'In der Drucht' - Duisburg-Großenbaum

Militärische Objekte und Anlagen des 2. Weltkriegs (und 1933-1945)
ruine13
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Beitrag von ruine13 » 15.12.2007 09:36

Moin Eric,

fertig geworden (bis auf den Innenausbau) sind anscheinend alle braun ausgefüllten Barracken, die schraffierten Gebäude wurden anscheinend bis zum Rohbau erstellt. Von den 4 Baracken rechts von der Küche findet man aber heute auch noch die Fundamente, ebenso von den beiden Deckungsgräben. Der DG nördlich der Küche steht ja heute noch. Muss ich mir aber alles mal mit dem Plan vor Ort ansehen.
In der Akte befinden sich außer der Liste und dem Plan leider nur Dokumente der alliierten Verwaltung zur Beschlagnahme der Holzbaracken und Verwendung des Lagers, zum urprünglichen Zweck steht dort nur "Russenlager", auch zum Lager Lintorf I findet man nichts. Muss ich mir nächste Woche aber alles noch genauer ansehen, ich habe mir die Akte zwar kommen lassen, mich dann aber doch intensiver um die Stollen gekümmert - die Bauakten sind eine wahre Schatzgrube, ich brenne Dir die ganzen Unterlagen später dann zusammen auf eine DVD.
Im Archiv der Eisenwerke Wanheim im Thyssenarchiv befinden sich wohl leider keinerlei Unterlagen zum Lager, ich wüsste ja zu gerne, wo sich die Akte befindet, aus der der Plan ursprünglich stammt... vielleicht findet sich ja irgendwann in Berlin in den OT-Akten noch etwas.

Kann eigentlich jemand den Namen des Architekten entziffern? Ich muss da leider passen...

Viele Grüße

Markus
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ruine13
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Beitrag von ruine13 » 15.12.2007 13:49

Ich hatte da gerade einen Geitesblitz:

Theodor Suhnel

http://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Suhnel

Was mir ansonsten noch aufgefallen ist:

Überschrieben ist der Plan mit "Lager Lintorf II - Lagerbau Deutsche Eisenwerke", also nicht, wie in der Literatur angegeben, Eisenwerke Wanheim.
Nach meinen Recherchen bestand die Deutsche Eisenwerke AG in der Region aus der Gießerei Hüttenbetrieb Meiderich, dem Panzerfahrzeugwerk Hochfeld sowie der Friedrich-Wilhelms-Hütte Mülheim. Die Eisenwerke Wanheim GmbH gehörten nach meiner Einschätzung also nicht zur DEW. Da zumindest in den Duisburger Forschungen zu diesem Aspekt nur Sekundärquellen angegeben sind, gehe ich davon aus, dass die mir vorliegenden Quellen für diese Publikation nicht ausgewertet wurden. In diesem Fall läge hier ein Fehler in allen mir bekannten Publikationen vor.

Das zweite Problem besteht in dem Fassungsvermögen des geplanten Lagers - die Deutschen Eisenwerke beschäftigten in Duisburg in allen Lagern zusammen nur etwa 1000 Fremdarbeiter, während das Lintorfer Lager für mindestens 2000 Personen geplant wurde. Man hätte dort also etwa alle Duisburger und Mülheimer Fremdarbeiter der Deutschen Eisenwerke zusammen unterbrigen können.

Der Mülheimer Architekt macht mich diesbezüglich auch noch etwas stutzig...

Mal sehen, was das Thyssen-Archiv dazu sagt.

Gruß

Markus

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EricZ
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Beitrag von EricZ » 16.12.2007 09:03

Moin Markus,

offensichtlich können hier mittlerweile alle Lesen- und Schreibenden so gut Sütterlin lesen, daß keiner zu Deiner Frage nach dem Namen des Architekten auch nur ein kleines "Stimmt" schreibt... ;)
Zumindest möchte ich Deine Deutung "Theodor Suhnel" stützen, zur Absicherung reicht ein Blick z.B. auf diese Information: http://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCtterlinschrift

Sehr interessant finde ich daneben allerdings auch den Hinweis auf eine der sieben Kammern der Reichskulturkammer:
http://de.wikipedia.org/wiki/Reichskulturkammer , nämlich die Reichskammer der Bildenden Künste!
Zu diesem Thema wurde hier lt. Forum-Suche noch in keinem Beitrag etwas geschrieben. :shocked:

Viele Grüße, Eric
And I'm hovering like a fly, waiting for the windshield on the freeway...

Ralf
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Beitrag von Ralf » 16.12.2007 09:22

Aber ne Menge gedacht wurde lieber Eric ;)

Reichskammer der bildenden Künste wurde 1933 gegründet ist überall zu lesen....
Und deren Mitglieder/Architekten wurden dann etwas ausgegrenzt sozusagen
Irgendwie ist das alles nicht schlüssig
Gruß Ralf

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Beitrag von ruine13 » 17.12.2007 10:57

Ralf hat geschrieben:Aber ne Menge gedacht wurde lieber Eric ;)
...und ein wenig gelesen...

Duisburger Forschungen Band 49 S. 158ff:

"Die schweren Luftangriffe auf die Städte des Ruhrgebietes im Frühjahr 1943 führten in der Industrie zu Überlegungen, in weniger gefährdeten Randzonen des Reviers, [...], "Großlager" oder "Außenlager" zu errichten. Da die Bewohner solcher Lager wegen der großen Entfernungen nicht zu Fuß zu den Arbeitsstätten geführt werden konnten, mußten die Großlager an Werksbahnstrecken liegen.[...]. Die Großlager wurden von der Organisation Todt oder dem Ukrainischen Arbeitsdienst gebaut und waren, jedenfalls größtenteils, Eigentum der OT. "

Die ATH plante in diesem Zusammenhang ein Lager im Hiesfelder Bruch für 3000 Personen für ihre nördlich der Ruhr gelegenen Werke, für die Niederrheinische Hütte, die Hütte Vulkan, die Eisenwerke Wanheim und die Mannesmann-Röhrenwerke (alle südlich der Ruhr) wurde ein "zweites Großlager im Duisburger Süden, zwischen Großenbaum und Huckingen, projektiert. Beide Vorhaben wurden trotz mehrerer Anläufe nicht verwirklicht".
Die Federführung lag wohl bei der Sonderbauleitung des Reichsrüstungsministeriums in Ratingen.

Von der Größe, Lage, Infrastruktur und OT-Bauleitung käme ein solches Großlager prima hin, allerdings passt weder die Bezeichnung des Betriebes, noch die Lage auf das letztgenannte Lager.

Auch im Findbuch steht deutlich "Ankauf des Barackenlagers Lintorf II von der Deutsche Eisenwerke AG zur Wohnraumbeschaffung und zur Unterbringung von Verwaltungsdienststellen".

Die Bahnverbindung von dort ist übrigens sowohl nach Duisburg-Hochfeld als auch nach Mülheim optimal, alle an der Deutschen Eisenwerke AG beteiligten Betriebe wären also von dort aus bestens zu erreichen gewesen...

Zum Thema Lager Lintorf I:

Es gab in Lintorf ein weiteres Lager, mag sein, dass die Bezeichnung "II" zur Unterscheidung der beiden diente. Wäre nett, wenn mal jemand die Quecke diesbezüglich sichten könnte, es gibt dort den Artikel " Das Fremdarbeiterlager in Lintorf " (Die Quecke. - 71 (2001), S. 104-108 - Klaus Wisotzky). Dieses Lager gehörte anscheinend zu Krupp.

Gruß

Markus


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Beitrag von ruine13 » 17.12.2007 12:07

Moin Bodo,

danke! Dieses Lager, dessen Reste ich seit Kindertagen kenne, war damit also gemeint.

Zu meiner Vermutung bezüglich der Friedrich-Wilhelms-Hütte - Bingo!

Hier ein Auszug aus der Mail des Thyssen-Archivs, die ich gerade bekommen habe:

"Leider ist auch zur Deutsche Eisenwerke AG nur eine "Splitterüberlieferung"
zu den Barackenlagern im Zweiten Weltkrieg überliefert.

In einer Akte wird das Lager "Lintorf 2" der Friedrich Wilhelms-Hütte als
Lager zugeordnet. Es bestand (Stand Juni 1945) aus 9 Holzbaracken und 16
massiven Baracken. Es wurde als "Ausweichlager für evtl. Ausfälle durch
Luftangriffe" bezeichnet. Die Kapazität des geplanten Lagers war meines
Erachtens nach nicht überdimensioniert. Die Friedrich Wilhelms-Hütte
beschäftigte in Mülheim an der Ruhr bis zu 2.500 Fremdarbeiter. Dazu müssen
die in Duisburg-Hochfeld beschäftigen Arbeiter (Stahlindustrie -
Panzerfertigung) hinzugezählt werden."

Da muss in der Literatur wohl einiges neu geschrieben werden...

Gruß

Markus

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Beitrag von ruine13 » 03.11.2009 10:00

Da haben wir doch Herrn Suhnel noch einmal in Reinschrift. Auch interessant, dass der FWH vorher anscheinend ein Gelände an den Denkhäuser Höfen angeboten wurde, dies aber abgelehnt wurde (StA Lünen, NA60 / 00/31). Gebaut hat übrigens M. Maertins, Tief-Betonbau, Baubüro Lintorf. Die Zentrale des Baubüros lag ehemals in Danzig, sie saßen zumindest nach dem Krieg auch in Braunschweig. Mehr lässt sich zu dieser Firma leider bisher nicht finden, das StA Ratingen hat nix, das Danziger Archiv ebenso...

Viele Grüße

Markus
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Beitrag von ruine13 » 17.01.2010 11:49

Ich war jetzt wirklich schon dutzende Male dort, aber das ist mir erst jetzt im Schnee aufgefallen:

oben auf der Halde am alten Maschinenhaus befinden sich Erdwälle, die mich schwer an eine Geschützstellung erinnern. Unten am nördlichen Ende der Halle stand anscheinend auch mal ein Ziegelgebäude, dahinter eine Stützmauer mit einem Durchgang zu einer Treppe auf die Halde. Südwestlich befindet sich ebenfalls ein solcher Erdwall. Auf den Luftbildern von 1926 ist von all dem nichts zu sehen, es muss also nach Schließung der Schächte gebaut worden sein. Die Schussrichtung (wenn es denn eine Stellung sein sollte) wäre Richtung A3. Die Halde liegt genau im Scheitelpunkt einer langgezogenen Kurve und die Autobahn wäre ohne Bäume von hier aus kilometerweit von Bissingheim bis Breitscheid einzusehen.

Viele Grüße

Markus
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Grautvornix

Beitrag von Grautvornix » 18.01.2010 14:54

und liegt in direkter Fluglinie Nord-West Richtung von den Bombern die aus England kamen um Krupp in Rheinhausen anzugreifen. Etwas ähnliches gab es in Mülheim-Ruhr an der Mellinghofer Strasse direkte Ost/West Richtung den Berg rauf gegen die Bomber zu Krupp in Essen. (da hatten wir hier ein Rätselfoto zu) meine Großtante konnte da nen paar Infos zu beisteuern, drum weiß ich das noch. :?
würde für mich zumindestens Sinn machen.

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