Wie erkenne ich einen Schutzraum neuerer Bauart?-Merkmale

Zivile bzw. nicht-militärische Schutzbauwerke und Anlagen des Kalten Krieges
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Wie erkenne ich einen Schutzraum neuerer Bauart?-Merkmale

Beitrag von derlub » 09.09.2009 19:05

Hallo.

Schutzräume die nach dem 2. Weltkrieg (also im Kalten Krieg) errichtet wurden sind von außen nicht immer leicht als solche zu erkennen.
Während man in die Großschutzräume, die als Mehrzweckanlagen errichtet wurden häufig auch hinein kann, weil sie z.B. als öffentl. Tiefgaragen dienen, lässt sich der Zweck als Schutzbau im Inneren durch die verstärkten Drucktüren und Überdruckarmaturen leicht erkennen.
Bei Hausschutzräumen oder nicht öffentl. Tiefgaragen muss man sich allerdings häufig nur mit äußeren Merkmalen begnügen. Der unerfahrene Beobachter und das ungeübte Auge erkennen die äußeren Merkmale von Schutzbauten häufig nicht.
Schutzraumbauteile sehen aber, abgesehen von kleineren Abweichungen, sehr ähnlich aus, da sie einheitlich den "Bautechnischen Grundsätzen für Schutzbauten" unterliegen.

Generell lässt sich sagen, dass Großschutzräume die als Mehrzweckanlagen errichtet wurden häufig in Tiefgaragen und etwas seltener auch in U-Bahnstationen errichtet wurden. Die Tiefgaragen können öffentliche als auch private sein.
Hausschutzräume wurden i.d.R. unter öffentlichen Gebäuden wie Schulen, behördl. und staatl. Verwaltungsbauten sowie Post-, Telekom- und Bahngebäuden sowie unter Kasernen errichtet. Auch unter Privathäusern wurden in sehr geringem Umfang Hausschutzräume errichtet, welche aber häufig kaum erkennbare äußere Merkmale aufweisen und hier nur der vollständigkeithalber erwähnt werden.

Hier sollen nun im Folgenden ein paar Beispiele genannt werden, die es dem Ungeübten erleichtern sollen, einen Schutzraum alleine durch äußere Merkmale zu erkennen. Das "trainierte" Auge erkennt solche Merkmale bald sehr schnell und wer mit offenen Augen durch die Welt spaziert, der wird sicherlich auch einige Schutzbauten dadurch schneller erkennen können.
Zukünftige Funde sind dann natürlich hier im Forum gerne gesehen :-)

Christoph
Zuletzt geändert von derlub am 14.12.2009 19:42, insgesamt 3-mal geändert.

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Notausstiegsvarianten

Beitrag von derlub » 09.09.2009 19:06

Ein gutes Erkennungsmerkmal für Hausschutzräume sind die Notausstiegsklappen.

Um diese zu erkennen, habe ich unten einmal verschiedene Varianten abgebildet. Außerdem sollte man folgendes über die Notausstiegsklappen wissen:

-Notausstiegsklappen haben ein Seitenmaß von etwa 50x50cm (es gibt auch größere).

-Die Notausstiegsklappe muß lt. Bautechnischen Grundsätzen von der Außenwand eines Gebäudes einen Abstand von 1/3 der Gebäudetraufhöhe (bezogen auf die jeweilige Außenwand) haben. Dies soll gewährleisten, dass der Notausstieg nicht im Verschüttungskegel des darüberliegenden Gebäudes liegt (diese Regelung galt für sehr alte Hausschutzräume die etwa Mitte der 50er Jahre erichtet wurden noch nicht).

-Häufig erfolgt die Luftansaugung des Schutzraumes über den Schacht des Notausstieges. Daher befinden sich meist neben dem Notausstiegsdeckel 1-3 Gitterroste, unter denen sich die Öffnungen der Luftzufuhr befinden (siehe angehangenes Foto, Abb. a-d).
Die Luftzufuhr kann aber auch an anderer Stelle erfolgen. Abb. e) zeigt 2 Lüftungsgitter, die etwas zurückgesetzt vom Notausstieg errichtet wurden.
Bei Abb. f) erflogt die Luftzufuhr ebenfalls abgesetzt vom Notausstieg über gebogene Rohre (Dinohälse), die im Hintergrund erkennbar sind.
Bei Abb. g) erfolgt die Luftzufuhr wieder direkt über den Notausstiegsschacht, jedoch auch hier, satt über ein Gitter, über einen sogen. Dinohals.

- Einen weiteren häufig verbreiteten Notausstiegstypen zeigt die Abb. h). Hier befindet sich der Notausstieg auf einem erhöhten, massiven Betonsockel. Auch hier erkennt man, dass die Luftzufuhr für den Schutzraum über den Notausstiegsschacht erfolgt. An der Seite solcher Betonsockel befinden sich immer die Öffnungen der Zuluftrohre.
Die Abbildungen i) und j) zeigen ebenfalls die Variante Notausstieg auf Betonsockel. Hier wurde jedoch aus ästhetischen und praktischen Gründen der Notausstieg in eine Sitzgelegenheit integriert.

-Abb. k) zeigt im Vergleich zu den anderen Notausstiegsdeckeln, eine geriffelte Deckeloberfläche. Auch diese Variante ist häufig zu sehen.

-Viele Notausstiege sind aufgrund von nachlassender Stabilität und Undichtigkeit mittlerweile behelfsmäßig verstärkt worden, so dass sie mittlerweile leider schwerer zu erkennen sind. Häufig hat man den Notausstiegsdeckel wie in Abb. l) mit einem darüberliegenden Blech verstärkt.
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Lüftungsbauten

Beitrag von derlub » 09.09.2009 19:07

Bei Großsschutzräumen, die über keine Notausstiegsklappen verfügen, erkennt man die Funktion als Schutzbauwerk häufig sehr gut über die Lüftungsbauten.

Um die technischen Geräte im Inneren des Schutzbauwerkes, die der Zu- und Abluft dienen, vor Waffeneinwirkungen wie Druckwellen und Splittern zu schützen, werden die Lüftungsbauten häufig an ihrer verwundbarsten Stelle, den Öffnungen, mittels einer sogenannten "Prallplatte" geschützt.

-Abb. a) und b) zeigen solche Prallplatten an für den Zivilschutz wiederhergerichteten Hochbunkern. Sie sind also ein Anzeichen, dass das Bauwerk nach dem 2. Weltkrieg technisch modernisiert wurde und für die Bevölkerung im Kalten Krieg als Schutzbau vorgesehen war.

-Die Abb. c)-i) zeigen Lüftungsbauten von Mehrzweckanlagen (i.d.R. Tiefgarage), die mittels einer Prallplatte geschützt sind. Wie man sieht, sind der Gestaltung dieser Lüftungsbauten kaum Grenzen gesetzt, was ein Erkennen nicht einfach macht. Bei Abb. i) dürfte wohl klar sein, dass es sich hier um die Abluftöffnung der Netzersatzanlage handelt.

-Leider haben aber nicht alle Lüftungsbauten von Großschutzräumen solche Prallplatten. Abb. j) und k) zeigen Lüftungsbauten ohne Prallplatte, wo anscheinend über eine mehrfache Abwinkelung ein Schutz vor Druckwellen und Splittern gewährleistet sein sollte. Hier ist eine Verwechslung mit normalen Tiefgaragenlüftungen leider schnell gegeben. Für mich gilt hier: Je massiver, desto verdächtiger ;)

-Zum Schluß zeigt Abb. l) eine Lüftungsvariante, die seltener zu sehen ist. Ich kenne diese vollständig aus Beton gefertigten Lüftungsbauwerke fast nur bei geschützten Schalt-Verstärkerstellen der damaligen Bundespost.
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Schutzraumsuche mit Google Earth

Beitrag von derlub » 09.09.2009 19:26

Auch mit Google Earth lassen sich Schutzräume gut finden. Anhand der für die Notausstiege beschriebenen markanten Merkmale (s.o.), lassen sich Hausschutzräume bei vernünftiger Auflösung auch in Google Earth erkennen. Anbei mal einige Varianten als Kmz-Datei.
Von Rückschlägen bei der nachträglichen Kontrolle Vor-Ort (siehe die beiden angehangenen Bilder) sollte man sich nicht entmutigen lassen :mrgreen: . Ich habe jedenfalls schon sehr, sehr viele Hausschutzräume nur über die Suche mit Luftbildern gefunden.

So, das wars ertsmal an Tips.
Viel Erfolg bei der Suche und die Ergebnisse dann gerne hier im Forum posten.

Grüße,
Christoph
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