Allgemeine Frage: alliierte Radar-Technik :: ab wann Auswirkung für die deutsche Verteidigung?

Funkmess-, Funkpeil-, Funkleit- und Funkstörtechnik des 2. Weltkriegs
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zulufox
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Re: Tendenzen und Auswirkungen der Radarentwicklung im 2. WK

Beitrag von zulufox » 10.07.2021 22:33

Inschenör hat geschrieben: 02.06.2014 00:26 Hallo niemandsland,

als historisch interessierter Elektronik-Ingenieur verfolge ich diese Diskussion mit Interesse und möchte ein paar Anmerkungen aus meiner Sicht zum Thema machen:

Bezüglich der Entwicklung der Radartechnik war es auf Grund der militärischen Situation ab dem Ende der Luftschlacht um England klar, dass die alliierte Entwicklung Richtung Angriff (d. h. Luft-Boden-Radar) und die deutsche Entwicklung in Richtung Verteidigung (d. h. Boden-Luft-Radar) gehen würde.
Beide Varianten haben aber unterschiedliche Erfordernisse: Das Luft-Boden-Radar muss sehr kompakt sein, damit die Antenne gut in ein Flugzeug passt, dafür ist die erforderliche Reichweite auf Grund der begrenzten Flughöhe relativ gering, was die Verwendung hoher Frequenzen mit entsprechend kompakten Antennen und hoher Auflösung aber geringer Reichweite bedingt.
vom Inschenör
Moin,

nur um den alten Beitrag noch einmal aufzugreifen:
Auch auf der Seite der Westalliierten ging die Entwicklung ebenfalls in Richtung Abwehr (A.I. = Airborne Interception), also Bord-Radar-Geräte, zunächst zum Abfangen feindlicher Bomber. Die verbesserten Geräte konnte man dann natürlich später schnell auch für die Fernnachtjagd über feindlichem Gebiet nutzen.
Das gilt entsprechend auch für die deutsche Entwicklung, denn vom Boden aus konnte man nur schwer bis unmittelbar an den anfliegenden Bomber geführt werden und für das Schließen der letzten Lücke wurden auch hier für den Nachtjäger immer bessere Geräte entwickelt.

Damit schließe ich meinen knappen Beitrag.

MfG
Zf :holy:
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"Nichts ist leichter als Selbstbetrug, denn was ein Mensch wahrhaben möchte, hält er auch für wahr."

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niemandsland
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Re: Allgemeine Frage: alliierte Radar-Technik :: ab wann Auswirkung für die deutsche Verteidigung?

Beitrag von niemandsland » 12.07.2021 12:12

Moin,

irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, das schon damals einer vom anderen ganz gewaltig abgekupfert hat. In diesem Fall ausnahmsweise mal nicht alles nach Akten, sondern sehr frei nach Gedächtnis. Aus diesem Grund möge man mir ein paar Fehler verzeihen (aber sehr gerne berichtigen).

Sehe ich das richtig? Das sogenannte Magnetron war eine deutsche Erfindung (Patent) das bereits Ende der 1930er Jahre entwickelt wurde, jedoch seine Kinderkrankheiten hatte. Die Deutschen stellten irgendwann die Forschung Ende der 1930er im Microwellen-Bereich ein und konzentrierten sich auf andere Entwicklungen.
Der britische Professor Randall und Dr. Boot der Universität Birmingham fanden Lösungen und entwickelten das funktionstüchtige "Hohlraum-Magnetron". Die deutschen entschieden sich für die Entwicklungen der Freya, Würzburg-Geräte usw. die allesamt in anderen Wellenbereichen gearbeitet haben.
In England entwickelte man das Zielradar H2S. Deutschland stieg dann wieder in die Microwellen-Forschung ein, als im Frühjahr 1942 ihnen sozusagen das H2S ("Rotterdam"-Gerät) förmlich in den Schoß gefallen ist. Während die Alliierten (hauptsächlich wohl die Briten) das H2S kontinuierlich weiterentwickelten, versuchten die Deutschen das "Rotterdam-Gerät" zu verstehen (Arbeitsgemeinschaft Rotterdam, Arbeitsgruppe/stab im RLM). Mein Gefühl sagt mir, man zimmerte irgendetwas zusammen (bei Telefunken ???) und war von dem Ergebnis verblüfft. Und gerade als die Techniker und Forscher in ihrer Begeisterung kaum noch zu bremsen waren, da schickten die Alliierten die Aluminiumstreifen 17cm x 2 cm und sorgten das erste mal für Schnee auf den FuMG-Geräten.

An diesem Punkt darf einmal die ernstgemeinte Frage eingeworfen werden, was es mit dem "Gut Düppel" auf sich hat? Wenn ich es richtig verstanden habe, dann fanden dort auf deutscher Seite Versuche mit den Aluminium-Streifen statt.
Was ich aber viel schlimmer finde, ist, das das Reichsluftfahrtministerium bereits deutlich früher wusste, das die deutschen Geräte anfällig für diese Art der Manipulation waren.
In einem Artikel "Einsatz von Düppelstreifen" heißt es:

Als man General Martini von den Metallfolien berichtete, erfuhr er kein Geheimnis. Er brauchte nur seinen Panzerschrank zu öffnen; dort lagen solche Stanniolstreifen seit einem halben Jahr. Schon 1941 (...) hatte man herausgefunden, dass, liess man Aluminiumstreifen vor einem Würzburggerät durch die Luft wirbeln, diese auf der Leuchtskala Flugzeuge vortäuschten. General Martini hatte Göring rechtzeitig darauf hingewiesen, dass damit zur rechnen sei, dass die Angelsachsen bald in den Besitz dieser Stoerfolien gelangen würden. Und Göring? (...) Martini bekam den Befehl, kein Wort über die Folien zu verlieren.
* General der Nachrichtentruppe, Martini (Wolfgang)


Aber wir waren beim H2S. Die Deutschen befassten sich jetzt damit, wie man die Nutzung des H2S erschweren oder behindern könnte. Gleichzeitig gingen natürlich die Forschungen in Richtung "Rotterheim", "Berlin-Serie" usw.!

Und die Briten entwickelten andere neue "Schweinereien" oder brachten diese zur Serierenreife. Passive und aktive Störmaßnahme für die gesamte Palette der FuMGs (Boden-Luft; Luft-Luft; Luft-Boden). Die Liste der verschiedenen Verfahren ist lang.

Der Einsatz liest sich abenteuerlich.

So, aber dabei möchte ich es mal belassen. Auf jeden Fall ein Thema wo man gut und lange seine Zeit mit verbringen kann.

Was mich jetzt interessieren würde: Deutsche Störverfahren habe ich jetzt soweit kennengelernt...!

Gibt es Literatur über die Alliierten Radar (FuMG) Gegenmaßnahmen ?!?

Ich würde mich sehr über ein paar Literaturtipps an dieser Stelle freuen.

Gruß aus Hannover,
Guido Janthor.
Das Reh springt hoch, das Reh springt weit, warum auch nicht, es hat ja Zeit! :jump:

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