? Zuckerfabrik Süderdithmarschen AG - ZSD St.Michaelisdonn ?

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Martin Kayser
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? Zuckerfabrik Süderdithmarschen AG - ZSD St.Michaelisdonn ?

Beitrag von Martin Kayser » 11.09.2020 11:51

Hallo zusammen,

bereits hier: viewtopic.php?f=12&t=6041&p=48388#p48388
hatte ich vor einiger Zeit nach der ZSD gefragt, leider kamen keine Antworten.
Immer noch ist die Lage im Netz sehr dürftig, aber vielleicht hat ja einer von Euch Material und kann mir da helfen.
Die ZSD kenne ich aus meiner Jugendzeit, fuhr ich doch einmal die Woche zur Berufsschule nach Meldorf; leider machte ich damals keine Bilder. Auch über die Fabrikanlagen gibt es nichts, ebenso über die kurze Werkbahn. Es war bis zum Schluss
eine Kleinlok, Deutz 47120-1950 im Einsatz. Auch von dieser Lok, sowie den Werksbahnverkehr suche Bilder/Unterlagen.
Die Rüben sollen früher auch per Bahn angeliefert worden sein, ich kenne nur die unendlichen LKW-Schlangen vor der Zuckerfabrik.

Vielen Dank für jegliche Hilfe

Martin

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Lacky
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Re: ? Zuckerfabrik Süderdithmarschen AG - ZSD St.Michaelisdonn ?

Beitrag von Lacky » 11.09.2020 12:56

Moin

Zumindest bei der Lok kann ich dir weiterhelfen. Schau mal auf deutsche-kleinloks.de, da sind ein paar Bilder. Sie steht heute als Denkmal in Glückstadt (leider nicht in ihrer Werkbahn-Lackierung).

Grüße
Stefan
Mut ist oft ein Mangel an Einsicht, während Feigheit nicht selten auf guten Informationen beruht - Sir Peter Ustinov

Martin Kayser
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Re: ? Zuckerfabrik Süderdithmarschen AG - ZSD St.Michaelisdonn ?

Beitrag von Martin Kayser » 11.09.2020 14:12

Hallo Stefan,

besten Dank, die Bilder kenne ich; auch habe ich wegen der Kleinlok die Marschbahnfreunde in Glückstadt angeschrieben, bis jetzt habe ich keine Antwort erhalten.
Wichtig für mich wäre auch ein Werksplan mit dem Gleisanschlüssen.
Die Festschrift zum 100. Jubiläum ist da nicht sehr ergiebig.


Lieben Gruß

Martin

HansG
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Re: ? Zuckerfabrik Süderdithmarschen AG - ZSD St.Michaelisdonn ?

Beitrag von HansG » 01.04.2024 18:50

Guten Abend zusammen,

nun hoffe ich, dass diese Ergänzung trotz jahrelanger Pause in diesem Teil des Forums auf Interesse stößt. Ich habe einen alten, von mir geschriebenen Artikel (Heft 1/1995) aus der "WNO - Wirtschaft zwischen Nord- und Ostsee" (Zeitschrift der Industrie- und Handelskammern zu Kiel und zu Flensburg) zur Zuckerfabrik St. Michaelisdonn ausgegraben und hänge den hier mal an:

Zuckerfabrik Süderdithmarschen
Ende einer 115 Jahre dauernden Epoche

In einem Jahr wird die 1880 gegründete Zuckerfabrik Süderdithmarschen in St. Michaelisdonn ihren Betrieb einstellen. Damit endet ein wichtiges Kapitel schleswig-holsteinischer Wirtschaftsgeschichte. Immer wieder hatten die Aktionäre - vor allem Dithmarscher Bauern - ihrer fast stillgelegten Fabrik im vorigen Jahrhundert, in den zwanziger und dreißiger Jahren wieder auf die Beine geholfen. Schließlich arbeitete sie vier Jahrzehnte erfolgreich. Nun wird sie wegen mangelnder Auslastung geschlossen. Und die Dithmarscher Rüben werden ab 1996 in Schleswig verarbeitet.
Trotz der großen Tradition ist die 114 Jahre alte Zuckerfabrik Süderdithmarschen AG (ZSD) ein moderner Betrieb. Das Werk am Bahnhof St. Michaelisdonn wurde in den fünfziger Jahren nahezu neugebaut und seitdem immer wieder ausgebaut und modernisiert. Doch im Verhältnis zu der seit 1953 produzierenden Zuckerfabrik in Schleswig ist die Kapazität des Dithmarscher Werkes zu klein. Und für beide ist der Markt im Norden zu eng.
Denn die Menge des zu produzierenden Zuckers wird von der europäischen Marktordnung indirekt vorgeschrieben: Gut bezahlt wird nur die Menge des innergemeinschaftlichen Verbrauches. In Deutschland liegt die Menge um mehr als 20 Prozent über dem Soll. Der Überschuß muß - unwirtschaftlich - zu niedrigen Weltmarktpreisen (etwa ein Drittel des Inlandspreises) verschleudert werden. Deshalb ist die Jahresproduktion in Schleswig-Holstein in den vergangen Jahren bereits runtergefahren worden. Die Kampagnen dauerten in den beiden Fabriken oft nur noch zwei Monate - optimal aber sind etwa 90 Tage, betont Klaus Dunker, Direktor der beiden schleswig-holsteinischen Werke des Zuckerverbundes Nord AG (Braunschweig).
Nur in der Kampagne - das ist jeweils die Zeit zwischen der beginnenden Rübenreife Ende September und Weihnachten - arbeiten Zuckerfabriken. Wegen der Feiertage und des Frostes (beim Auftauen fault die Rübe und verbraucht Zucker) dauern Kampagnen in Deutschland selten bis in den Januar.
Die ZVN, ein Zusammenschluß von fünf Aktiengesellschaften mit zur Zeit acht Zuckerfabriken und 12.000 Aktionären, produziert mehr als ein Viertel des deutschen Zuckers. Mit 55 Prozent ist sie an der Vertriebsgesellschaft Nordzucker (Uelzen) beteiligt. Damit die 1990 gegründete ZVN wirtschaftlich erfolgreich bleibt, wurden bzw. werden außer dem Werk St. Michaelisdonn auch die Werke in Rethen (1993) und Fallersleben (1994) geschlossen. So sollen Überkapazitäten abgebaut und Investitionen auf wenige Standorte konzentriert werden.
Als AG der Rübenbauern südwestlich von Husum, Rensburg und Hamburg bleibt die ZSD in St. Michaelisdonn allerdings erhalten. Die Rüben der ZSD-Aktionäre müssen in Zukunft die rund 90 Kilometer von Dithmarschen zur Zuckerfabrik nach Schleswig per Lkw transportiert werden. Da die Früchte frachtfrei vom Feldrand abgenommen werden, entstünden den Landwirten keine Nachteile, betonte Duncker.
Rübenanbau und - verarbeitung ist vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg hochentwickelt und stark rationalisiert worden. Bereits im Frühjahr wisse der Bauer, wann bei ihm geerntet wird und könne sich mit dem passenden Saatgut darauf einstellen. Geerntet wird die "Hackfrucht" schon lange nicht mehr per Hand. Riesige Zuckerrübenbunkerkopfroder rattern heute über die Felder. Einer alleine schafft zehn Hektar Rübenfläche pro Tag. Noch auf dem Feld werden dann die zu etwa 25 Prozent mit Erde und Pflanzenresten verschmierten Rüben vorgereinigt: Auf dem Weg in die Fabrik nehmen sie dann nur noch halb so viel Dreck mit.
Im Werk werden die Früchte gründlich gewaschen und zerkleinert. Mit heißem Saft vermischt, platzen die Zellen der Schnitzel bei mehr als 65 Grad Celsius auf. Der darin enthaltene Zucker löst sich im heißem Wasser. Die Schnitzel werden getrocknet und als Viehfutter verwendet. Aus dem Rohsaft werden die Nichtzuckerstoffe durch Klärung mit Kalk und Kohlensäure entfernt, bevor der Zucker aus der Flüssigkeit durch Eindampfen kristallisiert wird. In Zentrifugen wird dann das weiß Endprodukt aus dem braun-flüssigen Rohzucker gewonnen.
An dieser Technik hat sich seit mehr als 100 Jahren im Prinzip nichts geändert. Allerdings wird der gesamte Ablauf in dem Gewirr aus Rohrleitungen, Behältern, Filtern und Zentrifugen heute mit moderner Meß- und Regeltechnik rationell und reibungslos gesteuert. Früher konnten die verschiedenen Stufen des Prozesses nicht optimal aufeinander abgestimmt werden. Die einst mangelhafte Maschinentechnik erforderte damals außerdem noch viel schwere körperliche Arbeit.
Dennoch war die Ausbeute relativ gering. Bis etwa 1945 wurden in St. Michaelisdonn stets nur bis zu 20.000 Tonnen Rüben im Jahr verarbeitet - erst danach stieg die Leistung auf 160.000 Tonnen im Jahr 1963, 260.000 Tonnen (1974) und 336.000 Tonnen im Supererntejahr 1993 (3900 Tonnen pro Tag) an. In der zur Zeit laufenden Kampagne aber werden wieder nur etwa 250.000 Tonnen in St. Michaelisdonn und 400.000 Tonnen in Schleswig verarbeitet.
Die ersten 70 Jahre der 1880 von Dithmarscher Bauern gegründeten ZSD waren auch wegen der noch unwirtschaftlichen Technik von Rückschlägen geprägt. Im Gegensatz zu den anderen schleswig-holsteinischen Zuckerfabriken in Wesselburen (1870 bis 1907), Ahrensbök (1883 bis 1890) sowie Neustadt und Bad Oldesloe (1884 bis 1902) aber überlebte die ZSD dauerhaft.
Mangelhafte Auslastung und ein geringer Zuckergehalt in den Rüben hatten bereits 1886 zum Konkurs der ZSD geführt. Die Bauern fingen von vorne an und kauften ihren Betrieb ein zweites Mal. Immerhin konnte 1892 erstmals eine Dividende von sechs Prozent gezahlt werden. Und ein Jahr vorher war das Werk mit damals 350 Beschäftigten erstmals ein wenig modernisiert worden.
Die Zuckerrübenüberschüsse auf dem Weltmarkt, der Erste Weltkrieg und die Inflation führten 1925 erneut zum wirtschaftlichen Zusammenbruch. Tatkräftige Rübenanbauer führten das Unternehmen dennoch weiter. Da der Zuckerpreis noch weiter sank, war 1930 und 1931 erneut von Schließung die Rede. Erst die dann folgende neue Marktordnung brachte eine dauerhafte Existenzsicherung - zunächst auf niedrigem Niveau.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb der binnenländische und später europäische Zuckermarkt gegenüber dem Weltmarkt abgeschirmt. Er brachte der deutschen Zuckerindustrie und damit den Rübenbauern einen enormen Aufschwung. So wurde im strukturschwachen Landesteil Schleswig in der gleichnamigen Stadt 1953 eine neue Zuckerfabrik gebaut. Gleichzeitig baute die ZSD in den fünfziger Jahren ihre Kapazität erheblich aus. Nicht nur in der Marsch., auch auf der Geest wurden immer mehr Zuckerrüben angebaut.
Den nächsten Boom gab es in den siebziger Jahren: Wegen der weltweiten Zuckerknappheit wurden die Anbaufläche und die Kapazität der Fabrik St. Michaelisdonn noch einmal verdoppelt. Die Zahl der Mitarbeiter aber sank wegen der Rationalisierung bereits. 1956 waren es mit 376 Beschäftigten am meisten, 1980 waren es nur noch 168, heute sind es - auch im Hinblick auf die Stillegung - nur noch knapp 120 (davon 20 Saisonkräfte).
Was mit dem stillgelegten Werk ab 1996 passiert, ist noch unklar. Nach Angaben des ZVN werden eine Reihe von alternativen Nutzungsmöglichkeiten für das Werksgelände mit Bahnanschluß geprüft - konkrete Pläne aber gebe es noch nicht. Sven Bardua

Außerdem habe ich einige Fotos gescannt, alle am 27. Oktober 1994 aufgenommen, und schicke die unten ebenfalls mal mit. Sie zeigen eine Außenansicht (Abkippen der Rüben), das Maschinenhaus mit Turbinensätzen, das alte Kesselhaus (mit Kesseln der Bau- und Montage-Gesellschaft mbH, Hamburg-Altona), zwei verschiedene Ansichten von der Zentrifugen-Station sowie die Kochstation.
Viel Freude beim Stöbern. Zur Eisenbahn weiß ich leider gar nichts, auch einen Plan der Fabrik habe ich nicht.
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