Tingstäde Fästning (Festung Tingstäde)

Militärische Objekte des Ersten Weltkriegs, der Kaiserzeit etc.
managarmr
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Tingstäde Fästning (Festung Tingstäde)

Beitrag von managarmr » 24.07.2009 18:39

Nicht lost, aber ausser Funktion.

In der zweiten Hälfte des 19 Jahrhunderts sah Schweden die Notwendigkeit einer besseren Befestigung Gotlands ein. Nebst Küstenverstärkungen plante man auch eine zentrale Festung. 1888 wurden die ersten Pläne für eine Festung in Tingstäde (57°44' 01" N, 18° 36' 20" O) entworfen. Erst 1903 kaufte man dann grössere Gebiete auf und 1904 begann man mit dem Bau.
Die Anlage war als Vorratsfestung gedacht, die im Falle einer Invasion als Rückzugs- und Versorgungspunkt dienen konnte. Weiterhin sollte sie in jedem Falle aushalten um den Gebietsanspruch auf Gotland halten zu können, bis eine Wiedereinnahme der Insel durch schwedische Truppen glückte.
Die Wahl fiel auf Tingstäde, da das Gebiet geografisch leicht zu verteidigen war: auf der einen Seite ein morastiger See, auf zwei anderen Seite Moore.
Die gesamte Anlage besteht aus 5 Schanzen und einem kilometerlangen Befestigungsgürtel durch den Wald (Graben + Stacheldraht).
Die Hauptverteidigungsanlage war Schanze 1, mit einer Belegung von 300 Mann. Ungefähr 50000kubikmeter Erde wurden von Hand ausgeschachtet und auch die Mauersteine mit der Hand geschlagen.
Vier Stück 8,4cm Kanonen unter drehbaren Panzertürmen, 8 Maschinengewehrtürme, 2 Scheinwerfer auf Schienen, ein Periskop. Mit Schwerölstromgenerator, grossen Vorratsräumen, Küche, Leitstelle und Hospital.
Dei 4 restlichen Schanzen waren kleiner dimensioniert, mit Betonschutzräumen und betonierten Stellungen. Daneben gab es verschiedene Beobachtungspunkte und Türme, Kasematten, Feuerleitstellen, militärische Telefonschaltzentrale etc.
Dezember 1906 lieferte man die ersten 2 Panzertürme mit jeweils 20,3t Gewicht, installiert wurden sie 1907, und Weihnachten 1909 wurde das erste Mal probegeschossen. 1911 wurde der letzte Turm geliefert.
1914 war die Festung fertig und wurde mit Kriegsbeginn in scharfe Lage versetzt, mit ungefähr 2000Mann in Bereitschaft. Das Gebiet vor der Festung war damals weitläufig gerodet für ein optimales Schussfeld der Verteidiger.
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managarmr
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Beitrag von managarmr » 24.07.2009 18:50

Das Dach der Festung war eigentlich ursprünglich Torf gedeckt, heute wegen Restaurierung offen. Die Decke war so dimensionert, dass sie einem Direkttreffer mit einem 21cm Geschoss standhielt.
Trotzdem veraltetet die Festung natürlich direkt mit der Entwicklung und dem Aufkommen einer wirksamen Luftwaffe im WK I, dafür war (und konnte) sie schlichtweg nicht gebaut (sein), sondern in Zeiten reiner Artilleriegefechte entwickelt.
Deswegen wurden z.B. auch sämtliche Steine im Kirchturm von Tingstäde numeriert, um diesen schnell abbauen zu können, damit er nicht feindlicher Land oder Seeartillerie als Richtmarke dienen konnte. Mit Hilfe der Numerierung hätte man in dann relativ einfach wieder zusammensetzten können. Der Aufenthalt von Scherenschleifern und anderen umherziehenden Handwerkern war übrigens in Tingstäde nicht erlaubt, da man fürchtete dass diese auf den Kirchturm steigen und als ausländische Spione die Festung auskundschaften und vermessen würden.
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managarmr
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Beitrag von managarmr » 24.07.2009 19:05

Auf der Ostseite findet sich die Scheinwerferstrecke.
Die Festung war auch, obwohl da stark veraltet, auch im WK 2 im Betrieb. Da allerdings mit massiven Flakstellungen verstärkt.
Bis Ende der 1960er wurde noch Munition gelagert, die Scheinwerfer waren Weihnachten 1969 noch in Betrieb, wurdn allerdings in den 70ern vandalisiert. Man hofft sie restaurieren zu können. Bis in die 70er gab es noch Reserveübungen, dann kehrte Stille ein.
Seit 1994 gibt es Führungen, die Festung wurde als Kulturdenkmal vorgeschlagen (hat diesen Status aber noch nicht
erhalten). 1999 beagnn Statens Fastigshetsverk mit der Restaurierung.
Im Sommer gibt es vereinzelte offene Tage, ansonsten ist die Festung unzugänglich:
Als Beispiel der Stacheldrahtverhau unmittelbar neben der Festung. Im Wald finden sich noch vereinzelt solche Strecken, ingesamt war ein 4,5km grosser Kreis befestigt.
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managarmr
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Beitrag von managarmr » 24.07.2009 19:11

Bilder von Innen
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Beitrag von managarmr » 24.07.2009 19:18

Bild von einem der Ausfallsgänge zu den Verteidigungsstellungen in Richtung Hauptgang. Die Papierbilder sind noch nicht fertig entwickelt, da habe ich vielleicht noch bessere Aufnahmen als diese digitalen.
Im Hintergrund im Hauptgang ist schwach ein Tisch an der Wand zu erkennen. Die ganzen (Haupt)Ganglängen entlang gab es solche Klapptische, für die Wäsche, Schreibarbeiten und Essenfassen.

Ein paar Bilder von der Küche. Es gab jede Menge Vorratsräume, u.a. mehrere mit Becken wo Dutzende eingesalzene Schweinhälften gelagert werden konnten.
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Beitrag von managarmr » 24.07.2009 19:25

Über die östliche Zufahrtsstrasse gab es eine Wegsperre: massive Betonblöcke wurden mit Schienenwagen auf die Strasse hinaus bewegt, und dort wohl verankert. Die Situation dort heute lässt nicht mehr erkennen wie genau die Sperrung der Strasse (im WK 2 dort auch Bahnlinie) ausgesehen hätte.

Ich kann den Besuch der Festung nur empfehlen. Es findet sich dort auch ein sehr grosse Sammlung militärsicher und ziviler Radio- und Funkapparate aus den unterschiedlichen Jahrzehnten. (Mangels Interesse meinerseits kann ich dazu aber nicht viel sagen, ausser dass es sehr beeindruckend war).
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Beitrag von managarmr » 24.07.2009 19:28

Zum Abschluss für heute noch 2 Bilder aus der Krankenstation. Mehr gibt es vielleicht wenn die Papierbilder fertig sind, und ich Zeit und Musse zum Scannen und Hochladen finden sollte.
Dann schaffe ich es vielleicht auch die Legende in das Bild der Übersichtsbilder der Schanze 1 einzuzeichnen.
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Beitrag von kuhlmac » 25.07.2009 10:47

Klasse Fotos, danke! :thumbup: :thumbup:
Das regt doch glatt zu einem Urlaub auf Gotland an.... Schweden war sowieso schon mal in der Planung.

Technische Aspekte wie Hersteller der Ausrüstungen usw. in der Festung hast du nicht zufällig?

Allerdings ist das "Medizinlager" der "Telefonzentrale" doch seeehr ähnlich ;)
Hast du das Originalfoto noch zum hochladen?

Beste Grüße aus Westfalen nach Schweden.

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Beitrag von Djensi » 25.07.2009 15:06

Moin,
als ich mich alljährlich in den 80zigern in Schweden aufhielt, hatte ich leider noch nicht diese Interessen.... :?

Super Fotostrecken, DANKE :thumbup:

Gruß aus DER Stadt und DEM Verein mit DEM schwedischen Nationalspieler
Djensi

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Beitrag von Markus » 26.07.2009 13:38

Hallo managarmr!

Vielen Dank für die Informationen und die sehr guten Fotos!

Gibt es zu dieser Festung eine Internetseite? Du schreibst, daß die Anlage nur an einigen wenigen Terminen im Sommer besichtigt werden kann. Hast Du weitere Informationen?

Danke und Gruß
Markus
Militärgeschichtliche Exkursionen und Recherchen / Maas - Argonnen - Champagne / Preußischer und französischer Festungsbau

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