als die Bauwerke als denkmalwürdig erkannt wurden, teilweise nur deren Funktion/Entstehungszeitpunkt zur Zeit des Zweiten Weltkrieges ausschlaggebend für die Unterschutzstellung.
Moin!

Entscheidend für die Anerkennung als Baudenkmal ist in aller Regel der Zustand eines Bauwerks zum Zeitpunkt der Anerkennung (oder eben Nicht-Anerkennung). Ein historisches Gebäude, von dessen orginaler Substanz durch Umbauten und Veränderungen nicht mehr viel übrig ist, kann in den allermeisten Fällen kein Denkmal mehr sein. Es sei denn, die Umbauten sind selbst denkmalwürdig.
Daher wird die Behörde bei der Unterschutzstellung der Bunker aus dem WKII auch alle Umbauten während des Kalten Krieges berücksichtigt haben. Das kann dann heißen, dass ein Bunker trotz oder auch wegen dieser Umbauten unter Schutz gestellt wurde. Dass diese Umbauten bei der Prüfung der Denkmalwürdigkeit aber gar keine Rolle gespielt haben, kann wohl ausgeschlossen werden.

Übrigens ein sehr interessantes Projekt, das du da verfolgst! :thumbup:

Viele Grüße
Michael
Das Leben ist kurz, behauptet man.
Ansichtssache, sage ich. Die einen sind kurz, die anderen sind lang, und manche sind mittel.
Außerdem hatte ich noch dreizehneinhalb andere davon.
(Walter Moers, Die 13 ½ Leben des Käpt´n Blaubär)

Herr Auer
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Beitrag von Herr Auer » 17.10.2013 10:14

Moin Moin.

Die Denkmalwürdigkeit von Objekten ergibt sich tatsächlich
nicht nur aus rein baulichen Gesichtspunkten.

Ein "städtebaulicher Akzent" oder ein "stadtbildprägendes Äußeres"
sind Argumentationsgrundlagen - deshalb sind auch die Luftschutztürme
mehrheitlich unter Schutz gestellt.
Ein unterirdischer Klotz kann da nicht so punkten...!
Bei solchen Objekten ziehen dann eher die politisch-historischen
Zusammenhänge oder Alleinstellungsmerkmale.

Wichtig ist auch ein "Kümmerer".
Das Denkmalamt schaut, zumindestens in HH, auch auf die Nutzung
der Objekte. Es macht keinen Sinn einen unter Wasser stehenden
Röhrenbunker zu schützen, der vermauerte Eingänge hat und wovon
in HH ehemals hunderte gebaut wurden.
Bei Bunkern mit einer musealen oder Rundgangsnutzung besteht zumindestens
ein öffentliches Interesse und somit auch eine Schutzwürdigkeit.

Dann gibt es natürlich auch noch ein wirtschaftliches Interesse.
Städtische Objekte oder Bundesbauten, bei denen evtl. Umbauten anstehen oder bei denen
ein Verkauf zumindestens eine Option blieb, wurden früher nur
vorsichtig unter Schutz gestellt, da wurde es dann schon politisch...
Ein Teil der Turmbunker möge hier als Beispiel dienen,
sie sind nicht alle geschützt.

Was nun die Unterschutzstellung der genannten Bunker angeht,
wurde das Denkmalamt schon vor Jahren auf die Schutzwürdigkeit hingewiesen.
Dem Antrag von 2007 wurde mit dem Eintrag dreier Bauwerke in die Liste
der erkannten Denkmäler stattgegeben:

- Bunker Berlinertordamm
Erster Umbau eines unterirdischen Bauwerkes in HH.

- Bunker Helgoländer Allee
Baugleich mit Berliner Tor, Ursprungszustand 2.WK

- Louise-Schröder-Str.
Erster unterirdischer Neubau

Die Alleinstellunsgmerkmale waren in dem Antrag etwas umfangreicher formuliert.

Gruß aus HH
Hamburg von unten : www.unter-hamburg.de

tcmc

Beitrag von tcmc » 17.10.2013 15:35

Hallo!
Käpt´n Blaubär hat geschrieben:Daher wird die Behörde bei der Unterschutzstellung der Bunker aus dem WKII auch alle Umbauten während des Kalten Krieges berücksichtigt haben. Das kann dann heißen, dass ein Bunker trotz oder auch wegen dieser Umbauten unter Schutz gestellt wurde. Dass diese Umbauten bei der Prüfung der Denkmalwürdigkeit aber gar keine Rolle gespielt haben, kann wohl ausgeschlossen werden.
Wenn die Umbauten aus der Zeit des Kalten Krieges eine Rolle gespielt haben, warum werden dann die Umbauten in der Liste manchmal erwähnt - und manchmal nicht? Ich denke nämlich auch, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Umbauten keine Rolle gespielt haben. Deswegen erscheint es mir irgendwie inkonsequent, dass das mal angegeben wird und mal nicht.
redsea hat geschrieben:Es muß sich daher nicht zwingend auch um "museumswürdige" Objekte handeln.
Sobald so ein Objekt unter Denkmalschutz steht, ist es ja quasi "museumswürdig", oder? Egal wie alt. ;-)
Herr Auer hat geschrieben:Bei solchen Objekten ziehen dann eher die politisch-historischen
Zusammenhänge oder Alleinstellungsmerkmale.
Genau! In Bayern wurden z.B. einige Sperren aus der Zeit des Kalten Krieges unter Schutz gestellt. Hier war also offensichtlich der politisch-historische Zusammenhang des Kalten Krieges für sich wichtig. Die ZS-Anlagen sind im Gegensatz dazu oft mehrdeutige Objekte, da sie eben mehrere Geschichten (WKII, Kalter Krieg, vielleicht sogar noch Nachnutzung) haben.

Interessant ist auch, dass z.B. in Bayern und Niedersachsen jeweils unabhängig voneinander Grundnetzschalt- und Vermittlungsstellen (GSVBw) (meines Wissens weitgehend baugleich) unter Schutz gestellt wurden - in anderen Ländern aber (noch) nicht. Da gibt es offensichtlich unterschiedliche Prioritäten und/oder personelle Kapazitäten. Mal ganz abgesehen davon, dass man sich sicherlich streiten kann, wieviele baugleiche Anlagen man in der Bundesrepublik unter Schutz stellen sollte. Die Bayern haben auch ihre beiden Fernmeldesektortürme (Schneeberg und Hohenbogen) unter SChutz gestellt. Gut so?

Viele Grüße,
Gunnar

tcmc

Beitrag von tcmc » 17.10.2013 15:48

Hallo 'Herr Auer',

ganz vergessen:
Herr Auer hat geschrieben:Was nun die Unterschutzstellung der genannten Bunker angeht,
wurde das Denkmalamt schon vor Jahren auf die Schutzwürdigkeit hingewiesen.
Dem Antrag von 2007 wurde mit dem Eintrag dreier Bauwerke in die Liste
der erkannten Denkmäler stattgegeben
Wer hat denn damals den Antrag gestellt? Kann man die Begründung der Alleinstellungsmerkmale aus sicht der Antragsteller irgendwo einsehen? Das fände ich spannend...

Wie hat denn das Denkmalamt reagiert, als es 'auf die Schutzwürdigkeit hingewiesen' wurde. Schließlich stellte die Behörde ja die Schutzwürdigkeit von Amts wegen fest. Ließ man sich da gerne beraten?

Viele Grüße,
Gunnar

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klaushh (†)
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Beitrag von klaushh (†) » 17.10.2013 18:53

Moin, moin!

@tcmc (und alle)
Die Hamburger Denkmalliste ist hier zu finden (Vorsicht, 8,4 MB mit ca. 4700 Seiten):

http://www.hamburg.de/contentblob/39479 ... gesamt.pdf

Der Text in der Liste bei den einzelnen Objekten ist kaum geeignet, um ein Objekt dem WK II oder dem Kalten Krieg zuzuordnen.
Das Denkmalschutzamt wird für jedes Objekt eine einzelne Begründung für die Unterschutzstellung angefertigt haben.

Die Zuordnung der einzelnen LS-Objekte aus der Liste zu WK II (im Forum siehe unter WK II) oder Kalter Krieg habe ich getroffen, da ich die Objekte alle kenne.

Im Laufe der Jahre haben beide Hamburger "Bunkervereine" dem Denkmalschutzamt einige Objekte benannt und eine Unterschutzstellung unter Beifügung von schriftlichen und bildnerischen Unterlagen vorgeschlagen. Dieses hat zum Erfolg geführt.
Ich denke ein Denkmalschutzamt wird allen Vorschlägen, die eine natürliche oder juristische Person macht, aufgeschlossen gegenüber stehen. Das besonders, wenn dem Vorschlag auch geeignete Unterlagen beigefügt sind. Man kann aber nicht erwarten, dass jeder Vorschlag sofort realisiert wird. Ganz sicher wird ein Denkmalschutzamt auch von selbst ("von Amts wegen") tätig, aber dort kennt man natürlich auch nicht alles.

Wenn der Leser tcmc / Gunnar fragt,"Ließ man sich dort gerne beraten?", kann ich nur sagen, dass die "Zusammenarbeit" ausgezeichnet war.

Die Frage, wieviele gleichartige Objekte in Detschland man unter Denkmalschutz stellen sollte, kann man m.E. nicht so pauschal beantworten.
So halte ich zwei Fernmeldesektortürme in Bayern für durchaus angemessen, da es sich trotz vieler Ähnlichkeiten um sehr seltene Exemplare handelt.
Die 32 GSVBw sind nicht alle baugleich. Zu ihnen gehört auch das oberirdische Umfeld und da gibt es durchaus Unterschiede. Also einige -verteilt über Deutschland- unter Schutz zu stellen, halte ich für angemessen.
Auch bei den Trichtersperren wird man sicher -über alle Grenzregionen verteilt- einige unter Denkmalschutz stellen, wobei praktisch ja nur die Schachtdeckel an der Fahrbahnoberfläche (sichtbar) bleiben.
Wenn nun nicht jedes Bundesland mindestens eine (sofern vorhanden) GSVBw oder Trichtersperre und Denkmalschutz stellt, kann man damit m.E. leben. Es kommt vielmehr auf die einzelnen örtlichen Gegebenheiten an.

Gruß
klaushh
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Beitrag von redsea » 17.10.2013 19:31

klaushh hat geschrieben:(...) Die Frage, wieviele gleichartige Objekte in Detschland man unter Denkmalschutz stellen sollte, kann man m.E. nicht so pauschal beantworten. (...) Wenn nun nicht jedes Bundesland mindestens eine (sofern vorhanden) GSVBw oder Trichtersperre und Denkmalschutz stellt, kann man damit m.E. leben. Es kommt vielmehr auf die einzelnen örtlichen Gegebenheiten an.

Hallo zusammen,

in diesem Zusammenhang interessant und auch sehr schön erklärend, ist die folgende Passage aus der Mitteilung der Bezirksregierung Detmold über die Eintragung der GSVBw 36 in die Denkmalliste:

(...) Es wird deshalb gerade nicht verlangt, dass sich die Sache in Bezug auf die für die Denkmaleigenschaft maßgeblichen Kriterien als einzigartig oder hervorragend erweist.

Es ist deshalb für die Anerkennung der Denkmaleigenschaft unschädlich, dass vergleichbare Objekte an anderen Orten existieren, zumal dann, wenn es sich dabei auch um Orte außerhalb Nordrhein-Westfalen handelt.

Dass derartig Bunker auch an anderen Orten in der BRD errichtet worden sind, ist deshalb kein Gesichtspunkt, der gegen die Zuerkennung des Zeugniswertes sprechen würde, sondern - im Gegenteil - ein Gesichtspunkt, der die historische Bedeutung und damit die Denkmaleigenschaft des Bunkers stützt. Um das zugrunde liegende System, in dem dieser Bunker eingebunden ist, zu verstehen, bedarf es hier einer Vielzahl von vergleichbaren, durchaus auch gleichartigen, Objekten zur zukünftigen Wissensvermittlung. (...)


Viele Grüße

Kai

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