Truppenbetreuungsgeräte---Radios für die Soldaten--Teil 1 und Teil 2

Militärische Objekte und Anlagen des 2. Weltkriegs (und 1933-1945)
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erlenmeier
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Truppenbetreuungsgeräte---Radios für die Soldaten--Teil 1 und Teil 2

Beitrag von erlenmeier » 12.08.2018 20:54

Ich werde in der nächsten Zeit 3 Kofferradios aus meiner Sammlung vorstellen, deren Typ im 2.WK in erster Linie für die Soldaten an der Ostfront zur Verfügung gestellt wurden. Sie wurden Truppenbetreuungsgeräte genannt.

Es handelte sich dabei um sehr empfangsempfindliche Empfänger, die auf große Entfernungen zum Heimatsender auch mit rel. kurzen Antennen auskommen konnten.

Wichtig war dazu ein sog. gespreiztes KW-Band. Die Bereiche waren meist umschaltbar. Es gab auch durchstimmbare Empfangsteile.

Um eine genügend große Lautstärke des Lautsprechers zu erzielen, waren teilweise sog. Gegentaktendstufen als Leistungsverstärker im Gerät. Mit der EDD11, einer Doppeltriodenröhre, gelang das Platz- und gewichtssparend.

Die Geräte konnten mit Batterien zum Auswechseln nach Verbrauch, aber auch aus dem 12V-Bordnetz eines Fahrzeugs betrieben werden. Dann hatte man lange Betriebszeiten und konnte.......

.....Wunschkonzert, Grüße aus der Heimat, Operetten und Opern und manchmal auch die Schlager der Zeit hören. Das Ganze sollte 2 Effekte erzielen. Zum ersten den Kampfgeist der Truppe stärken/erhalten und noch mal zum ersten durch Siegesmeldungen und vermeintliche Erfolge die Kameraden auf den Endsieg einschwören. Offiziell sollte der Kontakt zur Heimat erreicht werden.

Das im Folgenden abgebildete Radio von Radione aus Österreich wurde ab 1942 hergestellt. Im Stahlblechgehäuse wiegt es mit 6 Stahlröhren stolze 10kg und war damit eines der leichteren Geräte. Die Typenbezeichnung R2 (12V) KW 13m - 50,5m, 6 Röhren sagt schon aus, dass ein breites KW-Band empfangen werden konnte.
Die beachtliche Ausgangsleistung von 5W reichte u.U. auch bei Geschützdonner aus.

Noch eine Kleinigkeit zum Abschluss: In den Militär-Funkgeräten waren meist besondere Röhren eingesetzt, damit man diese nicht in Rundfunkempfängern einsetzen konnte.
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Der Landfranke
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Beitrag von Der Landfranke » 12.08.2018 22:11

Hallo und guten Abend.

Sehe ich das richtig? Schon damals waren die Steckdosen für Bordnetz/Zigarettenanzünder von der heute gebräuchlichen Bauart?

MfG
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Re: Truppenbetreuungsgeräte---Radios für die Soldaten--Teil 1

Beitrag von FishBowl » 12.08.2018 22:38

erlenmeier hat geschrieben:Noch eine Kleinigkeit zum Abschluss: In den Militär-Funkgeräten waren meist besondere Röhren eingesetzt, damit man diese nicht in Rundfunkempfängern einsetzen konnte.
Moin,
auf dem gezeigten Bild sehe ich keine besonderen Röhrentypen, sondern absolute aber damals relativ moderne Standardtypen (wie z.B. die ECH11 und EF11, die auch in ganz normalen Geräten sehr verbreitet waren) aus der sog. Harmonischen Reihe.
Es handelt es sich tatsächlich um Stahlröhren, die mechanisch wesentlich robuster sind als solche (nur) aus Glas und zudem einen besonders kontaktsicheren Sockel haben, der auch ohne Drahtbügel oder Überwurfhülsen fest sitzen bleibt, selbst bei recht starker Vibration oder Erschütterung.

Ich hatte im Zusammenhang mit Amateurfunk in den 70ern auch schon in ein paar entsprechende Empfänger hineingeschaut, die extrem robust für den Einsatz im Felde oder Fahrzeug ausgelegt waren, auch aus den USA, und andere als Stahlröhren habe ich dabei nie vorgefunden. Diese Geräte hatten allerdings keine Endstufen eingebaut, wurden ja i.d.R. mit Kopfhörern genutzt. Dafür waren die Empfangsleistungen bei sorgfältigem Abgleich wirklich extrem gut, jedem damals modernen Transistorgerät weitaus überlegen. Ich sage nur, 6-fach Abstimmung mit fünf Vorkreisen und riesigem schwer versilbertem Drehko, abstimmbarer Antennenkreis, Eingangsschutz per fetter Entladungslampe...
Auf 80m auch tagsüber weltweiter Empfang per Langdrahtantenne ganz ohne Probleme.
In ein solches Gerät habe ich damals sogar einen BFO nachgerüstet, für Einseitenbandempfang ohne Träger.
Später bekam diesen fast schußsicheren Farnsworth-Empfänger ein aktiver Amateurfunker geschenkt.

Es gab allerdings wohl zwei Bauvarianten der Stahlröhren, mit oder (seltener) ohne inneres Glasgehäuse. Letztere sollen etwas weniger robust gewesen sein, aber erstere aufgrund schlechterer und schnell nachlassender Vakuumqualität mit höherem Rauschen und deutlich geringerer Lebenserwartung geschlagen.

Nach dem verlorenen Krieg sind übrigens anfangs noch viele vorhandene Stahlröhren, auch sog. Wehrmachtstypen, in Heimradios eingesetzt worden, quasi als eine Friedensdividende in den ersten noch stark mangelgeprägten Jahren.
Als Jugendlicher habe ich etliche dieser Geräte vom Sperrmüll geholt und mich zunächst nicht wenig gewundert...

Grüße

Jürgen

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erlenmeier
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Beitrag von erlenmeier » 12.08.2018 23:18

Moin fishbowl und Landfranke,

mit den Röhren hat es leider ein Missverständnis gegeben. Die E-Röhren im Radione-Gerät konnte man auch in Empfängern zu Hause gebrauchen. Aber die Wehrmacht liess viele Typen für eigene Zwecke entwickeln, die nicht ohne weiteres mit zivilen austauschbar waren. da brauchte man schon die berüchtigete Umsockelung. Aber....das soll ja nun auch kein internes Fachgespräch werden.

Wegen 12V-Anschluss, lieber landfranke, siehe folgendes Bild. Dafür gab es einen speziellen, der heute nicht Standard ist.

Gruß von Hans-Karl
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Beitrag von Der Landfranke » 12.08.2018 23:27

erlenmeier hat geschrieben: Wegen 12V-Anschluss, lieber landfranke, siehe folgendes Bild. Dafür gab es einen speziellen, der heute nicht Standard ist.

Gruß von Hans-Karl
Danke für die schnelle Antwort. Das auf dem Bild ist doch die geräteseitige Buchse. Auf dem zweiten Bild des Ausgangsartikels liegt unten im Gerät ein Anschlusskabel, dessen kleine Stecker in die Buchse passen. Ich meinte aber das andere Ende des Kabels, welches in die Anschlussdose am KFZ gehört. Das sieht mir verdächtig so aus, als würde dieser Stecker eben auch in die heutigen KFZ-Steckdosen passen.

MfG
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Truppenbetreuungsempfänger

Beitrag von erlenmeier » 13.08.2018 20:41

Lieber Landfranke,

Du hast ja soooo recht! Die gelbe Karte geht an mich. Das Kabel mit dem Kfz-Stecker hatte ich übersehen.

Ich kann aber nicht mit Sicherheit sagen, dass der Stecker aus den 1940er-Jahren stammt. Auf jeden Fall sieht er alt und historisch aus.

Gruß von Hans-Karl
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Truppenbetreuungs-Empfängern Teil 2

Beitrag von erlenmeier » 16.08.2018 19:54

Kofferradios gibt es schon seit ca. 1936. In dem Jahr kam der Olympiakoffer zur Olympiade in Berlin auf den Markt. Ein sehr einfaches Gerät. Wie immer benötigte man eine Heizbatterie und eine große teure Anodenbatterie. Dieser Koffer brauchte z.B. 2V Heizspannung (oft Akkubetrieb) und eine Anodenspannung von 120 Volt. Das ganze kostete 161 RM und damit einen vollen Facharbeiter-Monatslohn.

Aber schon ab ca. 1930 gab es tragbare Radios. Das größe, das ich je gesehen habe, besitzt ein Sammler in Palma de Mallorca. Der Transportkoffer hat die Maße 70 x 50 x 45 cm und an den Seiten 2 Ledergriffe. Er musste nämlich wg. des Gewichtes von ca. 35 Kg von 2 Mann getragen werden.
In dem Holzkoffer waren enthalten:
- das Radio
- die Stromversorgung mit Batterie und Akku separat
- eine Rahmenantenne
- Kopfhörer und
- ein Trichterlautsprecher.

Zwischen 1935 und 1939 kamen ständig verbesserte Geräte auf den Markt. Z.B. wurde das Tunen (die Sendereinstellung) durch Untersetzung mit Seilzügen erleichtert, die Ausgangsleistung und die Eingangsempfindlichkeit, aber auch die Trennschärfe zwischen benachbarten Sendern wurde erhöht.

Der Preis der höherwertigen Geräte lag bei 250RM, für den einfachen "Mann" also so gut wie unerschwinglich. Es entspricht einem heutigen Preis von ca. 4000€.

Nun kommt die Überleitung zum eigentlichen Thema.
Ab 01.Sept. 1939 gab es diese Geräte nämlich nicht mehr im zivilen Handel zu kaufen.
Die überwiegende Produktion im Gr.-deutschen Reich war jetzt für Kriegsgüter ausgerichtet.

Insbesondere nach dem Beginn des Russlandfeldzuges 1941 wurden nun zunehmend Radios an die Ostfront transportiert, um die frierenden und deprimierten Soldaten bei Laune zu halten.

Nur sehr wenige dieser Kriegsgeräte sind nach Kriegsende wieder nach Deutschland/Österreich zurückgekommen. Einiges wurde bei Kampfhandlung zerstört, den Rest transportierten die Sowjets zu Ihrer Verwendung (und Nachbau) ab.
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Olympia-Koffer 1936

Beitrag von erlenmeier » 17.08.2018 19:59

Als Ergänzung zu den vorhergehenden Teilen 1 und 2 meiner Serie hier noch ein paar Abbildungen.

Ein Bild des Olympiakoffers 1936 von NORA. Dazu 2 sehr schöne Werbeanzeigen aus der Zeit.

Zu dem Truppenbetreuungsempfänger von Radione eine Zeichnung aus der Bedienungsanleitung.
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