(Regen-) Abwassersysteme als Luftschutzeinrichtung?

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Schneider-Huetter
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(Regen-) Abwassersysteme als Luftschutzeinrichtung?

Beitrag von Schneider-Huetter » 10.10.2012 11:42

Hallo zusammen,

seit längerem plagt mich ein recht abgedrehter Gedanke. Könnte es sein, dass (Regen-) Abwassersysteme auch zu Luftschutzzwecken gebaut wurden?

Hintergrund ist folgender:
In unserem kleinen Örtchen wurde beim Bau der A81 in den 1970ern ein aberwitzig großes Kanalsystem gebaut, um das Wasser zweier winziger Bächlein zu sammeln. Selbst bei starken Regenfällen habe ich nicht erlebt, dass sie nennenswerte Wassermengen führen würden.

Als Jugendliche sind wir dort öfters "rumgeturnt".

Aberwitzig groß bezieht sich hierbei nicht auf die Länge des Kanalsystems (ist recht kurz), sondern auf die Größe der verwendeten rechteckigen Rohre (ca. 2m hoch und 1,5m breit, muss ich aber mal nachmessen) und v.a. der drei riesigen Schächte. Die Schächte gehen teils über zwei bis drei "Etagen" mit senkrechten Leitern, wenn ich mich noch recht entsinne.

Da ich das Ganze selbst etwas zu "abgefahren" finde, stelle ich es hier bei "Utopia, Gerüchte und Legenden" ein.

Aber ich kann mir einfach nicht erklären, warum man so etwas bauen sollte…

Grüße
Mathias

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bettika
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Beitrag von bettika » 10.10.2012 12:02

Hallo Mathias,
es könnte sich um einen Stau(raum)kanal handeln http://www.sieker.de/MKat/rw_bewirt_ret ... ukanal.htm
schau Dir mal die Bilder an https://www.google.de/search?q=staukana ... 80&bih=839
ob was ähnlihces dabei ist

Grüsse
bettika
„Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ George Santayana

norhei

Beitrag von norhei » 10.10.2012 12:47

Hallo, die Anlagen für den Schutz von Hochwasser sind immer entsprechend groß ausgeführt.

In Berlin haben wir teilweise Misch-Kanalisation aus bei dem Regenwasser und Schmutzwasser gemeinsam in der Kanalisation ablaufen. Da unsere Kanalisation zum Teil noch aus dem 19. Jahrhundert stammt, hatte man damals so genannte Notausläße gebaut, bei denen das Gemisch bei zu starken Regenfällen in den nächsten Fluss geleitet werden. Diese unterirdischen Kanäle, die zu diesen Notausläßen führen, sind bis zu 4 Meter breit und 3 Meter hoch. Bei schönem Wetter sind sie fast trocken.

Dies ist heutzutage aus hygienischer Sicht nicht mehr erwünscht. Deshalb gib es große unterirdische Regenwasserrückhaltebecken, die teilweise über 3000 m³ Inhalt haben.

Zur Kreuzung mit anderen unterirdischen Bauten (vor allem der U-Bahn) mussten entsprechend große Düker gebaut werden, um die Notausläße unter der U-Bahn durchzuführen. Einer der größten liegt unter dem U-Bahnhof Nollendorfplatz und wurde 1917 gebaut.
Siehe Zentralblatt der Bauverwaltung 1917
http://opus.kobv.de/zlb/volltexte/2008/ ... 17_071.pdf
http://opus.kobv.de/zlb/volltexte/2008/ ... 17_072.pdf


Außerdem gibt es unter den Tunneln der Stadtautobahn ein eigenes Regenwasserrückhaltebecken, zum Beispiel unter dem Innsbrucker Platz oder dem Flughafentunnel Tegel.

Zu all diesen Bauwerken gibt es natürlich auch Zugänge von der Straße aus, die immer wieder zu Gerüchten führen (teilweise Gitterrost mit sichtbarer Treppe).

Wen das Thema interessiert kann ich nur empfehlen:
Berlin und seine Bauten: Teil X. Band A (2). Stadtechnik: TEIL X / BD A

Hilmar Bärthel. Geklärt!: 125 Jahre Berliner Stadtentwässerung

50 Jahre Berliner Stadtentwässerung 1878 — 1928. Hrsg. v. HERMANN HAHN u. FRITZ LANGBEIN. Berlin 1928.

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Schneider-Huetter
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Beitrag von Schneider-Huetter » 10.10.2012 13:00

Hallo,

vielen dank für die Antworten. Ich dachte mir fast schon, dass es eine vernünftige Erklärung geben muss ;)

Aber dennoch sind die Kanäle, die ich meine, recht ungewöhnlich, weil das System wie gesagt sehr kurz ist und mitten in der Landschaft "steht".

Ich werde bei Gelegenheit in Google-Earth mal die Ein- und Ausgänge markieren und dann hier posten.

Danke auch für die Literaturtipps! Ich bin ein großer Fan von Wasserbauten jeglicher Art :-)

Viele Grüße
Mathias

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Djensi
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Beitrag von Djensi » 10.10.2012 16:55

Moin Mathias,

auch in Hamburg gibt es eine Vielzahl an Rückhaltebecken unter der Erde. Das Bild eines Rückhaltebeckens findest Du z. b. hier:

http://www.ffhsh.de/sites/de_1462.asp?s ... on=1&bis=5

Diese sind zumt Eil mehrere Tausend cbm groß, laufen bei einem Starkregen-ereignis voll und geben erst später ihr Wasser an die Kanalisation ab. So wird vermieden, dass sich die Mischwasserbrühe in die Vorfluter ´(Alster und Nebenflüsse) ergiesst. Näheres auch bei www.hamburgwasser.de .

Grüße
Djensi

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Beitrag von Schneider-Huetter » 10.10.2012 17:09

Hallo Djensi,

also "klassische" unterirdische Rückhaltebecken kenne ich natürlich, von diesen gibt es bei uns im Ort - so viel ich weiß - auch zwei Stück (sind allerdings ganz langweilig).

Damit hat das angesprochene Objekt aber nicht viel zu tun. Ich werde mir wohl einmal die Mühe machen müssen und eine Skizze anfertigen.

Aber vielen Dank für den Link mit den tollen Bildern, da werde ich doch ein bisschen neidisch auf "euch Großstätter" ;-)

Grüße
Mathias

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Beitrag von Maeks » 10.10.2012 21:28

Noch ein wichtiger Grund warum es bei Mischwasserkanälen diese Rückstaubecken gibt. Bei einem Starkregen würde schlagartig zuviel Wasser eingebracht und die Belüfterbecken würden uberflutet. Die darin befindlichen Bakterienstämme würden dabei ausgespült und die biologische Reinigungsstufe würde zusammenbrechen.

Gruß Maeks

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